Parlamentskorrespondenz Nr. 353 vom 22.04.2020

COVID-19-Hilfen: Opposition drängt auf parlamentarische Kontrolle

Unterausschuss des Budgetausschusses soll umfassende Befugnisse erhalten

Wien (PK) – Mit den ersten COVID-19-Gesetzespaketen hat der Nationalrat auch milliardenschwere Hilfen für Unternehmen und Selbstständige beschlossen und dem Finanzminister in diesem Zusammenhang umfangreiche Ermächtigungen erteilt. So kann etwa die staatseigene COVID-19-Finanzierungsagentur (COFAG) Unterstützungen bis zu einem Gesamtvolumen von 15 Mrd. € gewähren. Die Opposition ruft nun nach mehr parlamentarischer Kontrolle und schlägt die Einrichtung eines eigenen COVID-19-Unterausschusses mit weitgehenden Prüfbefugnissen vor. Ein entsprechender Antrag von SPÖ, FPÖ und NEOS auf Änderung der Bundesverfassung und des Geschäftsordnungsgesetzes wurde heute im Nationalrat einer Ersten Lesung unterzogen. ÖVP und Grüne zeigten sich grundsätzlich gesprächsbereit, ÖVP-Klubobmann August Wöginger sieht, was die Ausgestaltung der Kontrollrechte betrifft, jedoch noch Verhandlungsbedarf.

Geht es nach den Oppositionsparteien, soll der Unterausschuss alle budgetrelevanten Maßnahmen in Zusammenhang mit der COVID-19-Epidemie prüfen können. Das betrifft gemäß den Erläuterungen neben den Mittelvergaben durch die COFAG vor allem auch Ermächtigungen an den Finanzminister sowie Zahlungen aus dem Härtefallfonds. Die Mitglieder des Unterausschusses sollen Einsicht in alle Unterlagen nehmen und Auskünfte verlangen können, die innerhalb von zehn Tagen zu beantworten wären. Auch die Ladung von Organen in den Ausschuss ist vorgesehen. Zudem soll der Unterausschuss berechtigt sein, Empfehlungen abzugeben und Gesetzesinitiativen einzubringen.

Um Transparenz zu gewährleisten, schlagen die Oppositionsparteien medienöffentliche Sitzungen – unter Einhaltung des Datenschutzes – vor. Auch soll der Unterausschuss permanent tagen und auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder bzw. eines Regierungsmitglieds einberufen werden müssen. Der Gesetzentwurf enthält auch ein Ablaufdatum: Mit 31. Dezember 2022 soll die Arbeit des Ausschusses enden.

Angesichts der Summen, um die es gehe, sei eine umfassende parlamentarische Kontrolle unbedingt erforderlich, betonte SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer in der Debatte. Schließlich handle es sich bei den Gesamthilfen von 38 Mrd. € um mehr als die Hälfte der Steuereinnahmen, die dem Bund jährlich bleiben. Es sei gut und richtig, dass die Hilfen beschlossen wurden, sagte Krainer, außergewöhnliche Maßnahmen bedingten aber auch außergewöhnliche Kontrollmaßnahmen.

Unterstrichen wurde die Notwendigkeit des Ausschusses auch von Hubert Fuchs (FPÖ) und Karin Doppelbauer (NEOS). Es gehe um das Geld der SteuerzahlerInnen, da habe Transparenz noch nie geschadet, meinte Fuchs und verwies auf die "unfassbare" Garantiesumme von 15 Mrd. €, die die COFAG verwalte. Ein besonderes Anliegen ist Doppelbauer auch die Medienöffentlichkeit des Unterausschusses. Jeder Steuerzahler und jede Steuerzahlerin hätten das Recht zu wissen, wer welches Geld bekomme.

Koalition drängt auf Besetzung des COFAG-Beirats

Seitens der Koalitionsparteien signalisierten August Wöginger (ÖVP) und Nina Tomaselli (Grüne) Gesprächsbereitschaft. Es sei klar, dass es, wenn 38 Mrd. € ausgezahlt werden, vollkommene Transparenz und volle Kontrolle brauche, sagte Tomaselli. Die Grünen würden sich in einem COVID-Unterausschuss jedenfalls engagieren.

Tomaselli versteht allerdings nicht, warum die Oppositionsparteien keinen Vertreter bzw. keine Vertreterin in den COFAG-Beirat schicken. Dieser könne parlamentarische Kontrolle zwar nicht ersetzen, meinte sie, biete den Fraktionen aber die Möglichkeit, sich umfassend über gewährte Hilfen zu informieren. So werde dem Beirat jede Woche eine komplette Aufstellung aller ausgezahlten Förderungen vorgelegt, zudem könnten jederzeit Akten zu allen Fördervorgängen angefordert werden.

Auch ÖVP-Klubobmann Wöginger appellierte an die Oppositionsparteien, Mitglieder für den COFAG-Beirat zu nominieren. Der Beirat sei direkt in Entscheidungen eingebunden und ermögliche – anders als ein parlamentarischer Ausschuss – begleitende Kontrolle, betonte er. In Bezug auf den COVID-19-Unterausschuss ist Wöginger skeptisch, was eine generelle Medienöffentlichkeit betrifft. Überdies hinterfragte er die Möglichkeit jedes einzelnen Ausschussmitglieds, Akten anzufordern. "Was wir sicherlich nicht wollen, ist ein Untersuchungsausschuss light", bekräftigte er.

Die VertreterInnen der Opposition blieben jedoch auf ihrem Standpunkt, dass der COFAG-Beirat zahnlos sei. Schließlich seien die Beiratsmitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet, sagte Doppelbauer und äußerte die Vermutung, dass die COFAG absichtlich in der bestehenden Form konstruiert wurde, um Mittelvergaben am Parlament "vorbeizuschlawinern".

Der Antrag der Koalitionsparteien wurde schließlich dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen. (Schluss Nationalrat) gs

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