Parlamentskorrespondenz Nr. 355 vom 23.04.2020

Neu im Verfassungsausschuss

12. COVID-19-Gesetz, Oppositionsanträge zur Corona-Krise

Wien (PK) – Insgesamt 13 kleinere COVID-19-Gesetzespakete haben ÖVP und Grüne gestern im Nationalrat eingebracht. Eine dieser Sammelnovellen wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen. Zudem wird sich der Ausschuss in seiner heutigen Sitzung auch mit mehreren Oppositionsanträgen zur Corona-Krise befassen.

Videoeinsatz bei Verwaltungsverfahren, Fristverlängerung für die Integrationsprüfung

Im Konkreten schlagen Wolfang Gerstl (ÖVP) und Agnes Sirkka Prammer (Grüne) mit dem 12. COVID-19-Gesetz (437/A) Änderungen im Integrationsgesetz, im Zustellungsgesetz und im AMA-Gesetz vor. Zudem soll das im März beschlossene Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz adaptiert werden, insbesonders was Vorgaben für Behörden in Bezug auf die Durchführung von Verwaltungsverfahren und Verwaltungsstrafverfahren in der derzeitigen Ausnahmesituation betrifft. Unter anderem geht es dabei um Einschränkungen des mündlichen Verkehrs zwischen Behörde, Parteien und anderen Beteiligten, den forcierten Einsatz von Videotechnologie auch bei mündlichen Verhandlungen und Vernehmungen sowie um Verhaltensmaßregeln in jenen Fällen, wo die physische Anwesenheit von Personen erforderlich ist, etwa bei Augenscheinen vor Ort. Zudem sollen spezielle Bestimmungen gewährleisten, dass auch die Rechte von Personen, die über keine technischen Einrichtungen zur Teilnahme an Video-Verhandlungen verfügen, gewahrt bleiben.

Da derzeit keine Integrationsprüfungen zur Erfüllung des Moduls I abgenommen werden und betroffenen Drittstaatsangehörigen außerdem eine Kursteilnahme de facto nicht möglich ist, sieht der Antrag eine Fristverlängerung für die Ablegung der Integrationsprüfung bis 31. Oktober mit begleitenden Fristhemmungen vor. Die Änderung des AMA-Gesetzes hat zum Ziel, auch dem AMA-Verwaltungsrat und dem AMA-Kontrollausschuss Beschlüsse im Umlaufweg bzw. per Videokonferenz zu ermöglichen.

FPÖ urgiert Ausweitung des AMA-Verwaltungsrats

Die FPÖ nimmt die geplante Novellierung des AMA-Gesetzes zum Anlass, um erneut eine Aufstockung des AMA-Verwaltungsrats zu fordern (442/A). Neben den VertreterInnen der Landwirtschaftskammer, der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer und des Gewerkschaftsbundes sollen dem Gremium demnach auch je ein Vertreter bzw. eine Vertreterin der Parlamentsparteien angehören. Susanne Fürst und Peter Schmiedlechner erwarten sich davon eine bessere Vollziehung und Kontrolle, was ihrer Meinung nach insbesonders in der aktuellen Situation geboten ist.

NEOS fordern transparente und übersichtliche Kundmachung von Verordnungen

Die NEOS haben in Reaktion auf die Corona-Krise zwei Entschließungsanträge eingebracht. Zum einen geht es Abgeordnetem Nikolaus Scherak darum, sämtliche Verordnungen, die im Zuge der Krise erlassen wurden, gebündelt im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) darzustellen (445/A(E)). Gerade Verordnungen auf Bezirksebene seien derzeit zum Teil nur sehr schwer zu finden, kritisiert er. Zudem würde eine gesammelte Darstellung aller Verordnungen des Bundes, der Länder und der Bezirksverwaltungsbehörden BürgerInnen den Überblick über geltende behördliche Anordnungen erleichtern.

VfGH soll einstweilige Anordnungen erlassen können

Ein Dorn im Auge ist es NEOS-Abgeordnetem Scherak auch, dass es bei Normprüfungsverfahren durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) keinen einstweiligen Rechtsschutz gibt. Anders als etwa das Bundesverfassungsgericht in Deutschland könne der VfGH keine vorläufige Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile erlassen, wenn ein Gesetz oder eine Verordnung beim Höchstgericht angefochten wird. Vielmehr stehe erst nach monate- bzw. jahrelangem Verfahren fest, ob eine freiheitsbeschränkende Maßnahme verhältnismäßig und mit den Grundrechten vereinbar ist. Scherak fordert daher eine entsprechende Verfassungsänderung und ruft die Regierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs auf (444/A(E)).

Verfassungsrechtliche Prüfung aller Verordnungen und Erlässe im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise

Die FPÖ plädiert in einem Entschließungsantrag dafür, sämtliche Verordnungen und Erlässe im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise auf ihre Gesetzes- und Verfassungskonformität zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern oder aufzuheben (477/A(E)). Klubobmann Herbert Kickl argumentiert seinen Vorstoß mit dem Hinweis auf wachsende Kritik nicht nur seitens der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch aus dem Kreis ausgewiesener ExpertInnen des Verwaltungs- und Verfassungsrechts bzw. der Grund- und Freiheitsrechte. Er bemängelt zudem, dass der Verfassungsdienst bei der Erarbeitung der Normen nicht eingebunden worden sei, und spricht sich in diesem Sinn dafür aus, in die Überprüfung der Normen die Bundesministerin für EU und Verfassung einzubinden.

FPÖ will Grundrecht auf Meinungsfreiheit im Internet gesetzlich verankern

Angesichts der im Zuge der Corona-Krise von der Bundesregierung eingerichteten Arbeitsgruppe zur Vermeidung von Fake News ortet die FPÖ darüber hinaus schleichende Zensur. Problematisch an der Sanktionierung von "Fake News" sei es, dass sich die Faktenlage ändern könne, wie man bei der Beurteilung von Schutzmasken verfolgen habe können, argumentiert Klubobmann Herbert Kickl.

In einem Entschließungsantrag (476/A(E)) fordert die FPÖ daher die Erarbeitung einer Regierungsvorlage, die das Grundrecht auf Meinungsfreiheit im Internet absichern soll. Beiträge von Nutzern auf Plattformen oder deren Profile sollen demnach nicht ohne Angabe von Gründen gelöscht oder gesperrt werden dürfen. Zudem schlägt sie vor, gelöschte Beiträge anonymisiert und unter Nennung des Löschungsgrunds zu veröffentlichen, sofern diese nicht rechtswidrig sind. Sollten verifizierte Nutzer Beschwerde gegen die Löschung eines Beitrags erheben, so wäre dieser laut vorliegendem Antrag umgehend wiederherzustellen. (Schluss) gs/jan