Parlamentskorrespondenz Nr. 356 vom 23.04.2020

Neu im Verfassungsausschuss

NEOS bringen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz neu ein

Wien (PK) – Bereits im Herbst vergangenen Jahres, kurz nach der Konstituierung des neu gewählten Nationalrats, haben die NEOS einen neuen Anlauf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses unternommen. Da der Verfassungsausschuss damals noch nicht eingerichtet worden war, wurde die Initiative dem Budgetausschuss zugewiesen. Nun haben Klubchefin Beate Meinl-Reisinger und Nikolaus Scherak den Gesetzentwurf, der eine Änderung der Bundesverfassung und die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes zum Inhalt hat, neu eingebracht (453/A). Er soll noch heute, gemeinsam mit zwei Initiativen der SPÖ, im Verfassungsausschuss diskutiert werden.

Der Entwurf lehnt sich an einen Vorschlag an, der bereits 2015 von den damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP zur Diskussion gestellt wurde (siehe dazu 395 d.B. aus der XXV. Gesetzgebungsperiode), geht in einigen Punkten aber darüber hinaus. So plädieren die NEOS dafür, einen unabhängigen Informationsbeauftragten als Anlaufstelle für BürgerInnen einzurichten und die Frist für die Beantwortung von Auskunftsbegehren mit zwei Wochen (statt acht Wochen) zu begrenzen. Wobei für umfangreiche Anfragen eine Verlängerung der Frist um weitere zwei Wochen vorgeschlagen wird. Sowohl Auskunftsverlangen als auch abschlägige Bescheide sollen nach Vorstellung der NEOS gebührenfrei sein und das zuständige Verwaltungsgericht im Falle von Beschwerden innerhalb von zwei Monaten entscheiden müssen.

Grundsätzliches Ziel der Abschaffung der Amtsverschwiegenheit und der Verankerung einer Informationsverpflichtung für öffentliche Stellen ist es, staatliches Handeln transparenter zu machen und den Zugang von BürgerInnen zu Informationen zu erleichtern. Der Gesetzentwurf sieht in diesem Sinn eine umfassende Pflicht von Gebietskörperschaften, Behörden, öffentlichen Einrichtungen, öffentlichen Fonds, Gerichten und des Parlaments vor, Informationen von allgemeinem Interesse zu veröffentlichen bzw. im Falle von entsprechenden Anfragen Auskünfte zu erteilen. Das betrifft etwa auch in Auftrag gegebene Gutachten und Studien, Fördervergaben und Subventionen, Ergebnisse von Umweltmessungen, Haushalts- und Aktenpläne, allgemeine Weisungen sowie in öffentlichem Interesse liegende Verträge.

Ausnahmen von der Informationspflicht sind nur für klar definierte Fälle vorgesehen, etwa wenn die Veröffentlichung nationalen Sicherheitsinteressen oder EU-Recht zuwiderlaufen würde oder die unbeeinträchtigte Vorbereitung von Entscheidungen gefährdet wäre. Zudem ist auf den Datenschutz und die Wahrung von Interessen Dritter Rücksicht zu nehmen. Auch "offensichtlich schikanöse" Anfragen sowie Anfragen, deren Beantwortung die Arbeit einer Behörde lahmlegen oder unverhältnismäßig beeinträchtigen würde, sollen nicht beantwortet werden müssen. Staatsnahe Unternehmen sollen außerdem Auskünfte verweigern können, wenn dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit bedroht ist.

Erteilt eine Stelle die gewünschte Auskunft nicht, etwa mit Berufung auf einen Ausnahmetatbestand, könnte sich der bzw. die Betroffene an das zuständige Verwaltungsgericht wenden. Dieses müsste laut NEOS-Antrag "ohne unnötigen Aufschub", spätestens aber zwei Monate nach Einlangen der Beschwerde entscheiden.

Als Datum des Inkrafttretens der Verfassungsnovelle und des Informationsfreiheitsgesetzes schlagen die NEOS Anfang 2021 vor. Informationen, die vor diesem Datum aufgezeichnet wurden, sollen nur insoweit veröffentlicht werden müssen, als sie in geeigneter elektronischer Form vorliegen. Spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes soll der Informationsbeauftragte die Handhabbarkeit und Wirkung der gesetzlichen Bestimmungen evaluieren.

Begründet wird die Initiative von Meinl-Reisinger und Scherak damit, dass Österreich in kaum einem Bereich dermaßen rückständig sei wie im Umgang von staatlichen Stellen mit Informationen. Das noch aus der Monarchie stammende Amtsgeheimnis sei in keiner Weise mehr zeitgemäß, halten sie in den Erläuterungen fest. Zudem sind Transparenz und freier Zugang zu allen Informationen staatlicher Stellen ihrer Meinung nach das beste Mittel gegen Korruption und Steuergeldverschwendung.

Da der Gesetzentwurf auch in Länderkompetenzen eingreift, benötigt er nicht nur im Nationalrat, sondern auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit. (Schluss) gs