Parlamentskorrespondenz Nr. 405 vom 04.05.2020

Bundesrat könnte heute vier Nationalratsbeschlüsse beeinspruchen

Seeber bedankt sich für Disziplin der Bevölkerung, SPÖ stellt Dringliche Anfrage an Arbeitsministerin Aschbacher

Wien (PK) – Der Bundesrat wird in seiner heutigen Sitzung aller Voraussicht nach vier der 13 vom Nationalrat vergangene Woche beschlossenen COVID-19-Gesetze beeinspruchen. Das legen die Berichte der zuständigen Ausschüsse nahe, die heute Vormittag tagten. Demnach könnten SPÖ und FPÖ ihre Mehrheit in der Länderkammer dazu nutzen, um die Novellen zum Epidemiegesetz (16. COVID-19-Gesetz) und zum Freiwilligengesetz (10. COVID-19-Gesetz) sowie das Finanz- und Steuerpaket (18. COVID-19-Gesetz) zurück an den Nationalrat zu schicken. Gleiches gilt für die rechtlichen Grundlagen für das Wiederhochfahren des Behördenbetriebs (12. COVID-19-Gesetz). Die Gutscheinlösung für abgesagte Veranstaltungen, die SPÖ und FPÖ im Nationalrat ebenfalls gemeinsam ablehnten, könnte die Länderkammer hingegen ohne Veto passieren. Im Falle von Einsprüchen kann der Nationalrat Beharrungsbeschlüsse fassen – wann er zusammentritt, ist allerdings noch offen.

Ziel der Novelle zum Epidemiegesetz ist es, Veranstaltungen unter bestimmten Auflagen wieder zu ermöglichen. Die Nutzung einer Tracking-App darf dabei jedoch kein Schlüssel für den Zugang zu einem Event sein, wie durch einen Abänderungsantrag im Nationalratsplenum ausdrücklich klargestellt wurde. Ebenso ist der pauschale Ausschluss von Risikogruppen wie älteren Personen oder eine Diskriminierung bestimmter Personen, etwa wegen ihrer ethnischen Herkunft oder Religionszugehörigkeit, ausdrücklich untersagt. Zudem werden mit dem Entwurf gesetzliche Grundlagen für COVID-19-Screening-Programme geschaffen und telefonische Quarantäne-Anordnungen für erkrankte bzw. krankheitsverdächtige Personen ermöglicht.

Im Finanz- und Steuerpaket sind unter anderem die Befreiung von Schutzmasken von der Umsatzsteuerpflicht, Detailbestimmungen in Bezug auf die Gewährung von Unternehmenshilfen durch die COFAG, Prüfbefugnisse der Finanzämter zum Aufspüren von Fördermissbrauch, die Refundierung von Stornokosten für Schulveranstaltungen und die österreichische Beteiligung an Unterstützungsprogrammen der EU geregelt. Die Novelle zum Freiwilligengesetz betrifft insbesondere die Bereitstellung von 600.000 € für Freiwilliges Engagement aus Mitteln des Krisenbewältigungsfonds. Im 12. COVID-19-Gesetz geht es unter anderem um audiovisuelle Verhandlungen in Behördenverfahren und die Gewährleistung von Parteienrechten.

Insgesamt stehen heute 20 Nationalratsbeschlüsse auf der Tagesordnung der Bundesratssitzung. Neben den 13 COVID-19-Gesetzen und dem Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz sind das unter anderem auch Änderungen im Kraftfahrgesetz, im Zahlungsdienstegesetz und im Versicherungsaufsichtsgesetz sowie internationale Abkommen. Zudem hat die SPÖ eine Dringliche Anfrage an Arbeitsministerin Christine Aschbacher eingebracht, um ihrer Forderung nach einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes Nachdruck zu verleihen. Sie wird um 16.00 Uhr zum Aufruf gelangen, auch wenn die Sitzung mit einer knapp vierzigminütigen Verspätung begann.

Seeber: Bevölkerung muss vorsichtig bleiben und Kontakte weiter einschränken

Eröffnet wurde die Sitzung mit einer kurzen Erklärung von Bundesratspräsident Robert Seeber. Er bedankte sich für die Disziplin der Bevölkerung in den vergangenen Wochen und rief die Menschen dazu auf, die geltenden Maßnahmen weiterhin zu befolgen und vorsichtig zu bleiben. Nur so sei es möglich, weitere in Aussicht genommene Lockerungen wie die Öffnung der Gastronomie und Hotelerie tatsächlich umzusetzen. Ein Urlaub in Österreich in den Sommermonaten könnte ihm zufolge außerdem ein wichtiger Beitrag dazu sein, der schwer angeschlagenen Tourismuswirtschaft wieder auf die Beine zu helfen.

Nicht bewerten wollte Seeber die heute geplanten Einsprüche des Bundesrats. Für ihn ist aber klar, dass der durch die Corona-Krise bedingte Zeitdruck für Gesetzesbeschlüsse nicht bei allen MandatarInnen "auf uneingeschränkte Begeisterung" stößt. Die BundesrätInnen sollten in den Debatten dennoch den grundsätzlich guten Umgangston in der Länderkammer beibehalten, appellierte er und hob in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung von freier Meinungsäußerung und freier Meinungsbildung hervor. (Fortsetzung Bundesrat) gs


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