Parlamentskorrespondenz Nr. 424 vom 05.05.2020

Kulturausschuss spricht sich für Wiederaufnahme von Musikproben aus

Staatssekretärin Lunacek stellt stufenweise Öffnung des Kulturbetriebs ab 15. Mai in Aussicht

Wien (PK) – Der Kunst- und Kulturbetrieb gehört zu den am stärksten von den Maßnahmen gegen COVID-19 betroffenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Dementsprechend waren die Frage der Unterstützung der Kulturinstitutionen und der Kunst- und Kulturschaffenden in der derzeitigen Krisensituation sowie die Perspektiven einer Öffnung in den nächsten Monaten das beherrschende Thema im heutigen Kulturausschuss.

Als Signal für die Wiederbelebung des Kulturlebens stimmten alle Fraktionen für eine von ÖVP und Grünen eingebrachte Entschließungsantrag an den Kulturminister, bald wieder Musikproben zuzulassen. Auch die Maßnahmen für gerechte Bezahlung im Kulturbetrieb sollen nach Wunsch der Abgeordneten fortgesetzt werden. Ein Antrag der SPÖ dazu wurde zwar abgelehnt, ÖVP, Grünen und NEOS stellten zum Thema aber einen eigenen Antrag. Zahlreiche weitere Oppositionsanträge wurden vertagt.

Kunst- und Kulturbericht 2018

Der Sektion für Kunst und Kultur im Bundeskanzleramt obliegt die Verwaltung eines breiten Spektrums an Kunst- und Kulturförderungen. Um größtmögliche Transparenz über den Einsatz der Fördermittel sicherzustellen, schlüsselt der jährliche Kunst- und Kulturbericht die Unterstützungsleistungen des Bundes im Detail auf. Laut dem Kunst- und Kulturbericht 2018 (III-59 d.B.) ist demnach das Kulturbudget für 2018 gegenüber dem Jahr davor nur leicht angestiegen. Während es 2017 bei rund 435,12 Mio. € lag, stellte der Bund 2018 insgesamt rund 437,55 Mio. € für Kunst und Kultur zur Verfügung. Davon flossen allein rund 91,66 Mio. € auf Basis des Kunstförderungsgesetzes (2017: 90,3 Mio. €).

Die Diskussion des Berichts wurde von den Abgeordneten dazu verwendet, um mit Staatssekretärin Ulrike Lunacek über die derzeitige Situation der Kunst- und Kulturförderungen und von großen wie kleinen Kulturinstitutionen zu debattieren. Die Staatssekretärin erläuterte, in welchen Bereiche sie begonnen habe, Initiativen zu setzen, bevor die COVID-19-Krise die Prioritäten der Arbeit ihres Ressorts verschob. Sie habe den Dialog mit den Kunst- und Kulturinstitutionen begonnen und Gespräche zum Thema Fair Pay mit den Stakeholdern begonnen. Die Frage einer neuen Kulturstrategie sei durch die Krise noch drängender geworden. Auch die Aufwertung der Baukultur sei ihr ein zentrales Anliegen, sagte Lunacek. Sie hoffe, bald diese Prioritäten weiter fortführen zu können.

Vor allem die Abgeordneten der Opposition nützten die Gelegenheit zu Fragen und kritischen Anmerkungen zu den Maßnahmen der Regierung für den Kunst- und Kulturbereich angesichts der COVID-19-Krise. Gerade in diesem Bereich sei die Hilfe noch immer nicht angekommen und die Unterstützungsmaßnahmen seien unsystematisch und lückenhaft aufgebaut, war der Tenor der Kritik vor allem bei NEOS und SPÖ. Josef Schellhorn (NEOS) forderte für Kulturinstitutionen eine auf klaren Berechnungen beruhende Abgeltung ihrer Verluste. Thomas Drozda (SPÖ) hat gleichlautende Forderungen und verwies auf das Schweizer Modell der Entschädigungen. Auch müssten freie DienstnehmerInnen im Kulturbetrieb ein Kurzarbeitszeitmodell in Anspruch nehmen können, auch müssten Non-Profit-Organisationen rasch Unterstützung erhalten, hier sei die Regierung säumig. FPÖ-Mandatar Hermann Brückl meinte, es sei an der Zeit, den Festspielen, die im Sommer stattfindenden sollen, klare Perspektiven zu geben. Martin Engelberg (ÖVP) betonte, die Kunst- und Kultursektion im Bundeskanzleramt habe gerade in den letzten Wochen und Monaten sehr viel geleistet, das werde auch weithin anerkannt.

Zur Kritik, die an der Verordnung über Kulturinstitutionen geäußert wurde, sagte Staatssekretärin Lunacek, diese werde derzeit überarbeitet, um sicherzustellen, dass Museen und Bibliotheken ab 15. Mai unter Auflagen öffnen können. Was die Unterstützungen betreffe, so hätten sowohl Härtefallfonds als auch der Künstlersozialversicherungsfonds eine große Zahl von Anträgen sehr rasch bearbeitet.

Jahresvorschau des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf EU-Vorhaben 2020

Das erste Jahresprogramm der neuen EU-Kommission 2020 unter dem Motto "Eine Union, die mehr erreichen will" erwähne zwar die Bereiche in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) nicht ausdrücklich, heißt es in der Vorschau des Ressorts auf die EU-Vorhaben für 2020 (III-112 d.B.). Als Querschnittsmaterie leisteten Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport jedoch wichtige Beiträge zu den EU-Zielen. Der EU-Arbeitsplan für Kultur 2019-2022 definiert fünf Bereiche, in denen der kulturpolitischen Zusammenarbeit besondere Bedeutung zugemessen wird: Nachhaltigkeit des Kulturerbes, Stärkung des Zusammenhalts durch Kultur, Unterstützung von Kulturschaffenden und europäischen Inhalten, Geschlechtergleichstellung und internationale Kulturbeziehungen. Österreich messe der kulturpolitischen Zusammenarbeit in der EU große Bedeutung bei und wirke intensiv an den EU-Expertengruppen mit, hält die Jahresvorschau des BMKÖS fest. Eines der Schwerpunkthemen des kroatischen Ratsvorsitzes ist das Risikomanagement im Bereich des Kulturerbes.

Die Arbeit der EU habe sich durch COVID-19 selbstverständlich sehr geändert, sagte Lunacek, Kunst und Kultur blieben als wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens und der Demokratie jedoch ein wichtiges Thema für Europa. Sie freue sich besonders, dass der Ratsvorsitz dem Thema der Geschlechtergleichstellung seine Aufmerksamkeit schenkt und auch die Bewahrung des Kulturerbes durch Digitalisierung vorantreiben will.

ÖVP und Grüne regen an, Musikproben unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen zuzulassen

Einstimmig angenommen wurde ein Entschließungsantrag von Maria Großbauer (ÖVP) und Eva Blimlinger (Grüne), in dem sie sich für eine Wiederaufnahme der Musikproben im Musikland Österreich aussprechen. Insbesondere wird auf die nötige Planungssicherheit im Bereich der Blasmusik verwiesen (527/A(E)). Aus fundierten Gutachten und Expertisen lasse sich schließen, dass bei Kleingruppen von MusikerInnen größere Abstände zwischen den TeilnehmerInnen sowie weitere Vorkehrungen ausreichend Schutz bieten, um den Probetrieb und in weiterer Folge den Veranstaltungsbetrieb wiederaufnehmen zu können, sagte Abgeordnete Großbauer. Dem Ersuchen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, auf Basis dieser Erkenntnisse die Möglichkeit zur Durchführung von Musikproben, darunter auch mit Blasinstrumenten, zu schaffen, schlossen sich auch die Oppositionsparteien an. Allerdings sparten sie in der Debatte nicht mit Kritik an den Maßnahmen der Bundesregierung. Die Abgeordneten Volker Reifenberger (FPÖ), Josef Schellhorn (NEOS) und Thomas Drozda (SPÖ) warfen ihr mangelnde Koordination bei der Wiederbelebung des Kunst- und Kulturlebens vor.

FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger brachte zum Thema der Planungssicherheit für das Kulturleben einen Antrag seiner Fraktion ein (499/A(E)), der aber neben seiner Fraktion nur von SPÖ und NEOS unterstützt und damit im Ausschuss abgelehnt wurde. Die Abgeordneten der Opposition vermissen einen nachvollziehbaren Fahrplan der geplanten Lockerungen für das Kulturleben. Vizekanzler Werner Kogler und die zuständige Staatssekretärin Ulrike Lunacek hätten zuletzt in dieser Frage eher Verwirrung gestiftet, als Klarheit geschaffen, sagte Reifenberger. Die heimischen Kunst- und Kulturschaffenden benötigten aber Planbarkeit, Rechtssicherheit und Klarheit für ihre Tätigkeit. Abgeordneter Weratschnig hielt entgegen, die Öffnungen würden einem Stufenplan folgen, das sei auch klar kommuniziert worden. Daher könne auch nur immer ein Bereich nach dem anderen nach sorgfältiger Evaluierung geöffnet werden.

SPÖ tritt für Fair Pay für Kunst und stärkeres Urhebervertragsrecht ein

SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits nützte die Gelegenheit, mehr Mittel für eine faire Entlohnung von Kunstschaffenden zu fordern. Seitens der Grünen sagte Brigitte Hamann, dass das Anliegen auch von ihrer Fraktion geteilt werde. Die an den Kulturminister gerichteten SPÖ-Entschließung, dem Wiener Modell einer Fair-Pay-Maßnahme zu folgen und auch das Kunst- und Kulturbudget des Bundes deutlich zu erhöhen (134/A(E)), wurde trotzdem mehrheitlich abgelehnt. Die Koalitionsfraktionen formulierten gemeinsam mit den NEOS im Ausschuss zum Thema Fair Pay einen eigenen Antrag, der den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport ersucht, den "bereits eingeleiteten Prozess einer Kulturstrategie 'Fair Pay' den Anforderungen durch die COVID-19 Krise anzupassen, um die faire Bezahlung von in der Kunst und Kultur Tätigen zu fördern", wie es im Antrag heißt. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS angenommen.

Eine weitere Maßnahme, um die soziale und finanzielle Situation von Künstlerinnen und Künstlern zu verbessern, besteht laut Kucharowits in der Schaffung eines wirksamen Urhebervertragsrechts. Dieses sei in Österreich jedoch noch weitgehend unterentwickelt, merkte die SPÖ-Abgeordnete kritisch an. Um die Rechte von KünstlerInnen bei Vertragsabschlüssen zu stärken, müsse die Bundesregierung einen Entwurf zu einem umfassenden österreichischen Urhebervertragsrecht vorlegen, argumentiert die SPÖ-Kultursprecherin. Ihr Antrag zu diesem Thema (135/A(E)) wurde vertagt.

SPÖ fordert erweiterten Rettungsschirm für Kunst und Kultur

Einen umfassenden Rettungsschirm, der KünstlerInnen, Kulturinstitutionen und der Kreativbranche rasche, unbürokratische Hilfe leistet, halten die SPÖ-Abgeordneten Thomas Drozda und Katharina Kucharowits zur Sicherung des Kulturstandortes Österreich während der Corona-Krise für notwendig. Die Förderkriterien seien dabei auf die spezielle Situation von Kulturschaffenden und Kreativen abzustellen, betonte Drozda. Bisher hätten viele Kreative keine, oder nur sehr geringe Unterstützungsleistungen erhalten. Die SPÖ fordert daher in ihrem Entschließungsantrag konkrete Maßnahmen für den Kulturbereich inklusive der Kulturvermittlung, für Kulturinstitutionen – inklusive der gemeinnützigen – sowie für die Kreativwirtschaft über die bereits getroffenen Einzelmaßnahmen hinaus (419/A(E)). Laut Hermann Weratschnig (Grüne) existiert der geforderte Rettungsschirm für Kunstschaffende bereits in einer Vielzahl von Maßnahmen, die ständig ausgeweitet würden. Sein Vertagungsantrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen.

FPÖ drängt auf Kollektivvertrag für Bundesmuseen und ÖNB

Auf die Dringlichkeit des Abschlusses eines gemeinsamen Kollektivvertrags für ArbeitnehmerInnen der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) weist FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger in einem Entschließungsantrag hin (300/A(E)), der ebenfalls mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen vertagt wurde. Die Forderungen würden seit zwei Jahrzehnten erhoben, hielt Reifenberger fest. Die Bundesregierung solle daher auf die Direktorenkonferenz der Bundesmuseen und der ÖNB einwirken, dass ihre Mitglieder umgehend entsprechende Verhandlungen mit der Arbeitnehmervertretung ihrer Häuser aufnehmen. Das Anliegen sei auch der Bundesregierung wichtig, betonte Kultur-Staatssekretärin Lunacek, sie sei auf der Suche nach einer Lösung.

NEOS wollen Haus der Geschichte zu eigenständigem Bundesmuseum aufwerten

Abgeordneter Schellhorn tritt für ein starkes, unabhängiges, gut budgetiertes und eigenständiges Haus der Geschichte Österreich (HdGÖ) ein. Für das HdGÖ sei der Status eines eigenen Bundesmuseums die geeignete Lösung, um eine differenzierte Aufarbeitung und Aufbereitung der österreichischen Geschichte zu gewährleisten, sagte der NEOS-Kultursprecher. Sein Entschließungsantrag dazu wurde jedoch vertagt (236/A(E)). ÖVP-Abgeordneter Martin Engelberg hält die vorgeschlagene Anbindung an das Parlament für einen gangbaren Weg, um das HdGÖ unabhängig von Tages- und Parteipolitik zu halten. Dem widersprach SPÖ-Kultursprecher Drozda vehement. Das HdGÖ habe unter schwierigen Rahmenbedingungen viel geleistet und sei auch bisher niemals unter parteipolitischem Einfluss gestanden.

FPÖ will mehr österreichische Kunst und Kultur in öffentlich-rechtlichen Medien

Für die Forcierung der österreichischen Kunst und Kultur in öffentlich-rechtlichen Medien tritt FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger in einem Entschließungsantrag ein, der mehrheitlich vertagt wurde (196/A(E)). Vor allem sollen laut dem Abgeordneten junge österreichische KünstlerInnen und Talente im Rahmen des Kulturauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Beachtung finden. Reifenberger will die Einführung einer "Österreich-Quote", um österreichischen ProduzentInnen und KünstlerInnen einen entsprechenden Anteil am Sendungsvolumen zur Verfügung zu stellen. SPÖ-Abgeordneter Drozda sah den Antrag als wenig zielführend. Zum einen gebe es bereits Quoten für den öffentlichen Rundfunk. Des Weiteren würde er auch eine Verpflichtung der Privatsender wünschen, künstlerische Inhalte zu fördern.

NEOS: Verbesserte Spendenabsetzbarkeit im Kulturbereich

NEOS-Kultursprecher Josef Schellhorn will es Kultureinrichtungen leichter machen, Spenden von Privaten und Firmen zu erhalten. Dazu müssten seiner Ansicht nach allerdings die Voraussetzungen für die Spendenabsetzbarkeit im Kunst- und Kulturbereich, wie sie im Einkommensteuergesetz definiert sind, wesentlich vereinfacht werden. Schellhorn tritt dafür ein, dass für eine Absetzbarkeit von Spenden an Kultureinrichtungen künftig eine vom Finanzamt bestätigte Gemeinnützigkeit ausreicht (184/A(E)). Unterstützung kam von Sonja Hammerschmid (SPÖ). Die von ÖVP und Grünen beschlossene Vertagung des Antrags stieß auf Kritik der Opposition. Gerade jetzt sollte die Politik Signale setzen, dass sie Kunst und Kultur unterstützt, argumentierte Henrike Brandstötter (NEOS). Diese Sicht teilte auch Thomas Drozda (SPÖ). ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer hielt entgegen, auch das Thema der Steuerabsetzbarkeit sei im Regierungsprogramm enthalten. (Schluss Kulturausschuss) sox


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