Parlamentskorrespondenz Nr. 492 vom 18.05.2020

Österreich unterstützt EU-Mission IRINI im Mittelmeer zur Durchsetzung des Waffenembargos gegen Libyen

Hauptausschuss genehmigt Sondervergütungen für VerfahrenshelferInnen und Änderung der Grenzverordnung des Innenministers

Wien (PK) – Die einhellige Genehmigung des Hauptausschusses fand heute das Vorhaben der Bundesregierung, bis zu 15 Angehörige des Bundesheeres für eine Militäroperation der Europäischen Union im Mittelmeer zu entsenden. Die EU-Mission IRINI soll die Maßnahmen der unterdessen beendeten Mission SOPHIA zu Libyen weiterführen. Damit wirkt Österreich bei der Durchführung der Beschlüsse der Vereinten Nationen in Bezug auf Libyen und der Vereinbarungen des Berliner Prozesses zur Beilegung des libyschen Konflikts mit. Auch zur begleitenden Verordnung über die Befugnisse der entsendeten Personen bekundeten alle Fraktionen im Hauptausschuss ihre Zustimmung.

Zustimmung gab es auch zu der vom Innenminister vorgelegten Änderung der Verordnung über die Einstellung des Grenzverkehrs an bestimmten Grenzübergangsstellen. Hauptpunkt ist, dass in Bezug auf Slowenien und Italien immer noch strikte Beschränkungen aufrecht bleiben, während die Grenzkontrollen zu den anderen Nachbarstaaten nun schrittweise gelockert werden.

Einvernehmen mit dem Hauptausschuss fand außerdem der Finanzminister in Bezug auf die aktualisierte Liste jener Länder, die am 27.01.2016 das Multilateral Competent Authority Agreement der OECD (OECD MCAA), eine internationale Vereinbarung gegen die Praktiken zur Steuervermeidung, unterzeichnet haben.

Die Genehmigung des Hauptausschusses wurde auch für die Sondervergütung für Verfahrenshelfer 2016 eingeholt. Auf der Tagesordnung standen auch drei Berichte zu den Maßnahmen des Finanzministers im Rahmen des Bankenpakets. Behandelt wurden die drei Quartalsberichte über das dritte und vierte Quartal 2019 und das erste Quartal 2020.

Vier weitere Berichte geben Auskunft über die Ausfuhrförderung. Das waren zum einen der Bericht über die Ausfuhrförderung im Jahr 2018 sowie Quartalsberichte über das dritte und vierte Quartal 2019 und das erste Quartal 2020. Dem Bericht für 2018 ist zu entnehmen, dass in diesem Jahr die Außenhandelsbilanz insgesamt positiv ausfiel und die Ausfuhren einen neuen Rekordwert erreichten. Diese positive Entwicklung setzte sich bis ins erste Quartal 2020 fort.

15 österreichische SoldatInnen unterstützen EU-Mission im Mittelmeer

Zudem genehmigte der Hauptausschuss einhellig die Entsendungen von bis zu 15 Angehörigen des Bundesheeres für eine Militäroperation der Europäischen Union im Mittelmeer, EUNAVFOR MED Operation IRINI. Diese Zahl kann kurzfristig um 30 weitere Angehörige des Bundesheeres angehoben werden. Darüber hinaus können bis zu 20 weitere SoldatInnen im Rahmen von Lufttransporten bzw. Aeromedevac bis 31. Dezember 2021 eingesetzt werden. Sanitätsdienstliche Transporte können auch zu Krankenanstalten in Italien, Malta und Griechenland erfolgen. Seine einhellige Zustimmung gab der Hauptausschuss auch zur Erlassung einer Verordnung, mit der die Befugnisse der zum Auslandseinsatz in das Mittelmeer entsendeten Personen festgelegt werden (EUNAVFOR MED IRINI – Verordnung). Die bisherige Mission EUNAVFOR Med SOPHIA wurde mit 31. März 2020 eingestellt und durch die neue EU-Operation ersetzt.

Bereits im Vorfeld habe Österreich für eine neue Operation zur Durchsetzung des Waffenembargos mit neuem Mandat, neu festzulegendem Einsatzgebiet und einer klar ausformulierten Notbremse gefordert, erklärte Außenminister Alexander Schallenberg. Der österreichische Ansatz sei dabei durchgehend davon geprägt, die Durchsetzung des Waffenembargos zu ermöglichen. Diesen Aspekt hob auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hervor.

Trotz der Unterstützung für die Entsendung gab es seitens der Opposition einige auch durchaus kritische Anmerkungen. FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch verwies darauf, dass die Teilnahme Maltas noch fraglich sei. SPÖ und NEOS stoßen sich daran, dass eines der wichtigsten österreichischen Kriterien für die Bewertung der Mission sei, keinen "Pull-Faktor für Migration" zu schaffen. Diese Wortwahl sowie die Unbestimmtheit des Begriffs des Pull-Faktors wurde von SPÖ-Abgeordneter Petra Bayr und den Abgeordneten der NEOS Helmut Brandstätter und Johannes Margreiter kritisiert. Bayr wies darauf hin, dass auch für die Mission selbstverständlich internationales Seerecht gelte, wonach Schiffbrüchige gerettet werden müssen.

Ziel der Entsendung sei es, das im Rahmen des Berliner Prozesses von allen beteiligten Parteien vereinbarte Waffenembargo gegen Libyen durchzusetzen, erklärte Außenminister Alexander Schallenberg im Hauptausschuss. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Interessen in der internationalen Gemeinschaft, über die man sich keinen Illusionen hingebe, werde das Waffenembargo zweifellos kaum durchsetzbar sein, da der Landweg offenbleibe. Bei den Verhandlungen in Berlin hätten sich aber alle beteiligten Seiten grundsätzlich für das Embargo ausgesprochen. Auch Malta habe nun seine Teilnahme erklärt.

Auch ihm sei bewusst, dass die Mission zur Konfliktbeilegung in Libyen selbst wenig beitragen könne, sagte der Außenminister. Trotzdem sei die Mission wichtig, da die EU damit ein Signal setze, dass sie an der Lösung eines sehr ernsten Konflikts in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft interessiert sei. Besonders wichtig ist es laut Schallenberg, dass die Mission den Aufbau von Kapazitäten und die Ausbildung der libyschen Küstenwache und Marine für Strafverfolgungsaufgaben auf See unterstützen wird. Damit werde ein wesentliches Element der vorangegangenen EU-Mission SOPHIA fortgeführt. Die Wahrung der Menschenrechte und der Umgang mit schutzwürdigen Personen stelle dabei einen wichtigen Teil dieser Ausbildung dar. Wichtig sei es, dass die Operation damit einen wichtigen Beitrag zur Zerschlagung des Geschäftsmodells von Schlepper-und Menschenhandelsnetzwerken leistet. Ein wesentliches Element dafür sei, dass die Mission ein Einsatzgebiet habe, welches sie für Schlepper uninteressant mache. Sollten schiffbrüchige Flüchtlinge aufgegriffen werden, laute die Vereinbarung, dass sie nach Griechenland gebracht werden.

David Stögmüller (Grüne) wollte wissen, ob für die Operation während der aktuellen COVID-19-Krise mit Verzögerungen zu rechnen sei bzw. welche Sicherheitsmaßnahmen man für die beteiligten ÖsterreicherInnen vorsehe. Verteidigungsministerin Tanner verwies darauf, dass alle Schritte zur Vorsorge gesetzt werden, wie Gesundheitsuntersuchungen und Einhaltung einer vierzehntägigen Quarantäne vor dem eigentlichen Einsatz.

Hauptausschuss billigt geänderte Verordnung über Grenzkontrollen

Einhellig genehmigte der Hauptausschuss auch eine von Innenminister Nehammer vorgelegte Änderung der Verordnung über die Einstellung des Grenzverkehrs an bestimmten Grenzübergangsstellen. Allerdings ging diesem Beschluss eine lebhafte Diskussion über die Einschätzungen voraus, die hinter den nun geplanten schrittweisen weiteren Grenzöffnungen stehen. Einer der Hauptpunkte ist, dass in Bezug auf Slowenien und Italien immer noch strikte Beschränkungen aufrecht bleiben, während die Grenzkontrollen zu den anderen Nachbarstaaten nun schrittweise gelockert werden.

Vor allem seitens der SPÖ und der NEOS gab es Kritik an den Schritten des Innenministeriums, die als nicht völlig nachvollziehbar gewertet wurden. Slowenien habe weniger COVID-10-Fälle als Bayern, meinten etwa Helmut Brandstätter (NEOS) und Kai-Jan Krainer (SPÖ). Innenminister Karl Nehammer betonte, die Lockerungen des Grenzregimes erfolgten nach Expertenempfehlungen. Wesentliches Ziel sei es, für die Bevölkerung die notwendigen Erleichterungen zu schaffen, aber eine zweite Welle der Pandemie möglichst zu verhindern und im Falle eines Eintretens möglichst rasch unter Kontrolle bringen zu können.

Teilnehmerliste für Multilateral Competent Authority Agreement ist aktualisiert

Seine einhellige Zustimmung gab der Hauptausschuss außerdem zur aktualisierten Liste jener Länder bekannt, die am 27.01.2016 eine internationale Vereinbarung gegen die Praktiken zur Steuervermeidung unterzeichnet haben. Das Multilateral Competent Authority Agreement der OECD (OECD MCAA) regelt den automatischen Austausch der länderbezogenen Berichterstattung (Country-by-Country-Reporting) zwischen den Steuerbehörden der beteiligten Staaten. In Form des Country-by-Country-Reportings erhalten die nationalen Finanzbehörden, in denen das jeweilige Unternehmen tätig ist, konzernbezogene Informationen zur Einkünfteverteilung, Vorsteuergewinnen, bereits gezahlten und noch zu zahlenden Ertragssteuern, zur Zahl der Beschäftigten, dem ausgewiesenen Kapital, sowie zu einbehaltenen Gewinnen und materiellen Vermögenswerten.

In der vorliegenden Verordnung werden diejenigen Staaten, die das MCAA unterzeichnet haben und somit als teilnehmender Staat für den Meldezeitraum 2019 angesehen werden können, genannt. Mittlerweile stehen 75 Länder auf der Teilnehmerliste. Die Verordnung tritt mit 1. Mai 2020 in Kraft.

SPÖ-Abgeordneter Kai-Jan Krainer meinte dazu, es gebe aus seiner Sicht nur zwei mögliche Erklärungen dafür, warum die wichtigsten Steueroasen sich dem Abkommen angeschlossen hätten. Entweder habe eine Läuterung in Bezug auf ihr bisheriges Geschäftsmodell stattgefunden, oder man habe unterdessen Wege gefunden, dieses in einer Form weiterzuführen, bei der die Meldepflichten umgangen werden können. Finanzminister Gernot Blümel meinte, er sei optimistisch, dass die Länder, die sich am Abkommen beteiligen, tatsächlich am Informationsaustausch beteiligen.

Bewilligung der Sondervergütungen für Verfahrenshelfer 2016

Die Sondervergütungen von VerfahrenshelferInnen beliefen sich im Jahr 2016 auf 783.944 €, wie einem Bericht des Justizministeriums zu entnehmen ist. Die Verordnung der Justizministerin zur Sondervergütung erhielt heute die einhellige Zustimmung des Hauptausschusses.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die in überlang dauernden Verfahren als Verfahrenshelfer ohne direkten Entlohnungsanspruch gegenüber ihrer Partei tätig sind, haben Anspruch auf gesonderte Vergütung in jenen Verfahren, in denen innerhalb eines Jahres bereits mehr als zehn Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden geleistet wurden. Dieser Betrag wurde bereits als Vorschuss an die Rechtsanwaltskammer geleistet und stellt keine Belastung für das laufende Jahr dar, erläuterte Justizministerin Alma Zadic. Auf die Frage von NEOS-Abgeordnetem Johannes Margreiter, warum der Bericht erst jetzt vorliege, erklärte sie, dass die Voraussetzung für die Berichtslegung das Vorliegen aller notwendigen rechtskräftigen Bescheide sei, was eine gewisse Zeit in Anspruch nehme.

Bankenpaket: Negativsaldo liegt bei rund 9,415 Mrd. €

Das Bankenpaket (Finanzmarktstabilitätsgesetz – FinStaG), das im Jahr 2008 beschlossen wurde, verzeichnete Ende März 2020 einen negativen Saldo von rund 9,415 Mrd. €. Bisherigen Einnahmen in der Höhe von rund 3,261 Mrd. € stehen Ausgaben (inklusive Refinanzierungskosten) im Ausmaß von rund 12,676 Mrd. € gegenüber. Das geht aus dem jüngsten Quartalsbericht des Finanzministers gemäß Finanzmarktstabilitätsgesetz über das erste Quartal 2020 hervor, der heute im Hauptausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Mit in Verhandlung standen auch der Bericht des Finanzministers über die gemäß Finanzmarktstabilitätsgesetz im dritten Quartal 2019 ergriffenen Maßnahmen sowie sein Bericht über die Maßnahmen im vierten Quartal 2019.

SPÖ-Finanzsprecher Kai-Jan Krainer wollte wissen, ob der Fahrplan für die Abwicklung der Hypo Alpe-Adria trotz der COVID-19-Krise eingehalten werden könne. Finanzminister Gernot Blümel teilte dazu mit, dass ihm bisher keine Auswirkungen auf Projekte bekannt seien, der Fahrplan werde eingehalten. In Richtung von NEOS-Mandatar Johannes Margreiter, der eine Ausweitung des Berichtswesens zu einer Gesamtübersicht angeregt hatte, hielt Blümel fest, er sei offen für alle Anregungen zu einer Verbesserung des Berichtswesens in Richtung größerer Transparenz.

Ausfuhrförderung 2018 erzielte Überschüsse

Die Außenhandelsbilanzen für das Jahr 2018 fielen insgesamt positiv aus, auch 2018 haben die Ausfuhren einen neuen Rekordwert erreicht. Dank einer robusten Weltkonjunktur verzeichneten die heimischen Exportunternehmen in fast allen Regionen Zuwächse beim Absatz ihrer Produkte. Neu aufgeflammte Handelskonflikte, geopolitische Spannungen und die Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit, die Sanktionsthematik sowie wirtschaftliche Probleme in einzelnen Märkten konnten die positive Gesamtbilanz nicht nachhaltig trüben, hält der diesbezügliche Bericht des Finanzministers fest, der einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Insgesamt erreichten die Exporte von Waren und Dienstleistungen mit einem Wert von rund 220 Mrd. € im Jahr 2018 einen Höchststand (2017: 201 Mrd. €). Der Warenexport allein erhöhte sich um 5,2% auf 150 Mrd. €, (2017 142 Mrd. €). Im Rahmen der Haftungsfälle für Bundesgarantien wurden 2018 39 Mio. € ausbezahlt, wobei die größten Positionen Schadensfälle mit Abnehmern aus Rumänien, Brasilien und Gabun betrafen. An Rückflüssen zu Schadenszahlungen konnten rund 41 Mio. € eingenommen werden. Das Ausfuhrförderungs-Verfahren trägt sich selbst, 2018 konnte ein Überschuss von rund 156 Mio. € erzielt werden.

Trotz der erfreulichen Entwicklung bleiben die Herausforderungen für die österreichische Exportwirtschaft bestehen. Die ExpertInnen halten einen Strukturwandel und eine Strukturbereinigung für notwendig, sowohl in Bezug auf die regionale Ausrichtung als auch auf die Produktpalette.

Mit in Verhandlung standen mit diesem Tagesordnungspunkt auch drei Berichte des Finanzministers über übernommene Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rückflüsse aus Haftungsinanspruchnahmen laut Ausfuhrförderungsgesetz. Die Berichte über das dritte Quartal 2019 und das vierte Quartal 2019 sowie über das erste Quartal 2020 wurden einstimmig angenommen.

Im ersten Quartal 2020 wurden neue Haftungen mit einem Volumen von 2,552 Mrd. € (1. Quartal 2019: 1,753 Mrd. €) übernommen. Davon entfielen 630 Mio. € auf Garantien, 1,84 Mrd. € auf Wechselbürgschaften und 78 Mio. € für die Oesterreichische Entwicklungsbank. Zudem wurden 13 Garantien übernommen (inklusive 4 OeEB-Garantien), die im Einzelfall einen Betrag von 10 Mio. € überstiegen. Darunter war ein Projekt mit möglichen erheblichen ökologischen Auswirkungen, wie dem Bericht der Österreichischen Kontrollbank zu entnehmen ist.

Zu den ökologischen Auswirkungen von geförderten Projekten stellte SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr eine Reihe von Detailfragen. Sie wollte wissen, ob diese Auswirkungen genauer ausgeführt werden könnten und ob die Kontrollbank auch die sozialen Auswirkungen sowie die CO2-Bilanz von geförderten Projekten einbeziehe. Seitens des Ressorts hieß es dazu, dass die Österreichische Kontrollbank diese Kriterien durchaus in ihren Bewertungen berücksichtige. Der rechtliche Rahmen werde von der OECD vorgegeben. Die Kontrollbank könne keinen direkten Einfluss auf die Geschäftspolitik von Unternehmen nehmen. Die österreichische Exportförderung zeichne sich jedoch gegenüber anderen Ländern dadurch aus, dass keine Waffengeschäfte und keine Nukleargüter gefördert werden.

SPÖ-Abgeordneter Kai-Jan Krainer wollte wissen, ob es aufgrund der COVID-19-Krise bereits Reaktionen der Märkte gebe, die ähnliche Maßnahmen wie während der Finanzkrise 2008/09 notwendig machen. Seitens des Finanzministeriums hieß es dazu, dass die aktuelle Situation mit der Finanzkrise 2008/09 nicht direkt vergleichbar sei. Zu erwarten seien allerdings Verzögerungen von Projekten aufgrund der Reisebeschränkungen. Österreich biete Schwellen- und Entwicklungsländern zudem die Stundung von Zahlungen an. (Schluss) sox/gla