Parlamentskorrespondenz Nr. 500 vom 20.05.2020

Maßnahmen für mehr Biodiversität und Reduktion von Pflanzenschutzmitteln gefordert

Landwirtschaftsausschuss: Oppositionsanträge zu Tierschutz und Lebensmittelkennzeichnung vertagt

Wien (PK) – Im zweiten Teil der heutigen Sitzung des Landwirtschaftsausschusses fanden Entschließungsanträge zu Qualitätsverbesserungen und finanziellen Anreizen für Umwelt- und Klimamaßnahmen, Verringerung von Pestiziden und zur Verbesserung der Krisenresilienz die Mehrheit.

Ausschuss fordert Maßnahmen für nachhaltige und umweltgerechte Bewirtschaftung

Eine Neuausrichtung der österreichischen Agrarpolitik hin zu einer Bio-Wende forderte SPÖ-Abgeordnete Cornelia Ecker. Kernpunkte ihres Entschließungsantrags (160/A(E)) sind unter anderem die schrittweise Umstellung des Fördersystems zur verstärkten Unterstützung des Umstiegs auf Biolandwirtschaft, eine nachhaltige Reduktion des Pestizideinsatzes inklusive nationaler Verbote hinsichtlich Neonikotinoide und bienengefährlicher Insektizide, Forcierung der Regionalität und der biologischen Landwirtschaft bei der Beschaffung von Lebensmitteln im öffentlichen Bereich sowie verstärkte Information und Sensibilisierung der KonsumentInnen hinsichtlich des Wertes von hochqualitativen heimischen Bio-Lebensmitteln.

Die Freiheitlichen konnten dem Antrag nicht zustimmen, da es in Österreich bereits hohe Standards gebe und eine Bio-Wende würde viele in der Landwirtschaft in Bedrängnis bringen, wobei aber der Einstieg durchaus gelockert werden könnte, erklärte Peter Schmiedlechner.

Markus Vogl argumentierte für den SPÖ-Antrag, dass Regionalität nicht gleich hohe Qualität bedeute und diese aber bei Produkten erkennbar sein müsse. Im Abänderungsantrag fehle ihm die Pestizidreduktion, so Vogl.

Die Regierungsparteien stellten dazu einen Abänderungsantrag, mit dem die Landwirtschaftsministerin ersucht wird, Maßnahmen für eine nachhaltige und umweltgerechte Bewirtschaftung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu ergreifen. Für das Agrarumweltprogramm ÖPUL sieht der Antrag mehrere Maßnahmen zu Qualitätsverbesserungen und finanziellen Anreizen für Umwelt- und Klimamaßnahmen vor. Die Landwirtschaftssprecherin der Grünen, Olga Voglauer erklärte, Ziel sei es, bei der öffentlichen Beschaffung zu 100% Regionalität und Saisonalität sicherzustellen und im Bereich der biologischen Landwirtschaft sollen laut Antrag 30% bis zum Jahr 2025 und 55% bis 2030 als Ziele gesteckt werden. Weiters sollen die Förderungsanträge entbürokratisiert werden, ein Junglandwirtepaket im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020+ sowie ökologische, klimagerechte und Tierwohlkriterien im Bereich der Investitionsförderungen stärker berücksichtigt werden. Im Bereich der biologischen Landwirtschaft seien Forschung, Bio-Zertifizierungen und die Züchtung von Bio-Saatgut zu forcieren, ist dem Antrag zu entnehmen. Der Biolandbau solle im GAP-Strategieplan berücksichtigt, sowie der Bio-Aktionsplan weiterentwickelt werden, um die Bio-Landwirtschaft auf Europa-Ebene weiter auszubauen, so die Begründung im Antrag.

Der ursprüngliche SPÖ-Antrag wurde mit Stimmen der ÖVP, FPÖ und Grünen abgelehnt, während der Abänderungsantrag von den Regierungsparteien und den NEOS angenommen wurde.

"Tierschutz-Check" in der Warteschleife

Geht es nach der SPÖ, dann sind sämtliche Agrarfördermaßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Zukunft einem "Tierschutz-Check" zu unterziehen. Tierschutzsprecher Dietmar Keck trat in einem Entschließungsantrag (341/A(E)) vor allem dafür ein, Investitionen in Stallbauten nur mehr dann zu fördern, wenn dadurch deutlich mehr Tierwohl garantiert wird als die gesetzlichen Mindestnormen vorschreiben. Er sehe in dieser Maßnahme einen Schutz der Bäuerinnen und Bauern, da es in Österreich im Vergleich mit anderen EU-Ländern ohnehin sehr hohe Standards gebe. Er sehe aber nicht ein, warum Käfighaltung in anderen Ländern durch EU-Gelder gefördert werden sollten, deshalb gelte es, dieses Thema bei den GAP-Verhandlungen mitzunehmen. Der ÖVP-Tierschutzsprecher Franz Eßl sieht Verbesserungen zwar als gut an, betonte aber, dass die Standards auch jetzt schon eingehalten werden müssen und alles, was darüber hinaus gehe, besser über Anreize zu lösen sei. Die Grünen verwiesen auf den Stellenwert des Tierschutzes im Regierungsprogramm und dass Minister Rudolf Anschober sich des Themas ohnehin annehmen werde. Olga Voglauer (Grüne) stellte deshalb den Antrag auf Vertagung, der mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen wurde.  

Forstgesetz: Vorerst keine Änderung an der Liste der Holzgewächse

FPÖ-Mandatar Peter Schmiedlechner erinnerte an die schweren Schäden für die Forstwirtschaft im Gefolge von Borkenkäferbefall und Trockenheit und stellte fest, die Empfehlung der Vergangenheit, die Fichte in Reinkultur zu setzen, räche sich jetzt. Die Bäuerinnen und Bauern bräuchten Alternativen und Planungssicherheit. Er schlägt in einem Entschließungsantrag (193/A(E)) entsprechende Änderungen im Forstgesetz vor, die es den Bauern ermöglichen, sich den geänderten Bedingungen anzupassen und auf neue Produkte umzusteigen. Ansetzen will Schmiedlechner bei der Holzgewächsliste im Anhang zum Forstgesetz, in der jene Baumarten aufgezählt werden, die im Wald gepflanzt werden dürfen. Die NEOS befürworteten den Vorschlag. NEOS-Landwirtschaftssprecherin Karin Doppelbauer sieht die Flexibilität als notwendig an und verwies auf Kanada als Vorbild. Clemens Stammler (Grüne) verwies darauf, dass derzeit an einem Forst-Paket gearbeitet werde, um die Wälder klimafit zu machen, und stellte einen Vertagungsantrag, der mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen wurde.

Anträge zur Lebensmittelkennzeichnung vertagt

Ebenfalls vertagt haben ÖVP und Grüne zwei Anträge zur Lebensmittelkennzeichnung. Für eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln machte sich die FPÖ stark. Konkret geht es Abgeordnetem Peter Schmiedlechner in seinem Entschließungsantrag (202/A(E)) dabei auch um eine Kennzeichnung von Produkten, die nur wenig verarbeitet sind, sowie um Fleisch, Eier und Milch in Großküchen. Bei der angestrebten gesetzlichen Regelung sollte jedenfalls die EU-Primärzutatenverordnung strikt ausgelegt werden, forderte er. Insbesondere die Krise zeigte, dass ausländische Rinder in Österreich geschlachtet wurden und damit als österreichisch gekennzeichnet wurden, während heimisches Rind auf den Feldern belassen wurde. Die SPÖ setze sich ebenfalls seit Langem für die Kennzeichnung ein. Regionalität alleine sei zu wenig, auch die Haltungsform sei wichtig, betonte Markus Vogl (SPÖ). Es dürfe kein Greenwashing betrieben werden, mahnt er. Der ÖVP-Mandatar Josef Hechenberger erklärte, dass bereits im März ein ähnlicher Antrag im Gesundheitsausschuss behandelt wurde. Laut Regierungsprogramm werde die Kennzeichnung ohnehin bearbeitet und stellte deshalb den Vertagungsantrag.

Nachdem das vom Nationalrat 2019 beschlossene Glyphosatverbot bis dato nicht in Kraft getreten ist, drängte die FPÖ auf eine neue, gesetzeskonforme und rasch umsetzbare Lösung. Landwirtschaftssprecher Peter Schmiedlechner plädierte in einem Entschließungsantrag (203/A(E)) für eine Glyphosatkennzeichnung, die alle Lebensmittel erfasst, bei deren Produktion in irgendeinem Stadium das Herbizid zum Einsatz kommt. Nikolaus Berlakowitsch (ÖVP) erklärte, dass Lebensmittel mit überschrittenen Grenzwerten ohnehin nicht in den Handel dürfen. Da das Glyphosatgesetz nun an die EU weitergeleitet wurde, schlug Olga Voglauer (Grüne) vor, dieses Thema zu vertagen und somit später zu besprechen, was mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossen wurde.  

Forderung nach weniger Pestiziden und mehr Biodiversität angenommen

Die NEOS warnten in einem Antrag von Karin Doppelbauer (451/A(E)) vor gravierenden Auswirkungen des Artensterbens in Österreich. Ein gemeinsamer Abänderungsantrag von ÖVP, Grünen und NEOS auf Basis des NEOS-Antrags hat integrierten Pflanzenschutz und nachhaltiges Schädlingsbekämpfungsmanagement zum Ziel. Dieser Abänderungsantrag sieht im Nationalen Aktionsplan zum Pflanzenschutz unter anderem eine Unterstützung durch ÖPUL-Maßnahmen, sowie eine Aufstockung des Forschungsbudgets für alternative Pflanzenschutzmaßnahmen vor. Weiters soll die Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) finanziell besser ausgestattet werden, um die Entwicklung alternativer Pflanzen- und Bodenschutzstoffe und Auswirkungen von Pestiziden erforschen zu können. Marktverzerrung auf europäischer Ebene sollen vermieden werden, indem nationale Bestimmungen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz im Einklang mit der EU-Gesetzgebung unter Berücksichtigung der Besonderheiten einer biodiversitätsfördernden Bewirtschaftung erlassen werden, ist dem Antrag zu entnehmen. Regionale Saatgutzüchtung solle forciert werden, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren zu können, fordern die AntragstellerInnen in der Entschließung. Karin Doppelbauer freue sich über den gemeinsamen Antrag, auch wenn ihr die Forderung nach verbindlichen Zeitpläne und Fakten fehle.

Markus Vogl (SPÖ) erklärte, dass man wisse, wie bestimmte Dinge formuliert werden, und im Antrag sehe er eine Formulierung betreffend Glyphosat und dass sich die ÖVP durchgesetzt habe. Olga Voglauer konterte, dass man auf Initiative der Grünen in Kärnten dort bereits ein Glyphosatverbot durchgesetzt habe.

Die europaweite Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pestizide war das Ziel eines Entschließungsantrags der SPÖ (344/A(E)). Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker fordert darin unter anderem klare Zielvorgaben in der EU-Richtlinie zur nachhaltigen Nutzung von Pflanzenschutzmitteln sowie insgesamt in den Programmen der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Darüber hinaus sollten die notwendigen wirkstoffbezogenen Daten, die von den Mitgliedstaaten an die Kommission weitergeleitet werden, auch der unabhängigen Forschung und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ecker plädiert zudem für klare Vorgaben an die landwirtschaftlichen Betriebe für den Umgang mit Pestiziden.

In einem weiteren Antrag (345/A(E)) mahnte Ecker Transparenz in Sachen Pestizideinsatz ein. Sie appellierte darin an die Landwirtschaftsministerin, die in Österreich in Verkehr gebrachten Wirkstoffmengen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und dem Parlament jährlich darüber zu berichten. Die SPÖ-Landwirtschaftssprecherin erklärte auch, dass die Daten derzeit nicht von AGES erhoben würden. Die beiden Anträge wurden vertagt, was von Olga Voglauer (Grüne) damit begründet wurde, dass vieles davon bereits auf den Weg gebracht werde.

Keine Einigung auf Berichtspflicht über Tiertransporte

Auf Transparenz setzte die SPÖ hinsichtlich Haltung und Transport von Kälbern. Dietmar Keck forderte in einem Entschließungsantrag (374/A(E)) einen jährlichen Bericht der Landwirtschaftsministerin an das Parlament auf Basis der entsprechenden Daten aus der Rinderdatenbank der AMA ein. Der Tierschutzsprecher der SPÖ will damit vor allem Klarheit darüber schaffen, wie viele zu junge Kälber ins Ausland transportiert und als "Ausschussware" entsorgt werden. Clemens Stammler (Grüne) verwies auf einen geplanten Tierschutzgipfel, der wegen der COVID-19-Krise verschoben werden musste. Es sei eine Expertendiskussion notwendig und stellte den Antrag auf Vertagung der von den Regierungsparteien angenommen wurde.

Rückendeckung erhielt der SPÖ-Vorstoß aber von den Freiheitlichen und den NEOS. Walter Rauch (FPÖ) sah es bedauerlich, dass nicht einmal eine Berichtspflicht möglich sei und Karin Doppelbauer (NEOS) forderte ein rasches Handeln, da gerade die Krise wieder gezeigt habe, welches Tierleid mit den Transporten verbunden sei.

Ausschuss fordert Maßnahmen für Krisenresilienz der Landwirtschaft

Karin Doppelbauer (NEOS) sieht die derzeitige Corona-Krise als Weckruf, die Krisenresilienz der österreichischen Landwirtschaft langfristig systematisch auszubauen und auf allen politischen Ebenen entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Ihr Entschließungsantrag (450/A(E)) war die Basis für einen gemeinsamen Abänderungsantrag der ÖVP, Grünen und NEOS der mit ihren Stimmen auch angenommen wurde. Der Antrag fordert ebenfalls Maßnahmen zur Krisenresilienz insbesondere wegen der Erfahrungen durch die COVID-19-Pandemie, aber auch aufgrund der Folgen des Klimawandels. Die Resilienz solle durch regionale Lebensmittelversorgung und Direktvermarktung verbessert werden. Weiters werden internationale und europäische CO2-Zölle und die Kostenwahrheit bei CO2-Emissionen gefordert. Durch Änderungen an den Forst-Förderungen sowie mit Ressourceneffizienz durch Digitalisierung soll die Klimawandelanpassung und Umweltschutz in Land- und Forstwirtschaft verbessert werden. Eine österreichweite Bodenschutzsstrategie solle landwirtschaftliche Nutzflächen sichern und Bodenverbrach hintanhalten. Außerdem sollen die bundesweiten Notfallprotokolle für Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung evaluiert und überarbeitet werden, erläutert Doppelbauer das Maßnahmenpaket, mit dem die Landwirtschaftsministerin beauftragt werden soll. Die freiheitliche Ablehnung erklärte Walter Rauch (FPÖ) mit den CO2-Zölle, die zu neuen Abgaben führen und nicht im Sinne der Bevölkerung seien.

Kein sanktionsfreies Aussetzen der Begrünung bei Mäuseplagen

Peter Schmiedlechner (FPÖ) erinnerte an die Mäuseplage des letzten Jahres, von der große Flächen des östlichen Weinviertels betroffen war. Dieses Jahr drohe sich die Situation aufgrund des milden Winters, der zunehmenden Trockenheit und der extremen Vermehrungsrate der Feldmäuse zu wiederholen, warnte er und stellte einen Entschließungsantrag (500/A(E)). Der FPÖ-Landwirtschaftssprecher appellierte an Bundesministerin Elisabeth Köstinger, bis zum Ende der laufenden GAP-Periode ein sanktionsfreies Aussetzen der Begrünung der Ackerflächen in Regionen mit hohem Mäusefraß zu ermöglichen und die ÖPUL-Gelder weiterhin den davon betroffenen LandwirtInnen auszubezahlen, womit er aber bei den anderen Fraktionen keine Mehrheit fand und abgelehnt wurde. Karin Doppelbauer hatte zwar Verständnis für den Vorschlag, sehe die Lösung aber in einer GAP-Reform die eine solche Entwicklung von anfälligen Flächen eindämme. Clemens Stammler sieht die Plage als Störung des Ökosystems, dem man auf andere Weise beikommen müsse. (Schluss Landwirtschaftsausschuss) gun