Parlamentskorrespondenz Nr. 575 vom 04.06.2020

Hilfspaket für die Gastronomie hat Bundesrat passiert

Länderkammer drängt auf Amnestie für Corona-Sünder und Maßnahmenpaket zur Förderung von Beschäftigung

Wien (PK) – Das in Reaktion auf die Corona-Krise geschnürte Hilfspaket für die Gastronomie ist endgültig auf Schiene. Der Bundesrat stimmte heute mit breiter Mehrheit dafür, keinen Einspruch gegen die vom Nationalrat beschlossenen steuerlichen Erleichterungen zu erheben. Vorgesehen ist unter anderem ein vorübergehend reduzierter Steuersatz auf nichtalkoholische Getränke in Lokalen, zudem werden die Schaumweinsteuer gestrichen, die Höchstgrenze für steuerfreie Essensbons angehoben und die steuerliche Absetzbarkeit von Geschäftsessen bis Jahresende erweitert. Gegen den Gesetzesbeschluss stimmte lediglich die SPÖ: Sie kritisierte unter anderem die Abschaffung der Sektsteuer und glaubt insgesamt, dass das Paket den WirtInnen wenig bringen wird.

Den Bundesrat passiert hat auch eine Novelle zum Arbeitsmarktservicegesetz. Sie bringt Vereinfachungen bei der Lohnabrechnung für Unternehmen, die das COVID-19-Kurzarbeitsmodell in Anspruch nehmen. In Form von Entschließungen spricht sich der Bundesrat für eine Amnestie für Corona-Sünder, ein Maßnahmenpaket zur Förderung von Beschäftigung und eine umgehende Auszahlung der aufgestockten Notstandshilfe aus.

Laut Finanzminister Gernot Blümel wurden bisher mehr als 280.000 Steuerstundungen mit einem Volumen von rund 2,6 Mrd. € gewährt. Für Fixkostenzuschüsse sind rund 5 Mio. €, für Kurzarbeitsbeihilfen 1 Mrd. € geflossen.

SPÖ und FPÖ wollen Gutscheine an Bevölkerung verteilen…

Das Hilfspaket für die Gastronomie soll der durch die COVID-19-Pandemie unter Druck geratenen Branche zusätzliche Wertschöpfungseffekte bescheren. Die Corona-Krise habe die Gastronomie besonders stark getroffen, sagte Elisabeth Mattersberger (ÖVP/T) und hob hervor, dass das vorliegende Paket einen Mix aus steuerlichen Entlastungen und Konsumanreizen bringe. Sie verwies zudem auf begleitende Vereinfachungen bei Aufzeichnungen und die Anhebung der Umsatzgrenze für Steuerpauschalierungen.

Ingo Appé (SPÖ/K) begründete die Ablehnung des Pakets durch seine Partei unter anderem damit, dass es in Anbetracht der Lage am Arbeitsmarkt unangebracht sei, die Sektsteuer zu streichen. Davon würden ausschließlich Sektkellereien profitieren, meinte er. Auch von der vorübergehenden Senkung der Umsatzsteuer auf nichtalkoholische Getränke würden WirtInnen angesichts der anfallenden Kosten für die zweimalige Umstellung der Registrierkassen kaum profitieren. Positiv bewertete Appé lediglich die Anhebung der Steuerfreigrenze für Essensbons.

Um die Forderung nach einem "echten" Hilfspaket für Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe zu unterstreichen, brachte Appé einen Entschließungsantrag ein, der bei der Abstimmung jedoch keine Mehrheit fand. Demnach spricht sich die SPÖ dafür aus, jedem österreichischen Haushalt einen 50-€-Gutschein für Gastronomiebetriebe und einen 250-€-Gutschein für Hotelbetriebe – bzw. 25 € und 100 € im Falle eines Einpersonenhaushalts – zu gewähren. Bekräftigt wurde das Anliegen von Andrea Kahofer (SPÖ/N), damit könnte man die Frequenz in den Gaststätten und Hotels steigern.

Kritisch zum Gastronomie-Paket äußerte sich auch die FPÖ. Die vorliegenden Maßnahmen werden den Wirtinnen und Wirten nichts bringen, glaubt der Wiener Bundesrat Reinhard Pisec. Warum seine Partei der Gesetzesnovelle trotzdem zustimmt, begründete er mit der Streichung der Sektsteuer – das sei eine langjährige Forderung der FPÖ.

…und fordern Einstellung aller Corona-Verwaltungsstrafverfahren

Auch grundsätzlich ließ Pisec an der Politik der Regierung in der Corona-Krise kein gutes Haar. In Deutschland sei die Arbeitslosigkeit viel weniger stark gestiegen, auch seien viel weniger Menschen in Kurzarbeit, skizzierte er. Um die Wirtschaft anzukurbeln, fordert die FPÖ, jedem Österreicher und jeder Österreicherin 1.000 € in Form von Gutscheinen zur Einlösung in österreichischen Betrieben zur Verfügung zu stellen, ein entsprechender Entschließungsantrag blieb jedoch in der Minderheit.

Durchsetzen konnte sich die FPÖ hingegen mit einem Entschließungsantrag betreffend Amnestie für Corona-Sünder: Demnach spricht sich die Länderkammer mehrheitlich dafür aus, alle Verwaltungsstrafverfahren, die in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie stehen, einzustellen und bereits bezahlte Strafgelder zurückzuzahlen.

Bisher fast 5 Mio. € an Fixkostenzuschüssen ausgezahlt

Finanzminister Gernot Blümel präsentierte dem Bundesrat aktuelle Zahlen in Bezug auf die von der Politik geschnürten Hilfspakete. Demnach wurden bisher mehr als 280.000 Steuerstundungen mit einem Volumen von rund 2,6 Mrd. € gewährt. In 20.000 Fällen seien Garantien für Kredite im Ausmaß von fast 5 Mrd. € übernommen worden. Bei der Kurzarbeit habe man 10,2 Mrd. € rechtsverbindlich zugesagt und bisher rund 1 Mrd. € ausbezahlt. Auch im Zusammenhang mit der Gewährung von Fixkostenzuschüssen ist laut Blümel bereits Geld – und zwar fast 5 Mio. € - geflossen. Eingelangt sind hier mehr als 3.000 Anträge.

Was das Wirtepaket betrifft, wies Blümel unter anderem auf die in Aussicht genommene Erhöhung der Pauschalierungsgrenzen hin. Er rechnet, dass manche WirtInnen ab dem kommenden Jahr um bis zu zwei Drittel weniger Steuern zahlen werden. Von den Maßnahmen würden nicht zuletzt Wirtshäuser am Land profitieren.

Zur Kritik der Opposition an den Hilfsmaßnahmen der Regierung merkte der Finanzminister an, nach den vorliegenden – wiewohl noch unsicheren – Zahlen komme Österreich besser durch die Krise als andere europäische Länder.

Erleichterungen bei Lohnabrechnungen im Falle von Kurzarbeit

Einhellig begrüßt wurde von den BundesrätInnen die rückwirkende Vereinfachung der Lohnabrechnung für Unternehmen, die das COVID-19-Kurzarbeitsmodell in Anspruch nehmen. Außerdem sollen mit der Novelle zum Arbeitsmarktservicegesetz Gehaltsnachteile für ArbeitnehmerInnen, die durch die derzeitigen Rundungsregelungen entstehen können, beseitigt und weitere Präzisierungen bei den Kurzarbeitsbestimmungen vorgenommen werden.

In der Debatte dazu gab es viel Lob für das Kurzarbeitsmodell. So wies etwa die Vorarlberger ÖVP-Bundesrätin Christine Schwarz-Fuchs darauf hin, dass das Modell Unternehmen Sicherheit in einer unsicheren Zeiten geboten, viele Arbeitsplätze gesichert und viele Firmen vor noch größeren Schwierigkeiten bewahrt habe. Gleichzeitig ermögliche es Betrieben, schnell wieder hochzufahren, wenn sich die Auftragslage verbessere, ergänzte Andreas Lackner (Grüne /St). Das österreichische Modell werde von vielen europäischen Staaten als Vorbild gesehen.

Allerdings übten einige BundesrätInnen auch Kritik an bürokratischen Hürden und nur schleppenden Auszahlungen. So machte der steirische SPÖ-Bundesrat Horst Schachner geltend, dass viele Unternehmen nach wie vor kein Geld für Kurzarbeit gesehen hätten. Er hofft, dass sich das bald ändern wird. Grünen-Bundesrat Lackner zeigte sich jedenfalls zuversichtlich, dass die zweite Phase des Modells einige Verbesserungen vor allem im Bereich der Bürokratie bringen wird.

SPÖ pocht auf Erhöhung des Arbeitslosengeldes

Die SPÖ nutzte die Debatte auch dazu, um erneut eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes zu fordern. Österreich schlittere gerade von der größten Gesundheitskrise in die größte ökonomische Krise in der Zweiten Republik, sagte der Wiener Rudolf Kaske. 517.000 Arbeitslose und 1,3 Mio. Beschäftigte in Kurzarbeit könne man einfach nicht schönreden. Kaske vermisst in diesem Zusammenhang einen Masterplan der Regierung, wie es weitergehen solle.

Konkret gefordert wurde von der SPÖ unter anderem ein Beschäftigungsförderungsprogramm für ältere Arbeitslose ähnlich der Aktion 20.000 und die ausreichende Bereitstellung von Plätzen in überbetrieblichen Lehrwerkstätten. Ein entsprechender Entschließungsantrag wurde vom Bundesrat ebenso mehrheitlich angenommen wie eine von der FPÖ vorgelegte Initiative, die darauf abzielt, die beschlossenen Notstandshilfe-Aufzahlungen umgehend auszuzahlen und das Personal des AMS sofort aufzustocken.

Auch insgesamt zeigte sich die FPÖ mit der Krisenbewältigung durch die Regierung unzufrieden. Viele Hilfen kämen nicht oder zu spät an und seien oft auch nicht nachhaltig, sagte Bernhard Rösch. Weitaus sinnvoller wäre seiner Meinung nach der von seiner Partei geforderte 1.000-€-Gutschein für alle ÖsterreicherInnen. Rösch warf der Regierung außerdem erneut Panikmache in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vor. Scharfe Kritik an der Arbeiterkammer übte Röschs Fraktionskollegin Andrea Michaela Schartel, diese würde sich an der Krise bereichern wollen.

Gelder für Aufstockung der Notstandshilfe werden im Juli fließen

Arbeitsministerin Christine Aschbacher machte darauf aufmerksam, dass bereits in 100.000 Fällen Kurzarbeitsbeihilfen ausgezahlt worden seien. Sie appellierte an die Unternehmen, ihre Abrechnungen einzureichen, damit sie zu ihrem Geld kommen. Hunderte MitarbeiterInnen würden das AMS bei der Abwicklung der Kurzarbeitsbeihilfe unterstützen, versicherte sie. Die Gelder für die Aufstockung der Notstandshilfe werden Aschbacher zufolge im Juli fließen. Generell versicherte die Ministerin den BundesrätInnen, dass über alle Vorschläge diskutiert werde. (Fortsetzung Bundesrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


Format