Parlamentskorrespondenz Nr. 671 vom 23.06.2020

Mehrwertsteuersenkung für Gastro-, Medien- und Kulturbereich passiert den Finanzausschuss

ÖVP, Grüne, FPÖ und NEOS unterstützen Änderungen im Umsatzsteuergesetz

Wien (PK) – Die geplante Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie sowie im Medien- und Kulturbereich rückt näher. Der Finanzausschuss sprach sich heute für entsprechende Änderungen des Umsatzsteuergesetzes aus und ebnete damit den Weg für eine Beschlussfassung in der bereits für nächste Woche anberaumten Sitzung des Nationalrats. ÖVP und Grüne begrüßten den ermäßigten Steuersatz als Hilfe für die betroffenen Branchen, was auch FPÖ und NEOS grundsätzlich bestätigten, die der Maßnahme trotz einiger Kritikpunkte zustimmten. Die SPÖ hingegen beanstandete, die Steuersenkung würde auf eine Förderung der großen Konzerne hinauslaufen, und verlangte vergebens eine Beschränkung auf den stationären Verkauf.

Ein weiterer Beschluss des Ausschusses betraf eine Änderung des FMA-Gesetzes, mit der die Finanzmarktaufsicht die Möglichkeit erhalten soll, so genannte Sandboxgeschäftsmodelle zu erproben. Die Opposition wiederum stellte Themen wie die Schadholzverwertung, die Liquidität der Unternehmen, die Transparenz über die Gemeindefinanzen oder Hilfen für Gastgewerbe und Beherbergungsbetriebe zur Diskussion. Diesbezügliche Entschließungsanträge wurden vertagt.

Vom Wirtshaus bis zur Schutzhütte, vom Museum bis zum Tiergarten: Ermäßigter Mehrwertsteuersatz bis Jahresende von 5%

Konkret geht es in dem Antrag der Regierungsparteien (722/A) um eine zeitlich befristete Senkung der Mehrwertssteuer auf 5%. Im Zeitraum von 1.7.2020 bis 31.12.2020 soll der ermäßigte Steuersatz für Speisen und nunmehr auch für alkoholische Getränke gelten, die in Gastronomiebetrieben, aber auch beim Heurigen, in Buschenschanken, Schutzhütten oder Hotels ausgeschenkt werden. Im Medien- und Kulturbereich wiederum soll die Steuersenkung bei Lieferungen, sonstigen Leistungen und Einfuhren zur Anwendung kommen. Hier nennt der Antrag explizit Bücher, Broschüren, Drucke, Zeitungen, Zeitschriften, Bilderalben, Noten, kartographische Erzeugnisse, sowie die Einfuhr von Kunstwerken wie Gemälden, Stichen und Skulpturen und generell die Umsätze aus der Tätigkeit als KünstlerIn. Darüber hinaus fallen auch Theateraufführungen, Konzerte, Museen, botanische Gärten, Zoos, Naturparks und Kinos unter den ermäßigten Mehrwertsteuersatz.

Karlheinz Kopf (ÖVP) und Elisabeth Götze (Grüne) sahen in der Steuersenkung eine entscheidende Hilfe für die von der Krise besonders betroffenen Branchen. Gabriel Obernosterer (ÖVP) sprach von einem in dieser Art noch nie da gewesenen Krisenpaket für die Gastronomie. Kleine Betriebe würden am Ende des Tages 15% mehr Umsatz zur Verfügung haben, dies alles ohne Antragstellung und ohne bürokratischen Aufwand, freute er sich.

Auch Finanzminister Gernot Blümel betonte den Aspekt der Hilfe in der Krise und zeigte sich im Übrigen zuversichtlich, dass es zu keiner Beeinspruchung seitens der EU kommen werde. Brüssel habe bereits in der Vergangenheit Flexibilität bei Corona-Hilfen signalisiert, erinnerte er.

Hubert Fuchs (FPÖ) unterstrich, seine Fraktion habe bereits von Anfang an eine Mehrwertsteuersenkung auf sämtliche Getränke – auch alkoholische – gefordert. Grundsätzlich sollte eine Umsatzsteuersenkung aber nicht rückwirkend, sondern erst ab dem Inkrafttreten gelten. Er beklagte zudem Kosten, die den Betrieben durch die Umstellung der Registrierkassen entstehen könnten, und kritisierte überdies den Ausschluss der Hotellerie von der Steuersenkung.

Namens der NEOS befürchtete Karin Doppelbauer Kosten und bürokratischen Aufwand für die Unternehmen im Zuge der Umsetzung und sah auch noch offene Frage für den Fall der Ablehnung durch die EU. Ihr Fraktionskollege Helmut Brandstätter warnte zudem vor Unklarheiten bei Zeitungsabonnements.

Während FPÖ und Grüne trotz ihrer Kritik die Steuersenkung unterstützten, blieb die SPÖ bei ihrer Ablehnung. Von der Maßnahme würden vor allem große Ketten und Konzerne wie Amazon profitieren, kritisierten Kai Jan Krainer und Christoph Matznetter und forderten einen Ausschluss des Online-Handels von der Begünstigung. Ein Abänderungsantrag der SPÖ, der explizit eine Beschränkung auf den stationären Handel sowie eine Umsatzgrenze von 1 Mio. € in der Gastronomie für die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes vorsieht, fand bei der Abstimmung aber keine Mehrheit. Krainer befürchtete überdies Preissteigerungen nach Auslaufen der Befristung der Steuersenkung und meinte, es brauche eine gesetzliche Regelung, um zu verhindern, dass die KonsumentInnen ab 2021 mehr zahlen müssen.

Abgelehnt wurde auch ein Antrag der SPÖ nach §27 GOG mit der Forderung, bei der Abwicklung der Verluste von KMU die Bestimmungen des Epidemiegesetzes anzuwenden.

SPÖ will steuerfreie Einkommensgrenze anheben

Die SPÖ steuerte einen Initiativantrag auf Änderung des Einkommensteuergesetzes (83/A) bei, der als zentrale Forderung die Anhebung der steuerfreien Einkommensgrenze von derzeit 11.000 € auf 15.300 € enthält. Geht es nach Kai Jan Krainer, dann soll überdies zwischen 15.300 € und 18.000 € der niedrigste Steuersatz von 25% gelten. Bei Einkommen über 1 Mio. € will die SPÖ die aktuell bestehende Befristung  (2016 bis 2020) aufheben und den Satz bei 55% belassen. Im Antrag, der unter Hinweis auf die kommende Steuerreform mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt wurde, ist zudem eine erstmalige Anwendung für die Veranlagung 2020 vorgesehen.

FMA erhält Möglichkeit zur Erprobung von Sandboxgeschäftsmodellen

Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, FPÖ und NEOS sprach sich der Ausschuss überdies für eine Änderung des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes (193 d.B.) aus, durch die die FMA die Möglichkeit erhalten soll, Sandboxgeschäftsmodelle zu erproben. Es geht dabei vor allem darum, zu untersuchen, wie ein in Entwicklung befindliches innovatives Geschäftsmodell realisiert werden kann, um zu verstehen, welche Potenziale und Risiken damit einhergehen. Finanz-Start-ups sollen ihre Geschäftsmodelle auf diese Art in enger Zusammenarbeit mit der FMA entwickeln und dadurch Konzessionen erwerben können. SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer begründete die Ablehnung durch seine Fraktion damit, dass der Aspekt des Konsumentenschutzes bei der Besetzung des entsprechenden Beirats keine Berücksichtigung findet. 

NEOS wollen Liquidität der Unternehmen verbessern

NEOS-Mandatarin Karin Doppelbauer drängte auf Maßnahmen zur Verbesserung der Liquidität der Unternehmen und legte in einem Entschließungsantrag (522/A(E)) ein entsprechendes Forderungspaket vor. Zentrale Anliegen sind dabei die Einführung eines Verlustrücktrages, die Beitragsfreistellung von sämtlichen Umlagen der Wirtschaftskammer sowie die Einführung eines Investitionsfreibetrags speziell für Investitionen der Unternehmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise. Doppelbauer schlägt in ihrer Initiative zudem ein Bonus-Malus-System als Aufschlag auf die Körperschaftssteuer oder Einkommensteuer für spätere Gewinne von Unternehmen vor, die in einem hohen Maße Förderung über Kurzarbeit nutzen, sofern die Kurzarbeitslösung über Juni 2020 hinaus verlängert und in Anspruch genommen wird.

Jakob Schwarz (Grüne) konnte zwar dem Antrag einige positive Punkte, wie etwa dem Investitionsfreibetrag, abgewinnen, in Summe sah er aber die NEOS-Forderungen sehr skeptisch. Christoph Matznetter (SPÖ)kritisierte, dass die Beitragsfreistellung von sämtlichen Umlagen der Wirtschaftskammer quasi ein Umsatzverbot und somit massive Umsatzverluste für diese bedeute. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.

NEOS schlagen Kennzahlensystem für Gemeinde-Transparenz vor

Um die Offenlegung der Gemeindedaten zu forcieren, plädierte die Budgetsprecherin der NEOS in einem Entschließungsantrag (532/A(E)) für die Entwicklung eines Kennzahlensystems bezüglich der Gemeinde-Transparenz, bei dem vor allem auch die bürgernahe und leicht verständliche Darstellung der Gemeindegebarung zu berücksichtigen wäre. Anhand dieses Transparenz-Kennzahlensystems sollte der Bund dann Transparenz-Zuschüsse an "transparente" Gemeinden leisten. Doppelbauer schlug zudem auch für künftige Finanzausgleiche eine stärkere Orientierung an Transparenz-Kennzahlen vor. Prinzipiell gäbe es durch eine verbesserte Datenlage nur Vorteile für die BürgerInnen und die Republik als Ganzes, so die Abgeordnete.

Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

NEOS gegen Einführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern

NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter befürchtete, dass im Zusammenhang mit der Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie wieder über die Einführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern nachgedacht wird. Erst vor Kurzem habe sich Vizekanzler Werner Kogler dafür ausgesprochen. Die NEOS lehnen eine derartige Maßnahme kategorisch ab, zumal die Abgabenquote in Österreich mit 43% auch im internationalen Vergleich bereits einen Höchststand erreicht habe. Stattdessen sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um eine Entlastung der Arbeitseinkommen und eine Senkung der Abgaben voranzutreiben, forderte Brandstätter in einem Entschließungsantrag (467/A(E)).

Brandstätter betonte, dass es wichtig sei, in dieser Sache keine "faulen Kompromisse von der Regierung zu bekommen" und appellierte noch einmal, die Steuern nicht zu erhöhen. Es wäre sehr seltsam, die Bundesregierung aufzufordern, etwas nicht zu tun argumentierte Nina Tomaselli (Grüne). Es wäre wichtig, über die generelle Steuerstruktur zu diskutieren. Andreas Ottenschläger (ÖVP)hielt fest, dass es in der aktuellen Situation um Entlastungsmaßnahmen, wie die temporäre Umsatzsteuerreduzierung, gehe. Es wäre nicht der richtige Zeitpunkt, um über Belastungen nachzudenken. Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt.

NEOS drängen auf Ausweitung der Altersvorsorge

Die Ausweitung der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge steht im Zentrum eines weiteren Entschließungsantrags der NEOS (235/A(E)). Helmut Brandstätter forderte vom Finanzminister einen entsprechenden Analysebericht unter Einbindung von ExpertInnen und Stakeholdern. Hauptaspekte sollten dabei vor allem ein breiterer Zugang für Erwerbstätige zu einer betrieblichen Altersvorsorge, freiwillige Aufstockung der Dienstnehmerbeiträge für Beschäftigte sowie staatliche Prämien sein. Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.

FPÖ fordert Steuerbefreiung bei der Schadholzverwertung

Hermann Brückl (FPÖ) brachte das Problem des im Gefolge der Borkenkäferplage, aber auch des Klimawandels drastisch zunehmenden Schadholzanfalls zur Sprache und forderte eine finanzielle Entlastung der betroffenen Waldbauern. In einem Entschließungsantrag (694/A(E)) plädierte er deshalb für die Befreiung der Schadholzverwertung von der Einkommenssteuer bei natürlichen Personen bzw. von der KESt bei Agrargemeinschaften, und zwar rückwirkend ab 1.1.2018.

Die Schadholzproblematik sei allen bewusst, gerade wurde dazu ein Paket von der Regierung geschnürt. In diesem seien auch Steuerentlastungen inkludiert, so Gabriel Obernosterer (ÖVP). SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter begrüßte zwar, dass die FPÖ dieses Problem richtig aufgezeigt habe, es wäre aber nicht möglich, dass eine Bevölkerungsgruppe vollständig von der Einkommenssteuer ausgenommen wird. Der Entschließungsantrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grüne vertagt.

SPÖ verlangt Hilfspakete für Gastwirte und Beherbergungsbetriebe

Maßnahmen für Gastwirte und Beherbergungsbetriebe schlägt die SPÖ vor. Jedem Einpersonenhaushalt sollten 25 € und jedem Mehrpersonenhaushalt 50 € als Gutschein zur Verwendung in einem heimischen Gastronomiebetrieb finanziert werden, lautet die Forderung eines Entschließungsantrags (539/A(E)) von Christoph Matznetter. Gutscheine in der Höhe von 100 € bzw. 250 € wiederum sieht eine weitere SPÖ-Initiative (540/A(E)) zur Einlösung in Beherbergungsbetrieben vor.

Matznetter betonte, dass Gutscheine das beste Modell zur Generierung von Umsätzen wären, da diese ein Ablaufdatum hätten und somit sicher eingelöst würden. Peter Weidinger (ÖVP)entgegnete, dass die bereits beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung wichtige Signale und viel besser als eine Einmalaktion mit Gutscheinen seien. Elisabeth Götze (Grüne) unterstich, dass die Margen in Gastronomie und Tourismus nicht so groß seien und dadurch von den Gutscheinen nicht viel für UnternehmerInnen übrig bleibe. Auch dieser Antrag wurde mehrheitlich vertagt.

Grünes Licht für Änderungen der Doppelbesteuerungsabkommen mit Tadschikistan und der Ukraine

Schließlich empfahl der Ausschuss einstimmig die Genehmigung von Abkommen mit Tadschikistan (54 d.B.) und der Ukraine (241 d.B.) zur Vermeidung von Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung, die jeweils auf den OECD-Grundsätzen hinsichtlich Transparenz und Amtshilfe aufbauen.

Bankenunion, Kapitalmarktunion, Digitalsteuer: Ausschuss nimmt Bericht über EU-Jahresvorschau zur Kenntnis

Zur Kenntnis nahmen die Abgeordneten ferner auch den Bericht über die EU-Jahresvorschau auf dem Gebiet der Finanzen (III-117 d.B.), der sich schwerpunktmäßig mit Themen wie der Vollendung der Bankenunion, der Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion, der Besteuerung der digitalen Wirtschaft, aber auch dem Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 auseinandersetzt.

In der Debatte drückte Finanzminister Gernot Blümel seine Hoffnung auf einen baldigen Konsens in der Union für eine Digitalsteuer aus und plädierte auch für eine CO2-Besteuerung in der Art einer Klimazoll-Variante. Was den Wiederaufbaufonds betrifft, bekräftigte er einmal mehr, der gegenwärtige Vorschlag werde so nicht die Zustimmung Österreichs finden. Österreich bekenne sich zur Solidarität, dies bedeute aber auch, dass andere Länder ebenfalls einen Beitrag leisten müssten. Irritiert reagierte die SPÖ auf die ablehnende Haltung Blümels in dieser Frage. Christoph Matznetter (SPÖ) appellierte in diesem Zusammenhang an die Bundesregierung, nicht weiter eine Lösung in Brüssel zu blockieren, die im Interesse Österreichs liege. (Schluss) hof/med