Parlamentskorrespondenz Nr. 682 vom 24.06.2020

ORF-Standortentscheidung beschäftigt Rechnungshofausschuss

Kosten- und Zeitplan wird laut Generaldirektor Wrabetz halten

Wien (PK) – Der ORF-Mediencampus und die Zusammenlegung der bisherigen Standorte in Wien (Küniglberg, Heiligenstadt, Argentinierstraße) war heute Gegenstand einer Debatte im Rechnungshofausschuss. Das Prüforgan des Nationalrats hatte die Standortentscheidung aufgrund des Fehlens einer umfassenden Analyse hinsichtlich eines möglichen Neubaus angezweifelt. Kritisch beleuchtet wurde vom Rechnungshof außerdem die Dokumentationsarbeit der Österreichischen Nationalbibliothek. Schließlich wurde eine Vertagungsentscheidung für einen NEOS-Antrag betreffend der Prüfung gemeinnütziger Bauvereinigungen getroffen.

Rechnungshof kann ORF-Standortentscheidung kaum nachvollziehen

In Hinblick auf die Zusammenführung der drei Wiener ORF-Standorte ist der Rechnungshof der Ansicht, dass der ORF einen kompletten Neubau des Medienstandorts ernstafter abwägen hätte müssen. Konkret wird im entsprechenden Prüfbericht zur Bauphase 1 (III-109 d.B.) kritisiert, dass die Entscheidung für die Konsolidierung am Standort Küniglberg ohne systematische Analyse hinsichtlich Kosten, Risiken sowie Vor- und Nachteilen eines Neubaus getroffen wurde. Auch seien die Komplexität und der Aufwand der Sanierung unterschätzt worden, immerhin wären die Schäden an den Gebäuden des ORF-Zentrums seit 2004 bekannt. Positiv gewürdigt werden vom Rechnungshof die Nachhaltigkeitsaspekte, die aktive Wahrnehmung der Bauherrenaufgaben und dass es während des Zeitraums der Überprüfung zu keinen Produktions- und Sendeausfällen kam. Ein zentrales Element der Empfehlungen des Prüforgans des Nationalrats betrifft die Ausarbeitung eines Verkehrs- und Mobilitätskonzepts für die ORF-Beschäftigten in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien. Die Gespräche dazu sollten wieder vorangetrieben werden, meinte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker.

Für den Umsetzungsstand des Mobilitätskonzepts interessierten sich mehrere Abgeordnete, darunter Michael Seemayer (SPÖ), Hermann Gahr (ÖVP) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Diesbezüglich sei man nicht nur in intensivem Austausch mit der Belegschaft, sondern auch im Dialog mit der Stadt bezüglich der Parkraumbewirtschaftung und dem öffentlichen Verkehr, um die Anbindung zu verbessern, sagte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Generell konnten viele der Empfehlungen seit dem Überprüfungsende im Jahr 2016 bereits in die Tat umgesetzt werden, so Wrabetz. So sei etwa mittlerweile ein neues Sanierungskonzept in Umsetzung. Er betonte, dass sowohl der Zeitplan für den neuen Mediencampus als auch die Kostengrenze von 303 Mio. € eingehalten wird. Aufgrund der COVID-19-Situation sei nicht mit Bauverzögerungen zu rechnen, informierte er den FPÖ-Abgeordneten Alois Kainz. Für den Verkauf des ORF-Funkhauses wäre eine Flächenumwidmung wünschenswert, sagte er zu Eva Blimlinger (Grüne), die diesbezüglich um Auskunft bat.

Grundsätzlich hielt Wrabetz fest, dass man von der Zusammenführung von Fernsehen, Radio und Online an einem Standort gänzlich neue synergetische Arbeitsweisen erwarten könne. Mittlerweile seien einzelne Abteilungen auf den Küniglberg übersiedelt, mit dem Mediencampus sei man also auf einem guten Weg. Er selbst wäre anfangs eher für einen kompletten Neubau gewesen, habe aber ebenso die Risiken gesehen. Angesichts des großen öffentlichen Interesses sei es nicht einfach gewesen, das Bauprojekt ruhig abzuwickeln, meinte er in Hinblick auf den Widerstand im Unternehmen und im Stiftungsrat. Die Kombination aus Sanierung und Neubau sei die bestmögliche und wirtschaftlich risikoärmere Variante, so der ORF-Generaldirektor.

Digitalisierung der Nationalbibliothek-Bestände wird vorangetrieben

Einer Gebarungsüberprüfung unterzogen wurde Anfang des Jahres 2018 auch die Österreichische Nationalbibliothek mit Fokus auf das Vermitteln, Sammeln, Bewahren, Dokumentieren und Ausstellen der Sammlungsbestände (III-55 d.B.). Während der Rechnungshof grundsätzlich ein positives Bild zeichnet, wurde die Gewinn- und Verlustrechnung wie auch die Dokumentation zum Teil bemängelt. Daher zielen die Empfehlungen des Rechnungshofs auf die Einhaltung der Bundesvermögensverwaltungsverordnung, der Bibliotheks- und Museumsordnung sowie auf die Inventarisierung sämtlichen Sammelguts ab. Ebenso sollten etwaige Abgänge des Bundeseigentums dokumentiert werden. Vorgeschlagen wird von der Präsidentin des Rechnungshofs Margit Kraker außerdem ein ganzheitliches Konzept für das Marketing der Nationalbibliothek.

Als Auskunftsperson stellte sich der wirtschaftliche Geschäftsführer der Österreichischen Nationalbibliothek Richard Starkel den Fragen der Abgeordneten. Er informierte, dass demnächst mit der Übersiedlung von Buchbeständen mit geringer Aushebung in ein externes Lager begonnen werde, wodurch Platz für die nächsten 15 Jahre geschaffen wird. Inzwischen wurde die Digitalisierung der Inventarbücher der Papyrus-Sammlung abgeschlossen, sagte er zu Ruth Becher (SPÖ) und Eva Blimlinger (Grüne). Bei der Digitalisierung der Objekte selbst handle es sich um ein Langzeitprojekt, das nach Maßgabe der finanziellen Mittel ambitioniert vorangetrieben werde, erläuterte Starkel.

Auch Kunst- und Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer bezog dazu Stellung. Um die Digitalisierung in diesem Tempo zu bewerkstelligen, sei vor mehr als 10 Jahren eine Kooperation mit Google abgeschlossen worden, erklärte sie. Während man sonst bestrebt sei, die Kosten aus eigenen Mitteln zu stemmen, wäre es angesichts der riesigen Bestände der Nationalbibliothek in diesem Fall nicht möglich gewesen, so Mayer.

Weil sich die Abgeordneten Hans Stefan Hintner (ÖVP) und Felix Eypeltauer (NEOS) für Dauerleihnahmen interessierten, führte die Staatssekretärin aus, dass diese im Museumsbereich eine sinnvolle und wertvolle Ergänzung zu den eigenen Sammlungen darstellen. Über finanzielle Auswirkungen und Leihfristen werde je nach Fall nur durch breite Zustimmungsbasis mit dem Kuratorium entschieden. Bezüglich der dahingehenden Kritik des Rechnungshofs uneinheitlicher Inventarisierung, die auch FPÖ-Abgeordneter Christian Lausch hervorhob, sagte der Vertreter der Nationalbibliothek, dass man mittlerweile von einer separaten Buchführung auf die systematische übergegangen und somit den Empfehlungen des Rechnungshofs nachgekommen sei.

NEOS pochen auf Ausweitung der Rechnungshof-Kompetenzen

Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt wurde ein Antrag der NEOS zur Erweiterung der Prüfkompetenz des Rechnungshofs in Bezug auf gemeinnützige Bauvereinigungen (568/A(E)). Aktuell können diese nur überprüft werden, wenn eine öffentliche Eigentümerschaft durch Gebietskörperschaften gegeben ist. Die Qualität der Rechnungshofberichte würden darauf hindeuten, dem Prüforgan im Sinne der parlamentarischen Kontrolle auch mehr Prüfkompetenzen zuzugestehen, argumentierte NEOS-Mandatar Felix Eypeltauer die Forderung seiner Fraktion.

Einstimmig vertagt wurden außerdem Berichte zur Bankenabwicklung in Österreich (III-133 d.B.), zum Wohnbauförderungs-Zweckzuschuss (III-134 d.B.) sowie zu Übersetzungsleistungen im Innen- und Justizministerium (III-140 d.B.), die aus Gründen der Fristwahrung auf der Tagesordnung des Rechnungshofausschusses standen. (Schluss Rechnungshofausschuss) fan