Parlamentskorrespondenz Nr. 756 vom 07.07.2020

Nationalfonds wird künftig jährlich einen "Simon-Wiesenthal-Preis" vergeben

Nationalratspräsident Sobotka über breite Zustimmung im Verfassungsausschuss erfreut

Wien (PK) – Der beim Parlament eingerichtete Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus wird künftig jährlich einen "Simon-Wiesenthal-Preis" vergeben. Mit dem Preis soll besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für Aufklärung über den Holocaust ausgezeichnet werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf hat heute Früh den Verfassungsausschuss des Nationalrats passiert und kann somit noch diese Woche beschlossen werden. Der Preis ist mit 30.000 € dotiert, wobei der Jahrespreisträger bzw. die Jahrespreisträgerin 15.000 € und zwei weitere PreisträgerInnen jeweils 7.500 € erhalten sollen. Auch institutionalisierte Einrichtungen und Schulprojekte können ausgezeichnet werden.

Eigebracht worden war der Gesetzentwurf (644/A) von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. Einzig die FPÖ stimmte gegen die Initiative. Sie hatte bereits im Vorfeld angekündigt, den Gesetzesantrag aufgrund des Namens des Preises nicht mittragen zu wollen. Das wurde in der heutigen Sitzung von Abgeordneter Susanne Fürst bekräftigt. Es wäre sinnvoll, wenn der Namensgeber des Preises einen Bezug zum Parlament hätte, argumentierte Fürst und kündigte einen Abänderungsantrag im Plenum an.

Konkret will die FPÖ vorschlagen, den Preis nach Bruno Kreisky zu benennen, was allerdings selbst bei der SPÖ auf Ablehnung stößt. Es ehre die SPÖ sehr, dass die FPÖ "eine Ikone der Sozialdemokratie" als Namensgeber vorschlage, erklärte Selma Yildirim, sie sieht aber keinen Anlass, den Namen des Preises zu ändern und wies, wie auch ihre Fraktionskollegin Sabine Schatz und die VertreterInnen der anderen Parteien, auf das Engagement Simon Wiesenthals im Kampf gegen Antisemitismus und bei der Aufarbeitung des Holocaust hin. Eva Blimlinger (Grüne) sieht in diesem Sinn die Einrichtung des Preises als doppelte Ehrung: Zum einen würde mit dessen Benennung "ein großer, wichtiger Österreicher" gewürdigt, zum anderen Personen ausgezeichnet, die sich gegen Antisemitismus einsetzen und einen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte leisten.

Initiiert hatte den Preis Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der sich daher im Ausschuss auch über die breite Zustimmung freute. Man wolle jene vor den Vorhang bitten, die sich über ihren eigentlichen Aktionsradius hinaus engagieren, sagte er. Dass Antisemitismus nach wie vor ein großes Problem in Österreich und in Europa ist, ist für Sobotka in Anbetracht aktueller Studienergebnisse evident. Auch die vom Parlament beauftragte Antisemitismus-Studie habe gezeigt, dass Antisemitismus nicht nur innerhalb eines harten Kerns von Personen aus dem rechtesten Eck verbreitet sei, sondern dass es auch latenten Antisemitismus in der Bevölkerung, von rechts und von links, gebe. SPÖ-Abgeordnete Schatz gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass sich die antisemitischen Vorgänge in Österreich in den letzten zehn Jahren verzehnfacht hätten.

Was die Namensgebung des Preises betrifft, verwies Sobotka darauf, dass man bei der Familie nachgefragt habe und die Tochter Simon Wiesenthals gesagt habe, dass ihr Vater sich über die Benennung des Preises sicher gefreut hätte. Seitens der NEOS erklärte Helmut Brandstätter, dass er von der Persönlichkeit Simon Wiesenthals fasziniert gewesen sei und dass er auf viele gute Bewerbungen für den Preis hoffe.

Die Letztentscheidung über die PreisträgerInnen wird laut Gesetzentwurf das vom Nationalratspräsidenten bzw. der Nationalratspräsidentin geleitete Kuratorium des Nationalfonds treffen, und zwar auf Basis eines Vorschlags einer sechsköpfigen Jury. Dieser soll unter anderem auch der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich und ein Nachfahre von Simon Wiesenthal angehören.

Mit der vorliegenden Gesetzesnovelle werden darüber hinaus die Aufgaben des Nationalfonds um administrative Tätigkeiten rund um die geplante Shoah-Namensmauern-Gedenkstätte im Wiener Ostarichi-Park erweitert, soweit diese nicht von der Stadt Wien wahrzunehmen sind. Konkret sollen den Erläuterungen zufolge etwa die Betreuung allgemeiner Anfragen zur Gedenkstätte, eventuelle Namensergänzungen und -korrekturen und die Betreuung der Website in die Zuständigkeit des Nationalfonds fallen. Schließlich ist vorgesehen, eine gesetzliche Grundlage für Auskunftseinholungen des Nationalfonds bei Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen sowie für damit verbundene Datenverarbeitungen zu schaffen. (Schluss) gs