Parlamentskorrespondenz Nr. 763 vom 07.07.2020

Forschungsfinanzierung: Zentrale Einrichtungen sollen mehr Flexibilität erhalten

Nationalrat beschließt Forschungsfinanzierungsnovelle und stimmt für Änderungen im Telekommunikations- sowie im Tierversuchsgesetz

Wien (PK) – Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen sprach sich der Nationalrat in seiner heutigen Sitzung für die Novelle des Forschungsfinanzierungsgesetzes aus. Neben der Bildung eines neuen rechtlichen Rahmens für die Organisation und Struktur der Forschungsfinanzierung soll auch ein dreijähriger FTI-Pakt mit den zentralen Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen abgeschlossen werden. Bundesministerin Leonore Gewessler sprach von einem Meilenstein für die österreichische Forschung und Wissenschaftsminister Heinz Faßmann unterstrich, dass damit Finanzierungssicherheit mit einer Wachstumskomponente geschaffen werde.

Einstimmig angenommen wurde eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes, wonach bei einem kommenden Vergabeverfahren für Funkfrequenzen eine Stundung und Ratenzahlung des Versteigerungsergebnisses ermöglicht wird. Damit soll auf wirtschaftliche Schwierigkeiten von Telekombetreibern im Zuge der Corona-Krise reagiert werden. Schließlich stimmte der Nationalrat einhellig auch für die Anpassung des Tierschutzgesetzes an die Tierversuchs-Richtlinie der EU, die unter anderem Berichtspflichten an die EU-Kommission festlegt.

Forschungsfinanzierung: Koalition ortet Meilenstein, Opposition fordert konkreten Wachstumspfad

Den Hauptpunkt der von der Bundesregierung vorgelegten Forschungsfinanzierungsnovelle bildet die Novelle des Forschungsfinanzierungsgesetzes (FoFinaG), wodurch ein neuer rechtlicher Rahmen für die Organisation und Struktur der Forschungsfinanzierung geschaffen werden soll. In die Finanzierung sollen das Wissenschafts-, das Klimaschutzministerium sowie das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort einbezogen werden. Ihnen wird eine umfassende strategische Steuerungs- und Kontrollverantwortung zugewiesen, die sie mittels Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen wahrzunehmen haben. Kernelement ist dabei der Abschluss eines dreijährigen FTI-Pakts mit zentralen Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen. Mit dem neuen Gesetz soll für diese zentralen Einrichtungen auch mehr Flexibilität im operativen Tagesgeschäft entstehen.

Festgeschrieben werden außerdem eine verstärkte Output-Fokussierung bei der Leistungs- und Erfolgsmessung, ein Monitoring der Umsetzung der strategischen Zielvorgaben und ein Controlling für die umfassten Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen. Die jährliche Umsetzungsplanung sowie das jährliche Monitoring und Controlling sollen Eingang in den Forschungs- und Technologiebericht finden. Für diese Bestimmungen werden auch Änderungen im Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, Forschungsförderungsgesellschaftsgesetz, Forschungsorganisationsgesetz, IST-Austria-Gesetz, OeAD-Gesetz sowie im ÖAW-Gesetz vorgenommen. Bereits im Forschungsausschuss brachten die Regierungsfraktionen einen Abänderungsantrag ein, der die steuerrechtliche Behandlung für Forschungsinstitute und Universitäten klarstellen soll.

In der Debatte um die Regierungsvorlage kam von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen grundsätzliche Zustimmung zu der Novelle, wobei insbesondere die verbesserte Planbarkeit für Forschungseinrichtungen hervorgehoben wurde. Maria Theresia Niss (ÖVP) betonte, dass zudem eine bessere Governance zwischen den Ministerien sowie den Forschungseinrichtungen geschaffen werde und dass es mit der Gesetzesänderung zu einem Bürokratieabbau komme. Mit der Novelle werde ein Meilenstein für die österreichische Grundlagenforschung unternommen, betonte Eva Blimlinger (Grüne). Vor allem die dreijährige Finanzierung, bei der Leistungsvereinbarungen von Universtäten als Vorbild dienten, hob sie positiv hervor.

Der Opposition geht die Novelle allerdings nicht weit genug. So kritisierte Sonja Hammerschmid (SPÖ), dass es für mehr Planungssicherheit nicht nur eine wachstumsorientierte Finanzierung braucht, sondern einen konkreten Wachstumspfad. Im Namen aller Oppositionsfraktionen brachte sie daher einen Abänderungsantrag ein, der unter anderem auf eine jährliche Erhöhung der Fördermittel um 5 % im Hinblick auf Inflationsbereinigung abzielt. Auch für Helmut Brandstätter (NEOS), dessen Fraktion der Novelle nicht zustimmte, brauche es einen budgetären Wachstumsplan, unter anderem um einen Strukturwandel im Hinblick vor allem auf den Umweltschutz sowie moderne Technologien herbeizuführen und Österreich damit zu einem Innovation Leader zu machen. Ein solcher Wachstumspfad ist auch aus Sicht von Gerhard Deimek (FPÖ) für die österreichische Industrie und Forschungslandschaft notwendig. Der Oppositionsantrag blieb schließlich ohne den Stimmen der Regierungsfraktionen in der Minderheit.

Bundesministerin Leonore Gewessler ortet in der Forschungsfinanzierungsnovelle einen Meilenstein für die österreichische Forschung, die das Ergebnis einer mehrjährigen Arbeit von drei Ministerien darstellt. Durch die Festlegung dreijähriger Budgets würden langfristige Planungsgrundlagen geschaffen und eine Wachstumskomponente berücksichtigt, betonte die Ministerin ebenso wie Wissenschaftsminister Heinz Faßmann. Gemeinsam mit ihm und Bundesministerin Margarete Schramböck werde sie sich dafür einsetzen, dass sich die wachstumsorientierte Finanzierung im Budget als Pfad niederschlage, unterstrich Gewessler. In den dreijährigen FTI-Pakten könne auch der finanzielle Rahmen festgelegt werden und somit würden diese einen realen Ausblick auf die Mittel bieten, sagte Faßmann. Gewessler und Faßmann strichen zudem die verbesserte Governance hervor, wodurch es zu Erleichterungen für die ForscherInnen komme. Die Trennung zwischen operativer Steuerung in der angewandten Forschung und strategischer Steuerung sei insbesondere für die Wirtschaft von Bedeutung.

Vergabe von 5G-Frequenzen: Ratenzahlungen und Stundungen für Telekommunikationsbetreiber werden ermöglicht

Mit der vom Nationalrat einstimmig angenommenen Änderung des Telekommunikationsgesetzes soll bei einem kommenden Vergabeverfahren für Funkfrequenzen eine Stundung und Ratenzahlung des Versteigerungsergebnisses ermöglicht werden. Die Bundesregierung will mit der von ihr vorgeschlagenen Gesetzesänderung auf die mit der Corona-Krise verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Telekombetreibern reagieren. Damit soll für die Bieter zusätzliche Liquidität trotz der Verpflichtung zur Leistung des Frequenznutzungsentgelts gesichert und ihre Investitionskraft gestärkt werden, ohne dass es dadurch zu budgetären Mindereinnahmen kommt.

Von einem kleinen, aber wesentlichen Schritt für den Breitbandausbau sprach Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP). Durch die Ermöglichung von Ratenzahlungen werde Planungssicherheit für Telekommunikationsbetreiber geschaffen und Liquiditätsengpässe vermieden. Insbesondere die Corona-Krise habe die Wichtigkeit der Anbindung an schnelle Internetverbindungen für den ländlichen Raum gezeigt, unterstrichen Eva Maria Holzleitner (SPÖ), Gerhard Deimek (FPÖ) und Süleyman Zorba (Grüne). Der Breitbandausbaus sei rasch voranzutreiben, da dieser auch eine Chance für die Wirtschaft sei, betonte Holzleitner. Deimek erwartet sich von der Änderung des Telekommunikationsgesetzes bessere Auktionserlöse für den Bund. Für Zorba werden durch die geschaffenen Investitionsanreize mehr Spielräume für die Unternehmen ermöglicht.

Durch die Corona-Krise hätten Telekommunikationsbetreiber wirtschaftlichen Schaden genommen und durch die Verschiebung der Versteigerung von 5G-Frequenzen sei Planungsunsicherheit entstanden, unterstrich Bundesministerin Elisabeth Köstinger. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Änderung ziele darauf ab, hier wieder Planungssicherheit herzustellen. Sie strich positiv hervor, dass der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) nun die Möglichkeit gegeben werde, Ratenzahlungen zu ermöglichen. Für Herbst kündigte sie eine weitere Novelle des Telekommunikationsgesetzes an, mit der die Weichen für den im Regierungsprogramm vereinbarten flächendeckenden Breitbandausbau bis 2030 gestellt werden sollen.

Tierversuche: Nationalrat einstimmig für Umsetzung von EU-Richtlinie

Anpassungen an eine EU-Verordnung sind das Ziel einer Novelle zum Tierversuchsgesetz, die vom Nationalrat einstimmig angenommen wurde. Die Änderungen betreffen vor allem die Berichtspflichten an die EU-Kommission, sie erfordern in weiterer Folge auch die Anpassung nationaler Berichtspflichten. Außerdem strengt die EU-Kommission gegen zahlreiche Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren wegen unzureichender Umsetzung der Tierversuchs-Richtlinie an. Als wichtigen Schritt in die richtige Richtung bezeichneten alle RednerInnen die Umsetzung der Richtlinie. Werner Saxinger (ÖVP) hob die Verbesserung der Transparenz sowie Sammlung statistischer Daten in einer europaweiten Datenbank positiv hervor. Angesichts der für die medizinische Forschung notwendigen Versuche muss es für Maximilian Köllner (SPÖ), Faika El-Nagashi (Grüne) und Fiona Fiedler (NEOS) gelten, Tierversuche durch andere Methoden zu ersetzen, zu vermindern und die Belastungen der Tiere möglichst gering zu halten. (Fortsetzung Nationalrat) see

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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