Parlamentskorrespondenz Nr. 808 vom 15.07.2020

Bundesrat gibt grünes Licht für Investitionskontrollgesetz

Geldwäschenovelle, Anpassungen im Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und im Bilanzbuchhaltungsgesetz passieren Länderkammer

Wien (PK) – Bei ausländischen Direktinvestitionen in besonders sensiblen Bereichen wird in Zukunft die Prüfeintrittsschwelle von derzeit 25% auf 10% der Stimmrechtsanteile abgesenkt. Ein entsprechendes Investitionskontrollgesetz, das heute den Bundesrat mehrheitlich passiert hat, reagiert damit auf die zunehmende Zahl von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, die eine Bedrohung für die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen können. Keinen Einspruch von der Länderkammer gab es zudem für die Umsetzung der Geldwäsche-Richtlinie und damit im Zusammenhang stehende Anpassungen im Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und im Bilanzbuchhaltungsgesetz. Darüber hinaus wurde SPÖ-Bundesrätin Elisabeth Grossmann zur 1. Vizepräsidentin des Bundesrates für den Rest des 2. Halbjahres 2020 gewählt und David Egger (SPÖ) im Bundesrat angelobt.

Investitionskontrollgesetz zum Schutz sensibler Bereiche

Im Hinblick auf zunehmende Direktinvestitionen aus Drittstaaten, die eine Bedrohung für die Sicherheit oder öffentliche Ordnung darstellen können, werden die geltenden österreichischen Bestimmungen, die derzeit im Außenwirtschaftsgesetz enthalten sind, geändert und im neuen Investitionskontrollgesetz zusammengefasst. Dabei kommt es zu einer Absenkung der Prüfeintrittsschwelle von derzeit 25 auf 10 Prozent der Stimmrechtsanteile. Im Fokus stehen neben dem Verteidigungsbereich vor allem das Betreiben kritischer Energieinfrastruktur, die Wasserversorgung, Systeme zur Gewährleistung der Datensouveränität sowie – befristet bis Ende 2022 – Forschung und Entwicklung im Bereich Arzneimittel und Medizinprodukte inklusive persönlicher Schutzausrüstung.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck betonte, dass mit dem vorliegenden Gesetz, die Balance zwischen Förderung von Investitionen und Schutz der heimischen Wirtschaft, eingehalten werde. Es gehe nicht um das generelle Verhindern von Firmenübernahmen durch ausländische Investoren, Österreich werde aber nun neue Aspekte beachten. Einerseits komme es ab jetzt zu einer Vorabprüfung statt erst im Nachhinein, andererseits würde nun genauer auf die wahren Eigentümer von potenziellen Investoren geschaut, sodass Umgehungsgeschäfte nicht mehr möglich wären. Zudem gebe es jetzt die Möglichkeit, Auflagen für Unternehmen zu erteilen.

Reinhard Pisec (FPÖ/W) wies darauf hin, dass es etwa China bei ausländischen Investitionen nicht um Wirtschafts- sondern um Machtinteressen gehe. China strebe vor allem nach Technologietranfer, da müssten sich Österreich und Europa wehren. Pisec begrüßte zwar das Vorschieben eines Riegels, um den Ausverkauf österreichischer Unternehmen zu verhindern, er plädierte aber für eine generelle Prüfeintrittsschwelle von 10%. Österreichische Unternehmen sollten österreichisch bleiben. Dazu brachte er für die FPÖ einen Entschließungsantrag ein, der eine unbefristete und normierte Genehmigungspflicht für alle umfassten Bereiche des Investitionskontrollgesetzes mit dem Erreichen oder Überschreiten eines Mindestanteils an Stimmrechten von 10% fordert. Der Antrag wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

Die heute verabschiedete Regelung sollte zwar im Rahmen der WTO verankert sein, jedoch wäre auch die österreichische Regelung ein Schritt in die richtige Richtung, betonte Christian Buchmann (ÖVP/St). Es gehe um den Schutz des Wirtschaftsstandortes und die Erhaltung der kritischen Infrastruktur in Österreich, wie etwa Flughäfen, die Bahn, Telekommunikation oder Medizintechnik. Buchmann betonte, dass Transparenz und Rechtssicherheit gewahrt bleiben müssten, um die Wachstumsinteressen der Unternehmen zu beachten.

SPÖ-Mandatarin Andrea Kahofer (SPÖ/N) sah ebenso eine große Notwendigkeit, diese Regelungen zu treffen, da es seit der Weltwirtschaftskrise 2009 vermehrt zu Investitionen aus dem Ausland gekommen sei. Das Investitionskontrollgesetz diene nicht der Abschottung der österreichischen Volkswirtschaft, vielmehr gehe es um die Verhinderung eines "naiven Ausverkaufs" der heimischen Wirtschaft. Die bisherigen Prüfmöglichkeiten seien lückenhaft und nicht transparent gewesen, so Kahofer. Kritsch sei die SPÖ gegenüber der Befristung der 10%-Schwelle bei Arzneimitteln oder medizinischen Produkten.

Marco Schreuder (Grüne/W) unterstrich, dass es sich bei diesem Gesetz im besten Sinne um Weltpolitik handle. Auch Schreuder begrüßte den Schutz der kritischen Infrastruktur in Österreich vor internationalen machtpolitischen Interessen. Es gehe um die Balance zwischen Globalisierung und Regionalisierung bzw. dem freien Spiel der Kräfte am internationalen Markt versus Schutz vor den eigenen Interessen.

Geldwäschenovelle bringt Umsetzung einer EU-Richtlinie

Hintergrund der Geldwäschenovelle 2020 ist die Umsetzung der Vorgaben einer entsprechenden EU-Richtlinie, die vor allem auf die Gewerbeordnung abzielt. So soll nun etwa das Vorhandensein von Strohmännern einen Grund für die Entziehung der Gewerbeberechtigung darstellen. Vorgesehen sind auch verstärkte Prüfpflichten der Gewerbetreibenden hinsichtlich ihrer MitarbeiterInnen. Festgelegt werden zudem erhöhte Sorgfaltspflichten gegenüber KundInnen aus Drittländern mit hohem Risiko. Die Geldwäsche-Richtlinie macht aber auch Anpassungen im Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und im Bilanzbuchhaltungsgesetz notwendig. (Fortsetzung Bundesrat) med

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