Parlamentskorrespondenz Nr. 849 vom 13.08.2020

Neu im Gesundheitsausschuss

Tierschutz, PRIKRAF, binationale Paare, Facharztausbildung für Kieferorthopädie, Reform des Gesundheitswesens, finanzielle Lage der ÖGK

Wien (PK) – Initiativen zum Tierschutz, zur Neuaufstellung der Fondskommission des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds sowie zur Aufhebung der Einreisebeschränkungen für unverheiratete binationale Paare legen die NEOS vor. Von Seiten der Freiheitlichen werden ein umfassendes Maßnahmenpaket für das heimische Gesundheitswesen, die Stärkung des niedergelassenen Bereichs sowie eine Facharztausbildung für Kieferorthopädie eingefordert. Die SPÖ wiederum zeigt sich besorgt über die finanzielle Situation der Krankenkassen und verlangt unter anderem eine Ausfallshaftung des Bundes angesichts der massiven Einnahmenrückgänge der ÖGK (Österreichische Gesundheitskasse).

NEOS-Initiativen zur  Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten von Tieren

Damit auch in Zeiten einer Epidemie oder Pandemie die veterinärmedizinische Versorgung von Tieren in adäquater Form sichergestellt ist, brauche es nach Ansicht von NEOS-Abgeordneter Fiona Fiedler entsprechende gesetzliche Anpassungen (572/A(E)). Bedauerlicherweise wurde im Zuge der COVID-19-Maßnahmen auf die Berufsgruppe der TierärztInnen, die in der Corona-Krise mit besonderen Herausforderungen konfrontiert waren und sind, fast gänzlich vergessen. Anders als in der Humanmedizin können Tiere ihr Leid nicht über Online-Tools kommunizieren, gibt Fiedler zu bedenken, die zudem darauf verweist, dass Ferndiagnosen wie beispielsweise über Videochats in diesem Bereich verboten sind. Eine entsprechende Adaptierung des Tierschutz- und des Tierärztegesetzes sei daher erforderlich.

…und zur Verschärfung des Tiertransportgesetzes

Auf Missstände im Bereich des Tiertransports macht Abgeordnete Fiona Fiedler (NEOS) in einem weiteren Antrag aufmerksam (764/A(E)). Eine EU-Verordnung lege zwar Mindestanforderungen für das Wohlergehen der Tiere fest, diese würden in der Praxis aber oft ignoriert bzw. seien außerhalb der Europäischen Union praktisch nicht kontrollierbar. Da die Vorschriften auch viel zu lasch seien, tritt Fiedler für eine Verschärfung des heimischen Tiertransportgesetzes ein. Im Konkreten fordert sie, dass bei Transporten zum nächstgelegenen Schlachthof 300 Kilometer nicht überschritten werden und die Fahrtzeiten ab der Ladung des ersten Tieres maximal acht Stunden bzw. bei Geflügel nur vier Stunden betragen dürfen. Außerdem müssten die Kontrollen intensiviert und die möglichen Strafen deutlich angehoben werden (765/A(E)). Laut aktuellem Tierschutzbericht seien nämlich im Jahr 2018 insgesamt 1.450 Verstöße festgestellt, aber nur 20% davon strafrechtlich belangt worden.

NEOS drängen auf Neuaufstellung der PRIKRAF-Fondskommission

Auf die seiner Meinung nach sehr unausgewogene Zusammensetzung der Fondskommission des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) macht NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker aufmerksam (749/A(E)). Bemerkenswert sei vor allem, dass die Sozialversicherung, von der die finanziellen Mittel stammen, nur drei Stimmen in diesem Gremium hat, während die VertreterInnen der privaten Krankenanstalten und Kurbetriebe (Fachverband der Wirtschaftskammer), also die EmpfängerInnen der Gelder, fünf stimmberechtigte Mitglieder aufweisen. Außerdem seien drei Personen des Fachverbands direkt der UNIQA zuzurechnen. Auch bei den anderen beiden Mitgliedern sei davon auszugehen, dass es ein geschäftliches Interesse an einem guten Einvernehmen mit der Versicherungsgesellschaft gebe, zumal ihre Kliniken Vertragspartner der UNIQA sind. Schließlich weist Loacker noch darauf hin, dass die PremiQaMed, die durch zwei Personen in der Fondskommission vertreten ist und sich zu 100% im Eigentum der UNIQA befindet, eine relevante Spenderin an die ÖVP sei. Der Gesundheitsminister solle daher dem Nationalrat schnellstmöglich eine Gesetzesvorlage zuleiten, die eine ausgewogene Zusammensetzung von mittelaufbringenden und mittelbeziehenden Einrichtungen des PRIKRAF in der Fondskommission vorsieht, lautet die zentrale Forderung der NEOS.

Keine Einreisebeschränkungen für unverheiratete, internationale Paare

Die Corona-Krise habe dazu geführt, dass viele Menschen, ihre ausländischen LebenspartnerInnen nicht sehen können, zeigt Nikolaus Scherak von den NEOS auf (775/A(E)). Unter den Hashtags #LoveIsNotTourism und #LoveIsEssential machen hunderte internationale, unverheiratete Paare online auf ihre schwierige Situation aufmerksam. Die EU-Kommissarin für Inneres Ylva Johansson setze sich bereits für die Anliegen der Betroffenen ein und habe die Regierungen der Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen, den Begriff der "Partnerschaft" so weit wie möglich zu fassen. Österreich habe die Einreisebeschränkungen innerhalb des Schengenraums sowie mit einigen anderen europäischen Ländern zwar gelockert, aber für die meisten Staaten (wie beispielsweise die USA) gelten weiterhin strenge Einreiseverbote. Scherak ersucht daher den Gesundheitsminister, in der entsprechenden Verordnung eine explizite Einreisemöglichkeit für nicht-verpartnerte und unverheiratete PartnerInnen von in Österreich ansässigen Personen unabhängig vom Herkunftsland und unabhängig von einem gemeinsamen Haushalt festzuschreiben, sofern ein negativer SARS-CoV-2 Test vorliegt oder im Inland eine 14-tägige Quarantäne angetreten wird.

FPÖ verlangt Maßnahmenpaket für das österreichische Gesundheitssystem sowie Facharztausbildung für Kieferorthopädie

Das österreichische Gesundheitssystem sei durch die COVID-19-Maßnahmen an seine finanziellen, personellen und organisatorischen Grenzen angelangt, stellt FPÖ-Abgeordneter Gerhard Kaniak in einem Entschließungsantrag seiner Fraktion fest (782/A(E)). So häuften sich etwa von Seiten der PatientInnen die Beschwerden, dass sie in der Corona-Zeit in den Ordinationen oder Spitälern nicht behandelt bzw. Untersuchungen nicht durchgeführt wurden. Als weiteren großen Problembereich stuft der freiheitliche Gesundheitssprecher die finanzielle Situation der Sozialversicherungsträger ein, zumal allein durch die Stundung der Beiträge mehr als 2,5 Mrd. € an Einnahmen fehlen würden. Die Corona-Krise habe aber auch die strukturellen Schwächen der Österreichischen Gesundheitskasse schonungslos offengelegt und die niedergelassenen ÄrztInnen in teilweise existenzbedrohende Situationen gebracht. Da das aktuelle Gesundheitsbudget keine ausreichende finanzielle Grundlage darstelle, um die zahlreichen negativen Auswirkungen von COVID-19 und den seit Regierungsantritt bestehenden Reformstau zu überwinden, fordern die Freiheitlichen ein umfassendes Maßnahmenpaket, das Lösungen für all die angesprochenen Handlungsfelder enthält.

In Ergänzung dazu hat die FPÖ eine weitere Initiative vorgelegt, in der es vor allem um die Stärkung des niedergelassenen Bereichs geht (783/A(E)). Neben der Einführung des Facharztes für Allgemeinmedizin, der Verdoppelung der Medizin-Studienplätze für ÖsterreicherInnen und der Gewährung von Lebensunterhaltsstipendien für ÄrztInnen in Ausbildung brauche es ausreichend Plätze im Rahmen von Lehrpraxen. Für wichtig erachtet Gerhard Kaniak (FPÖ) auch, das Kassensystem attraktiver zu gestalten. So könnte zum Bespiel die Einführung von gemischten Vertragsvarianten dazu beitragen, wieder mehr WahlärztInnen zurückzugewinnen.

Schließlich unterstützt die FPÖ die seit dem Jahr 1998 bestehende Forderung des Verbands der KieferorthopädInnen nach Einführung einer staatlich geregelten und offiziell registrierten Ausbildung zur Fachärztin bzw. zum Facharzt in diesem Bereich (784/A(E)). Im Sinne des PatientInnenschutzes sei insbesondere nach Einführung der "Kassenzahnspange" die Etablierung eines Fachzahnarztes für Kieferorthopädie in Österreich dringender denn je.

SPÖ warnt vor Leistungseinschränkungen und fordert Ausfallshaftung des Bundes für die ÖGK

Besorgt über die finanzielle Situation der Krankenkassen, die aufgrund der Corona-Krise noch tiefer ins Minus gerutscht sind, zeigt sich SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher (803/A(E)). Schon vor der Pandemie habe die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) wegen der von der schwarz-blauen Regierung in die Wege geleiteten "verpfuschten Fusion" ein Defizit von über 175 Mio. € aufgewiesen. Statt der versprochenen Patientenmilliarde müsse nun mit einem Minus von 1,7 Mrd. € gerechnet werden, wobei die Verluste der Wirtschaftskrise noch gar nicht berücksichtigt seien. Es dürfe keinesfalls zu Leistungseinschränkungen, neuen Selbstbehalten, Beitragserhöhungen oder gar Privatisierungen kommen, warnt Kucher. Er ersucht daher den Gesundheitsminister, noch im Herbst 2020 eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit welcher der Bund die Ausfallshaftung für nicht einbringliche Beiträge und Mindereinnahmen aufgrund der COVID-19-Krise garantiert und der Österreichischen Gesundheitskasse die durch die Fusion der Gebietskrankenkassen entstandenen Kosten in den kommenden fünf Jahren mit jährlich jeweils 200 Mio. € ersetzt. Zusätzlich soll die von Bundeskanzler Kurz versprochene Gesundheitsmilliarde ausgeschüttet werden, um damit einen Ausbau der Leistungen, wie z.B. für Physiotherapie, psychotherapeutische Angebote oder die Anstellung von ÄrztInnen, zu finanzieren. (Schluss) sue