Parlamentskorrespondenz Nr. 1101 vom 22.10.2020

Wirtschaftsausschuss befasst sich mit Jugendsituation bzw. Lehrstellenmarkt in der Krise

Einhellige Entschließung für Lehrausbildung mit Schwerpunkt digitale Fertigung

Wien (PK) - Die grundsätzlich positive Entwicklung im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit und am Lehrstellenmarkt 2018-2019 in Österreich wurde durch die Auswirkungen der Corona-Krise jäh unterbrochen. So sei etwa von Jänner auf April 2020 die Zahl der arbeitslosen unter 25-Jährigen um beträchtliche 73 Prozent und damit im Vergleich mit anderen Altersgruppen besonders stark gestiegen.

Ein so lautender Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2018-2019 stand heute im Wirtschaftsausschuss zur Debatte. Er widmet neben dem Fokus auf die Berichtsjahre ein Spezialkapitel auch der Corona-bedingten Entwicklung – vorerst für die ersten Monate im Jahr 2020. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Einhellige Zustimmung fand im Ausschuss auch ein Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen zur Schaffung von Lehrberufen mit dem Schwerpunkt in der digitalen Fertigung. Zwei Forderungen der FPÖ und NEOS nach einem "Blum-Bonus" wurden vertagt.

Schramböck: Derzeit 9,1 Prozent weniger Lehrlinge im ersten Lehrjahr

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck nahm den Bericht zum Anlass, die aktuelle Jugendsituation zu beleuchten. Beim Lehrlingsbonus seien mit rund 9.500 Anträgen bisher knapp 6 Mio. € an Förderungen ausbezahlt worden. Insgesamt gelte es, Maßnahmen wie die überbetriebliche Lehrausbildung, die Weiterentwicklung der Lehrberufe, aber auch die duale Ausbildung weiter zu forcieren, unterstrich die Ministerin.

Ende September habe es um 9,1 Prozent weniger Lehrlinge im ersten Lehrjahr als im Vorjahr gegeben, so die Ministerin im Hinblick auf die Entwicklungen in der Krise, wohingegen die Worst-Case-Szenarien von einem Rückgang bis zu 30 Prozent ausgegangen waren. Schramböck sprach aktuell von über 1.000 offenen Lehrstellen, aber starken regionalen Unterschieden. So gebe es beispielsweise in Oberösterreich derzeit vier offene Stellen pro Lehrstellensuchendem, in Wien umgekehrt sieben Suchende pro offener Lehrstelle.

Was die Herausforderung durch die unterschiedliche Situation der Lehrstellen in den Bundesländern und Wien betrifft, wies Schramböck etwa auf das Modell "b.mobile" hin. Damit werde die Möglichkeit für Junge unterstützt, das Bundesland für die Ausbildung zu wechseln. Eine große Rolle spiele auch die Wahl der Lehrausbildung, so die Ministerin, hier seien auch die Eltern gefragt. Es gebe in allen Bundesländern Beratungsstellen, wenn es darum gehe, weg von der einseitigen Berufswahl hin zu einer Vermittlung der verschiedensten Berufsbilder zu kommen.

Bericht: Corona-Krise hat bis April Jugendbeschäftigung und Lehrstellenmarkt überproportional getroffen

Das Spezialkapitel des Berichts (III-155 d.B.) zu den bis zum Berichtszeitpunkt absehbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie, vorerst mit Daten bis April 2020, zeigt unter anderem, dass Jüngere in der Krisenzeit besonders von steigender Arbeitslosigkeit betroffen waren. Mit dem starken Zuwachs bei der Zahl der arbeitslosen unter 25-Jährigen von 73% zwischen Jänner (35.332) und April 2020 (61.216) ist auch die Arbeitslosenquote in dieser Altersgruppe von 6,9% im Februar 2020 auf 13,4% im April 2020 gestiegen. Im Vergleich der drei Altersgruppen unter 25-Jährige, 25 bis 50 Jahre und über 50 Jahre stieg die Altersgruppe der unter 25-Jährigen von der niedrigsten Position im Februar auf die höchste im April. Besonders betroffen waren demnach Berufe im Fremdenverkehr. Die Zahl der unter 25-jährigen Arbeitslosen wuchs hier von Februar bis April 2020 um fast 11.000 Personen. Auch der Anteil der Gruppe an der Gesamtbeschäftigung ist dem Bericht zufolge in diesem Zeitraum gesunken, und zwar von 11,5% auf 11%. Die höchsten Zuwachsraten bei der Arbeitslosigkeit bis 25 Jahre lagen mit plus 100% bzw. 124% bei Personen mit höherer oder akademischer Ausbildung. Personen mit einer Lehrausbildung wiesen dagegen mit 45% einen im Vergleich zur gesamten Altersgruppe unterdurchschnittlichen Zuwachs von Arbeitslosen auf.

Erheblich getroffen wurde dem damaligen Bericht zufolge durch die Corona-Krise auch der Lehrstellenmarkt. So erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahresmonat die Zahl der Lehrstellensuchenden im April 2020 um 55%. Im März 2020 seien außerdem von den österreichischen Ausbildungsbetrieben über das AMS um 9% weniger Lehrstellen angeboten worden als im Vorjahresmonat, im April 2020 betrug der Rückgang gegenüber dem Vorjahr 24%.

Einhellige Entschließung für Lehrausbildung mit Schwerpunkt digitale Fertigung

Die Schaffung von Lehrberufen mit dem Schwerpunkt in der digitalen Fertigung fand in Form eines gemeinsamen Entschließungsantrags von ÖVP und Grünen die einhellige Zustimmung im Ausschuss (883/A(E)). Martina Kaufmann (ÖVP) und Süleyman Zorba (Grüne) wollen damit auf den zunehmenden Bedarf in der Hochtechnologie-Branche reagieren und darüber hinaus ein modernes und zukunftsfähiges Ausbildungsmodell für junge Menschen schaffen.

Vertagt wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen hingegen zwei Forderungen nach dem "Blum-Bonus". Sowohl die NEOS (852/A(E)) als auch die FPÖ (869/A(E)) greifen vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise das Modell des "Blum-Bonus" zur Förderung von Lehrstellen auf und fordern die Einführung eines monatlichen Zuschusses für die gesamte Lehrzeit der Lehrlinge. Konkret schlagen die Abgeordneten Gerald Loacker (NEOS) und Erwin Angerer (FPÖ) dabei eine Förderung von 400 € pro Monat im ersten Lehrjahr, 200 € pro Monat im zweiten Lehrjahr und 100 € im dritten Lehrjahr – jeweils 14-mal – vor.

Von einem "Marathon", in dem man sich angesichts der Krise befinde, sprach etwa Martina Kaufmann (ÖVP). Jetzt weitere Maßnahmen wie einen "Blum-Bonus" zu setzen, wäre ein Vorgriff und der falsche Ansatz. Süleyman Zorba (Grüne) schloss sich dem an, zumal man mit dem Lehrlingsbonus den Worst-Case abwenden konnte, so Zorba.

Der Lehrlingsbonus gelte darüber hinaus für jede Lehrstelle, nicht nur für zusätzliche wie früher der "Blum-Bonus", ergänzte Bundesministerin Margarete Schramböck. Auf entsprechende Fragen der Abgeordneten, wie mit der Lehrstellensituation in Wien umgegangen werde, nannte sie unter anderem die überbetriebliche Ausbildung als Möglichkeit, wünschte sich aber etwa auch die Bereitschaft, öfter zu wechseln. (Schluss Wirtschaftsausschuss) mbu


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