Parlamentskorrespondenz Nr. 1126 vom 04.11.2020

EU-Ausschuss des Bundesrats diskutiert europäische Pläne zur digitalen Bildung

Neben Aktionsplan für digitale Bildung stand auch neuer Europäischer Forschungsraum zur Debatte

Wien (PK) – Im EU-Ausschuss des Bundesrats standen heute auch zwei Mitteilungen der Kommission zu den Themen Bildung und Forschung auf der Tagesordnung. Konkret ging es um den Aktionsplan für digitale Bildung 2021-2027 und einen neuen Europäischen Forschungsraum.

Bildung an das digitale Zeitalter anpassen

Eine Neuaufstellung des Bildungswesens für das digitale Zeitalter ist Inhalt des Aktionsplans für digitale Bildung 2021-2027 der Kommission. Das Ziel ist eine stärkere Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, um aus der COVID-19-Krise zu lernen und die Bildungssysteme an das digitale Zeitalter anzupassen, wie es in der heute diskutierten Mitteilung heißt. Es sollen also einerseits ein leistungsfähiges digitales Bildungssystem entwickelt und gefördert werden und andererseits digitale Kompetenzen ausgebaut werden. Dafür wurden eine Reihe von Maßnahmen für die nächsten Jahre angekündigt. So sind etwa Ratsempfehlungen zum Online- und Distance-Learning in der Primar- und Sekundarschulbildung sowie für eine bessere Vermittlung digitaler Kompetenzen in der Bildung vorgesehen. Zur Förderung des Fachwissens der Lehrkräfte über digitale Tools ist ein Selbstbewertungsinstrument (SELFIE) geplant. Außerdem soll ein europäisches Zertifikat für digitale Kompetenzen eingeführt werden.

Die angekündigten Maßnahmen sind rechtlich nicht bindend, wie eine Vertreterin des Bildungsministeriums ausführte. Aus österreichischer Sicht werden die Ankündigungen begrüßt. Von besonderer Bedeutung für Österreich seien das europäische Zertifikat sowie das Selbstbewertungsinstrument für Lehrkräfte, wie die Expertin hervorhob. Der Zeitplan sehe vor, dass die angekündigten Maßnahmen kommendes Jahr veröffentlicht und anschließend im Rat verhandelt werden.

Für Bundesrätin Marlene Zeidler-Beck (ÖVP/N) ist die Überarbeitung des Aktionsplans zu begrüßen, zumal die Pandemie als Turbo für die Digitalisierung, insbesondere im Bildungsbereich, wirke. Als besonders bedeutsam strich sie den Bereich der digitalen Kompetenzen hervor. Neben technischen Fertigkeiten sei es zentral, dass junge Menschen Quellen prüfen und Desinformation erkennen können, so Zeidler-Beck. In diesem Zusammenhang sprach sie einen Acht-Punkte-Plan des Bildungsministeriums für digitale Bildung an, der derzeit in Umsetzung sei. Sie wollte wissen, ob es hier Divergenzen gebe, was die Expertin aus dem Ministerium verneinte. Der Aktionsplan der Kommission biete Empfehlungen, Handlungsanleitungen und Vernetzungsmöglichkeiten, sagte sie.

Ebenfalls positiv zum Aktionsplan äußerte sich Stefan Schennach (SPÖ/W). Besonders die europaweite Austauschplattform für Best-Practice-Beispiele und das europäische Zertifikat seien interessant. Lediglich den Zeitplan empfand er als zu "gemütlich". Er ging davon aus, dass die Pandemie unser Leben noch das gesamte nächste Jahr über bestimmen werde und ortete daher dringenderen Handlungsbedarf.

Monika Mühlwerth (FPÖ/W) betonte, dass die Digitalisierung Lehrkräfte niemals ersetzen könne. Für gute Bildung sei die Qualifikation der Lehrperson zentral, sagte sie. Sie fand in diesem Zusammenhang erschreckend, dass sich laut einer Erhebung 39% der Lehrkräfte nicht ausreichend gut auf den Einsatz digitaler Technologien vorbereitet fühlen. Mühlwerth erkundigte sich nach der Erhebung der Daten. Diese sei durch die OECD im Jahr 2018 erfolgt, gab die Vertreterin des Bildungsministeriums Auskunft. Sie strich sogenannte Massive Open Online Courses seitens des Bildungsministeriums heraus, in denen die Kompetenzen der Lehrkräfte im digitalen Bereich gefördert werden.

Marco Schreuder (Grüne/W) erkundigte sich, ob im Aktionsplan Kompetenzen im Programmieren thematisiert werden. Codieren werde seiner Meinung nach in Zukunft so wichtig wie Sprache oder Mathematik sein. Die Expertin des Ministeriums verwies hierbei auf die Initiative "EU Code Week".

Der ÖVP-Abgeordnete zum Europäischen Parlament Othmar Karas ortete enormen europaweiten Bedarf für eine Energieunion, eine Bildungs- und Sozialunion sowie eine Forschungsunion. Diese Bereiche würden zusammenhängen, zeigte er sich überzeugt.

Europäischer Forschungsraum soll neu belebt werden

Die Mitglieder des EU-Ausschusses diskutierten außerdem über eine Mitteilung der Kommission über einen neuen Europäischen Forschungsraum (EFR) für Forschung und Innovation. Mit der Realisierung eines Europäischen Forschungsraumes wurde bereits im Jahr 2000 begonnen, wie der Experte aus dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung ausführte. Im Laufe der Jahre sei aber das Tempo geschwunden, die Ambitionen der Mitgliedsstaaten hätten abgenommen. Deshalb sei nun ein neuer Start geplant, um mit neuen Methoden und Ambitionen an das Thema heranzugehen und auf aktuelle Herausforderungen wie Klimaschutz und die Pandemie zu reagieren.

Dafür sind laut Mitteilung mehrere Maßnahmen vorgesehen, die Investitionsziele auf der Seite der Mitgliedsstaaten und neue Ansätze für die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten mit der Europäischen Kommission im Bereich Forschung und Innovation umfassen. Außerdem sollen die Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation sowie für ForscherInnen verbessert werden, insbesondere im Hinblick auf europäische Projekte und Mobilität. Laut einem Experten der Wirtschaftskammer wolle man mit dem neuen EFR auf Herausforderungen reagieren und etwa die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Vergleich zu China oder den USA verbessern. Sehr interessant sei außerdem, dass die Vermarktung von Forschungsergebnissen in Europa verbessert werden soll.

Durch die Mitteilung gibt es zwar keine direkten Auswirkungen für Österreich, die Umsetzung der Maßnahmen ist grundsätzlich freiwillig. Eine Umsetzung könnte sich aber auf das Bundesbudget auswirken und gesetzliche Änderungen notwendig machen. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung steht der Weiterentwicklung des Europäischen Forschungsraums positiv gegenüber. Für Österreich sei es aufgrund der Größe und der international verflochtenen Wirtschaft und Wissenschaft wichtig, Rahmenbedingungen für europäische Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung zu verbessern, weshalb die Maßnahmen positiv bewertet werden.

Sonja Zwazl (ÖVP/N) sieht im EFR ebenfalls eine wichtige und notwendige Initiative für den weiteren Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Die bessere Verwertung und Vermarktung der Forschungsergebnisse hob auch sie hervor. Sie wollte von den Experten wissen, welche Chancen sich für österreichische Betriebe durch eine grenzüberschreitende Tätigkeit in der Forschung ergeben und wie eine bessere Vermarktung der Ergebnisse gelingen könne. Gemeinschaftliche Projekte zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sahen beide Experten als Schlüssel zum Erfolg. (Schluss) kar


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