Parlamentskorrespondenz Nr. 1222 vom 19.11.2020

Frauenministerin Raab legt auch 2021 den Fokus auf Gewaltschutz

Nationalrat debattiert Budgetkapitel Frauenangelegenheiten und Gleichstellung

Wien (PK) – Der letzte Tag der Budgetverhandlungen im Nationalrat begann mit dem Budget für Frauen und Gleichstellung. Im Vergleich zum Vorjahr sind für das Jahr 2021 um 2,5 Mio. € mehr vorgesehen, die Mittel erhöhen sich damit auf nunmehr 14,65 Mio. €. Das ist ein Plus von 20,6%. Frauenministerin Susanne Raab freute sich über eine Erhöhung des Frauenbudgets in ihrer Amtszeit um insgesamt 43%. Der Opposition ist das nicht genug, die SPÖ forderte in einem Entschließungsantrag mehr als das Doppelte an Mitteln.

Rund 8,3 Mio. € sind im Bundesvoranschlag für Transfers veranschlagt, also für Fördergelder für Beratungseinrichtungen für Frauen und Mädchen, Notrufe und Notwohnungen sowie sonstige frauenspezifische Projekte. Rund 6,4 Mio. € fließen in den betrieblichen Sachaufwand. Darunter fallen Mittel für Gewaltschutz sowie die Finanzierung einer Zeitverwendungsstudie. Mit dem Bundesfinanzgesetz mitverhandelt wird der Bundesfinanzrahmen 2021 bis 2024.

Raab sieht Schwerpunkt auf Gewaltschutz gerade in Corona-Krise als zentral

Frauenministerin Susanne Raab ging angesichts des zweiten Lockdowns auf die besonderen Herausforderungen für Frauen ein. Diese würden einmal mehr das "Werk am Laufen halten", sagte sie. Die Regierung würde alles tun, um die negativen Auswirkungen der Corona-Krise auf alle Menschen abzufedern. Das vorliegende Budget sei Ausdruck dieser Anstrengungen. Mit der neuerlichen Erhöhung des Frauenbudgets um 2,5 Mio. € habe sie in ihrer Amtszeit eine Steigerung um insgesamt 43% erwirkt, zeigte Raab auf.

Auch, aber nicht nur coronabedingt wichtig sei der Schwerpunkt auf Gewaltschutz. Die Basis für ein selbstbestimmtes Leben sei ein angst- und gewaltfreies Leben. Sie wolle deshalb alles tun, um Kinder und Frauen vor Gewalt zu schützen. Wie bereits während des ersten Lockdowns im Frühling habe sie auch jetzt eine noch umfassendere Informationsoffensive gestartet, bei der in Apotheken, Arztpraxen und im Handel Broschüren zu Beratungs- und Hilfeangeboten für gewaltbetroffene Frauen aufliegen, so Raab. Auch im nächsten Jahr werde der Großteil der Mittel für den Gewaltschutz aufgewendet, etwa für die Finanzierung von österreichweiten Gewaltschutzzentren und flächendeckenden Beratungseinrichtungen. Darüber hinaus wolle sie sich für die Verringerung von Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern einsetzen und etwa mehr Mädchen für MINT-Berufe begeistern. Auch im Alter wolle sie die Selbstbestimmung von Frauen fördern, etwa durch die Erarbeitung eines Modells für das automatische Pensionssplitting, kündigte Raab an.

Budgeterhöhung positiv, aber noch viel zu tun

Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) freute sich über die Budgeterhöhung und zeigte sich auch froh darüber, dass die Zeitverwendungsstudie nun umgesetzt und budgetär berücksichtigt werde. Die Verhinderung von Gewalt sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, weshalb auch mehrere Ministerien damit befasst seien. So stellen etwa auch das Innen- und das Justizministerium Gelder für diesen Bereich zur Verfügung. Norbert Sieber (ÖVP) betonte, dass ihm als Mann Gleichbehandlung und die faire Verteilung von Chancen sehr wichtig seien. Er ortete insbesondere bei der Väterbeteiligung in der Kindererziehung noch Luft nach oben.

Auch für die Grünen-Abgeordnete Meri Disoski gibt es noch viel zu tun. Mit der Budgeterhöhung sei man einen großen Schritt weiter, aber noch nicht dort, wo man hinwolle und -müsse. Sie rief eine Anfragebeantwortung der damaligen Frauenministerin Ines Stilling aus dem November 2019 in Erinnerung, wo diese festgehalten hatte, dass es 4 Mio. € mehr Budget für Frauenagenden brauche. Ein Jahr später habe man 4,5 Mio. € mehr erreicht, hob Disoski hervor. Dennoch hätte auch sie gerne mehr Budget gehabt. Auch eine Steigerung von 43% in zwei Budgetjahren könne und dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf dem Weg zu einem diskriminierungs- und gewaltfreien Leben für Frauen noch viel zu tun sei, so Disoski. Heike Grebien (Grüne) betonte in diesem Zusammenhang, dass Frauen mit Behinderung besonders häufig von Gewalt betroffen seien.

SPÖ: Budget für Krisenbudget nicht gut genug

Die Opposition kritisierte das Frauenbudget als weiterhin zu niedrig. Die Budgeterhöhung sei gut, aber für ein Krisenbudget lange nicht gut genug, sagte etwa Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Gerade in der Corona-Pandemie wäre es wichtig, dass die Frauenministerin ihre Stimme erhebt und auf die schwierige Situation der Frauen aufmerksam macht, so die Abgeordnete. Von Raab sei in diesem Zusammenhang nichts zu hören, lautete die Kritik. Sie müsse sich auch budgetär mehr einmischen. Es sei etwa wichtig, dass die Ministerien im Rahmen des Gender Budgetings benennen, wie viel Mittel für Männer und für Frauen ausgegeben werden. Heinisch-Hosek brachte deshalb einen Entschließungsantrag ein, mit dem sie die Regierung aufforderte, ein umfassendes Gender Budgeting einzuführen.

Petra Oberrauner (SPÖ) war in einer grundsätzlichen Frage anderer Meinung als die Ministerin. Die Basis für ein selbstbestimmtes Leben seien gleicher Lohn für gleiche Arbeit und eine gute Ausbildung. Ein Leben frei von Gewalt sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Dass es Hilfe für gewaltbetroffene Frauen gebe, sei gut, dass es sie brauche, beschämend. Die COVID-19-Krise treffe Frauen besonders hart. Frauen würden Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen, die Politik solle Verantwortung für die Frauen übernehmen. Deshalb brachte Oberrauner einen Entschließungsantrag ein, mit dem die SPÖ mehr als das Doppelte an Budget forderte, nämlich zumindest 30 Mio. € pro Jahr. Dieser Betrag wäre ein sichtbares Zeichen der Wertschätzung, so Oberrauner.

Auch FPÖ und NEOS fordern mehr

Von der FPÖ thematisierte Rosa Ecker die negativen Auswirkungen der COVID-19-Krise auf Frauen. Das vorgelegte Frauenbudget würde die Frauen nicht einmal mehr ein müdes Lächeln kosten, weil diese sich nichts mehr von der Frauenpolitik erwarten würden. Die Mittel seien zu gering, es gebe keinen Spielraum für zusätzliche Maßnahmen. Der Aktionsplan Frauengesundheit werde nicht evaluiert, es gebe keine Corona-Perspektive darin, kritisierte sie. Auch ein Frauenkonjunkturpaket würde fehlen. Die Zeitverwendungsstudie bezeichnete Ecker als "Papier für den Mistkübel". Susanne Fürst (FPÖ) forderte, Frauenpolitik, Sicherheitspolitik und illegale Einwanderung zusammenzudenken.

Zu wenig getan wird auch für Henrike Brandstötter (NEOS). Man rede noch immer von Gewaltschutz und einer Zeitverwendungsstudie, obwohl all das selbstverständlich sein sollte, sagte sie. Im Budget seien Maßnahmen veranschlagt, die eigentlich nicht mehr der Rede wert sein sollten. Mit der Budgeterhöhung werde nur "Erste Hilfe" geleistet, es finde keine zukunftsorientierte Frauenpolitik statt. Sie fragte zudem, was Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen überhaupt im Frauenbudget verloren hätten, wenn es doch Männer seien, die ein Problem mit Gewalt hätten. Außerdem kritisierte sie, dass es keine Maßnahmen zur Schließung des Gender Pay Gaps, zur Bekämpfung von Altersarmut und keine Strategie für die Corona-Krise im Frauenbudget gebe.

Debatte über verbale Angriffe auf Frauen

Abseits der Debatte über das Budget äußerten sich auch mehrere Abgeordnete anlässlich mehrerer Fälle in den vergangenen Tagen zu verbaler Gewalt an Frauen. Anlässlich der Äußerungen des ehemaligen Nationalratspräsidenten Kohl (ÖVP) und des SPÖ-Bundesrats Kovacs fragte Meri Disoski (Grüne) empört: "Was ist mit euch? Was ist los mit den Männern in diesem Land?". Sexuelle Belästigung und verbale Attacken von Politikern gegenüber Politikerinnen seien absolut intolerabel, sagte auch Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Sie appellierte an die Verantwortung der PolitikerInnen, das nicht mehr zuzulassen. Auch Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) stellte fest, dass die Hemmschwelle bei vielen nach unten gerutscht sei. Viele Äußerungen im Hohen Haus seien nicht akzeptabel gewesen, sagte sie. (Fortsetzung Nationalrat) kar

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