Parlamentskorrespondenz Nr. 1266 vom 24.11.2020

Neu im Umweltausschuss

Schutz vor gefährlichen Stoffen, gesetzliche Änderungen zum Emissionszertifikatehandel, grenzüberschreitende Luftverunreinigung

Wien (PK) – Umweltministerin Leonore Gewessler hat dem Nationalrat zwei umfangreiche Regierungsvorlagen zum Chemikalien- und anderen Gesetzen sowie zum Emissionszertifikategesetz vorgelegt. Beide Materien dienen in erster Linie der Anpassung an EU-Vorschriften und sollen einerseits besseren Schutz vor gefährlichen Stoffen und andererseits Neuerungen für den Handel mit Emissionszertifikaten, insbesondere den Gratishandel und im Bereich des Flugverkehrs, bringen. Weiters wird das POP-Protokoll betreffend persistente organische Schadstoffe zum Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung vorgelegt.

Mehr Schutz vor gefährlichen Stoffen und Maßnahmen gegen deren illegalen Handel

Die Änderungen zum Chemikaliengesetz, zum Fluorierte Treibhausgase-Gesetz, zum Biozidproduktegesetz und zum Bundeskriminalamt-Gesetz stellen flankierende Regelungen zu EU-Bestimmungen dar. Sie dienen vor allem dazu, die Marktüberwachung zu verbessern und damit den illegalen Handel wie auch andere Verstöße gegen die Regelungen im Umgang mit gefährlichen Stoffen und fluorierten Treibhausgasen (F-Gase) wirksam zu bekämpfen; ferner geht es um Harmonisierungen und bessere Informationsflüsse sowie um den Schutz der ArbeitnehmerInnen beim Umgang mit gefährlichen Stoffen. (467 d.B.

So werden vor allem im Chemikaliengesetz und im Bundeskriminalamt-Gesetz Maßnahmen im Bereich der Ausgangsstoffe für Explosivstoffe geschaffen bzw. angepasst. Die Neuerungen im EU-Recht umfassen insbesondere die Einführung eines Genehmigungssystems für den Erwerb von beschränkten Ausgangsstoffen, Dokumentationsverpflichtungen für Wirtschaftsteilnehmer, die Ausgangsstoffe an gewerbliche Verwender oder andere Wirtschaftsteilnehmer abgeben, sowie neue Verpflichtungen für Online-Marktplätze, die Transaktionen mit Ausgangsstoffen vermitteln. Wie es im Chemikaliengesetz nun heißt, dürfen - abweichend von den Verboten - beschränkte Ausgangsstoffe für Explosivstoffe Mitgliedern der Allgemeinheit bereitgestellt oder von diesen verbracht, besessen oder verwendet werden, wenn für diese Stoffe oder Gemische, die diese Stoffe enthalten, eine Genehmigung erteilt wurde und die WirtschaftsteilnehmerInnen, die sie bereitstellen, jeweils die Menge des beschränkten Ausgangsstoffes für Explosivstoffe in der Genehmigung protokolliert und die Informationen aufbewahrt.

Natürliche Personen, die ein rechtmäßiges Interesse an Erwerb, Verbringen, Besitz oder Verwendung eines beschränkten Ausgangsstoffes für Explosivstoffe haben, müssen unter persönlicher Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises einen Antrag an die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde  stellen, wobei die notwendigen Angaben im Gesetz genau definiert sind. Dem Antrag ist auch ein Gutachten beizulegen. Dezidiert heißt es im Chemikaliengesetz, dass Genehmigungen, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgestellt wurden, in Österreich nicht anerkannt werden. Die Meldestelle für Ausgangsstoffe von Explosivstoffen gemäß Bundeskriminalamt-Gesetz ist ermächtigt, von natürlichen und juristischen Personen die erforderlichen Auskünfte einzuholen und die dafür erforderlichen Daten zu verarbeiten. Dabei sind die Bestimmungen des Datenschutzes zu beachten.

In Umsetzung der EU-Vorgaben werden zudem die relevanten Bestimmungen in Bezug auf Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen harmonisiert. Im Sinne eines Beitrags zum österreichischen und EU-weiten Reduktionsplan ist es ein weiteres Ziel der Novellierungen, den Gehalt an gefährlichen Stoffen in Erzeugnissen zu minimieren, um Recycling zu erleichtern und eine Verringerung der Abfallmengen zu erreichen. Jeder Lieferant eines Erzeugnisses hat ab 5. Jänner 2021 der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) beim Inverkehrbringen die Informationen zur Verfügung zu stellen.

Aufgabe der Vergiftungsinformationszentrale der Gesundheit Österreich GmbH (VIZ) ist es nun, relevante Informationen über Gemische entgegenzunehmen, um insbesondere in Notfällen Anfragen medizinischen Inhalts in Bezug auf vorbeugende und heilende Maßnahmen beantworten zu können. Harmonisiert wird der Ablauf insofern, als die VIZ die von den meldepflichtigen Unternehmen übermittelten Daten direkt aus dem Register der ECHA beziehen und nicht wie bisher über die Umweltbundesamt GmbH Zugang zu Daten erhalten soll. Das Umweltbundesamt soll ebenfalls Zugang zu dem ECHA-Register erhalten, um anlassbezogen Aufgaben für das Umweltressort durchführen zu können und um den für die Überwachung des Chemikaliengesetzes in den Bundesländern zuständigen Organen die Informationen zur Verfügung zu stellen, die für deren Tätigkeit erforderlich sind.

Außerdem werden die Bestimmungen inklusive der diesbezüglichen Sanktionen in den heimischen Gesetzen an die neue EU-Verordnung über persistent organische Schadstoffe (Stoffe, die nur sehr langsam abgebaut oder umgewandelt werden) angepasst.

Wie den erläuternden Bemerkungen zu entnehmen ist, besteht der begründete Verdacht, dass signifikante Mengen an F-Gasen illegal gehandelt werden. Um dem entgegenzutreten, wird auch das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz im Sinne einer besseren Bekämpfung des illegalen Handels von in der EU verbotenen Produkten adaptiert.  

Generell sind für die Überwachung und Kontrollen der gesetzlichen Bestimmungen im Chemikaliengesetz, im Fluorierte Treibhausgase-Gesetz und im Biozidproduktegesetz die Landeshauptleute zuständig. Nunmehr wird festgelegt, dass ab dem 16. Juli 2021 die Zollbehörde in ihrem Wirkungsbereich bei der Marktüberwachung mitwirkt, um illegale Importe zu verhindern.

Der Umgang mit gefährlichen Stoffen stellt auch einen wesentlichen Punkt im ArbeitnehmerInnenschutz dar. Daher wurde  - wie den Erläuterungen zu entnehmen ist – eine Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend und dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vereinbart. Demnach sollen die arbeitsplatzrelevanten Grenzwerte im Rahmen der Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend über Grenzwerte für Arbeitsstoffe sowie über krebserzeugende und fortpflanzungsgefährdende (reproduktionstoxische) Arbeitsstoffe zeitnah umgesetzt werden, sofern in dieser weniger strenge Grenzwerte normiert sind. Die Arbeitsinspektorate sind verpflichtet, die Einhaltung der diesbezüglichen Bestimmungen zu überprüfen. Darüber hinaus soll eine Arbeitsgruppe (bestehend aus ExpertInnen beider Vollzugsbereiche) jährlich gemeinsame Maßnahmen ausarbeiten und die erforderlichen Arbeitsunterlagen für Chemikalien und ArbeitsinspektorInnen ausarbeiten.

Emissionszertifikategesetz wird an EU-Vorgaben angepasst

Die Novellierung des Emissionszertifikategesetzes (EZG) dient der nationalen Umsetzung der EU-Klimaziele für 2030, konkret der innerstaatlichen Umsetzung der EU-Emissionshandelsrichtlinie. Die Eckpfeiler des ab 2013 unionsweit harmonisierten Emissionshandelssystems bleiben weitgehend unverändert, heißt es in den erläuternden Bemerkungen zur Gesetzesvorlage. Durch den vorliegenden Vorschlag zur Novellierung des EZG sollen vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Zeitraum 2021-2030 geschaffen werden. (472 d.B.)

Mit dem Übereinkommen von Paris, das am 4. November 2016 in Kraft getreten ist, hat sich die Staatengemeinschaft dazu bekannt, den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Die EU hat sich am Europäischen Rat vom Oktober 2014 zu einem EU-weiten Treibhausgasemissions-Reduktionsziel von mindestens 40 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 bekannt. Dementsprechend wurden die Reduktionsziele für die Treibhausgasemissionen durch eine Revision der Emissionshandelsrichtlinie und durch die Lastenteilungsverordnung seitens der EU gesetzlich im Jahr 2018 umgesetzt.

Die Hauptaspekte der nun vorliegenden Novelle zum Emissionszertifikategesetz (EZG) betreffen unter anderem die Zuteilung und Vergabe der übergangsweise kostenlosen Zertifikate ab 2021. Für Anlagen, für die ein Anspruch auf eine derartige Zuteilung besteht, kann ein Antrag gestellt werden, der neben dem Plan der Überwachungsmethodik einen Bezugsdatenbericht und einen Prüfbericht zu beinhalten hat. Die Kernelemente der EU-weiten Versteigerung bleiben gleich. Der Grundsatz, wonach sämtliche Zertifikate, die nicht kostenlos zugeteilt werden, zu versteigern sind, werden beibehalten.

Bei den Neuerungen geht es zudem um die EU-Vorschriften über ein CO2-neutrales Wachstum im Flugverkehr. Bereits 2016 hat die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) einen Beschluss zu einem Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) gefasst, mit dem Ziel, die Emissionen des internationalen Luftverkehrs auf dem Niveau des Jahres 2020 zu stabilisieren. Auch wenn die Arbeiten zur Entwicklung dieses Mechanismus noch nicht abgeschlossen sind, wurde die EU-Emissionshandelsrichtlinie abgeändert, um den laufenden Entwicklungen auf internationaler Ebene Rechnung zu tragen. Auch hier ist eine Anpassung nötig. Die Regelungsregime für den Flugverkehr im Emissionshandel bleiben aber weitgehend bis zum Jahre 2023 unverändert, der Anwendungsbereich bleibt weiterhin auf innereuropäische Flüge limitiert, informiert das Umweltressort. Es sei aber damit zu rechnen, dass die Europäische Kommission deutlich vor 2023 einen Legislativvorschlag zur Regelung der Emissionen des Flugverkehrs ab 2023 vorlegen wird.

Des Weiteren nimmt die Novelle Konkretisierungen in Bezug auf die Überwachung und die Berichterstattung über Treibhausgasemissionen vor. Klargestellt wird, dass nur jene Personen, die Luftfahrzeuge betreiben, ein Überwachungskonzept  vorlegen müssen, wenn diese Österreich als Verwaltungsstaat von der Europäischen Kommission gemäß Emissionshandelsrichtlinie zugewiesen worden sind.

Zudem finden sich Bestimmungen über den Plan zur Überwachungsmethodik sowie die Berichterstattung der jährlichen Aktivitätsraten für jene Anlagen, die eine übergangsweise kostenlose Zuteilung ab 2021 erhalten.

Ab 2021 sind von InhaberInnen dieser Anlagen jährlich jeweils bis zum 31. März Aktivitätsberichte zu erstellen, wobei im Jahr 2021 einmalig die Aktivitätsdaten der beiden vorangegangenen Jahre zu melden sind. Zu einer eindeutigeren Regelung kommt es auch in Bezug auf die technischen und fachlichen Grundlagen, auf denen die Treibhausgasemissionen und die Tonnenkilometer aus Luftverkehrstätigkeiten überwacht werden.

Für neue MarktteilnehmerInnen gilt der 30. Juni 2019 als Stichtag für die Zuteilungsperiode 2021 bis 2025. Für die nachfolgenden Zuteilungsperioden gelten Anlagen als neue MarktteilnehmerInnen, für die nach dem 30. Juni 2024 bzw. jeweils fünf Jahre später erstmals eine Genehmigung erteilt wurde.

Grenzüberschreitende Luftverunreinigung: Regierung legt Änderungen im POP-Protokoll vor

Auf die Bekämpfung der weiträumigen grenzüberschreitenden Luftverunreinigung zielt die vom Außenministerium vorgelegte Annahme des sogenannten POP-Protokolls zum Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung (CLRTAP) ab (406 d.B.). Das POP-Protokoll dient der Begrenzung, Verringerung oder Verhinderung der Ableitung, Emission und unbeabsichtigten Freisetzung persistenter organischer Schadstoffe - also gesundheitsbedenklicher Stoffe, die unter natürlichen Bedingungen biologisch nicht abbaubar sind. Konkret umfasst ist eine Aktualisierung der im Protokoll aufgelisteten Stoffe. Zudem soll eine leichtere Anpassung des POP-Protokolls an künftige Entwicklungen bei der besten verfügbaren Technik sowie ein einfacherer Beitritt von Vertragsparteien Kaukasus, Zentralasien, Südost- und Osteuropa ermöglicht werden. In der Regierungsvorlage wird betont, dass Österreich die nationalen Emissionen dieser Schadstoffe bereits deutlich reduziert habe, eine weitere Reduktion darüber hinaus auch internationale Bemühungen erfordere. Der Reduktion dieser Stoffe und dem Übereinkommen im Allgemeinen werde von Seiten Österreichs größte Bedeutung beigemessen. (Schluss) jan/see