Parlamentskorrespondenz Nr. 1351 vom 02.12.2020

EU-Ausschuss des Bundesrats berät über Asyl-Solidaritätsmechanismus

Zur Diskussion stand ferner LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie

Wien (PK) – Der im Rahmen des neuen Migrations- und Asylpakets der Europäischen Kommission vorgeschlagene Solidaritätsmechanismus und die damit einhergehenden Rückkehrpartnerschaften wurden im EU-Ausschuss des Bundesrats heute kritisch beleuchtet. Großteils positiv wahrgenommen wurde von den BundesrätInnen die neue LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie der Union, wobei sich unterschiedliche Zugänge beim Umgang mit rechtsverletzenden Entwicklungen in Europa offenbarten.

Solidarität im Rahmen des EU-Migrationskonzepts

Als Teil des neuen EU-Migrations- und Asylpakets werden die spezifischen Verfahren und Mechanismen im Bereich des internationalen Schutzes sowie Rückkehr und Rückführung in einem Verordnungsvorschlag der Kommission dargelegt. Die geplanten Vorschriften sehen für Krisensituationen einen Solidaritätsmechanismus mit Fokus auf Umsiedlung ("Relocation") vor, der im Innenressort als eher ungeeignet wahrgenommen wird. Bei Nichtbeteiligung an der Umsiedlung schlägt die Kommission den jeweiligen Mitgliedstaaten die Möglichkeit für Rückkehrpartnerschaften vor. Diese könnten in der derzeitigen Ausgestaltung zu einer Verteilung von MigrantInnen über die Hintertüre führen, so die ablehnende Haltung Österreichs. Außerdem seien viele praktische Fragen offen, die aufgrund der jahrelangen erfolglosen Verhandlungen über den Verteilungsmechanismus kontrovers diskutiert werden, berichtete ein Vertreter des Innenressorts von den laufenden Verhandlungen. Österreich trete dafür ein, dass die Mitgliedstaaten selbst über entsprechende Maßnahmen und alternative Formen der Solidarität entscheiden können, etwa durch verstärktes Engagement in den Drittstaaten. Am Vorschlag positiv gesehen wird von Seiten des Innenministeriums hingegen die Möglichkeit der Asylantragstellung an den EU-Außengrenzen.

Im Zuge der Ausschussberatungen wurde Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) vom Ressortexperten informiert, dass zur Krisendefinition keine konkreten Vorgaben gemacht wurden. In Bezug auf den Solidaritätsmechanismus sprach sich Martin Preineder (ÖVP/N) dafür aus, die Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Kapazitäten einzeln zu bewerten. Eine Verpflichtung zur Umsiedlung lehne seine Fraktion ab, vielmehr sollte der Fokus der EU-Migrationspolitik stärker auf die Kooperation mit den Drittstaaten gerichtet werden, meinte er. Eine Fokusverschiebung hin zu den Ursachen und den Investitionen vor Ort befürwortete auch Bundesrat Marco Schreuder (Grüne) im Sinne einer nachhaltigen EU-Strategie. Stefan Schennach (SPÖ/W) bedauerte die negative Haltung der Bundesregierung gegenüber dem Kommissionsvorschlag. Den Grundgedanken des solidarischen Zusammenhalts, die Idee der Lastenverteilung und die flexiblere Hilfe bei der Aufnahme von MigrantInnen erachtet er hinsichtlich der unterschiedlichen Betroffenheit der EU-Mitgliedsländer nämlich als richtig. Asylwerbende sollten seiner Meinung nach im Falle einer Umsiedlung Mitspracherecht haben. Johannes Hübner (FPÖ/W) hingegen versteht den Kommissionsvorschlag als eine Bejahung der "ungebremsten Massenzuwanderung aus der dritten Welt", wobei die Nationalstaaten wenig mitzureden hätten. Ein vom FPÖ-Bundesrat eingebrachter Antrag auf Stellungnahme, sich auf europäischer Ebene gegen den Verordnungsvorschlag und jede Art der Verpflichtung zur Aufnahme irregulärer MigrantInnen auszusprechen, wurde allerdings von keiner weiteren Fraktion unterstützt.

Gleichstellungsstrategie für LGBTIQ-Personen

In Form einer Kommissionsmitteilung wurde kürzlich die erste LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie der Union vorgelegt, um Schritte zur Bekämpfung von Diskriminierung und zur Gewährleistung der Sicherheit für die Personengruppe zu setzen, etwa durch die Verbesserung rechtlicher Rahmenbedingungen und die verstärkte Einbeziehung von Gleichstellungszielen in EU-Rechtsakte und EU-Programme, durch Inklusion in den Bereichen Arbeit und Bildung, sowie Maßnahmen gegen Hassdelikte, wie eine Vertreterin des Bundesministeriums für Frauen und Integration erläuterte. Die Zielsetzung betrifft auch den Aufbau inklusiver Gesellschaften und die Führungsrolle der EU bei der weltweiten Forderung nach Gleichstellung von LGBTIQ-Personen. Die konkrete Ausgestaltung sei laut der Ressortexpertin allerdings noch offen. Gestärkt werden soll das Engagement in diesem Bereich sowohl von den EU-Institutionen und Mitgliedstaaten, den regionalen Behörden und Gleichbehandlungsstellen, als auch von der Zivilgesellschaft und den Unternehmen.

Mit einem Antrag auf Mitteilung brachte SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach nicht nur die Unterstützung seiner Fraktion für das EU-Anliegen zum Ausdruck, sondern auch der Besorgnis gegenüber der geplanten LGBTIQ-feindlichen Verfassungsänderung Ungarns. Diese sei aufs Schärfste zu verurteilen, weshalb die Europäische Kommission ersucht werden soll, sich für eine menschenrechtskonforme Neuregelung einzusetzen. Die Initiative fand allerdings keine Mehrheit.

Nicht auf ein einziges Land, sondern auf ganz Europa wollte Grünen-Bundesrat Marco Schreuder den Fokus legen. Auch für Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) gilt es, Ungleichheiten über die Grenzen hinweg zu beseitigen und Diskriminierung in keiner Weise zuzulassen, wobei jedoch der entsprechende Antrag auf Mitteilung der Regierungsparteien ebenfalls abgelehnt wurde, in dem diskriminierende und rechtsverletzende Entwicklungen europaweit thematisiert werden. Die SPÖ verweigerte die Zustimmung mit Verweis auf vermeintlich mangelnde Kooperationsbereitschaft im Bundesratsausschuss. Auch seitens der ÖVP wurde bedauert, keine gemeinsame Mitteilung zu Stande gebracht zu haben. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) fan


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