Parlamentskorrespondenz Nr. 1368 vom 03.12.2020

Wissenschaftsausschuss befasst sich mit PädagogInnenbildung Neu und Qualitätssicherung der Hochschulen

Faßmann erwartet sich von neuem Universitätsgesetz deutlich verbesserte Kettenvertragsregelung

Wien (PK) – Die Behandlung von zwei Berichten zur Frage der Qualitätssicherung der österreichischen Hochschulen bildeten den Auftakt der heutigen Sitzung des Wissenschaftsausschusses des Nationalrats. Behandelt wurden der Jahresbericht 2019 des Qualitätssicherungsrats für PädagogInnenbildung sowie der Tätigkeitsbericht der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria). Die Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

In einer Aussprache mit Wissenschaftsminister Heinz Faßmann standen die Pläne zur Novellierung des Universitätsgesetzes im Mittelpunkt des Interesses der Abgeordneten. Vor allem die vorgesehenen Anforderungen zur Fortsetzung des Studiums nach den ersten vier Semestern werden von der Opposition kritisch gesehen. Der Minister betonte dabei, dass hier leicht erfüllbare Mindestforderungen definiert wurden, an denen ablesbar sein soll, ob Studierende an dem gewählten Studienfach überhaupt interessiert sind. Von der geplanten Regelung für Kettenverträge erwartet Faßmann sich eine deutliche Verbesserung für die Planung von Berufskarrieren an den Universitäten.

PädagogInnenbildung Neu: Kooperation aller AkteurInnen als Schlüssel zum Erfolg

Begleitend zur Implementierung der PädagogInnenbildung Neu wurde 2013 auch der Qualitätssicherungsrat für Pädagoginnen- und Pädagogenbildung (QSR) eingerichtet, der eine Reihe von gesetzlich verankerten Aufgaben wahrnimmt. Über seinen Jahresbericht 2019 debattierte der Wissenschaftsausschuss mit dem Vorsitzenden des QSR, Andreas Schnider, der als Auskunftsperson eingeladen war (III-160 d.B.). An der Diskussion beteiligten sich die Abgeordneten Künsberg Sarre, Sonja Hammerschmid (SPÖ), Gertraud Salzmann (ÖVP), Josef Smolle (ÖVP), Helmut Brandstätter (NEOS) sowie die Abgeordneten der Grünen Elisabeth Götze, Sibylle Hamann und Eva Blimlinger.

In seiner Beurteilung der PädagogInnenbildung Neu konstatiere der QSR ein hohes Engagement aller AkteurInnen – Ministerien, Pädagogische Hochschulen (PH), Universitäten – sowie eine hohe Bereitschaft zur Kooperation seit Einführung der Reform, heißt es im Bericht. Allerdings müssen nach den Worten von Schnider die Vorstellungen, wie Kooperation in den Verbünden aussehen soll, noch vereinheitlicht werden.

Schnider wies auf mehrere Bereiche hin, in denen es nach Auffassung des QSR noch Handlungsbedarf gibt. So sollte die Durchlässigkeit in der Ausbildung für die Sekundarstufe zwischen Berufsbildung und Allgemeiner Bildung erhöht werden. Für QuereinsteigerInnen in die PädagogInnenbildung gebe es noch kein Modell, dass attraktiv genug ist, um Menschen mit wertvollen Berufserfahrungen zu motivieren, ins Lehramt zu wechseln. Der einzige Bereich, in dem es hier bereits sehr gute Erfahrungen gebe, seien die Kunsthochschulen. Schnider konstatierte aber, dass die Diskussion darüber begonnen habe. QuereinsteigerInnen im Lehrberuf seien kein "Notprogramm", meinte Schnider, sondern das Beispiel anderer Länder zeige, dass Menschen mit Erfahrungen in anderen Berufen eine wichtige Bereicherung der Schulen sind.

Auch im Thema inklusive Pädagogik sieht Schnider noch Entwicklungsbedarf. Zwar gebe es unter den Studierenden ein hohes Bewusstsein für die Wichtigkeit dieses Zugangs, die angebotenen Module würden auch gerne belegt. In der Praxis zeige sich aber, dass Studierende vor allem in der Sekundarstufe keine klaren beruflichen Perspektiven sehen.

Schnider berichtet auch über Evaluierungen, die der QSR durchgeführt hat bzw. plant. So gebe es Ergebnisse über die Induktionsphase, in der junge PädagogInnen im ersten Berufsjahr eine fachliche Begleitung erhalten. Hier zeige sich eine hohe Zufriedenheit. Die Evaluierung der PädagogInnenbildung Neu soll im kommenden Jahr beginnen. Im Zentrum werde die Frage stehen, was tatsächlich im Klassenzimmer ankommt. Die Schulen werden daher in diese Evaluierung eingebunden sein.

Ein wichtiges Thema ist für Schnider auch, dass an den Pädagogischen Hochschulen auch im Bereich der Elementar- und Primärbildung Doktoratsstudien anbieten können. Mehr Forschung im Bereich Fachdidaktik sei unbedingt notwendig. Wissenschaftsminister Heinz Faßmann meinte, dass das in der Kooperation mit Universitäten möglich sein sollte. Die Fachhochschulen hätten hier bereits einen sehr erfolgreichen Weg in der Frage der Doktoratsstudien und auch im Zugang zu Forschungsmitteln beschritten. Fachdidaktische Forschungen müssten einen höheren Stellenwert erhalten, sagte der Wissenschaftsminister.

AQ Austria: Flexibilisierung des Studiensystems bleibt Aufgabe für Zukunft

Die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) ist gemäß dem gesetzlichen Auftrag des Hochschul-Qualitätssicherungsgesetzes als nationale Qualitätssicherungsagentur der öffentlichen Universitäten, Privatuniversitäten und Fachhochschulen in Österreich zuständig. Zum Aufgabenspektrum der Agentur gehören neben der Durchführung von Qualitätssicherungsverfahren über Akkreditierungen, Audits, Evaluationen, die Anfertigung von Studien und thematischen Analysen, die Information und Beratung zu Fragen der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung und nicht zuletzt die internationale Zusammenarbeit im Bereich der hochschulischen Qualitätssicherung. Details zu diesen breit gefächerten Aufgaben sind dem Tätigkeitsbericht 2019 der AQ Austria zu entnehmen, der heute im Wissenschaftsausschuss debattiert wurde (III-201 d.B.). Als Auskunftsperson stand den Abgeordneten Jürgen Petersen zur Verfügung. Mit ihm diskutierten die Abgeordneten Martina Künsberg Sarre (NEOS), Eva Blimlinger (Grüne), Andrea Kuntzl (SPÖ), Rudolf Taschner (ÖVP) und Elisabeth Götze (Grüne).

Das Jahr 2019 stand für die AG Austria im Zeichen der Einführung der neuen Verfahrensregeln, was von den Hochschulen positiv aufgenommen worden sei, berichtete Petersen. Zudem unterzog sich die Agentur selbst einer externen Evaluation von Seiten der European Association for Quality Assurance in Higher Education (ENQA). Mit dem positiven Ergebnis des ENQA-Reviews sei bescheinigt worden, dass die Verfahren und Ergebnisse der AQ Austria den Standards der Qualitätssicherung im Europäischen Hochschulraum (ESG) entsprechen.

Die Jahrestagung der AQ Austria 2019 war der Flexibilisierung von Studienstrukturen gewidmet. Damit habe man Impulse für die Weiterentwicklung des Hochschulsystems gesetzt und sich eines Themas angenommen, das angesichts der Corona-Krise aktuell noch stärker an Bedeutung gewonnen habe. Die Frage der Studierbarkeit von Studien für Berufstätige bzw. von Teilzeitstudien sieht Petersen als ein zentrales Thema. Die Wahrnehmung der AQ Austria dazu sei, dass das Studiensystem in Österreich noch nicht auf die neuen Lebensrealitäten von Studierenden eingestellt sei. In anderen Ländern, etwa in Deutschland, gebe es hier bereits größere Flexibilität.

Die AG Austria habe in der Pandemie-Situation auch ihre eigene Arbeitsweise bei Evaluierungen und Audits umgestellt, berichtete Petersen. Allerdings seien Gutachten virtuell sehr schwer in der entsprechenden Qualität zu erstellen. Der Besuch in den Institutionen und das Gespräch vor Ort sei letztlich unersetzlich, wenn es darum gehe, ein vollständiges Bild von der Situation zu gewinnen.

Die Agentur sieht eine ihrer wesentlichen Aufgaben darin, die Hochschulen auf dem Weg in ein flexibleres und durchlässiges System zu unterstützen. Dazu hat sie im Jahr 2019 im Rahmen eines vom Wissenschaftsministerium geförderten Projekts Hochschulen bei der Einführung von Verfahren zur Anerkennung und Anrechnung von non-formalen Kompetenzen beraten. Ein wichtiger Schritt dazu sei die Einrichtung der NQR-Servicestelle. Sie unterstützt Hochschulen sowie Bildungsanbieter auf Hochschulniveau dabei, ihre non-formalen Qualifikationen dem Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) zuzuordnen.

Faßmann verteidigt Novellierung des Universitätsgesetzes

Einen Schwerpunkt der Aussprache mit Wissenschaftsminister Faßmann bildete die geplante Novelle zum Universitätsgesetz, die seit Kurzem zur Begutachtung vorliegt. Vor allem die Pläne, eine Mindestanzahl von ECTS-Punkten vorzuschreiben, die in den ersten vier Semestern für ein belegtes Studium erreicht werden müssen, und die neuen Kettenvertragsregelungen wurden von der Opposition skeptisch gesehen. Kritische Anmerkungen dazu machten Martina Künsberg Sarre (NEOS), die SPÖ-Abgeordneten Eva Maria Holzleitner und Katharina Kucharowits sowie FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger. Die Abgeordneten befürchten eine Erhöhung des ohnehin starken Drucks auf Studierende, insbesondere auf Berufstätige.

Bundesminister Faßmann betonte, aus dem Gesetzesentwurf gehe keine Reduktion von Prüfungsterminen hervor, vielmehr werde ein Mindeststandard des Prüfungsangebots festgeschrieben. Mit 24 ECTS-Punkten, die nach den ersten vier Semestern erreicht werden müssen, damit das Studium an einer Universität fortgesetzt werden kann, sei ein absolutes Minimum und jedenfalls leicht erreichbar. Man könne daran ablesen, ob ein tatsächliches Interesse am Studium besteht, ist Faßmann überzeugt. Grundsätzlich sei die gerechte Gewichtung von ECTS-Punkten für sein Ressort wichtig, hier müsse sichergestellt werden, dass der Workload, der einem Punkt zugrunde liegt, fair bewertet wird.

Die Frage der Kettenverträge sei mit allen Stakeholdern breit besprochen worden, betonte der Minister. Das vorgeschlagene Modell ziele darauf ab, dass die Entscheidung, ob ein Verbleib an der Hochschule möglich ist, zu einem Zeitpunkt fällt, der für die Berufsbiographie der Betroffenen noch relativ unproblematisch ist.

Thema waren auch die Corona-Maßnahmen für die Universitäten. Das Problem, dass es während der Schließungen gerade für Erstsemestrige schwierig ist, sich mit dem Universitätsleben vertraut zu machen, sehe er auch, versicherte Faßmann SPÖ-Abgeordneter Holzleitner, er habe derzeit dafür aber keine gute Lösung. Die Frage eines weiteren neutralen Semesters sei noch nicht ausdiskutiert und hänge von weiteren Entwicklungen ab. Was die psychische Belastung der Studierenden in der Pandemie betrifft, die von Helmut Brandstätter(NEOS) angesprochen wurde, sieht Faßmann die Wichtigkeit der psychologischen Beratungsstellen für Studierende bestätigt.

Inwieweit Österreich aus dem von Gerhard Deimek (FPÖ) erwähnten Resilienz-Fonds der EU Mittel lukrieren könne, werde im Finanzministerium beobachtet. Er sehe hier Chancen für die medizinische Forschung, sagte Faßmann. Zu internationalen Kooperationen von Universitäten erklärte der Wissenschaftsminister Abgeordnetem Klaus Fürlinger (ÖVP), dass ihn die Idee der Europa-Universitäten, die er skeptisch gesehen habe, unterdessen überzeugt habe. Faßmann versicherte ÖVP-Abgeordneter Maria Smodics-Neumann, dass ihm der Ausbau der Fachhochschulen ein wichtiges Anliegen ist.

Neben Deimek (FPÖ) sprach auch Kucharowits (SPÖ) die Frage der Digitalisierung der Hochschulen an, insbesondere die Ressourcen, die für die Fernlehre zur Verfügung stehen. Faßmann zeigte sich überzeugt, dass die Universitäten hier gut aufgestellt seien, es gebe auch ein gut dotiertes Budget für Digitalisierungsprogramme, um etwa Verwaltungsvorgänge zu vereinfachen.

Eine Studie zur Strategie für lebenslanges Lernen werde 2021 in Auftrag gegeben, erfuhren SPÖ-Abgeordnete Kucharowits und FPÖ-Abgeordneter Kassegger auf ihre diesbezüglichen Fragen. Im kommenden Jahr werde auch ein Call für eine Studie über die Matura erfolgen, teilte Faßmann Abgeordneter Andrea Kuntzl (SPÖ) mit. Die aktuelle Studie über die Auswirkungen der Zugangsregelungen sowie die Evaluierung der StEOP seien gerade in Finalisierung und würden bis Jahresende vorliegen. (Fortsetzung Wissenschaftsausschuss) sox


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