Parlamentskorrespondenz Nr. 1371 vom 03.12.2020

Bundesrat einig bei Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit

Berufsrechtsanpassungen für GenossenschaftsrevisorInnen bleiben ohne Mehrheit

Wien (PK) – Der Rechtsanspruch für die Sonderbetreuungszeit und die damit zusammenhängende Verschiebung der Angleichung bei Kündigungsfristen von ArbeiterInnen und Angestellten passierte heute den Bundesrat. Keinen Einspruch gab es außerdem gegen die Förderung von Projekten der Mikroelektronik, die Vorbelastungen für Verträge des Bundes mit der ÖBB-Infrastruktur und die Novelle zum Kraftfahrgesetz.

Der Antrag, keinen Einspruch gegen die Änderung des Genossenschaftsrevisionsgesetzes zu erheben, verfehlte jedoch eine Stimmenmehrheit im Bundesrat, wodurch das Gesetz erst verzögert – nach Ablauf der achtwöchigen Einspruchsfrist des Bundesrats – im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden kann. Keine Mehrheit fand auch der von der SPÖ eingebrachte Entschließungsantrag zur raschen Umsetzung des 1-2-3-Tickets.

Lob für sozialpartnerschaftliche Einigung zur Sonderbetreuungszeit …

Der grüne Bundesrat Andreas Lackner (Grüne/St) hob jene Verbesserungen hervor, die aus seiner Sicht mit der Neuregelung der Sonderbetreuungszeit einhergehen. Alle Parteien hätten im Nationalrat zugestimmt, bis auf NEOS. Lackner lobte außerdem das Funktionieren der Sozialpartnerschaft, durch die gute Lösungen zustande gebracht würden. Nun seien bis zu vier Wochen Sonderbetreuungszeit möglich, die Regelung gelte rückwirkend von 1. November 2020 bis 9. Juli 2021, 100% der Kosten würden vom Bund übernommen, auch bei einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Neuregelung der Sonderbetreuungszeit sei laut Lackner wichtig, auch wenn die Pflichtschulen wieder in einen "normalen Schulbetrieb" übergehen würden, da die weitere Entwicklung der COVID-19-Situation nicht abzusehen sei.

Mit der Sonderbetreuungszeit werde den Familien noch mehr unter die Arme gegriffen, betonte Bundesrätin Isabella Kaltenegger (ÖVP/St). Das sei wichtig für alle berufstätigen Eltern mit betreuungspflichtigen Kindern bis 14 Jahren sowie für jene, die für Menschen mit Behinderung – unabhängig vom Alter – zuständig sind. Die Regelung gelte auch für Menschen, die Angehörige pflegen. Es werde aber auch auf die Bedürfnisse der Betriebe eingegangen, die sich vielen Herausforderungen zu stellen hätten, so Kaltenegger. Die Wirtschaft dokumentiere durch ihre Zustimmung ihr Verantwortungsbewusstsein und nehme diese Belastung auf sich.

Erleichtert über die Umsetzung zeigte sich Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ/W), die auf eine entsprechende Forderung ihrer Fraktion seit April des Jahres verwies. Eltern hätten "riesige Schwierigkeiten, Beruf und Pandemiesituation unter einen Hut zu bringen", berichtete Schumann, deshalb sei ein Rechtsanspruch wichtig. Allerdings sei die Lösung "etwas halb", da viele Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen nicht ganz geschlossen seien, aber Eltern ihre Kinder zu Hause lassen wollen, wobei kein Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit bestehe. Positiv bewertete Schumann, dass die Kosten auch bei einer Einigung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber übernommen würden, wenngleich es hier zu einer Bittstellersituation der ArbeitnehmerInnen komme. An die anwesende Bundesministerin Christine Aschbacher gerichtet, bat Schumann um Verbesserungen für Schwangere, damit "alle die gleiche Chance" hätten. Zwar komme es nun zu Regelungen, allerdings nur für einen eingeschränkten Kreis und nicht "im Handel, in der Produktion oder für Lehrerinnen".

… und Kritik an der verschobenen Angleichung bei Kündigungsfristen

Dass "zwei Materien in einer Gesetzesänderung" zusammenkommen, missfiel Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ/St). Ihre Fraktion lehne die Verschiebung der Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten bei Kündigungsfristen ab, erteile aber aufgrund der gemeinsamen Abstimmung mit den Sonderbetreuungszeiten ihre Zustimmung. Ein früheres Inkrafttreten der Angleichung bei den Kündigungsfristen hätte zur Arbeitsplatzsicherung beigetragen, "weil sich die Dinge jetzt schnell ändern", war Schartel überzeugt. Es könne nicht sein, dass "Menschen wegen unterschiedlicher Tätigkeiten unterschiedlich viel Wert sind", so Schartel, die auf eine entsprechende Einigung der Sozialpartner im Jahr 2017 verwies. Mängel stellte Bundesrätin Schartel auch bei der Sonderbetreuungszeit fest. So sei in Schlagzeilen nur auf den Rechtsanspruch, nicht jedoch auf die bestimmten Voraussetzungen hingewiesen worden. Auch der Bundeskanzler habe die Eltern in Bezug auf die Schulschließungen "getäuscht", sodass der Rechtsanspruch "so gut wie nie zum Tragen kommen wird", so Schartel. Sie zeigte auch Verständnis für Arbeitgeber, die freiwilligen Einigungen auf Sonderbetreuungszeit nicht zustimmen würden, da dies kostenintensiv, bürokratisch und kompliziert sei.

Bundesministerin Aschbacher verspricht bestmögliche Unterstützung für Familien

"Ich verstehe die emotionale Debatte gut", schickte Bundesministerin Christine Aschbacher ihrer Stellungnahme voraus. Sie bedankte sich auch bei Eltern, Kindern, Jugendlichen, Großeltern, die im zweiten Lockdown auf vieles verzichten würden, es sei eine intensive Zeit für alle. Es gelte, die Familien bestmöglich zu unterstützen. Dazu würden auch die Gemeinden beitragen, die 40% ihrer geförderten Investitionen für den Ausbau von Schulen, Kinderbetreuung nachhaltig einsetzen würden. Aschbacher hob auch die Sicherstellung des Kinderbetreuungsgeldes für das kommende Jahr hervor, insbesondere der einkommensabhängigen Variante. Bei der Sonderbetreuungszeit gelte es, unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen. Im Unterschied zum ersten Lockdown solle, "so gut es geht, weitergearbeitet werden". Aschbacher unterstrich, dass "alle, die es brauchen, ihre Kinder in einer vertrauten Umgebung betreut wissen, zusammen mit einer Lernunterstützung mit vertrauten PädagogInnen". Der Bildungsminister sorge dafür, dass alle Schulen, soweit es möglich sei, geöffnet seien. Sollte eine Einrichtung geschlossen und keine Alternative zumutbar sein, bestehe selbstverständlich ein Rechtsanspruch auf Sonderbetreuung, so die Ministerin. Erfreut zeigte sie sich über die gestiegene Väterbeteiligung. Väter hätten ein Drittel der Sonderbetreuungszeiten in Anspruch genommen. Sichergestellt, so Aschbacher, sei außerdem, dass Schwangere vorzeitigt in Mutterschutz gehen können, sofern kein Homeoffice oder Abstandseinhaltung möglich sei.

Bundesministerin Aschbacher sei "eine Kämpferin" und habe sich sicher wacker eingesetzt, äußerte Bundesrätin Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) in Richtung der Ministerin. Der Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit sei lang von ihrer Fraktion gefordert worden. Dass es keine Einbußen "beim Kinderbetreuungsgeld, für Schwangere und generell für Familien" geben werde, überrasche sie. Sie habe nichts von diesen Plänen gewusst, so Grossmann, die wie ihrer Vorrednerinnen den Druck auf die Eltern ansprach, die Kinder trotz "offener Schulen" zu Hause zu lassen. Insgesamt seien Homeschooling, Homeoffice, finanzielle Sorgen und Sorgen um den Arbeitsplatz eine Extremsituation für die Familien und es brauche langfristige Sicherheit, auch für Arbeitslose. Grossmann ersuchte die Ministerin, auf eine Stärkung der Kaufkraft "kleiner und mittlerer Einkommen" hinzuwirken und in der "Homeoffice-Angelegenheit" sowie beim Pendlerpauschale bald für Klarheit zu sorgen. (Fortsetzung Bundesrat) cke

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