Parlamentskorrespondenz Nr. 1392 vom 10.12.2020

Nationalrat: Vorzeitige Kreditrückzahlungen reduzieren künftig die Gesamtkosten des Kredits

Verlängerung der Corona-Sonderregelungen im Justizbereich

Wien (PK) – Künftig werden bei vorzeitiger Kreditrückzahlung sämtliche – statt bisher nur laufzeitabhängige - Kosten reduziert, so der heutige Beschluss des Nationalrats, womit eine Entscheidung des EuGH im nationalen Recht umgesetzt wird. Außerdem wurden Corona-Sonderregelungen im Justizbereich verlängert.

EU-Anpassung: Bei vorzeitiger Kreditrückzahlung werden sämtliche – statt bisher nur laufzeitabhängige - Kosten reduziert

Der Europäische Gerichtshof hatte in einem Urteil (Rechtssache C-383/18 ("Lexitor")) ausgelegt, dass bei vorzeitiger Kreditrückzahlung sämtliche dem Verbraucher auferlegte Kosten reduziert werden. Bislang war das österreichische Verbraucherrecht so geregelt, dass nur die laufzeitabhängigen Kosten vermindert wurden. Das Verbraucherkreditgesetz wird nun an die Rechtsprechung des EuGH sowie die EU-Richtlinie über die Rechte der Verbraucher bei vorzeitiger Kreditrückzahlung angepasst. Wortgleiche Änderungen werden im Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz vorgenommen.

Mit dieser Novelle werden auch Bearbeitungsgebühren, die bei Vertragsabschluss anfallen, reduziert, so Abgeordnete Ulrike Fischer (Grüne) im Plenum. Gelten wird die Regelung für Verträge, die nach dem 11. September 2019 geschlossen wurden bzw. werden, aber eingeschränkt auf vorzeitige Rückzahlungen, die nach dem 1.1.2021 getätigt werden. Der Nationalrat stimmte mehrheitlich für die Rechtsanpassung.

Die Opposition beklagte die mangelhafte Umsetzung der Richtlinie. Sowohl SPÖ und NEOS als auch die FPÖ kritisierten den Zeitpunkt des Inkrafttretens und stellten diesbezügliche Abänderungsanträge, die jedoch bei der Abstimmung keine Mehrheit erzielten. Christian Drobits (SPÖ) sagte, dass bei der Novelle Kosten gespart würden. Eine Geltung sei zumindest ab der Veröffentlichung des EuGH-Urteils erforderlich. Für die FPÖ forderte Volker Reifenberger, auch ältere Kreditverträge einzubeziehen und warb für eine rückwirkende Geltung für Verträge ab Juni 2010. Überdies sprach sich Reifenberger für eine weite Auslegung des Begriffs Gesamtkosten aus. Die SPÖ stellte zudem eine mögliche Ablehnung durch den Bundesrat in den Raum.

Eine weite Auslegung der Gesamtkosten sei sachlich nicht gerechtfertigt, argumentierte Christian Stocker (ÖVP). Notariatskosten und Vermittlungskosten werden demnach trotz vorzeitiger Rückzahlung nicht reduziert. Gegen ein rückwirkendes Inkrafttreten spreche der Vertrauensschutz, so Stocker, der sich für die Geltung bei einer Rückzahlung ab dem 1.1.2021 aussprach.

Verlängerung von Corona-Sonderregelungen im Justizbereich

Der Nationalrat sprach sich zudem für die Verlängerung verschiedener Corona-Sonderregelungen im Justizbereich aus. So soll es weiterhin möglich sein, bestimmte Anhörungen, mündliche Verhandlungen und Beweisaufnahmen unter Einsatz von Videotechnologie durchzuführen, und zwar befristet bis Mitte 2021. Analoge Fristerstreckungen sind im Berufsrecht der RechtsanwältInnen vorgesehen. Im Vereinsrecht wird es auch kleinen Vereinen ermöglicht, fällige Mitgliederversammlungen bis Ende 2021 zu verschieben.

Wer seine Miete im zweiten Quartal 2020 coronabedingt schuldig geblieben ist, bekommt nun bis Ende März 2021 Zeit, den Zahlungsrückstand zu begleichen, erklärte Justizministerin Alma Zadić. Ebenfalls um drei Monate wird der vereinfachte Zugang zum Unterhaltsvorschuss verlängert. Auch im Insolvenzrecht und im Gesellschaftsrecht sind Fristerstreckungen vorgesehen.

Weitere Änderungen betreffen die Übernahme der (bislang befristeten) Möglichkeit einer elektronischen GmbH-Gründung ins Dauerrecht, verschiedene Vorkehrungen in Zusammenhang mit dem Brexit und die Umsetzung von EU-Vorgaben betreffend den Einsatz digitaler Werkzeuge. Klaus Fürlinger (ÖVP) wertete es als positiven Aspekt der Krise, dass von einer physischen Anwesenheit in zielführenden Bereichen abgegangen werde und Angelegenheiten über den digitalen Weg mit gleichem Erfolg erledigt werden könnten.

Ruth Becher (SPÖ) brachte zwei Abänderungsanträge ein, die auf eine weitere Erstreckung jener Fristen abzielten, die um drei statt um sechs Monate verlängert wurden. Die SPÖ wollte überdies einen Sicher-Wohnen-Fonds sowie einen Mietentfallfonds einführen, erzielte dafür jedoch keine Mehrheit.

Die Gesetzesvorlagen wurden im Nationalrat mehrheitlich angenommen. Mittels von Abgeordneter Agnes Sirkka Prammer (Grüne) im Namen der Regierungsparteien eingebrachter Abänderungen wurde unter anderem auch die Aussetzung von der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung bis Ende März 2021 verlängert.

Zwar begrüßte auch die FPÖ die weiteren Mietzinsstundungen und die Überführung der elektronischen GmbH-Gründung ins Dauerrecht. Philipp Schrangl (FPÖ) stand Gerichtsverhandlungen in Form von Videokonferenzen aber weiterhin skeptisch gegenüber.

Schrangl war überdies darauf bedacht, das Verhältnis zu wahren und nach den Mietern nun die Vermieter zu schützen. In diesem Sinne argumentierte er unisono mit Felix Eypeltauer (NEOS) für den Rückgriff auf die Kaution bei ausständiger Miete. Dies ist laut Zadić nicht zielführend, da dadurch eine Pflicht zur sofortigen Auffüllung der Kaution entstehe. Bei einer Einigung beider Parteien sei ein Rückgriff auf die Kaution ohne sofortiger Auffüllungspflicht möglich. (Fortsetzung Nationalrat) gla

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.