Parlamentskorrespondenz Nr. 1415 vom 11.12.2020

Nationalrat stellt finanzielle Weichen für digitale Schule

SchülerInnen sollen mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden

Wien (PK) – Der Nationalrat hat in seiner heutigen Sitzung die finanziellen Weichen für die Digitalisierung an Schulen gestellt.

Ziel eines Bundesgesetzes zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts ist es, für alle SchülerInnen ab der 5. Schulstufe die Möglichkeit eines Unterrichts auf Basis von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu schaffen. Weiters wurde Bildungsminister Heinz Faßmann aufgefordert, finanzielle Mittel aus den Töpfen der Europäischen Union abzurufen um langfristige Bildungsmaßnahmen zu finanzieren. Ebenfalls angenommen wurde eine Entschließung für mehr Kolleg-Plätze im Bereich der Elementarpädagogik. Abgelehnt hingegen wurden zahlreiche Anträge der Opposition, die Verbesserungsmaßnahmen im Schulbereich infolge der COVID-19-Krise betrafen, sowie für eine frühere Planung der Matura 2021 und die Aufnahme geistiger Landesverteidigung an Schulen. 

Nächste Schritte für digitale Schule beschlossen

Mit dem heute mehrheitlich beschlossenen Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts sollen die dazu erforderlichen pädagogischen und technischen Voraussetzungen geregelt werden. Im Zentrum steht die Ausstattung aller Schülerinnen und Schüler mit digitalen Endgeräten auf einem einheitlichen technischen Niveau. Darüber hinaus sollen schulstandortspezifische Digitalisierungskonzepte sowie einheitliche Lern- und Arbeitsplattformen entwickelt werden. Vorgesehen ist weiters ein Serviceportal "Digitale Schule" zur Kommunikation der SchülerInnen, LehrerInnen und Erziehungsberechtigten, das die wichtigsten Verwaltungs- und pädagogischen Applikationen zur Verfügung stellt. Die langfristigen finanziellen Auswirkungen der Maßnahmen auf den Bundeshaushalt erhöhen die öffentliche Verschuldung bis Ende 2030 um 0,20% des BIP bzw. 1.349 Mio. €, heißt es dazu in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage.

Die beiden MandatarInnen Romana Deckenbacher (ÖVP) und Sibylle Hamann (Grüne) zogen Vergleiche der Digitalisierungsinitiative zur Schulbuchaktion aus den 1970er-Jahren. Wie auch die Schulbuchaktion werde der digitale Unterricht als Ergänzung die Schule des 21. Jahrhunderts verändern, prophezeite Deckenbacher. Weiters sei die Digitalisierung eine Anregung für junge Menschen, insbesondere für Mädchen, sich für Technik zu begeistern, erklärte sie. Die Bildungssprecherin der Grünen, Sibylle Hamann ergänzte, dass - so wie SchülerInnen früher einheitliche neue Schulbücher bekamen - künftig einheitliche hochwertige Tablets und Laptops erhalten werden. Es gelte, jahrzehntelange Versäumnisse aufzuholen, wie das heurige Krisenjahr zeigte, so Hamann.

In Zusammenhang mit der Regierungsvorlage wurde ein Entschließungsantrag der SPÖ diskutiert. Dieser sah anstatt neuer Geräte aus ökologischen Gründen, wiederaufbereitete Laptops und Tablets für die Schulen vor. Petra Bayer (SPÖ) führte aus, dass der Vorschlag zur Erreichung von Sustainable Development Goals beitragen würde. Der Antrag fand im Plenum allerdings keine Mehrheit.

Einigkeit über Herausforderungen der Corona-Auswirkungen auf den Bildungsbereich

Alle RednerInnen waren sich darin einig, dass SchülerInnen, Eltern, Lehrende und PädagogInnen durch die COVID-19-Krise vor große Herausforderungen gestellt waren und weiter sind. Ungleichheiten hätten sich verschärft und dadurch die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Gruppen noch weiter "zurückfallen". Zur Debatte stand ein Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen, der sich an den "eigenen" Bildungsminister richtete. In dem mehrheitlich angenommenen Antrag wird er ersucht, von der Europäischen Union bereitgestellte Töpfe (z. B. REACT-EU) zu nutzen, um längerfristige Maßnahmen und Förderangebote zu finanzieren.

Andreas Minnich (ÖVP) ortete im Parlament grundsätzlichen Konsens, dass das Bildungswesen aufgrund der Pandemie vor enormen Herausforderungen stehe. Er dankte den PädagogInnen, die auf neue Konzepte setzen mussten.

Für die Bildungssprecherin der Grünen Sibylle Hamann ist klar, dass viel getan werden müsse. Es gelte, in die Beziehungen zur der Schule zu investieren und Reparaturarbeit auf emotionaler, sozialer und intellektueller Ebene zu leisten. Betreffend die Sommerschulen erklärte sie, dass für den Ausbau des hocherfolgreichen Programms Geld benötigt werde, das vom EU-REACT-Fonds abgerufen werden solle.

Dem wollte NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre keinen Glauben schenken. Ihre Wissens sei der REACT-Fonds noch gar nicht beschlossen und es sei unrichtig, so zu tun, als sei es bereits sicher, diese Gelder holen zu können. Sie forderte von Bundesminister Faßmann die Information ein, wie die Verteilung des Geldes auf die Ministerien geplant sei.

Sonja Hammerschmid (SPÖ) und Hermann Brückl (FPÖ) kritisierten gleichermaßen die Ablehnung der Oppositionsanträge. Hammerschmid griff vorgeschlagene Maßnahmen wie mehr Förderunterricht, Sicherheitskonzepte und Teststrategien für Schulen sowie mehr Unterstützungspersonal heraus. Viele Studien würden die bestehenden Probleme belegen und die Ablehnung durch die Regierungsparteien lasse sie staunen. FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl übte Kritik am Bundeskanzler, der entgegen aller Expertenmeinungen die Schulen geschlossen habe. Sie wären nicht verschlossen gewesen, aber es fand kein Unterricht statt, ergänzte er.

Die Vorschläge der Opposition fanden allesamt keine Mehrheit. Vonseiten der SPÖ lagen etwa Forderungen nach einem frühzeitigen Ablaufplan für die Matura 2021, einem umfassenden Corona-Maßnahmenpaket zum Ausgleich von Bildungsnachteilen sowie für die Sicherheit von Schulen und Kindergärten vor.

Keine Mehrheit fanden auch Entschließungsanträge der FPÖ, die auf mehr Budgetmittel für "Schulschließungs- und Lockdown-Verlierer" sowie auf eine Öffnung der Sommerschule für alle SchülerInnen mit einem über die Deutschförderung hinausgehenden breiten Angebot abzielen.

Auch weitere Entschließungsanträge der NEOS wurden nicht angenommen. Ihnen ging es darin um die Bereitstellung von Lüftungsanlagen in den Schulklassen, den weiteren Ausbau der Schulpsychologie und –sozialarbeit, mehr Schulangebote in den Ferien und eine digital-didaktische Fortbildungsoffensive für LehrerInnen.

Nationalrat fordert Kolleg-Offensive in der Elementarpädagogik

Die NEOS drängten mit einem Entschließungsantrag auf eine Aufstockung der Zahl der Elementarpädagogik-Kolleg-Ausbildungsplätze in allen Bundesländern in den nächsten zwei Jahren sowie die Einrichtung neuer Kollegs in einzelnen Bundesländern. Diese Initiative fand keine Mehrheit unter den Abgeordneten, wurde aber bereits im Unterrichtsausschuss von den Regierungsfraktionen aufgegriffen und in einem gemeinsamen Antrag mit den NEOS, der eine Kolleg-Offensive ab 2021 enthielt, eingebracht. Dieser gemeinsame Antrag fand schließlich einhellige Zustimmung im Nationalratsplenum. Seitens der Regierungsfraktionen hoben Romana Deckenbacher (V) und Sibylle Hamann (G) die Bedeutung der Elemantarpädagogik hervor. Daher müsse das Kollegangebot ausgeweitet werden und damit das Berufsfeld für Quereinsteiger geöffnet werden. Martina Künsberg Sarre (NEOS) sah in ihrem ursprünglichen Antrag eine breiter umfasste Forderung zum Ausbau der Elementarpädagogik-Ausbildung. Sie wünscht sich mehr Engagement in diesem Bereich und das Berufsfeld würde eine Aufwertung verdienen. Zudem würde das Bildungsministerium zu wenig Daten, wie etwa zum Betreuungsschlüssel oder über Fortbildungen von PädagogInnen, erheben. Dadurch sei es schwierig, konkrete Ziele, Qualitätskriterien und –standards zu entwickeln.

In eine ähnliche Richtung stieß eine Entschließung der FPÖ. In der schließlich abgelehnten Forderung setzten sich die Freiheitlichen für die Errichtung eines dreijährigen Kollegs für Elementarpädagogik in Mureck ein.

Oppositionsforderungen nach frühzeitigem Ablaufplan für Matura 2021 und Neuausrichtung der politischen Bildung ohne Mehrheit

Nach dem kurzfristigen Ablaufplan bei der Matura 2020 in Folge der Corona-Krise, setzt sich die SPÖ in einem Entschließungsantrag für die Erstellung eines frühzeitigen Ablaufplans für die Matura 2021 ein. Eine Forderung der FPÖ zielte auf die Aufnahme "geistiger Landesverteidigung" in die Lehrpläne an Schulen ab. Dadurch soll das Erkennen von Gefahren ermöglicht und Verantwortungsbewusstsein gefördert werden. Beide Initiativen der Opposition fanden keine Mehrheit. (Fortsetzung Nationalrat) gun/see

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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