Parlamentskorrespondenz Nr. 1439 vom 16.12.2020

EU-Ausschuss des Bundesrats beleuchtet unterschiedliche Standpunkte zur europäischen Asylstrategie

Diskussion über die Migrationsmanagement-Verordnung der Kommission

Wien (PK) – Wie bereits bei seiner letzten Sitzung (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1351/2020) befasste sich der EU-Ausschuss des Bundesrats heute erneut mit dem neuen Migrations- und Asylpaket der Europäischen Kommission, diesmal konkret mit dem Vorschlag einer Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung. Diese soll die Dublin-Regelung ersetzen und einen Neustart zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems darstellen.

Mit der Schaffung eines gemeinsamen Regelwerks zur Migrationssteuerung wird das Ziel verfolgt, die Zuständigkeitsregeln für das Ersteinreisekriterium – also die Vorschriften zur Bestimmung des Landes, das für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist - zu straffen. Zudem schlägt die Kommission einen umfassenderen Solidaritätsmechanismus zur situationsgerechten und bedürfnisorientierten Unterstützung vor. Besonders belastete Mitgliedstaaten sollen durch Verteilung oder die Übernahme von Rückkehrpatenschaften sowie durch andere Solidaritätsbeiträge unterstützt werden, was beides seitens Österreichs in der vorgeschlagenen Form abgelehnt wird. Das Innenressort setze sich für die Möglichkeit alternativer Solidaritätsleistungen ein, etwa Kapazitätsaufbau, Grenzschutz oder Perspektiven vor Ort, wie auch für eine Überarbeitung des Solidaritätsplans in Folge von "Search-and-Rescue-Operationen", erläuterte ein Ressortvertreter. Auch Vorbelastungen sollten berücksichtigt werden, wobei Österreich bereits einen hohen Beitrag geleistet habe. Kritisch wahrgenommen wird ihm zufolge außerdem, dass der Europäischen Kommission die Lagebewertung zukommen soll. Gemäß Vorschlag bestimme sie und nicht der Rat der Europäischen Union, wann eine Druck- oder Krisensituation vorliegt.

Für Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ/W) ist klar, dass das Dublin-System abgelöst werden müsse, da dies bislang Probleme der innereuropäischen Solidarität mit sich brachte. Fragen der Verteilung und Umsiedlung ("Relocation") seien mit den europäischen Grundrechten zu harmonisieren. Er hofft, dass die Bundesregierung dazu beiträgt, anhand des in seinen Augen interessanten Vorschlags mit raschem Tempo zu einer europäischen Einigung zu gelangen. Hingegen ist Bundesrat Johannes Hübner (FPÖ/W) der Ansicht, dass der Kommissionsvorschlag in die völlig falsche Richtung geht. Hinter dem Schlagwort "Solidarität" würde sich die Auslagerung der nationalstaatlichen Rechte verstecken, meinte er. Den Mitgliedsländern werde laut Hübner dadurch die Möglichkeit entzogen, zu entscheiden, wer wo einwandern dürfe.

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP/N) war daraufhin um eine Differenzierung bemüht. Für Asylberechtigte gelte es, Platz zu schaffen, für MigrantInnen ohne anerkannten Asylstatus hingegen brauche es andere Lösungen, weshalb die vorgeschlagenen Rückkehrpartnerschaften kritisch wahrgenommen werden, erklärte er den Standpunkt seiner Fraktion. Die österreichische Position unterstrich auch Bundesrätin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Insbesondere bei der Hilfe vor Ort wurde eindrücklich unter Beweis gestellt, dass sich Österreich intensiv mit der Migrationspolitik beschäftige, sagte sie. Bei der Erstellung des EU-Regelwerks wäre es aus ihrer Sicht wichtig, die Bundesländer aktiv miteinzubeziehen. Angesichts bereits vorliegender Länderstellungnahmen sprach sie sich dafür aus, diese in eine gemeinsame Stellungnahme des EU-Ausschusses des Bundesrats einzuarbeiten.

Unabhängig des politischen Zugangs sei es wichtig, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und ein europäisches Asylsystem zu schaffen, dass in der Praxis funktioniert, meinte der Ressortexperte abschließend. Aufgrund der kontroversen Diskussion über den Verteilungsmechanismus sei allerdings nicht mit einem raschen Abschluss der Verhandlungen zu rechnen. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) fan


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