Parlamentskorrespondenz Nr. 109 vom 02.02.2021

Corona-Pandemie: Hauptausschuss wird am Donnerstag über Lockdown-Lockerungen beraten

Geltende Ausgangsbeschränkungen und Betretungsverbote vorerst bis 7. Februar verlängert

Wien (PK) – Die Regierung hat es bereits seit längerem in Aussicht gestellt, nun ist es fix. Der harte Lockdown in Österreich wird bis 7. Februar verlängert. Der Hauptausschuss des Nationalrats hat heute eine entsprechende Verordnung von Gesundheitsminister Rudolf Anschober genehmigt. Demnach werden die derzeit mit 3. Februar befristeten Ausgangsbeschränkungen und Betretungsverbote für weitere vier Tage gelten. Neben den Koalitionsparteien stimmten erneut auch SPÖ und NEOS dem Vorschlag des Gesundheitsministers zu.

Über die weitere Vorgangsweise nach dem 7. Februar wird der Hauptausschuss Donnerstagabend beraten. Die Regierung hat einige Lockerungsschritte angekündigt, etwa was die Öffnung des Handels betrifft. Ein konkreter Verordnungsvorschlag wurde dem Parlament aber noch nicht übermittelt.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober sprach im Ausschuss von einer "zwiespältigen" Situation. Bei den Infektionszahlen sei man mit täglich rund 1.200 bis 1.500 neuen Fällen schon seit einiger Zeit bei einer "Seitwärtsbewegung" angekommen, gleichzeitig sei die Arbeitssituation in den Intensivstationen aber weiter angespannt, wie ein Rundruf gezeigt habe. Schließlich müssten nicht nur rund 300 COVID-19-PatientInnen betreut, sondern auch tausende verschobene Operationen nachgeholt werden.

Zudem bestehe nach wie vor ein großes Risiko aufgrund der beiden erstmals in Großbritannien bzw. Südafrika aufgetretenen Virusmutanten, gab Anschober zu bedenken. Die Südafrika-Variante sei  zwar in Österreich erst in einigen wenigen Positiv-Proben gefunden worden, man müsse aber aufpassen, dass es zu keinem größeren Ausbruch kommt. Schließlich bestehe bei dieser Variante der Verdacht, dass manche Impfungen nicht greifen könnten.

Dass Österreich sich bereit erklärt hat, einzelne COVID-19-PatientInnen aus Portugal aufzunehmen, wollte Anschober, anders als die FPÖ, nicht als Beleg dafür werten, dass es genügend intensivmedizinische Reserven gebe und ein verlängerter Lockdown aufgrund der Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes daher unzulässig sei. Angesichts der Lage in Portugal mit täglich 300 Toten sei es "eine Selbstverständlichkeit", aus Solidarität drei, vier Betten bereitzustellen, auch wenn man selbst keine großen Freistände habe, sagte er. Seines Wissens sei bislang aber noch kein Patient aus Portugal übernommen worden.

FPÖ drängt weiterhin auf Aufhebung des Lockdowns

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) ortet hingegen einen großen Widerspruch zwischen der Verlängerung des Lockdowns und der Bereitschaft, schwer erkrankte COVID-19-PatientInnen aus Portugal aufzunehmen. Es sei grundsätzlich positiv, wenn Österreich in der Lage sei, Intensivbetten für PatientInnen aus dem Ausland zur Verfügung zu stellen, meinte sie, wenn dies aber der Fall ist, müsste gleichzeitig der Lockdown umgehend aufgehoben werden. Schließlich sei ein solcher gemäß COVID-19-Maßnahmengesetz nur zulässig, wenn Probleme bei der Gesundheitsversorgung drohten.

Darüber hinaus verwies Belakowitsch auf die Überlastung der Kinder- und Jugendpsychologie durch den andauernden Lockdown und hinterfragte die angekündigte Testpflicht für SchülerInnen sowie den geplanten Schichtbetrieb in Schulen. Zu ihrer Teilnahme an den Corona-Protesten am Wochenende merkte sie an, sie und ihre ParteikollegInnen hätten eine Maske getragen – die Einhaltung eines Zwei-Meter-Abstands sei aber nicht möglich, wenn man von der Polizei eigekesselt sei.

SPÖ und NEOS pochen auf funktionierende Teststrategie

SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher hält es vor dem Hintergrund der bevorstehenden Lockerungen für essentiell, dass genügend Testmöglichkeiten für die Bevölkerung zur Verfügung stehen und die Testungen funktionieren. Er forderte in diesem Zusammenhang eine Garantie von Gesundheitsminister Anschober ein. Die Regierung und der Gesundheitsminister müssten "ihre Hausaufgaben machen", mahnte er. Vor allem an Bundeskanzler Sebastian Kurz ließ Kucher in diesem Zusammenhang kein gutes Haar: Dieser wolle schon im Vorfeld der Lockerungen der Bevölkerung die Schuld dafür in die Schuhe schieben, sollten die Infektionszahlen wieder steigen, wie er sich auch grundsätzlich wahlweise am Gesundheitsminister, der EU, den Ländern, den Gemeinden oder der Bevölkerung abputze, wenn etwas schief laufe.

"Ohne gezieltes und richtiges Testen wird es nicht gehen", ist auch NEOS-Abgeordneter Helmut Brandstätter überzeugt. Zudem forderte er eine bessere Impfstrategie. Bisher hätten lediglich 0,2% der österreichischen Bevölkerung zwei Impfungen erhalten.

Die Zustimmung der NEOS zur heutigen Verordnung begründete Brandstätter damit, dass man der Verlängerung des Lockdowns bereits vor zehn Tagen zugestimmt habe und sich außerdem eine Öffnung der Schulen abzeichne. Sein Fraktionskollege Douglas Hoyos-Trauttmansdorff sieht die geltenden Ausgangsbeschränkungen dennoch weiter kritisch. Angesichts des Umstands, dass das Gesundheitssystem momentan nicht überlastet sei, müsse sich Gesundheitsminister Anschober ab 8. Februar dazu eine Alternative einfallen lassen, mahnte er. Es sei sicher notwendig, Kontakte zu reduzieren, sagte Hoyos-Trauttmansdorff, das müsse aber auch ohne Ausgangsbeschränkungen machbar sein. Zudem warf er der Regierung vor, durch ständige Pressekonferenzen die Bevölkerung zu verwirren und damit das Vertrauen in die Politik generell zu reduzieren.

Für Schulen stehen fünf Millionen Selbsttests bereit

Gesundheitsminister Rudolf Anschober hielt dazu fest, dass das Tragen von FFP2-Masken und regelmäßige Testungen wesentliche Faktoren bei der Pandemiebekämpfung seien. Hier brauche es auch eine Vorbildwirkung von Seiten der PolitikerInnen. Was die Verfügbarkeit von Tests betrifft, hob Anschober hervor, dass 5 Millionen Selbsttests im schulischen Bereich eingesetzt werden sollen. Mittlerweile habe man auch die Rechtsfrage geklärt, es gebe eine Positivliste von 40 unterschiedlichen Produkten. Über die Bundesbeschaffungsagentur können ihm zufolge über 40 Millionen Antigen-Tests – inklusive Schnelltests – abgerufen werden. Auch in Betrieben würde das Testnetz massiv ausgebaut.

Adaptierter Impfplan soll morgen durch den Ministerrat

Was die Impfstrategie betrifft, informierte Anschober die Abgeordneten darüber, dass der adaptierte Impfplan morgen im Ministerrat beschlossen werden soll. Demnach werden im 1. Quartal dieses Jahres rund 2 Millionen Dosen Impfstoff verimpft werden können, was der Impfung von 1 Million Menschen entspricht.

Konkret ist laut Anschober vorgesehen, bis Ende März nicht nur alle über 80-Jährigen entweder mit dem Biontec/Pfizer- oder dem Moderna-Impfstoff zu impfen, sondern auch bereits mit der Gruppe der 65- bis 80-Jährigen zu beginnen. Auch HochrisikopatientInnen und das Gesundheitspersonal der Kategorie 1 sollen einen dieser beiden Impfstoffe bekommen. Parallel dazu würde Gesundheitspersonal der Gruppen 2, 3 und 4 mit dem AstraZeneca-Impfstoff geimpft. Gegen Ende des ersten Quartals soll dann mit der Impfung von Personal in weiteren Bereichen wie Strafvollzug, bei der Polizei, im Bundesheer und in Kindergärten begonnen werden. Was eine etwaige Impfung von über 65-Jährigen mit dem Impfstoff von AstraZeneca betrifft, rechnet Anschober damit, dass bis Ende Februar dieses Jahres ausreichende Studienergebnisse für diese Bevölkerungsgruppe vorliegen werden.

Testmöglichkeiten: ÖVP sieht Bundesländer gerüstet

Sowohl Ralph Schallmeiner (Grüne) als auch Gabriela Schwarz (ÖVP) hoben hervor, dass Maskentragen und Abstandhalten wesentliche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie seien. Was die Bereitstellung ausreichender Testmöglichkeiten betrifft, sieht Schallmeiner in erster Linie die Bundesländer gefordert. Diese seien gut gerüstet, hielt Schwarz dazu fest. Derzeit komme man mit den angebotenen Testkapazitäten gut aus, ist sie überzeugt, bei Bedarf könnten diese – etwa wenn in größeren Bereichen ein Reintesten möglich sein wird – aber auch noch ausgebaut werden. Zudem sei geplant, mobile Teams in Unternehmen zu schicken.

Wenig hält Schwarz von Schuldzuweisungen. Niemand habe sich dieses Virus gewünscht, bekräftigte sie.

Ausgangsbeschränkungen rund um die Uhr

Mit der Verlängerung des harten Lockdowns bis 7. Februar gelten weiterhin rund um die Uhr Ausgangsbeschränkungen. Der private Wohnbereich darf nur zu bestimmten Zwecken wie berufliche Tätigkeit, nötige Einkäufe und Erholung verlassen werden. Außerdem bleiben Lokale und Geschäfte – mit Ausnahme des Lebensmittelhandels und anderer Geschäfte mit Gütern des täglichen Bedarfs – geschlossen. Auch körpernahe Dienstleistungen, Veranstaltungen sowie Übernachtungen in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben zu touristischen Zwecken sind weiterhin untersagt. Nach wie vor erlaubt bleibt die Abholung vorbestellter Waren vor Geschäftslokalen, auch bei Bibliotheken ist seit 25. Jänner ein "Click&Collect" möglich.

Zwei-Meter-Abstand und FFP2-Maskenpflicht

Verlängert wird mit der 4. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung auch die Pflicht, in vielen Bereichen eine FFP2-Maske bzw. eine zumindest gleichwertige Maske zu tragen. Das gilt nicht nur für öffentliche Verkehrsmittel und den Handel, sondern etwa auch für geöffnete Dienstleistungsbetriebe wie Kfz-Werkstätten, Behördengänge, Märkte und Fahrgemeinschaften. Auch wer Speisen aus Lokalen oder Kantinen abholt, muss eine FFP2-Maske tragen. In Hotels sind allgemeine zugängliche Bereiche wie Lobby oder Rezeption von der Regelung betroffen, wobei Beherbergungsbetriebe ohnehin nur in Ausnahmefällen wie zu dringenden beruflichen Zwecken betreten werden dürfen. Unter 14-Jährige und Schwangere dürfen statt einer FFP2-Maske auch einen normalen Mund-Nasen-Schutz tragen, Kinder unter 6 Jahren sind von der Maskenpflicht generell ausgenommen.

Weiterhin gilt auch ein Mindestabstand von zwei Metern zu haushaltsfremden Personen im öffentlichen Raum und an bestimmten anderen Orten, davon ausgenommen sind nur einzelne engste Angehörige und einzelne wichtige Bezugspersonen. Allerdings ist laut Verordnung generell eine kurzzeitige Unterschreitung des Mindestabstands erlaubt, wenn dies aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ausnahmsweise nicht möglich ist. Bestimmte Berufsgruppen wie Beschäftigte im Handel, LehrerInnen und SpitzensportlerInnen müssen sich regelmäßig testen lassen bzw. alternativ eine FFP2-Maske tragen. (Schluss) gs