Parlamentskorrespondenz Nr. 137 vom 11.02.2021

Freistellung schwangerer Beschäftigter in Berufen mit Körperkontakt wird bis Ende Juni verlängert

Emotionale Debatte über aktuelle Situation an den Schulen und "Zwangstestungen" der Kinder

Wien (PK) – Seit Anfang dieses Jahres sind werdende Mütter in Berufen mit Körperkontakt ab der 14. Schwangerschaftswoche bei vollem Lohnausgleich freizustellen. Voraussetzung dafür ist, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes nicht möglich ist. Das betrifft etwa Friseurinnen, Physiotherapeutinnen oder Kindergartenpädagoginnen. Der Arbeitgeber erhält im Gegenzug die Lohnkosten, inklusive Lohnnebenkosten von der Krankenversicherung ersetzt. Derzeit ist diese Regelung mit 31. März befristet, nun soll sie bis Ende Juni verlängert werden. Eine von ÖVP und Grüne beantragte Novelle zum Mutterschutzgesetz (1240/A) hat heute mit breiter Mehrheit den Sozialausschuss passiert und kann damit noch im Februar vom Nationalrat beschlossen werden. Nur die NEOS konnten dem Anliegen nichts abgewinnen, da es ihrer Ansicht nach eine Wahlfreiheit für die Betroffenen geben müsste.

Eingeführt worden war die Arbeitsfreistellung für schwangere Beschäftigte mit dem Hinweis auf neue medizinische Erkenntnisse. Demnach müssen Schwangere, die an COVID-19 erkrankt sind, häufiger auf der Intensivstation aufgenommen werden, vor allem bei fortgeschrittener Gravidität. Durch die Freistellung wollen ÖVP und Grüne das Risiko einer Ansteckung minimieren. Begrüßt wurde die Verlängerung der Arbeitsfreistellung bis Ende Juni auch von der SPÖ. Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek bedauerte allerdings, dass es zu keiner Ausweitung der Regelung kommt. Ihrer Meinung nach greift das Abstellen auf direkten Körperkontakt zu kurz, schließlich gebe es überall dort, wo sich viele Menschen aufhalten, ein erhöhtes Ansteckungsrisiko.

Die SPÖ plädierte in diesem Sinn für eine Adaptierung des entsprechenden Gesetzespassus, damit unter anderem auch im Handel beschäftigte Frauen oder bestimmte Arbeiterinnen in der Industrie mitumfasst sind, hatte mit einem entsprechenden Antrag (1165/A) jedoch keinen Erfolg. Dieser wurde nur noch von den Freiheitlichen mitunterstützt und blieb somit in der Minderheit. Nicht durchsetzen konnte sich die SPÖ auch mit der Forderung nach einer Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit. Auch andere Initiativen der Opposition wurden vertagt bzw. abgelehnt.

SPÖ urgiert Nachbesserungen bei Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit

Nicht zufrieden zeigte sich die SPÖ mit dem im November beschlossenen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit von bis zu vier Wochen. ArbeitnehmerInnen können dieses Instrument etwa dann in Anspruch nehmen, wenn Schulen oder Kindergärten geschlossen haben und keine alternativen Betreuungsstrukturen für minderjährige Kinder zur Verfügung stehen. Die Bestimmungen sind nach Meinung der SPÖ allerdings zu restriktiv, gemäß einem von Gabriele Heinisch-Hosek eingebrachten Antrag (1164/A) sollte der Rechtsanspruch auch dann greifen, wenn Schulen keinen Regelunterricht, sondern lediglich Betreuung anbieten. Nur weil die Türen offen seien, heiße dies in der Praxis noch lange nicht, dass ein entsprechender Unterricht stattfinde, gab auch ihre Fraktionskollegin Verena Nussbaum zu bedenken (SPÖ).

Abgeordnete Bedrana Ribo (Grüne) wies abermals darauf hin, dass die Schulen grundsätzlich offen seien und Betreuung anbieten würden. Auch ArbeitgeberInnen würden zudem Sicherheit brauchen, ob ihre Beschäftigten zur Arbeit kommen oder nicht, führte Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) ins Treffen.

Eine gänzlich andere Sicht vertrat Dagmar Belakowitsch (FPÖ), die – ebenso wie Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ)- von einem Chaos an den Schulen sprach, da in den meisten Fällen eben kein Unterricht stattfinden würde. Besonders kritisch beurteilte Belakowitsch die in den Schulen vorgesehenen Zwangstests, die etwa für Kinder mit Vorerkrankungen oder mit Behinderungen traumatische Folgen haben könnten. Es sei auch überhaupt nicht einzusehen, warum statt den "Nasenbohrtests", deren Ergebnisse ohnehin fragwürdig seien, Tests aus Apotheken in den Schulen nicht anerkannt werden. Auch NEOS-Mandatar Gerald Loacker schloss sich in dieser Frage der FPÖ-Mandatarin an, "denn was mit den Kindern in den Schulen aufgeführt wird, ist eine Gemeinheit". Wenn zum Beispiel dann wirklich ein Kind einen positiven Test habe, würden die anderen wohl mit dem Finger auf ihn zeigen. Der Antrag wurde mit V-G-Mehrheit vertagt.

NEOS und FPÖ sorgen sich um Unternehmen und Arbeitsplätze

Gemeinsam verhandelte der Sozialausschuss über je einen Entschließungsantrag der NEOS (1229/A(E) ) und der FPÖ (973/A(E) ), die auf das Vermeiden einer coronabedingten Konkurswelle bzw. auf die Verhinderung von Massenkündigungen abzielen. So drängen die NEOS etwa auf liquiditätsfördernde Maßnahmen, um an sich gesunde Unternehmen besser abzusichern. Die FPÖ kritisiert, dass die Maßnahmen der Regierung zum Erhalt von Arbeitsplätzen zu wenig effektiv seien.

Von einer "gezielten Konkursproduktion und Arbeitsplatzvernichtung" sprach Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS), wenn etwa gestundete Beiträge von der Gewerblichen Sozialversicherung von Unternehmen zu einem Zeitpunkt zurückgefordert werden, wo sie gar nicht arbeiten können. Außerdem würden sowohl die Sozialversicherung als auch die Wirtschaftskammer auf Milliarden von Rücklagen sitzen. Das Geld müsse aber vielmehr bei den Menschen ankommen als im System, forderte er.

Rücklagen seien für Notzeiten da, argumentierte Abgeordnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ), und jetzt gebe es eine. Wer stattdessen die gestundeten Beiträge einfordere, riskiere eine Insolvenz- und Konkurswelle, warnte sie. 

Der Versuch, auf Rücklagen zurückzugreifen, sei das "übliche Spielchen", hielt Abgeordneter Markus Koza (Grüne) den NEOS entgegen. Er verteidigte erneut das Instrument der Kurzarbeit, das einen ganz wichtigen Beitrag leiste, um Massenarbeitslosigkeit zu verhindern.

Während die Initiative der NEOS keine Mehrheit fand, wurde der Entschließungsantrag der Freiheitlichen vertagt.

FPÖ richtet Forderungskatalog an neuen Arbeitsminister Kocher

Ein weiterer Entschließungsantrag (1246/A(E)) wurde von der FPÖ dazu genützt, um die Bestellung des neuen Arbeitsministers Martin Kocher zu hinterfragen. Dieser sei "ein beinharter Wirtschaftsliberaler ohne Empathie für den österreichischen Sozialstaat und dessen Errungenschaften", sind die freiheitlichen Abgeordneten überzeugt. Der ihrer Meinung nach drohenden "sozialen Eiszeit" wollen sie mit einem COVID-19-Maßnahmenpaket begegnen, wobei neben der Wiedereinführung der abschlagsfreie Frühpension bei 45 Arbeitsjahren etwa auch eine befristete Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe sowie die Ausstellung von Österreich-Gutscheinen im Wert von 2.000 € für jeden Staatsbürger bzw. jede Staatsbürgerin gefordert wird. Nach Auffassung von Dagmar Belakowitsch (FPÖ) brauche es ein Rund-um-Programm für die Wirtschaft und spezielle Konzepte für die besonders betroffenen Gruppen von ArbeitnehmerInnen wie z.B. Personen über 50 Jahre, Jugendliche, Frauen oder Menschen mit Behinderung.

Es sei schon erstaunlich, dass eine Partei, die während ihrer Regierungsbeteiligung ohne Einbeziehung der ArbeitnehmerInnen den 12-Stunden-Arbeitstag miteingeführt habe, nun vor neoliberalen Tendenzen warne, zeigte Abgeordneter Markus Koza (Grüne) auf. Außerdem sei nicht die Regierung daran schuld, dass so viele Menschen ihre Jobs verloren haben, sondern das Corona-Virus, konstatierte Abgeordneter Klaus Fürlinger (ÖVP). Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt. (Fortsetzung Sozialausschuss) sue