Parlamentskorrespondenz Nr. 173 vom 22.02.2021

Digitale Sammelurkunde soll Entbürokratisierung im Finanzdienstleistungssektor vorantreiben

Mehrere Oppositionsinitiativen im Finanzausschuss vertagt

Wien (PK) – Der Finanzausschuss hat sich heute für die Einführung einer "digitalen Sammelurkunde" für Schuldverschreibungen und Investmentzertifikate zur Entbürokratisierung des Finanzdienstleistungssektors ausgesprochen. Eine entsprechende Regierungsvorlage zur Änderung des Depotgesetzes wurde mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, Grünen und der NEOS mehrheitlich angenommen. Es sei an der Zeit, diese Digitalisierungs- und Entbürokratisierungsschritte umzusetzen, betonten die VertreterInnen der zustimmenden Fraktionen. Die SPÖ äußerte Bedenken, dass die geplanten Schritte zulasten der KosumentInnen und AnlegerInnen gehen würden.

Mehrere Oppositionsanträge wurden von der Ausschussmehrheit vertagt. Die SPÖ spricht sich für eine Unbefristung des Spitzensteuersatzes von 55% für Einkommensteile über einer Million Euro sowie für eine einheitliche Entscheidungspraxis der Finanzämter bei EU-Taggeldern aus. Zudem fordern die SozialdemokratInnen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs vor einer Anpassung der Mineralölsteuer. Die NEOS setzen sich für eine unabhängige Untersuchungskommission in der Causa Commerzialbank Mattersburg sowie für eine Spendenbegünstigung und Befreiung von der Kapitalertragsteuer für alle bildungsfördernden Maßnahmen ein.

"Digitale Sammelurkunde" für Schuldverschreibungen und Investmentzertifikate soll physisch erstellte Dokumente ersetzen

Mit einer Änderung des Depotgesetzes (596 d.B.) möchte die Regierung eine "digitale Sammelurkunde" für Schuldverschreibungen und Investmentzertifikate einführen. Eine entsprechende Regierungsvorlage wurde im Finanzausschuss mehrheitlich angenommen. Gegenwärtig werden Sammelurkunden, die eine größere Anzahl von Wertpapieren vertreten, im Rahmen von Wertpapieremissionen in traditioneller Weise physisch erstellt und beim Zentralverwahrer zur Verwaltung und Verwahrung eingeliefert. Eine Digitalisierung soll die Entbürokratisierung im Finanzdienstleistungssektor vorantreiben und den Finanzstandort Österreich für internationale Marktteilnehmer stärken. Zudem soll dadurch der Prozess von Wertpapieremissionen vereinfacht werden, da die Erstellung der physischen Sammelurkunde, das logistische Verfahren der Verbringung an die Stelle des Zentralverwahrers sowie die dortige Lagerung von physischen Sammelurkunden eingespart werden kann.

Reinhold Einwallner sprach sich seitens der SPÖ grundsätzlich für Entbürokratisierungsschritte aus. Er habe jedoch Bedenken, dass die geplanten Schritte zulasten der KosumentInnen und AnlegerInnen ausfielen, da keine Dokumente mehr in Papierform vorhanden sein würden. Dieser Umstand könnte sich etwa bei einem möglichen Hackerangriff als Problem darstellen.

Anders sah dies ÖVP-Abgeordneter Peter Haubner. Im Zuge des Begutachtungsverfahrens habe es zu den geplanten Digitalisierungsschritten weitreichende Zustimmung von vielen Seiten gegeben. Zudem habe man die Neuregelung nur auf Investmentzertifikate und Schuldverschreibungen begrenzt.

Auch Karin Doppelbauer (NEOS) begrüßte die Änderung des Depotgesetzes. Dieser Schritt sei gut und "der Zeit geschuldet". Die Vorstellungen der NEOS wären jedoch noch umfassender gewesen, die Digitalisierung der Sammelurkunden sei aber ein erster wichtiger Schritt.

Wenn es von verschiedenen Seiten Kritik an zu viel oder zu wenig Digitalisierung gebe, liege man genau richtig, betonte Finanzminister Gernot Blümel. Auch Blümel verwies auf die positiven Stellungnahmen im Rahmen des Begutachtungsverfahrens. Derzeit seien etwa 8.000 Sammelurkunden von der Digitalisierung betroffen, informierte ein Experte des Finanzministeriums im Finanzausschuss. Die KonsumentInnen seien zudem genauso gut geschützt wie bei der aktuellen physischen Variante in Papierform. Außerdem gebe es nun bloß ein Recht und keine Pflicht auf eine digitale Sammelurkunde. Wer es vorziehe, könne diese auch in Papierform erhalten, so der Mitarbeiter des Finanzministeriums.

SPÖ für Unbefristung des Spitzensteuersatzes

Ein bereits einmal vertagter Initiativantrag der SPÖ zur Unbefristung des Spitzensteuersatzes von 55% für Einkommensteile über einer Million Euro wurde heute wiederum seitens der Regierungsparteien mehrheitlich vertagt(229/A).

Es gebe zwar eine Verlängerung des Spitzensteuersatzes bis Ende 2025, Einkommen über einer Million Euro sollten aber dauerhaft und ohne Begrenzung mit 55% versteuert werden, argumentierte Kai Jain Krainer (SPÖ). Prinzipiell stelle sich in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie die Frage, wer die Kosten für die Krise bezahlen solle. Schon jetzt würden über 85% der Steuereinnahmen durch Arbeit und Konsum lukriert werden. Wenn die Ankündigung des Finanzministers stimme, dass die Krisenfinanzierung allein durch Wachstum bezahlt werde, würden die ArbeitnehmerInnen für die Krisenkosten aufkommen, so Krainer weiter.

Karin Doppelbauer (NEOS) sprach sich für das Auslaufen des Spitzensteuersatzes aus. Diese Regelung habe "massive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort". Wenn man die "besten Köpfe" im Land haben wolle, solle man nicht daran denken, Steuern in diesem Bereich zu erhöhen.

Prinzipiell stimme er Krainers Aussagen zu, sagte Jakob Schwarz (Grüne). Im Regierungsprogramm sei jedoch bereits die Entlastung der ArbeitnehmerInnen und der Umbau des Steuersystems vorgesehen. Zudem sei die Unbefristung des Spitzensteuersatzes keine verteilungspolitische Maßnahme, da eine sehr überschaubare Anzahl von Personen davon betroffen wäre, so Schwarz.

SPÖ fordert Ausbau des öffentlichen Verkehrs vor Anpassung der Mineralölsteuer

Ebenfalls durch ÖVP und Grüne mehrheitlich vertagt wurde eine SPÖ-Initiative, die den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, inklusive rascher Umsetzung des 1-2-3-Tickets sowie einer Umgestaltung der Pendlerförderung, fordert. Solange diese Punkte nicht umgesetzt sind, sei von einer Erhöhung der Mineralölsteuer abzusehen, heißt es in dem Entschließungsantrag (289/A(E)). Eine danach allfällige Anpassung dürfe nicht zulasten der Pendlerinnen und Pendler gehen, die auf ihr Auto angewiesen sind.

Es sei von großer Bedeutung, möglichst viele Menschen bei der Ökologisierung des Steuersystems mitzunehmen und auf soziale Aspekte nicht zu vergessen, unterstrich Antragstellerin Julia Herr (SPÖ). "Wer glaubt, dass eine CO2-Bepreisung das Allheilmittel ist, der irrt. Es geht um den Ausbau der Infrastruktur und um die Einführung ordnungspolitischer Maßnahmen", denn ein Lenkungseffekt könne nicht nur durch Verteuerung gelingen, so Herr. Sie kritisierte, dass seitens der Bundesregierung noch immer keine Liste der klimaschädlichen Subventionen in Österreich veröffentlicht worden sei.

Die Bundesregierung tue in Sachen Klimapolitik so viel wie noch keine Regierung zuvor, entgegneten Klaus Lindinger und Andreas Ottenschläger (beide ÖVP). Viele SPÖ-Forderungen seien bereits in Planung oder Umsetzung. So gebe es große Investitionen in den öffentlichen Verkehr, hier sei man sogar Spitzenreiter in der EU, hielt Ottenschläger fest. Zudem sind laut Lindinger die ökosoziale Steuerreform in die Wege geleitet und die Senkung des Eingangssteuersatzes bereits umgesetzt.

Jakob Schwarz (Grüne) zeigte sich enttäuscht über die Forderungen der SPÖ, denn die großen klimaschädlichen Subventionen wie das Dieselprivileg oder das Pendlerpauschale würden im Antrag nicht vorkommen. "Klimapolitik mit Hausverstand" solle positive Effekte auf das Klima haben, dies sei hier nicht der Fall. So würden viele ExpertInnen eine möglichst rasche Einführung einer CO2-Bepreisung fordern, ein Zuwarten sei hier nicht ratsam. Man habe in den letzten Jahren bereits viel Zeit verloren, man könne nun nicht länger mit weiteren Maßnahmen zuwarten, so der Grünen-Abgeordnete.

Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs im ländlichen Raum sei nicht immer möglich oder sinnvoll, betonte Michael Schnedlitz (FPÖ). Er forderte die Ablehnung des SPÖ-Antrages, denn dieser würde auch auf eine Abschaffung des Dieselprivilegs hinauslaufen. Dieses sei aber gerade für die kleinstrukturierte Landwirtschaft sowie für die Transportwirtschaft von zentraler Bedeutung.

Seit einem Jahr gebe es nun keine Neuigkeiten zum Stand der Ökologisierung des Steuersystems, kritisierte NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer. Den SPÖ-Antrag bezeichnete Doppelbauer als "grundsätzlich in Ordnung", denn 85% der Ausgaben für das Pendlerpauschale gehe an Personen in Gemeinden, die öffentlich gut angebunden seien. Zum Dieselprivileg hielt die NEOS-Mandatarin fest, dass es grundsätzlich neue Einkommenswege "für die Fläche" in der Landwirtschaft, anstatt immer höherer Subventionen geben müsse.

SPÖ setzt sich für eine einheitliche Entscheidungspraxis der Finanzämter bei EU-Taggeldern ein

Die SPÖ-Forderung für eine einheitliche Regelung zur Steuerfreiheit von EU-Taggeldern im Rahmen von Frontex und ähnlichen Einsätzen wurde durch die Ausschussmehrheit von ÖVP und Grünen ein weiteres Mal vertagt. In dem Entschließungsantrag (812/A(E)) wird der Finanzminister aufgefordert, eine bundesweit einheitliche Entscheidungspraxis der Finanzämter herbeizuführen, um die "unrechtmäßig einbehaltene Lohnsteuer" an die rund 280 betroffenen ExekutivbeamtInnen zurückzuerstatten.

Die SPÖ-Forderung sei scheinbar ein kleines Thema, dass jedoch für die Betroffenen von hoher Wichtigkeit sei, unterstrich Reinhold Einwallner (SPÖ). Ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes habe gezeigt, dass manche Finanzämter unrechtmäßig Lohnsteuer einbehalten hätten. Es brauche hier eine einheitliche Vorgehensweise.

Es handle sich um eine Frage der Vollziehung und nicht der Rechtslage, hielt Andreas Hanger (ÖVP) fest. Der einheitliche Vollzug sei durch den Spruch des Verwaltungsgerichtshofes sichergestellt. Hanger bat Einwallner um Informationen zu problematischen Einzelfällen, um mehr Klarheit zu erhalten.

NEOS für unabhängige Untersuchungskommission in der Causa Commerzialbank Mattersburg

Die NEOS sprechen sich für die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission zur transparenten Aufklärung der Vorkommnisse rund um die Commerzialbank Mattersburg aus. In dem jedoch durch die Regierungsfraktionen mehrheitlich vertagten Entschließungsantrag (820/A(E)) fordern sie den Finanzminister auf, diese nach dem Vorbild der Untersuchungskommission rund um die Kärntner Hypo Alpe Adria Bank einzusetzen. Im Zentrum der Aufklärung soll laut NEOS-Antrag vor allem die Frage stehen, welches Behördenversagen eine derart lange Insolvenzverschleppung ermöglicht habe.

Karin Doppelbauer (NEOS) kritisierte das "Hin- und Herschieben der heißen Kartoffel" zwischen der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Österreichischen Nationalbank (ÖNB). Die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage habe ergeben, dass es bereits 2015 "Whistle-Blower-Informationen" zu Unregelmäßigkeiten in der Bank gegeben hätte. Seitens der FMA und ÖNB habe es aber darauf keine Reaktionen gegeben. Gerade deshalb sei die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission von großer Bedeutung. Doppelbauer interessierte sich außerdem für die Ergebnisse einer eingesetzten Arbeitsgruppe im Finanzministerium.

Die Causa Commerzialbank Mattersburg sei ein burgenländischer Skandal, die Verantwortung müsse daher auch im Burgenland geklärt werden, betonte ÖVP-Mandatar Christoph Zarits. Derzeit tage ein Untersuchungsausschuss auf Landesebene, er erwarte sich, dass die Ergebnisse zur Aufklärung beitragen werden.

Nach Bekanntwerden der Umstände im August habe er eine Arbeitsgruppe bestehend aus FMA, ÖNB, Mitgliedern des Finanzministeriums sowie ExpertInnen eingesetzt, informierte Finanzminister Gernot Blümel. Ein erster Zwischenbericht kritisiere die Doppelrolle der WirtschaftsprüferInnen. Er selbst kenne den Endbericht noch nicht, nach dessen Vorlage würden eventuell daraus resultierende Maßnahmen vorgestellt, so der Finanzminister.

Spendenbegünstigung und Befreiung von der Kapitalertragsteuer für alle bildungsfördernden Maßnahmen

In einem weiteren durch ÖVP und Grüne vertagten Entschließungsantrag (1004/A(E)) fordern die NEOS eine Spendenbegünstigung und eine Befreiung von der Kapitalertragsteuer für alle bildungsfördernden Maßnahmen. Die Begünstigung von Spenden für alle Bildungsmaßnahmen hätte einen Steuerausfall von 10 bis 15 Mio. € zur Folge. Demgegenüber stünden 35 Mio. €, die von Privaten zusätzlich in Bildung investiert würden. Durch die erhöhten Steuereinnahmen, die gesteigerte Bildung mit sich bringe, sei der kurzfristige Steuerausfall vernachlässigbar, argumentieren die NEOS.

"Jeder Euro, der in Bildung investiert wird, ist ein guter Euro", unterstrich NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer.

Bildung sei die Herausforderung für die Gegenwart und Zukunft, durch Spenden könnten so mehr Mittel freigesetzt werden.

Sie unterstütze die Intention der Spendenabsetzbarkeit für bildungsfördernde Maßnahmen, erklärte Sonja Hammerschmid (SPÖ). Das Recht auf Bildung sei Fakt, jedoch sei es "ein Skandal", dass es der Staat nicht schaffe, genug finanzielle Mittel für die Bildung bereitzustellen.

Der NPO-Unterstützungsfonds habe gezeigt, dass die Gemeinnützigkeit von Vereinen von jedem Finanzamt gesondert entschieden werde, stellte Eva Blimlinger (Grüne) fest. So komme es zu unterschiedlichen und willkürlichen Entscheidungen seitens der Finanzämter. Für Blimlinger ist eine Feststellung der Gemeinnützigkeit per Bescheid wie in Deutschland der bessere Weg, um hier Einheitlichkeit herzustellen. Man sei gerade dabei, eine Vereinheitlichung der Gemeinnützigkeit zu forcieren, sie hoffe auf einen dementsprechenden Gesetzestext im Laufe des Jahres.

Hubert Fuchs (FPÖ) wies die Aussage von Blimlinger zur Willkür der Finanzämter zurück. Es gebe hier klare Vorgaben, an die sich alle Finanzämter zu halte hätten. (Fortsetzung Finanzausschuss) med