Parlamentskorrespondenz Nr. 192 vom 24.02.2021

Gratis-Selbsttests, Impfregister, Impfbestätigungen: Nationalrat beschließt umfassendes Corona-Paket

Änderungen im Epidemiegesetz, COVID-19-Maßnahmengesetz, Gesundheitstelematikgesetz und ASVG

Wien (PK) – Der Nationalrat fasste heute eine Reihe von Beschlüssen im Zusammenhang mit COVID-19. Im Fokus standen die Themen Impfen und Testen. Eine Novelle des Epidemiegesetzes und des COVID-19-Maßnahmengesetzes ermöglicht die Aufnahme von COVID-19-Impfungen in das elektronische Meldesystem für anzeigepflichtige Krankheiten, die Weitergabe von Impfdaten sowie die Ausstellung von Impfnachweisen bzw. Bestätigungen über überstandene Corona-Infektionen. Mit einer Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes werden Gesundheitsdiensteanbieter verpflichtet, alle COVID-19-Impfungen in das elektronische Impfregister einzutragen. Für die Abgabe der kostenlosen Corona-Selbsttests wurde mit der Novellierung des Gesundheitstelematikgesetzes und begleitenden Änderungen im ASVG und weiteren Sozialversicherungsgesetzen die gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Zudem wurde die Berechtigung für Apotheken, COVID-19-Tests durchzuführen, gesetzlich geregelt. Die Zulässigkeit von Corona-Schnelltests zur Eigenanwendung wurde nunmehr im Medizinproduktegesetz verankert, nachdem diese im Jänner aufgrund der Dringlichkeit im Zuge eines Abänderungsantrags zur Bundesabgabenordnung (BAO) zustande gekommen war. Der entsprechende Paragraf in der BAO tritt mit Ende April außer Kraft.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober begrüßte die im Parlament beschlossenen Änderungen. Aufgrund der Virusmutationen steige der Druck auf das Infektionsgeschehen. Es handle sich um eine besorgniserregende Situation, der man mit fünf Maßnahmen begegne: Die Mutationen werden kontrolliert. Österreich sei das erste Land, das vollständig alle positiven PCR-Ergebnisse auf Mutationen prüfe, erläuterte der Gesundheitsminister. Die FFP2-Maske sei eine zentrale Schutzmöglichkeit, ebenso werde das Contact-Tracing ausgebaut und sei mittlerweile vollständig digitalisiert. Diese Maßnahmen werden durch die Test- und Impfstrategie vervollständigt. Anschober führte zudem die zahlreichen Testmöglichkeiten an und erwähnte insbesondere die betrieblichen Screenings. Bei den Tests an Schulen sei Österreich internationales Vorbild. Beim Impfen hob er den elektronischen Impfpass hervor. Zudem kündigte er Lockerungen für Besuche in Alten- und Pflegeheimen an.

Aufnahme von COVID-19-Impfungen in das EMS und weitere Änderungen im Epidemiegesetz

Mit einer mehrheitlich beschlossenen Novelle des Epidemiegesetzes und des COVID-19-Maßnahmengesetzes ist es in Zukunft möglich, COVID-19-Impfungen in das elektronische Meldesystem für anzeigepflichtige Krankheiten (EMS) aufzunehmen. Die ELGA GmbH wird berechtigt, die im zentralen Impfregister gespeicherten Angaben zu COVID-19 pseudonymisiert täglich an den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu übermitteln. Der Ressortchef kann die Daten mit dem EMS verknüpfen, was u.a. für die Ausstellung von Impfnachweisen erforderlich ist. Betroffene Personen sollen diese Impfnachweise bzw. Bestätigungen über eine überstandene Infektion mit dem Corona-Virus entweder elektronisch über das Gesundheitsportal abrufen oder über die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde anfordern können.

Die Novelle bringt außerdem Erleichterungen beim Einsatz von Gesundheitspersonal im Rahmen von Corona-Testungen, insbesondere was deren Befugnisse betrifft. Zudem soll in Reaktion auf die Mutationen des Virus nicht mehr automatisch davon ausgegangen werden, dass von Personen, die Antikörper aufweisen, nur eine geringe epidemiologische Gefahr ausgeht.

Mit einem Abänderungsantrag von ÖVP, Grünen und SPÖ wurde noch klargestellt, dass der zuständige Minister auf das EMS personenbezogen in dem Umfang zugreifen darf, in dem es notwendig ist, um einen Nachweis über eine erfolgte SARS-CoV-2-Infektion an die Genesenen zu übermitteln.

Die zahlreichen Anträge auf der Tagesordnung zum Thema Corona seien ein Zeichen, dass viel gearbeitet wurde, stellte Ralph Schallmeiner (Grüne) fest. Mit der vorliegenden Novelle schaffe man die Möglichkeit, dass Geimpfte und Genesene Zertifikate erhalten, sagte er. Er zeigte sich angesichts des gemeinsam mit der SPÖ eingebrachten Abänderungsantrag über die Kooperation über Parteigrenzen hinweg erfreut. Bedrana Ribo (Grüne) ging auf die Testungen durch Pflegekräfte ein, die mit der Gesetzesänderung ermöglicht werden. Dass in Zukunft diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekräfte und PflegefachassistentInnen selbstständig und ohne ärztliche Anordnung Nasen- und Rachenabstriche durchführen dürfen, sei eine Erweiterung der Kompetenzen und damit eine Aufwertung der Profession, so Ribo.

Peter Wurm (FPÖ) positionierte sich und die freiheitliche Partei abermals gegen einen Impf- und Testzwang und warf dem Gesundheitsminister vor, einen solchen, etwa durch die bei der Ausreise aus Tirol verpflichtenden Tests, einzuführen. Gerhard Kaniak (FPÖ) kritisierte, dass die vorliegenden Änderungen erst kurz vor dem Ausschuss übermittelt wurden und keiner verfassungsdienstlichen Überprüfung unterzogen worden seien. Dass der Gesundheitsminister Impfdaten verwenden wolle, um entsprechende Bestätigungen auszustellen, bezeichnete Kaniak als sinnvoll. Jedoch kritisierte er, dass das nicht über den datenschutzrechtlich sicheren elektronischen Impfpass erfolge, sondern die Daten an das Ministerium übermittelt werden sollen.

In die gleiche Kerbe schlug Felix Eypeltauer (NEOS). Er kritisierte ebenso wie sein NEOS-Kollege Gerald Loacker, dass das gegen das ELGA-Prinzip verstoße. Dort sei nämlich festgelegt, dass jede Bürgerin und jeder Bürger jederzeit einsehen kann, wer auf die Gesundheitsdaten zugreift. Dadurch, dass die Daten von dort "abgesaugt" und ans Gesundheitsministerium übermittelt werden, gehe diese Kontrolle verloren. Eypeltauer bezeichnete die Änderung als "haarsträubend". Fiona Fiedler (NEOS) schloss sich der FPÖ-Kritik über die kurzfristig übermittelten Gesetzesinhalte an. Sie bezeichnete es zwar als positiv, dass die Regierung endlich erkannt habe, dass die Pflege prädestiniert für die Durchführung von Corona-Tests sei. Sie verstehe jedoch nicht, wieso Pflegekräfte und ApothekerInnen nicht schon seit dem Frühling vergangenen Jahres Tests durchführen dürfen, ebenso wie sie nicht verstehe, warum diese Berufsgruppen nicht impfen dürfen, so Fiedler.

Einen Nebenschauplatz der Pandemie thematisierte Dietmar Keck (SPÖ), der mit einem Entschließungsantrag forderte, dass Hundeschulen wieder für Gruppenausbildungen geöffnet werden sollen. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Verpflichtende Eintragung von COVID-19-Impfungen in das elektronische Impfregister

Mit einer ebenfalls mehrheitlich beschlossenen Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes werden Gesundheitsdiensteanbieter  verpflichtet, alle von ihnen seit dem 27. Dezember 2020 verabreichten COVID-19-Impfungen, die nicht im zentralen Impfregister gespeichert wurden, nachzutragen. Außerdem werden bestimmte Begriffe angepasst (eHealth statt e-Health, eImpfpass statt e-Impfpass, eMedikation statt e-Medikation) sowie die systemwidrige Einordnung der eMedikation behoben. Mit der Novelle baue man den elektronischen Impfpass aus, legte Martina Diesner-Wais (ÖVP) dar. Die Technologie helfe den PatientInnen, ÄrztInnen und ApothekerInnen und sorge etwa dafür, dass Impflücken und Durchimpfungsraten festgestellt werden können, sagte sie.

Abgabe von Corona-Selbsttests, Testungen durch Apotheken, Stundungen von Sozialversicherungsbeiträgen

Die rechtlichen Grundlagen für die Bereitstellung kostenloser Corona-Selbsttests – sogenannter Wohnzimmertests – wurden mit einer Novelle des Gesundheitstelematikgesetzes und begleitenden Änderungen im ASVG sowie weiteren Sozialversicherungsgesetzen geschaffen. Die Tests sollen über Apotheken ausgegeben werden, wobei alle Versicherten bis inklusive Jahrgang 2005 eine Packung mit fünf Stück pro Monat erhalten sollen. Die Identifizierung wird per e-card oder Sozialversicherungsnummer erfolgen. Allerdings ist eine Abgabe nur an jene Personen möglich, die der Teilnahme an der eMedikation oder an ELGA generell nicht widersprochen haben.

Im Sozialversicherungsrecht verankert wird außerdem die Berechtigung für Apotheken, COVID-19-Tests durchzuführen, was in der Praxis bereits seit dem 8. Februar möglich ist. Zielgruppe sind jene Personen, die keine Symptome einer Infektion mit SARS-CoV-2 aufweisen, und ein negatives Testergebnis beispielsweise für die Inanspruchnahme einer körpernahen Dienstleistung oder einen Besuch in einem Alten- oder Pflegeheim benötigen.

Ebenfalls Teil der ASVG-Novelle ist die verlängerte Stundung fälliger Sozialversicherungsbeiträge bis Ende Juni 2021. Dadurch verschieben sich auch daran anschließende Zahlungserleichterungen wie Verzugszinsenreduktionen um drei Monate nach hinten. RisikopatientInnen, die bis 1. April noch keine Impfung gegen SARS-CoV-2 erhalten haben, werden von der Sozialversicherung ein Informationsschreiben über ihr erhöhtes Risiko eines schweren Infektionsverlaufs erhalten.

Positive Stimmen zur Testoffensive und Kritik an Details

Werner Saxinger (ÖVP) bezeichnete Österreich bei den Testungen als Vorreiter in Europa. Die Schnelltests seien ein "Wellenbrecher", um Infektionsketten zu unterbrechen. Sie seien reichlich vorhanden und im Regelfall gratis. Gemeinsam mit den Impfungen würden Tests Freiheiten ermöglichen und sollten daher genutzt werden. Den Vorwurf, die Testungen der Kinder seien mit Körperverletzung gleichzusetzen, wies er zurück. Der Logik folgend wäre auch Zähneputzen eine Körperverletzung, schließlich fahre man dabei mit einem Werkzeug in den Mundraum und verwende zudem mit der Zahnpasta noch eine chemische Substanz. Auch seine ÖVP-Kolleginnen Bettina Zopf und Elisabeth Scheucher-Pichler hoben die Testmöglichkeiten als positiv hervor.

Positiv fand auch Verena Nussbaum (SPÖ) die Möglichkeit für Selbsttests, wenngleich sie das Tempo kritisierte. Die SPÖ habe schon vor Monaten kostenlose Wohnzimmertests gefordert. Ihr fehle noch die Zulassung der Selbsttests als Berufsgruppen- und Eintrittstests, wenn diese direkt vor Ort, etwa beim Friseur, durchgeführt werden. Solidarisches Handeln wie in der Corona-Pandemie forderte sie mit einem Entschließungsantrag auch beim Thema Blutspenden ein. Die SPÖ forderte darin den Gesundheitsminister auf, die Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern sowie Transgenderpersonen bei der Blutspende zu beenden. Der Antrag blieb in der Minderheit.

Philip Kucher (SPÖ) begrüßte wie seine Parteikollegin die offensive Teststrategie, wenngleich diese zu spät komme. Die vorliegende Novelle habe jedoch einen Schönheitsfehler: Rund 300.000 Personen, die nicht im ELGA-System erfasst sind, würden damit vergessen werden. Er appellierte an die Koalitionsparteien, diesen Fehler zu beheben. Ralph Schallmeiner (Grüne) kündigte an, dass für diese 300.000 Menschen, etwa ÄrztInnen, RechtsanwältInnen und GrenzgängerInnen bis Mitte März eine Lösung geschaffen werde. "Niemand fällt um etwas um", sagte er.

Gerhard Kaniak (FPÖ) prangerte an, dass der Gesundheitsminister Gratistests medial ankündige, ohne dass dafür in den Apotheken die entsprechenden Strukturen vorhanden seien. Auch Gerald Loacker (NEOS) äußerte Sorge, dass nicht ausreichend Tests in den Apotheken vorhanden seien. Der Appell der Apotheken an die BürgerInnen, dass nicht alle gleich zu Beginn die Tests abholen sollen, werde seiner Meinung nach das Gegenteil bewirken. Der Minister habe hier etwas versprochen, was er nicht halten könne, so Loacker.

Die Abstimmung erfolgte auf Verlangen der FPÖ getrennt. Für die Bestimmungen, die öffentliche Apotheken berechtigen, COVID-19-Tests durchzuführen und Schnelltests zur Eigenanwendung abzugeben, sprachen sich die Abgeordneten einstimmig aus. Die übrigen Änderungen wurden mehrheitlich angenommen.

Selbsttests werden in Medizinproduktegesetz statt in Bundesabgabenordnung geregelt

Außerdem auf der Tagesordnung stand die Verankerung der Corona-Schnelltests zur Eigenanwendung im Medizinproduktegesetz. Bereits im Jänner beschloss der Nationalrat, dass bisher nicht für den Selbstgebrauch zugelassene Corona-Schnelltests unter bestimmten Bedingungen auch zur Eigenanwendung genutzt werden können. Da diese Regelung damals aufgrund der Dringlichkeit im Zuge eines Abänderungsantrags zur Bundesabgabenordnung (BAO) zustande kam, wird der Passus nun in das Medizinproduktegesetz übertragen. Ein damit in Zusammenhang stehender Paragraf in der Bundesabgabenordnung tritt somit Ende April außer Kraft. Beide Änderungen wurden mehrheitlich angenommen. (Fortsetzung Nationalrat) kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.