Parlamentskorrespondenz Nr. 206 vom 26.02.2021

Bundesrat gibt grünes Licht für Abgabe kostenloser Corona-Selbsttests über Apotheken

Nationalratsbeschlüsse passieren Länderkammer ohne Einspruch

Wien (PK) – Der Abgabe kostenloser Corona-Selbsttests über Apotheken ab kommender Woche steht nichts mehr im Weg. Der Bundesrat hat heute in einer Sondersitzung, nur zwei Tage nach dem Nationalratsbeschluss, grünes Licht für dieses Vorhaben der Regierungsparteien gegeben. Neben ÖVP, SPÖ und Grünen stimmten teilweise auch die NEOS für eine entsprechende ASVG-Novelle und begleitende Gesetzesbestimmungen sowie Änderungen im Gesundheitstelematikgesetz. Versicherte bis inklusive Jahrgang 2005 werden demnach künftig pro Monat fünf Gratis-Antigentests erhalten. Voraussetzung für die Abgabe ist allerdings, dass sie sich nicht von der Elektronischen Gesundheitsakte Elga abgemeldet haben, hier wird laut Grünen-Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger aber noch nach einer Lösung gesucht.

Mit den genannten Gesetzesnovellen sind auch die Pflicht zur Eintragung aller COVID-19-Impfungen in das elektronische Impfregister, erweiterte Befugnisse für Angehörige bestimmter Gesundheitsberufe im Zuge von Corona-Testungen und die Verlängerung der Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Österreichische Gesundheitskasse um weitere drei Monate – bis Juni 2021 – auf Schiene. Zudem haben Änderungen im Epidemiegesetz und im COVID-19-Maßnahmengesetz den Bundesrat ohne Einspruch passiert. Sie regeln unter anderem die Ausstellung von Impfnachweisen und Genesungsbescheinigungen nach einer überstandenen COVID-19-Infektion.

Keine Mehrheit erhielten Entschließungsanträge der Opposition, die im Zuge der Debatte eingebracht worden waren. Gesundheitsminister Rudolf Anschober kann sich grundsätzlich aber vorstellen, sogenannte "Wohnzimmertests" künftig als Eintrittstests anzuerkennen, sofern eine ausreichende Zuverlässigkeit gegeben ist. Man sei derzeit dabei, das zu erheben, sagte er zu einer entsprechenden Forderung der SPÖ.

Scharfe Kritik der FPÖ und der SPÖ an der Regierung

Seitens der FPÖ nutzten die Bundesräte Markus Leinfellner, Johannes Hübner und Andreas Arthur Spanring die Debatte dazu, um die massive Kritik ihrer Partei an der Corona-Politik der Regierung zu bekräftigen. Auch in den vorliegenden Gesetzesvorlagen würden "die totalitären Fantasien der schwarz-grünen Bundesregierung" ersichtlich, sagte Leinfellner. Er komme sich vor, als ob er sich in Saudi-Arabien, Nordkorea oder im Tschad befände.

Besonders heftige Attacken ritt Leinfellner gegen die Maskenpflicht und gegen die Eintrittstests. Ihm zufolge gibt es nach wie vor keine Evidenz dafür, dass die Maskenpflicht einen positiven epidemiologischen Effekt gebracht hat. Nun stehe ein Impfzwang vor der Tür, warnte er und forderte die Regierung mittels Entschließungsantrag auf, in Anlehnung an eine Resolution des Europarats eine Diskriminierung ungeimpfter Personen zu unterbinden. Die FPÖ leugne Corona nicht, versicherte Leinfellner, man könne mit dieser Krankheit aber leben wie mit anderen Krankheiten.

Was die vorliegenden Gesetze betrifft, kritisierte Leinfellner vor allem die Zugriffsmöglichkeit des Gesundheitsministeriums auf Impfdaten. Zudem hinterfragte er die unterschiedlichen Befugnisse, die einzelne Berufsgruppen im Gesundheitsbereich haben. Sein Fraktionskollege Spanring warf Gesundheitsminister Anschober vor, Zahlen zu "frisieren", und zeigte sich überzeugt, dass die Gastronomie nur deshalb geschlossen ist, weil sich dort Widerstand gegen die Regierungspolitik formieren könnte.

Schwere Versäumnisse wurden der Regierung auch von der SPÖ vorgeworfen. "Wir sehen eine Regierung, die schlingert", hielt Fraktionsvorsitzende Korinna Schumann fest. Österreich stehe bei der Krisenbewältigung im Vergleich zu anderen europäischen Staaten viel schlechter da, sowohl was die Wirtschaftsdaten als auch was die Arbeitslosigkeit betrifft. Zudem sprach sie von einer "verpatzten Impfstrategie". Auch den Gesetzgebungsprozess hätten ÖVP und Grünen offenbar nicht mehr in Griff, meinte sie in Anspielung auf die wiederholten Sondersitzungen des Bundesrats. Gleichzeitig äußerte sie sich darüber verwundert, dass wesentliche Finanzmaterien mit wichtigen Steuerstundungen heute nicht auf der Tagesordnung stehen.

Dass die SPÖ den vorliegenden Gesetzentwürfen trotz der grundsätzlichen Kritik an der Regierung zustimmt, begründete Schumann damit, dass damit viele Forderungen der SPÖ umgesetzt würden. Sie bedauerte allerdings, dass nur fünf Antigen-Selbsttests pro Monat gratis abgegeben werden, eine unbeschränkte Ausgabe wäre zielführender gewesen. Auch dass Personen, die nicht an Elga teilnehmen, keine Gratistests bekommen, ist der SPÖ ein Dorn im Auge.

In Form eines Entschließungsantrags forderte die SPÖ, auch sogenannte Wohnzimmertests als Eintrittstests anzuerkennen. Die korrekte Zuordnung zur betreffenden Person könnte Schumann zufolge durch eine Durchführung des Tests vor Ort und ein Vier-Augen-Prinzip erfolgen. Zudem drängte die SPÖ in einer weiteren Initiative auf flächendeckende und wohnortnahe Testmöglichkeiten im ländlichen Raum, wobei Elisabeth Grossmann in diesem Zusammenhang hinterfragte, warum Hausapotheken nicht vom Testsystem in Apotheken umfasst seien.

NEOS sehen sowohl positive Punkte als auch "schwere Schnitzer"

Ein differenziertes Abstimmungsverhalten kündigte NEOS-Abgeordneter Karl-Arthur Arlamovsky an. So meinte er, dass die vorgesehenen Änderungen im ASVG und in anderen Sozialversicherungsgesetzen auch positive Komponenten wie die kostenlose Abgabe von Wohnzimmertests enthielten. Auch wenn die Regelungen zum Teil zu kurz greifen, würde er diesen zustimmen, sagte er. Er vermisst allerdings eine Lösung für bestimmte öffentlich Bedienstete und für GrenzgängerInnen, die im benachbarten Ausland arbeiten.

Als "schwer mangelhaft" bezeichnete Arlamovsky hingegen die Novelle zum Gesundheitstelematikgesetz. Seiner Meinung nach hätte die Ausgabe der Wohnzimmertests auch über die e-card statt über Elga abgewickelt werden können. Damit wären auch jene Versicherten umfasst, die sich von Elga abgemeldet haben. Zudem wertete er zwei Bestimmungen im Epidemiegesetz als "schwere Schnitzer": Zum einen wäre es seiner Meinung nach besser gewesen, die Daten von Impfungen und Genesungen in Elga statt im unsicheren Epidemiologischen Meldesystem EMS zusammenzuführen, zum anderen hätten ihm zufolge auch geimpfte Personen in jenen Personenkreis aufgenommen werden müssen, dem eine geringe epidemiologische Gefahr zugeschrieben wird.

Koalition sieht vorliegende Maßnahmen als wichtigen Baustein in der Teststrategie

Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) hielt fest, dass seit Ausbruch der Pandemie fast 447.000 ÖsterreicherInnen an COVID-19 erkrankt und knapp 9.000 verstorben seien. Anders als zu Beginn der Pandemie verfüge man aber mittlerweile über "vernünftige" Impfstoffe und mehr Expertenwissen, unterstrich sie.

Zu den vorliegenden Gesetzentwürfen merkte sie unter anderem an, dass das Wissen um überstandene COVID-19-Erkrankungen und COVID-19-Impfungen auch beim Contact-Tracing wichtig sei. Ein Wermutstropfen ist für sie, dass jene Personen, die die Opt-out-Möglichkeit von Elga in Anspruch genommen haben, vorerst keine Gratis-Selbsttests bekommen. Die Gruppe werde aber nicht vergessen, es werde eine Lösung angestrebt, betonte sie. Außerdem könnten sich die betroffenen Personen weiterhin gratis und unkompliziert in Apotheken testen lassen.

Seitens der ÖVP bedankte sich Johanna Miesenberger (ÖVP/O) bei allen Menschen, die die Corona-Maßnahmen befolgen und damit Solidarität zeigen, auch wenn alle durch die Krise mittlerweile stark belastet seien. Der FPÖ seien hingegen offenbar jene Menschen egal, deren Gesundheit durch die Pandemie gefährdet sei, sagte sie. Zu einer wesentlichen Entlastung der Familien hat ihrer Meinung nach die Öffnung der Schulen beigetragen. Die vorliegenden Maßnahmen sieht Miesenberger als wichtigen Baustein der umfangreichen Teststrategie. Auch Miesenbergers Vorarlberger Parteikollegin Heike Eder stellte sich hinter die Gesetzesvorlagen.

Anschober setzt große Hoffnung auf Impfstoff von Johnson&Johnson

Gesundheitsminister Rudolf Anschober äußerte sich zuversichtlich, dass die vorliegenden Gesetzentwürfe Österreich beim Kampf gegen die Pandemie große Stücke weiterbringen werden. Eine Verharmlosung der Erkrankung wertete er als despektierlich gegenüber den infizierten Personen, zumal viele oft noch Monate später unter den Folgen der Infektion leiden.

In Richtung SPÖ hielt Anschober fest, die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftskrise werde dann gelöst werden können, wenn es gelinge, die Gesundheitskrise zu bewältigen. Große Hoffnung setzt er dabei auf den Impfstoff von Johnson&Johnson, insbesondere da bei diesem nur eine Impfung notwendig ist. Was die Forderung nach einer Anerkennung von Selbsttests als Eintrittstests betrifft, sagte der Minister, man könne diesen Schritt gerne machen, wenn die Tests ausreichend zuverlässig sind, entsprechende Erhebungen seien im Laufen. (Schluss Bundesrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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