Parlamentskorrespondenz Nr. 216 vom 02.03.2021

Bautenausschuss: Nächste Indexanpassung der Richtwert- und Kategoriemieten soll erst 2022 erfolgen

Entlastung von rund einer Million Menschen in Mietverhältnissen in Zeiten der Corona-Krise

Wien (PK) – Coronabedingt soll es erst wieder 2022 zur Anpassung der Richtwert- und Kategoriemieten kommen. Darauf haben sich heute die Mitglieder des Bautenausschusses mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen geeinigt. Nur die Abgeordneten der NEOS sprachen sich gegen die entsprechenden Änderungen im Mietrechts- sowie im Richtwertgesetz aus. Mit dem angenommenen Drei-Parteien-Antrag von ÖVP, Grünen und SPÖ miterledigt wurden zudem drei SPÖ-Vorstöße, die ähnliche Ziele verfolgten.

Durch das Aussetzen der Mietenerhöhungen komme es zur Entlastung von rund einer Million Menschen in Mietverhältnissen in Zeiten der Corona-Krise, zeigten sich die VertreterInnen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen erfreut. Die SozialdemokratInnen sahen mit dem gemeinsamen Antrag zudem ihre Forderungen erfüllt. Für die NEOS ist das Aussetzen der Indexanpassung kein probates Mittel, da es sich nur um "Symbolpolitik" handle.

Zahlreiche Initiativen der Oppositionsparteien wurden von ÖVP und Grünen im Bautenausschuss vertagt.

Parteiübergreifender Antrag von ÖVP, Grünen und SPÖ gegen automatische Mietenerhöhungen

Durch den im Bautenausschuss mehrheitlich angenommenen Drei-Parteien-Antrag (1368/A) von ÖVP, Grünen und SPÖ soll es zur Aussetzung der indexgebundenen Mietenerhöhung bei Richtwert- und Kategoriemieten bis 2022 kommen. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Belastungen der COVID-19-Pandemie für große Teile der Bevölkerung, soll so eine finanzielle Erleichterung für MieterInnen herbeigeführt werden. Zum Ausgleich soll es bei den Richtwertmieten ausnahmsweise zu einer jährlich aufeinanderfolgenden Anpassung in den Jahren 2022 und 2023 kommen. Zudem soll die Wertsicherungsberechnung in ungeminderter Höhe weiterlaufen und von VermieterInnen im Zuge späterer Anpassungen lukriert werden können.

Mit dem angenommenen Drei-Parteien-Antrag miterledigt wurden zudem drei SPÖ-Vorstöße, die ähnliche Ziele verfolgten. Die SozialdemokratInnen forderten ebenso die Aussetzung der Anpassung der Richtwertmieten (1262/A(E), 1286/A) und der Kategoriemieten sowie die Installierung eines Hilfsfonds für Mietausfälle in der Höhe von 100 Mio. € (1285/A(E)).

Die VertreterInnen der vier zustimmenden Fraktionen begrüßten die breite Zustimmung zum Aussetzen der Mietenerhöhungen. Es gehe darum, den Auswirkungen der Corona-Krise Rechnung zu tragen, auch die VermieterInnen würden so ihren Beitrag leisten, hielt Johann Singer (ÖVP) fest. Grünen-Mandatarin Nina Tomaselli verwies darauf, dass die Maßnahmen rund eine Million Menschen betreffen würden, die nun "am Ende des Monats mehr Geld übrig haben". Auch Maximilian Lercher signalisierte seitens der SPÖ Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesantrag. Er freue sich, dass die Regierungsparteien nun auch diese sozialdemokratische Forderung aufgenommen hätten. Dies könne aber nur der Beginn von weiteren Entlastungsschritten für die MieterInnen sein. Er finde es grundsätzlich gut, wenn es in der Krise zur Entlastung von MieterInnen komme und damit die Kaufkraft steige, betonte Philipp Schrangl (FPÖ). Es könne aber nicht sein, dass die VermieterInnen nun um die Mieterhöhungen "umfallen" würden. Diese sollen ihren Mietausfall im Steuerausgleich geltend machen können.

Felix Eypeltauer (NEOS) sah dies anders. Wenn es um die Entlastung von MieterInnen gehe, sei ein Aussetzen der Erhöhung der Richtwertmieten kein probates Mittel, da es sich nur um "Symbolpolitik" und um kleine Beträge ohne Entlastungseffekt handle. Der NEOS-Vorschlag für "treffsichere Unterstützungsleistungen für diejenigen, die sie brauchen", sei in diesem Fall der bessere Weg. So würden etwa Jungfamilien in Neubauwohnungen nicht vom Aussetzen der Indexanpassung profitieren.

SPÖ: Provisionen für Wohnungsmakler nur entsprechend dem Erstauftraggeber-Prinzip, Verlängerung befristeter Mietverträge während der Corona-Krise

Mehrheitlich von ÖVP und Grünen im Ausschuss vertagt wurde ein SPÖ-Antrag zur Änderung des Maklergesetzes, der die Einführung eines Erstanbieter-Prinzips oder Bestellerprinzips beinhaltet (51/A). WohnungsmaklerInnen sollen demnach eine Maklerprovision von Wohnungssuchenden nur dann verlangen können, wenn ein Vertrag über Wohnungen oder Wohnräume zustande kommt, die dem Makler/der Maklerin noch nicht von der Gegenseite bekannt gegeben worden waren oder ihm/ihr sonst wie bekannt wurden.

Die Einführung eines "Bestellerprinzips" für die Kosten von WohnungsmaklerInnen sei eine langjährige SPÖ-Forderung, hielt Maximilian Köllner (SPÖ) im Ausschuss fest. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz habe diese im letzten Wahlkampf aufgegriffen und im aktuellen Regierungsprogramm verankert. Köllner wollte daher von den Regierungsfraktionen wissen, wann mit einem entsprechenden Gesetzesentwurf zu rechnen sei.

Johann Singer (ÖVP) bestätigte, dass ein Bestellerprinzip im Regierungsprogramm verankert sei, er gehe davon aus, dass ein Gesetzesantrag seitens ÖVP und Grünen in den nächsten Monaten vorliegen werde. Singer rechnet mit dem Inkrafttreten eines neuen Maklergesetzes ab Anfang 2022 mit entsprechenden Übergangsfristen. Auch Nina Tomaselli zeigte sich optimistisch, dass ein Vorschlag für eine Neuregelung "in absehbarer Zeit, ohne Hintertüre für Kostenübernahmen durch die Mieter" präsentiert werde. Was den diskutierten SPÖ-Antrag betrifft, greift laut Tomaselli die bloße Verankerung des Bestellerprinzips zu kurz, da auch mögliche Umgehungen gesetzlich festgelegt gehören.

Es sei zwar "richtig und gerecht", dass diejenigen, die eine Maklerleistung beauftragen, diese auch bezahlen sollen, hob Felix Eypeltauer (NEOS) hervor. Den SPÖ-Vorschlag bezeichnete der NEOS-Mandatar als das "Der-Vermieter-zahlt-immer-Prinzip". Bei einer Neuregelung müsse sichergestellt werden, dass die MaklerInnen die Interessen der MieterInnen weiterhin berücksichtigen sowie, dass es nicht zu mehr Leerstand kommen werde. Zudem dürften die Maklergebühren nicht auf den Mietpreis aufgeschlagen werden. Ähnlich argumentierte Philipp Schrangl (FPÖ). In Deutschland seien nach Einführung des Bestellerprinzips rund ein Drittel weniger Wohnungen am Markt vorhanden. Schrangl forderte eine generelle Neuregelung des Wohnungsmarktes, da VermieterInnen und MieterInnen oftmals nicht gleichberechtigt agieren könnten.

Auch eine weitere SPÖ-Initiative zur Verlängerung befristeter Mietverträge während der COVID-19-Pandemie wurde durch die Ausschussmehrheit von ÖVP und Grünen vertagt. Die Corona-Krise führe zu verstärkten Belastungen im Bereich des Wohnens, zudem funktioniere der Wohnungsmarkt derzeit nicht, stellt die SPÖ fest. Daher sollen alle dem Mietrechtsgesetz unterliegenden befristeten Mietverträge, die zwischen Februar und Jahresende 2020 auslaufen bzw. bereits ausgelaufen sind, mit Zustimmung des Mieters/der Mieterin um ein Jahr verlängert werden (417/A(E)).

NEOS-Initiativen zu befristeten Mietverträgen, Räumung von Mietobjekten sowie Beschränkung von Eintrittsrechten

Eine andere Ansicht in Sachen befristete Mietverträge vertraten die NEOS, die die SPÖ-Initiative in dieser Frage als überschießend und zu einseitig beurteilten. Abgeordneter Felix Eypeltauer (NEOS) hält die derzeitige Regelung, wonach bei zweimaliger konkludenter Verlängerung eine Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis erfolgen müsse, für problematisch. Dem Schutz der MieterInnen wäre nach Auffassung der NEOS Genüge getan, wenn Mietverträge auf bestimmte Zeit, die nach Ablauf der wirksam vereinbarten oder verlängerten Vertragsdauer nicht aufgelöst werden, jeweils auf drei Jahre als verlängert gelten. MieterInnen sollen dabei das unverzichtbare und unbeschränkbare Recht haben, den erneuerten Mietvertrag jeweils zum Monatsletzten gerichtlich oder schriftlich unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu kündigen, sieht der Initiativantrag vor (107/A).

Weiters ortet NEOS-Abgeordneter Felix Eypeltauer Mängel in der derzeitigen Regelung zur Gewährung einer Nachfrist bei Räumung von Mietwohnungen. Die geltende Gesetzeslage zwinge die Vertragsparteien in ein enges Korsett, das jegliche Flexibilität verhindere und keine lebensnahen Lösungen ermögliche. Aus seiner Sicht führen die Bestimmungen letztlich auch zu Rechtsunsicherheit für VermieterInnen darüber, ob bei Gewährung eines Räumungsaufschubs nicht ungewollt ein neues und letztlich unbefristetes Mietverhältnis zustande kommt, argumentierte er. VermieterInnen soll ermöglicht werden, mit MieterInnen auf deren Ersuchen bei Ablauf eines befristeten Mietverhältnisses eine angemessene, einmalige Nachfrist zur Räumung des Mietgegenstandes zu vereinbaren (348/A(E)). Nach Vorstellung des Antragstellers soll dieser Aufschub für maximal drei Monate gewährt werden.

Als nicht mehr zeitgemäß stufen die NEOS zudem die bestehenden Eintrittsrechte in das Hauptmietrecht ein. Vor allem in Altbauten entstehe das Problem, dass sich aufgrund der günstigen "Altmietverträge" ein Eintritt ins Mietrecht besonders auszahle, und es auch zahlreiche unrechtmäßige Eintritte gebe, die kaum nachweisbar seien. Damit sei es VermieterInnen kaum möglich, die Mieten an ein vertretbares Preisniveau heranzuführen, womit es auch zu einer Fehllokation von Wohnungen komme. NEOS-Abgeordneter Felix Eypeltauer schlägt daher vor, das Eintrittsrecht in Hauptmietrechte auf einen Ehegatten, eingetragene PartnerInnen und unterhaltsberechtigte Verwandte in gerader Linie einschließlich Wahlkinder zu beschränken, wobei ein mehrjähriger Aufenthalt in der Wohnung eine wesentliche Voraussetzung sein soll (103/A).

FPÖ: "Gläserner Mieter", Airbnb, Ausschluss von terroristischen StraftäterInnen, Bekenntnis zum Lagezuschlag

Die FPÖ zeigte sich besorgt über eine Entwicklung hin zum "gläsernen Mieter". Der Mangel an leistbarem Wohnraum auf Österreichs Wohnungsmarkt schwäche die Position von WohnungswerberInnen erheblich, zusätzlich würden die ökonomischen und sozialen Auswirkungen der Corona-Krise die Situation weiter verschärfen, gibt Antragsteller Philipp Schrangl (FPÖ) zu bedenken. Das Bedürfnis von VermieterInnen nach Absicherung hinsichtlich Bonität und Zahlungsmoral sei zwar grundsätzlich legitim, diesem Interesse müssten aber Grenzen gesetzt werden. Es könne nicht sein, dass MieterInnen ähnlich wie in Deutschland schon ein Bewerbungsverfahren durchlaufen müssen, um überhaupt eine Chance auf eine Wohnung zu bekommen, gab Philipp Schrangl (FPÖ) zu bedenken. Im Interesse gesellschafts- und sozialpolitischer Verantwortung fordern die Freiheitlichen deshalb die Justizministerin auf, eine Taskforce gegen diese Tendenzen einzurichten. Dieses Gremium soll unter anderem mit VertreterInnen aller im Nationalrat vertretenen Fraktionen sowie mit nominierten FachexpertInnen der Parteien besetzt werden (1183/A(E)).

Mit einem weiteren Entschließungsantrag setzte sich die FPÖ für ein Verbot touristischer Kurzzeitvermietungsmodelle für Mietwohnungen ein. Insbesondere durch die Geschäftspraktiken der Plattform Airbnb würde in Ballungsräumen qualitativer Wohnraum fehlen. Alleine in Wien würden dem Wohnungsmarkt dauerhaft rund 2.000 Wohnungen entzogen werden. Ähnlich wie im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz soll daher die touristische Kurzzeitvermietung nun auch innerhalb des Vollanwendungsbereichs des Mietrechtsgesetzes verboten werden, fordert Abgeordneter Schrangl (1184/A(E)).

Er trete nicht für ein pauschales Verbot von touristischen Kurzzeitvermietungen ein, aber für Einschränkungen und Regelungen sowie eine Gleichstellung mit der Hotellerie, erklärte Abgeordneter Felix Eypeltauer (NEOS). Vor allem müsse man achtgeben, dass tragfähige Lösungen gefunden werden, die auch vor dem VfGH halten.

Ein Experte des Justizministeriums informierte die Abgeordneten darüber, dass die Rechtspraxis schon gewisse Wege gefunden habe, um Missbrauch in diesem Bereich einen Riegel vorzuschieben. Falls der Gesetzgeber weitere Schritte plane, sollte jedenfalls behutsam vorgegangen werden, weil damit Eingriffe in das Eigentumsgrundrecht verbunden wären, führte er ins Treffen. 

Die Freiheitlichen forderten weiters die Möglichkeit von Ausschließungsklagen von WohnungseigentümerInnen, die wegen terroristischer Straftaten rechtskräftig verurteilt wurden. Das Wohnungseigentumsgesetz soll dementsprechend erweitert werden. Es sei einer Hausgemeinschaft grundsätzlich unzumutbar, mit solchen Personen zusammenzuleben, argumentiert die FPÖ (1185/A(E)). Zudem setzt sich die FPÖ dafür ein, dass es auch VermieterInnen ermöglicht wird, sich von rechtskräftig wegen terroristischer Straftaten verurteilten MieterInnen zu trennen. Dies soll im Sinne des Mietrechtsgesetzes künftig einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen. Zusätzlich soll diesen Personen auf mietrechtlicher Ebene der Zugang in den sozialen Wohnbau verwehrt werden (1188/A(E)).

Schließlich erwartete sich die FPÖ von Seiten der Koalitionsparteien ein Bekenntnis zum Lagezuschlagsverbot für Mieten in städtischen "Gründerzeitvierteln". Dieses sei durch Gerichtsurteile für rechtens befunden worden, so Antragsteller Philipp Schrangl (FPÖ), auch der Terminus "Gründerzeitviertel" sei großzügig ausgelegt worden (1248/A(E)).

Bei der Abstimmung wurde alle acht Anträge bzw. Entschließungsanträge der NEOS und der FPÖ mehrheitlich vertagt. Abgeordnete Michaela Steinacker (ÖVP) begründete die Vertagungsanträge vor allem damit, dass man mit dem Koalitionspartner im Regierungsübereinkommen vereinbart habe, eine umfassende Mietrechtsreform unter Einbeziehung von ExpertInnen, VertreterInnen der Zivilgesellschaft sowie allen relevanten Stakeholdern ausarbeiten zu wollen. Auch Abgeordnete Nina Tomaselli (Grüne) bekräftigte, dass es ein großes Interesse daran gebe, Fortschritte in diesem wichtigen Bereich zu erzielen. Pandemiebedingt sei es aber leider zu Verzögerungen gekommen. SPÖ-Abgeordneter Harald Troch (SPÖ) hielt es dennoch für demokratiepolitisch bedenklich, dass 17 Monate lang kein Bautenausschuss zustande gekommen sei. (Schluss) med/sue