Parlamentskorrespondenz Nr. 249 vom 08.03.2021

Sondersitzung des Nationalrats im Zeichen des Internationalen Frauentags

Abgeordnete fassen einstimmige Entschließungen betreffend weiterführende Maßnahmen für Frauen in der Corona-Krise

Wien (PK) – Ganz im Zeichen des Internationalen Frauentags stand auch die weitere Debatte in der heutigen Sondersitzung des Nationalrats auf Verlangen der drei Oppositionsparteien. Die SPÖ hat dazu ein umfangreiches Forderungsprogramm mittels eines Dringlichen Antrags vorgelegt, der im Plenum allerdings in der Minderheit blieb (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 245/2021).

Einstimmig befürworteten die Abgeordneten zwei in der Sitzung eingebrachte Entschließungsanträge von ÖVP und Grünen. Demnach sollen zur bestmöglichen Unterstützung weiterführende Maßnahmen für Frauen gesetzt werden, um die Folgen der Corona-Krise abzufedern. So will die Koalition die Hilfsmaßnahmen besonders an die Bedürfnisse von Frauen anpassen. Außerdem geht es den Abgeordneten um die Erstellung von Angeboten zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Frauen.

Mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS angenommen wurde eine Entschließung der Koalitionsparteien zusammen mit SPÖ und NEOS zur Förderung von Gleichbehandlung im Bundesheer sowie ein ÖVP-Grünen-Entschließungsantrag, wonach sich die Bundesregierung weiterhin auf internationaler und EU-Ebene für die Umsetzung der Resolution 1325 der Vereinten Nationen "Frauen, Frieden, Sicherheit" einsetzen soll.

In der Minderheit blieben zwei Entschließungsanträge der FPÖ, die zum einen eine Verdoppelung der Familienbeihilfe in Monaten mit coronabedingter Schulschließung, zum anderen eine mehrmalige Unterstützung aus dem Corona-Familienhärtefonds fordert.

Die SPÖ verlangte außerdem, ihrem Antrag für eine "schnellstmögliche Öffnung der Hundeschulen für die Gruppenausbildung als Gefahrenpräventionsmaßnahme gegen Verhaltensstörungen und aus Gründen des Tierschutzes" zur Behandlung des Antrags im Gesundheitsausschuss des Nationalrats eine Frist zu setzen. Der Antrag blieb allerdings in der Minderheit und wurde abgelehnt.

Frauenministerin Raab: Bundesregierung setzt punktgenaue Maßnahmen für Frauen

Frauenminister Susanne Raab unterstrich, dass Frauen derzeit besonders viel leisten, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Alle Ressorts hätten in den letzten Monaten COVID-19-Hilfen geschaffen, von denen Frauen oft überdurchschnittlich profitieren würden. Neben allgemeinen Maßnahmen setze die Bundesregierung daher punktgenaue Initiativen für Frauen. So seien ein Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit, die Möglichkeit der Freistellung für Schwangere in körpernahen Berufen und der erleichterte Unterhaltsvorschuss umgesetzt worden.

Das Frauenbudget sei so hoch wie nie zuvor, damit unterstütze die Bundesregierung zahlreiche Initiativen gegen Gewalt und zur Unterstützung von Frauen am Arbeitsmarkt. So würden 16,5 Mio. € speziell für Qualifizierungsmaßnahmen von Frauen eingesetzt. Auch das AMS-Budget und die Corona-Arbeitsstiftung würden Frauen in besonderer Weise fördern, damit sie den Einstieg in besser bezahlte Branchen schaffen. Ihr sei wichtig, dass sich mehr Frauen in MINT-Fächern qualifizieren und jedes Mädchen in Österreich wisse, dass jedes Kind in Österreich alles werden und alles erreichen könne, sagte die Ministerin.

Kocher: Spezifisches Frauenförderbudget von 60 Mio. €

Mit einigen Klarstellungen für seinen Bereich brachte sich Arbeitsminister Martin Kocher in die Debatte ein. Was das Thema Frauen und Arbeitsmarkt anbelangt, seien selbige jedenfalls etwa durch Mehrfachbelastung stärker betroffen, insbesondere auch Alleinerzieherinnen. Die Frauenarbeitslosenquote stelle sich eigentlich geringer als jene der Männer dar, sei aber in der Pandemie stärker gestiegen, insbesondere durch die von den Schließungen betroffenen Branchen Gastronomie und Beherbergung. Sobald es weitere Öffnungen geben kann, werde es hier auch zu einer automatischen Verbesserung der Lage kommen, so Kocher.

Der Minister unterstrich aber, es gebe im Krisenjahr einen verstärkten Fokus auf Förderung der Frauen. So werde dieses Jahr ein spezifisches Frauenförderbudget von 60 Mio. € mit zahlreichen Programmen bereitgestellt. Zudem wies er auf Qualifikationsmaßnahmen hin, von denen bereits jetzt mehr als zur Hälfte Frauen profitieren würden. Aber auch bei der Kinderbetreuungsbeihilfe des AMS sei die Höchsteinkommensgrenze erhöht worden, wovon gerade im Bereich der Pflege vor allem Frauen profitieren würden.

Heinisch-Hosek (SPÖ): Die Bundesregierung muss Frauenpolitik zur Chefsache machen

Nur von der Hoffnung auf Verbesserungen könne niemand leben, meinte SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek. Kurz habe viel angekündigt, doch gehe es darum, den Worten Taten folgen zu lassen. Die Maßnahmen der Bundesregierung seien nicht ausreichend. Der Bundeskanzler habe es verabsäumt, in der aktuellen Krise die Frauenpolitik zur Chefsache zu machen und mit den BundesministerInnen entsprechende Maßnahmenpakete zu schnüren, wie etwa ein Arbeitsmarktpaket für Frauen, das die nächsten drei Jahre abdecke. Ein Konjunkturpaket, eine bessere digitale Ausstattung der Schulen und ein New Deal für den ländlichen Raum wären ebenso überfällig wie ein Frauenschutzpaket, so die SPÖ-Abgeordnete. Was der Bundeskanzler in seinem Redebeitrag geboten habe, sei hier zu wenig.

Auch in der weiteren Debatte bekräftigten RednerInnen der SPÖ ihre Kritik am Bundeskanzler insofern, als dass er sich des Frauenthemas nicht ausführlicher annehme. Eva Maria Holzleitner (SPÖ) wies unter anderem außerdem auf schlechtere Aufstiegschancen für Frauen im Vergleich zu Männern hin. Der Ruf nach Fairness und Gleichberechtigung sei noch lauter geworden, weil die Kluft noch weiter auseinandergegangen sei, forderte Josef Muchitsch (SPÖ) entsprechende Maßnahmen. Elisabeth Feichtinger (SPÖ) sprach sich etwa für einen Ausbau der Betreuungsplätze aus, hier müssten Bund und Länder zusammenwirken. "Rauf mit Gehältern und Löhnen für Frauen" forderte unter anderem Katharina Kucharowits (SPÖ).

Pfurtscheller (ÖVP): Überwindung der Krise eröffnet neue Chancen

Faktisch alles, was in dem Dringlichen Antrag von der Bundesregierung gefordert werde, sei bereits in Umsetzung, hielt Elisabeth Pfurtscheller der Kritik der SPÖ entgegen (ÖVP). Das gelte etwa für das Arbeitsmarktbudget für Frauen und im Gewaltschutz. Die COVID-19-Unterstützungen des letzten Jahres seien breit gefächert, um möglichst den Lebensrealitäten aller Frauen gerecht zu werden. Die Überwindung der aktuellen Krise werde gelingen und es würden sich neue Chancen auftun, zeigte sich Pfurtscheller überzeugt. Das Ziel der Frauenpolitik sei es, Frauen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Die Abgeordnete brachte einen Entschließungsantrag der ÖVP und der Grünen ein. Sie erwarten von der Bundesregierung eine Evaluierung der Auswirkungen der Krise auf Frauen am Arbeitsmarkt und auf Alleinerziehende sowie angemessene Maßnahmen.

Positiv hob Maria Theresia Niss (ÖVP) unter anderem hervor, dass im vergangenen Jahr 42% der Unternehmen von Frauen gegründet worden seien. Den Herausforderungen durch die Pandemie etwa am Arbeitsmarkt gelte es, mit Qualifizierungsmaßnahmen entgegenzusteuern, wo unter anderem 50% der AMS-Fördermittel Frauen zugutekommen würden. Gendern sei wichtig, so Bettina Zopf (ÖVP), aber es gelte, das auch zu leben. Sie nannte dazu Maßnahmen der Regierung wie etwa den Neustartbonus oder die Corona-Job-Offensive. Die Pandemie habe gezeigt, dass Frauen die Hauptlast in Krisenzeiten schultern, so Gertraud Salzmann (ÖVP). Die Regierung habe zahlreiche Maßnahmen auf Schiene gebracht, verwies sie etwa auf das Homeoffice-Paket oder auf die Kurzarbeit.

Ecker (FPÖ): Jobkrise trifft vor allem Frauen

In der Frage der Frauen- und Familienpolitik sei die Maske des Bundeskanzlers gefallen, meinte Rosa Ecker (FPÖ). In der aktuellen Krise hätten Frauen besonders viel geleistet, gleichzeitig seien sie überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Lohnschere gehe noch weiter auf, was sich in weiterer Folge negativ auf die Frauenpensionen auswirke. Auch der Zwang zur Vereinbarung von Kindererziehung und Homeoffice belaste vor allem Frauen. Ein normaler Schulbetrieb sei daher ebenso notwendig wie die besseren Rahmenbedingungen in der Pflege. Ecker brachte einen Entschließungsantrag ein, um die Leistungen aus dem Familienhärtefonds auch 2021 fortzuführen. Die Bundesregierung müsse außerdem die Corona-Einschränkungen aufheben, damit wieder Familienfeste gefeiert werden können, forderte Ecker.

Auch die weiteren RednerInnen der FPÖ sparten nicht mit Kritik an der Regierung. Susanne Fürst (FPÖ) kritisierte allgemein die Lockdownstrategie und kann darüber hinaus nicht nachvollziehen, dass in der Debatte AMS-Fördermittel positiv hervorgehoben werden. Ein Lockdown sei eine "Vernichtung insbesondere von Frauenarbeitsplätzen", es gelte, diesen zu beenden. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) forderte zur Entlastung der Frauen in der Krise unter anderem, endlich "die Schulen aufzusperren". Frauen würden fühlen, dass etwas falsch laufe und daher an den Demonstrationen gegen den "Coronawahnsinn" teilnehmen, argumentierte Edith Mühlberghuber (FPÖ) ähnlich wie Petra Steger (FPÖ). Die Regierung würde mit den Corona-Maßnahmen Frauen in die Armut treiben, meinte Steger außerdem.

Maurer (Grüne): Engagement für Frauenanliegen ist nach wie vor nötig

Der Kampf um die Rechte von Frauen dauere schon lange und jede Generation müsse aufs Neue um die Errungenschaften kämpfen, meinte Sigrid Maurer von den Grünen. Jede Krise führe dazu, dass Erreichtes in Frage gestellt wird und es zu einem frauenpolitischen Backlash kommt und überkommene Rollenbilder sich wieder verfestigen. Die Koalition habe bereits eine Reihe von Maßnahmen für Arbeitsmarkt und Pensionssystem umgesetzt. Nach wie vor erinnere der Internationale Frauentag auch an das Viele, das noch fehle, sagte Maurer. Daher freue sie sich über jedes Engagement für frauenpolitische Anliegen.

Ungleichheiten seien schon vor der Krise gewaltig gewesen, so Meri Disoski (Grüne), Corona habe diese Entwicklungen weiter verschärft. In Richtung SPÖ wies sie unter anderem darauf hin, dass noch nie zuvor eine Regierung wie diese so viel in Gewaltschutz investiert habe. Markus Koza (Grüne) und Barbara Neßler (Grüne) thematisierten etwa das hohe Ausmaß an unbezahlter Arbeit, die Frauen leisten würden, was sich in der Corona-Krise verschärft habe. Die Maßnahmen der Koalition würden seit einem Jahr die Probleme abfedern, auch wenn es noch viel zu tun gebe, wie etwa die Unterhaltslücken endlich zu schließen. Elisabeth Götze (Grüne) hob hervor, dass Frauen in Führungspositionen gut für die Unternehmen seien. Es gebe auch das Ziel, den Anteil in der Privatwirtschaft zu verbessern.

Brandstötter (NEOS): Mehr Fantasie für Frauenbeteiligung ist gefordert

Der heutige Tag zeige, dass noch vieles zu tun sei, meinte NEOS-Mandatarin Henrike Brandstötter. Oftmals fehle es offenbar an Fantasie dafür, was Frauen brauchten, um gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Noch immer werde zudem erwartet, dass Frauen in der Krise als erste zurückstecken müssten. In den Mitteln des European Recovery Funds sieht Brandstötter eine Chance, frauenpolitische Akzente zu setzen, etwa bei Kinderbetreuung und Gewaltschutz.

Fiona Fiedler (NEOS) thematisierte die nach wie vor bestehenden Hürden in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es brauche Chancengleichheit für alle Frauen. Michael Bernhard (NEOS) bemängelte, man stehe bei den Themen vor den gleichen Problemen wie in der Vergangenheit. Es gelte, Lösungen zu finden. Fiedler sprach sich unter anderem für einen "Eltern-Kind-Pass" anstelle des "Mutter-Kind-Passes" aus. Was Rollenklischees betreffe, müsse schon früh begonnen werden, Stereotype aufzulösen, etwa im Hinblick auf Kinder- und Schulbücher, warf Martina Künsberg Sarre (NEOS) auf. Es gelte aber auch, für den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen zu sorgen.

Die Politik müsse mehr denn je für alle Frauen, die von Gewalt und Armut betroffen sind, einen sicheren Rahmen schaffen, forderte Pia Philippa Strache (o.F.). Es gelte insgesamt, über eine "Symbolpolitik" im Frauenbereich hinauszugehen. (Schluss Nationalrat) sox/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.