Parlamentskorrespondenz Nr. 289 vom 11.03.2021

Anpassungen zahlreicher Gesetze im Gesundheits- und Pflegebereich passieren Bundesrat

COVID-19-bezogene Freistellungsregelung für Schwangere wird verlängert

Wien (PK) – Der Bundesrat befasste sich heute in mehreren Debattenblöcken mit Änderungen von Gesetzen, die weitgehend den Gesundheits- und Pflegebereich betreffen. Er entschied in allen Fällen, keinen Einspruch zu erheben. Das Gesundheitsberuferegister-Gesetz soll besser vollziehbar sein. Das Berufsanerkennungsgesetz für den Gesundheitsbereich wird bei der Anerkennung von ausländischen Qualifikationsnachweisen EU-konform gestaltet.

Ein Teil der Gesetze, die dem Bundesrat zur Beschlussfassung vorlagen, haben einen Bezug zur aktuellen Pandemie-Situation. So wird die Freistellungsregelung für Schwangere in körpernahen Berufen verlängert. Auch die Verschiebung der Erstellung eines Langfristgutachtens der Alterssicherungskommission zum Pensionssystem wird mit der aktuellen Corona-Situation begründet. COVID-19-Selbsttests werden künftig über das Medizinproduktegesetz geregelt, was auch eine Anpassung der Bundesabgabenordnung erforderlich macht. Schließlich passierte eine Sammelnovelle den Bundesrat, um eine Reihe von Fristen in verschiedenen Gesetzen zu verlängern. Das betrifft unter anderem berufsrechtliche Sonderbestimmungen im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. Damit soll die Einreise ausländischer Pflegekräfte weiter möglich sein.

Anpassungen im Gesundheitsberuferegister-Gesetz im Bundesrat mehrheitlich angenommen

Seit Anfang Juli 2018 besteht die Verpflichtung für Angehörige von Gesundheits- und Krankenpflegeberufen sowie von gehobenen medizinisch-technischen Diensten zur Eintragung in das Gesundheitsberuferegister. Auf Basis der Erfahrungen der letzten zwei Jahre nimmt eine Novelle zum Gesundheitsberuferegister-Gesetz (GBRG) diverse Anpassungen vor, die eine bessere Vollziehbarkeit des Gesetzes gewährleisten sollen.

Bei den Neuerungen gehe es unter anderem um die Herausnahme des "Geschlechts" aus dem öffentlichen Teil des Registers und aus dem Berufsausweis sowie um den Verzicht auf ausländische Disziplinarstrafbescheinigungen als Voraussetzung für die Eintragung, erläuterte Hauschildt-Buschberger (Grüne/O). Auch werde nur mehr die jeweils höchste Qualifikation angeführt.

Für den steirischen FPÖ-Bundesrat Markus Leinfellner ist die Regelung des Registers für die Gesundheitsberufe eine "Placebo-Lösung", mit der das von früheren Regierungen verursachte Chaos weiterhin nicht behoben werde. Offenbar wolle man von den tatsächlichen Problemen der Berufsgruppe ablenken, meinte er. Kein Verständnis hat Leinfellner auch dafür, dass die Kategorie "Geschlecht" künftig nicht mehr angeführt werden soll.

Aus Sicht von Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/St) hat sich das Gesundheitsberuferegister bewährt und sind die Änderungen sinnvoll. Die Herausnahme der Kategorie "Geschlecht" sei kein "Einfall der Politik", wie Leinfellner gemeint habe, sondern beruhe auf einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs.

EU-konforme Regelung für Anerkennung von ausländischen Qualifikationsnachweisen in Gesundheitsberufen

Die Zustimmung aller Fraktionen fand im Bundesrat die Regierungsvorlage zu einem Berufsanerkennungsgesetz Gesundheit. Das Gesetz bringt die Anpassung von diversen Bestimmungen über die Anerkennung von Qualifikationsnachweisen aus anderen EU- und EWR-Mitgliedstaaten sowie der Schweiz in insgesamt fünf Gesetzen aus dem Gesundheitsbereich vor.

Aus diesem Grund sollen etwa im Ärzte- und im Apothekengesetz die Vorgaben entfallen, dass fremdsprachige Urkunden erforderlichenfalls in beglaubigter Übersetzung vorgelegt werden müssen. Auch für das Musiktherapiegesetz, das Kardiotechniker- und da Sanitätergesetz kommt Österreich seinen formalen Umsetzungsverpflichtungen nach, wobei davon ausgegangen wird, dass es in der Praxis kaum Anwendungsfälle geben wird.

Konkreter Auslöser der Änderung sei ein von der Kommission eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, in denen auf die Herstellung eines EU-konformen Rechtszustands gedrängt werde, erklärte Bundesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/N). Nun werde die Reparatur, die früheren Regierungen nicht gelungen sei, endlich umgesetzt. Er hoffe, dass weiterhin Menschen aus anderen EU-Ländern gerne nach Österreich kommen, um in den Gesundheitsberufen zu arbeiten. Wolfgang Beer (SPÖ/W) sprach die Migration von in Gesundheitsberufen Tätigen nach Österreich an und meinte, gerade die Pandemie habe wieder gezeigt, dass es wichtig sei, sich im Pflegebereich nicht allein auf ausländische Kräfte zu verlassen und der Ausbildung in Österreich Aufmerksamkeit zu schenken.

Freistellungsregelung für Schwangere wird verlängert

Grünes Licht gab der Bundesrat auch für die Verlängerung der Freistellungsregelung für schwangere Beschäftigte in Berufen mit Körperkontakt bis Ende Juni. Durch eine Novelle zum Mutterschutzgesetz sind werdende Mütter ab der 14. Schwangerschaftswoche bei vollem Lohnausgleich freizustellen, wenn sie in einem Beruf mit direktem Körperkontakt arbeiten und eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes nicht möglich ist. Das betrifft etwa Friseurinnen, Physiotherapeutinnen oder Kindergartenpädagoginnen.

Die SPÖ sehe in der vorliegenden Novelle noch bedenkliche Lücken, sagte Elisabeth Grossmann (SPÖ/St). Sie brachte daher einen Entschließungsantrag ein, mit dem sie von der Bundesregierung eine Gesetzesvorlage für wirkungsvollen Mutterschutz in Zeiten von Corona fordert. Der Antrag wurde abgelehnt.

Langfristgutachten der Alterssicherungskommission aufgrund der Pandemie verschoben

Der Bundesrat stimmte heute mit Mehrheit einem Initiativantrag zu, wonach die Vorlage des ersten Gutachtens der Alterssicherungskommission über die langfristige Entwicklung und Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems zu verschieben. Nun soll das Gutachten im November 2021 vorliegen. Ursprünglich wäre der Bericht bereits vergangenen November fällig gewesen, zuletzt wurde der Termin auf März 2021 verschoben. Begründet wurde die neuerliche Terminverschiebung für das Langfristgutachten der Alterssicherungskommission damit, dass die derzeitige Pandemiesituation eine Erhebung mit validen Daten nicht zulasse.

Die SPÖ thematisierte die Pensionsleistungen für Menschen, die bereits lange ins Pensionssystem eingezahlt haben. Bundesrat Horst Schachner (SPÖ/St) brachte einen Entschließungsantrag ein, der die Wiedereinführung einer abschlagsfreien Alterspension nach 45 Arbeitsjahren und die Rücknahme von Pensionskürzungen fordert. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Selbsttests werden über Medizinproduktegesetz geregelt

Außerdem auf der Tagesordnung des Bundesrats stand die Verankerung der Corona-Schnelltests zur Eigenanwendung im Medizinproduktegesetz. Bereits im Jänner dieses Jahres hat der Nationalrat beschlossen, dass bisher nicht für den Selbstgebrauch zugelassene Corona-Schnelltests unter bestimmten Bedingungen auch zur Eigenanwendung genutzt werden können. Da diese Regelung damals aufgrund der Dringlichkeit im Zuge eines Abänderungsantrags zur Bundesabgabenordnung (BAO) zustande kam, wurde der Passus nun in das Medizinproduktegesetz übertragen. Gleichzeitig tritt ein damit in Zusammenhang entsprechender Paragraf in der Bundesabgabenordnung mit Ende April außer Kraft. Diese beiden Änderungen wurden mehrheitlich angenommen.

Die SPÖ-Fraktion im Bundesrat kritisierte, dass ein Teil der BürgerInnen, etwa wenn sie sich von ELGA abgemeldet haben, nicht in den Genuss der Gratis-Schnelltests kommen. Hier handle es sich um ein Recht. In einem Entschließungsantrag forderte Ingo Appé (SPÖ/K), dass ausnahmslos allen ÖsterreicherInnen die Antigen-Tests kostenfrei zur Verfügung gestellt werden sollen. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Dominik Reisinger (SPÖ/O) brachte einen weiteren Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, wonach diese so genannten "Wohnzimmertests", wenn sie unter dem Vier-Augen-Prinzip durchgeführt werden, auch als Eintrittstests gelten sollen. Die SPÖ verlangte über den Antrag eine namentliche Abstimmung. Der Antrag erhielt bei 58 abgegebenen Stimmen nur 19 Ja-Stimmen gegenüber 39 Nein-Stimmen und wurde damit ebenfalls abgelehnt.

Mehrheitlich beschlossen wurden vom Bundesrat auch Anpassungen von COVID-19-Bestimmungen von insgesamt sechs Gesetzen in Form einer Sammelnovelle, die per Initiativantrag von Abgeordneten der Koalition angestoßen wurde. Damit werden Fristen für berufsrechtliche Sonderbestimmungen im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz sowie im Gesetz über die Regelung der gehobenen medizinischen Dienste bis Ende des Jahres verlängert, damit ausländische Personenbetreuungskräfte weiterhin nach Österreich reisen können und es zu keinen Personalengpässen kommt. Zur Aufrechterhaltung der Betreuung wird das Bundespflegegeldgesetz dahingehend geändert, dass die jeweiligen Landesstellen des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen personenbezogene Daten an die zuständigen Ämter der Landesregierung und den Fonds Soziales Wien übermitteln können. Geregelt wird auch die Löschung von nicht mehr erforderlichen Daten. Anpassungen im Kraftfahr- sowie im Führerscheingesetz verlängern die Bewilligungen für private Übungs- und Ausbildungsfahrten bis 30.9.2021, um weiterhin eine qualitativ hochwertige Fahrausbildung zu gewährleisten. Schließlich wird ein redaktionelles Versehen im 2. COVID-19-Justizbegleitgesetzes behoben. (Fortsetzung Bundesrat) kar/sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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