Parlamentskorrespondenz Nr. 369 vom 25.03.2021

Nationalrat setzt sich gegen grenznahe Atommülllager und Laufzeitverlängerung des AKW Krško ein

Debatte auch über Umweltförderungen, EURATOM-Ausstieg, internationale Umweltabkommen, Rechnungshofberichte

Wien (PK) – In Form von zwei Entschließungen tritt der Nationalrat für die Sicherheit Österreichs vor Atomkraft ein. Konkret fordern sie von Umweltministerin Leonore Gewessler, sich gegen grenznahe Atommüllendlager sowie die Betriebsverlängerung des slowenischen Atomkraftwerks Krško einzusetzen. Die beiden Anliegen, die auf Forderungen von SPÖ bzw. FPÖ basieren, fanden in der heutigen Nationalratssitzung die Zustimmung aller Fraktionen.

Einstimmig angenommen wurden auch zwei internationale Abkommen, die auf die Reduktion von Schwermetallen in der Luft und biologische Sicherheit abzielen. Der Umweltförderungsbericht 2017-2019 wurde einhellig zur Kenntnis genommen. Zur Kenntnis genommen wurde auch eine Reihe von Rechnungshofberichten im Bereich der Landesverteidigung. So prüfte das Kontrollorgan unter anderem den Assistenzeinsatz während der Migrationskrise 2015, die Wehrdienst-Reform und das Heeresgeschichtliches Museum.

Erneut abgelehnt wurde ein Fristsetzungsantrag der Opposition in Zusammenhang mit dem von ihr geforderten COVID-19-Unterausschusses zur Kontrolle von Coronahilfen. Auf dessen Einsetzung drängen SPÖ, FPÖ und NEOS schon seit April letzten Jahres.

Parlamentsfraktionen treten einstimmig gegen AKW Krško und grenznahe Atommüllendlager auf

Mit zwei Entschließungsanträgen an Umweltministerin Leonore Gewessler zum Thema Atomkraft, die im Umweltausschuss von allen Fraktionen eingebracht wurden, beschäftigte sich der Nationalrat im Block von Umweltthemen. Konkret treten die Abgeordneten in einem Antrag dafür ein, eine Betriebsverlängerung sowie eine Erweiterung des slowenischen AKW Krško zu verhindern. Zudem sollen in Österreich alle relevanten Informationen zu dem Kraftwerk von den slowenischen Behörden zur Verfügung gestellt werden. Das Anliegen fußt auf einer Forderung der FPÖ.

FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch verwies auf mehrere Störfälle des AKW Krško in den vergangenen Jahren. Das slowenische AKW liege in einem erdbebengefährdeten Gebiet und es sei daher fahrlässig, es weiter zu betreiben. Dem schloss sich auch Dietmar Keck (SPÖ) an. Hier seien die Bundesregierung und die EU gefordert, Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) über die Grenzen hinweg einzufordern, sagte Rauch. Diese UVP seien EU-rechtlich zu verankern, unterstrich auch Martin Litschauer (Grüne). Infolge des Unglücks von Fukushima sei ein Stresstest am AKW Krško durchgeführt worden, die festgestellten Schwachstellen seien aber vom Betreiber mit Verweis auf wirtschaftliche Gründe noch nicht geschlossen worden. Es könne nicht sein, dass ein AKW mit Sicherheitsmängeln nach wie vor betrieben werde, sagte Litschauer. Auch Peter Schmiedlechner (FPÖ) erinnerte an das AKW Fukushima. Unfälle könnten nur vermieden werden, wenn die Kraftwerke nicht weiter betrieben werden. Für Martina Diesner-Wais (ÖVP) und Michael Bernhard (NEOS) ist es wichtig, die Atomkraft weiter zurückzudrängen und auf erneuerbare Energieträger zu setzen. Es dürfe nicht sein, dass EU-Mitgliedstaaten versuchen würden, die Atomkraft als klimafreundliche Energiequelle anzusehen, wie es laut Bernhard derzeit versucht werde.

Dies griff Umweltministerin Leonore Gewessler auf. Derzeit gebe es einen Vorstoß von sieben Mitgliedstaaten, auf Atomkraft als klimafreundliche Alternative zu setzen. Geht es nach diesen Staaten, zu denen unter anderem Frankeich, Ungarn und Polen zählen würden, soll Atomkraft in der EU-Taxonomie-Verordnung als klimaschonend eingestuft werden. Gewessler ortet eine Greenwashing-Initiative der Atomkraft, gegen die vorgegangen werden müsse. Hier gebe es für Österreich aber eine steigende Zahl an Verbündeten in der EU. Positiv hob sie hervor, dass auch aus Deutschland unterstützende Signale kommen würden. Was eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das AKW Krško anbelangt, erwartet die Ministerin einen Start des grenzüberschreitenden Verfahrens noch im ersten Halbjahr 2021.

In einem zweites Antrag zur Atomkraft treten die Abgeordneten dafür ein, dass für Atommüllendlager ein Schutzkorridor in den österreichischen Nachbarländern an der Grenze eingerichtet wird, um grenznahe Atommülllager zu verhindern. Der Forderung zufolge soll unter anderem auch die Suche nach geeigneten Endlagern forciert, vor einer entsprechenden Entscheidung intensive Untersuchungen vorgenommen und die Bevölkerung umfangreich einbezogen werden. Die gemeinsame Initiative wurde im Umweltausschuss auf Basis einer SPÖ-Forderung eingebracht.

Dass nach wie vor Atomkraft genutzt werde, ohne dass man sich über Endlager Gedanken mache, sieht Martin Litschauer (Grüne) als problematisch. Es sei wichtig, dass Österreich Mitsprache bei der Ausgestaltung von Atommüllendlagern erhalte und ein Schutzkorridor hinter der österreichischen Grenze errichtet werde. Auch für Dietmar Keck (SPÖ) könne es nicht sein, dass andere Länder auf Atomkraft setzen und dann Atommülllager an der Grenze zu Österreich errichten. Der Abfall stellt für Martina Diesner-Wais (ÖVP) einen hochriskanten Faktor dar. Sie verwies auf die Endlagersuche in Tschechien, wo drei der vier möglichen Standorte innerhalb von 50 Kilometern von der österreichischen Grenze liegen würden.

Der Prozess der tschechischen Standortsuche würde sich derzeit verzögern, sagte Umweltministerin Leonore Gewessler. Sie rechnet mit einer entsprechenden Umweltverträglichkeitsprüfung erst im Jahr 2030. In Österreich habe hingegen vor wenigen Tagen die erste Sitzung des Nationalen Entsorgungsbeirates stattgefunden, der Möglichkeiten zur Endlagerung von österreichischem Atomabfall finden soll, der unter anderem bei Forschungstätigkeiten anfällt.

Abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der FPÖ, in der der Ausstieg Österreichs aus dem EURATOM-Vertrag gefordert wird. Die Mitgliedschaft Österreichs mache keinen Sinn, da hierzulande keine Energie durch AKW erzeugt werde, ein Bau entsprechender Anlagen verboten ist und die österreichischen Beiträge für den Betrieb und nicht die Abschaltung von AKW genutzt würden, wird in der Forderung argumentiert.

Internationale Abkommen zur biologischen Sicherheit und Schwermetallen in der Luft, Umweltförderungsbericht

Der Nationalrat beschäftigte sich zudem mit zwei internationalen umweltrelevanten Abkommen, die von der Bundesregierung vorgelegt wurden. Die Änderungen des Schwermetalle-Protokolls zum Übereinkommens über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung zielen auf eine Emissions-Reduktion von Blei, Kadmium und Quecksilber in die Luft ab. Das Nagoya-/Kuala-Lumpur- Zusatzprotokoll über Haftung und Wiedergutmachung zum Cartagena-Protokoll über biologische Sicherheit legt völkerrechtliche Regeln und Verfahren für die Wiedergutmachung im Zusammenhang mit lebenden veränderten Organismen fest. Damit soll ein Beitrag zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt unter Berücksichtigung der menschlichen Gesundheit geleistet werden. Beide Staatsverträge fanden einhellige Zustimmung unter den Abgeordneten.

So betonte Martin Litschauer (Grüne), dass man dem Thema Schwermetalle eine besondere Aufmerksamkeit schenken müsse, da sie sich im Körper ablagern würden und daher eine Gefahr für die Gesundheit ausgehe. Die Anstrengungen müssten gebündelt werden, um die Schwermetall-Emissionen weiter zu senken. Hierzu trage auch die Energiewende bei. Nikolaus Berlakovich (ÖVP) zeichnete die Entwicklungen rund um das Entstehen des Nagoya-Protokolls 2010 nach, mahnte aber auch dazu, sich dem Thema Verluste der biologischen Vielfalt weiter zu widmen. Es müsse gelten, die Biodiversität zu schützen, aber zugleich auch zu nutzen.

Zur Debatte stand schließlich auch der Umweltförderungsbericht 2017-2019, der für den Untersuchungszeitraum 48.634 geförderte Projekte mit einem gesamten Förderungsbarwert von 422,7 Mio. € aufzeigt, der wiederum umweltrelevante Investitionen von rund 2,8 Mrd. € auslöste. Ähnlich diesen umweltrelevanten Investitionen bietet auch das europäische Instrument der Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) eine große Chance für grüne Investitionen, argumentiert NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard in einem in der Debatte eingebrachten Entschließungsantrag. Durch die RFF sollen negative Effekte der aktuellen Krise für die europäische Wirtschaft abgefedert und nachhaltiges Wachstum gefördert werden. Um dieses Instrument bestmöglich nutzen zu können, sei es wichtig, den Prozess transparent zu gestalten sowie das Parlament und die Zivilgesellschaft mit einzubinden. Dementsprechend fordert Bernhard in seinem Antrag ein, in den kommenden Wochen einen offenen, ehrlichen und intensiven Austausch der Bundesregierung mit der Zivilgesellschaft und dem Nationalrat über mögliche Projekte im Rahmen des EU-Aufbau-und Resilienzplans zu führen. Der Antrag fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit. Der Umweltförderungsbericht wurde hingegen von allen Fraktionen zur Kenntnis genommen.

Landesverteidigung: Rechnungshof prüfte Heeresgeschichtliches Museum, Truppenübungsplatz Allentsteig, Wehrdienst-Reform

Am Ende des Sitzungstages standen zahlreiche Rechnungshofberichte zur Diskussion. So überprüfte der Rechnungshof von Dezember 2017 bis Juni 2018 sowohl im Innen- als auch im Verteidigungsministerium die rechtlichen Grundlagen für den Assistenzeinsatz des Bundesheeres im Rahmen der Migrationskrise 2015 und beurteilte die Abwicklung, Kosten, Nutzen und Auswirkungen der Assistenz– und Unterstützungsleistungen. In einer den Zeitraum 2013 bis 2016 umfassenden Prüfung beurteilte der Rechnungshof die Wehrdienst-Reform, dessen Finanzierung und die Umsetzung in ausgewählten Bereichen wie Ausbildung und Dienstbetrieb, Stellung und Kontingentierung sowie Rahmenbedingungen für Soldatinnen. Weiters stellte der Rechnungshof in einer Follow-up-Überprüfung fest, dass die Führungsstruktur des Truppenübungsplatzes Allentsteig unverändert nicht auf dessen Aufgaben als Dienstleistungseinrichtung und Wirtschaftsbetrieb ausgerichtet sei. In einem weiteren Bericht über das Heeresgeschichtliche Museum zeigt der Rechnungshof eine Reihe an Problemen, Mängeln und Missständen auf. Im Überprüfungszeitraum 2014 bis 2018 sei es neben dem wiederholten Nichtbeachten rechtlicher Vorschriften, etwa bei Auftragsvergaben und Baumaßnahmen, zu zahlreichen und gravierenden Mängeln in der Führung des Heeresgeschichtlichen Museums gekommen. Zur Diskussion standen schließlich noch eine Follow-up-Überprüfung des Rechnungshofs, die sich mit Liegenschaftstransaktionen des Landesverteidigungsressorts, der ASFINAG und des Stadtentwicklungsfonds Korneuburg beschäftigt hat sowie ein weiterer Rechnungshofbericht, der die Beschaffung und den Einsatz von Drohnen im Bundesheer unter die Lupe nahm. (Schluss Nationalrat) see/keg

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