Parlamentskorrespondenz Nr. 410 vom 07.04.2021

Neu im Umweltausschuss

Oppositionsforderungen zu geplanter Obsoleszenz, mehr geschützte Waldflächen, Austritt aus Energiecharta-Vertrag und Lieferkettengesetz

Wien (PK) – Mit drei Anliegen wendet sich SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr an Umweltministerin Leonore Gewessler. Zum einen legt sie einen Entschließungsantrag vor, der ein Maßnahmenbündel zur Errichtung zusätzlicher geschützter Waldflächen fordert, um die Biodiversität in Österreich zu verbessern. Zum anderen fordert sie den Austritt Österreichs aus dem Energiecharta-Vertrag, der ihrer Ansicht nach notwendige klimarelevante Handlungen hemmen würde. Mit einer weiteren Entschließung tritt die SPÖ für die Schaffung eines Lieferkettengesetzes ein, um die Produktionsweisen von Waren sozial und nachhaltig zu gestalten. FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch kritisiert die geplante Obsoleszenz von Produkten, insbesondere von Elektrogeräten. Er urgiert daher im Sinne des Umweltschutzes Maßnahmen, um die Lebensdauer von Produkten zu erhöhen.

SPÖ tritt für Errichtung zusätzlicher geschützter Waldflächen zur Verbesserung der Biodiversität ein und ...

Für SPÖ-Abgeordnete Julia Herr sind zusätzliche Anstrengungen zur Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität in Österreich notwendig. Mit rund vier Millionen Hektar seien 47 Prozent der Fläche Österreichs mit Wald bedeckt. Durch die Klimakrise komme es verstärkt zu einem Verlust von Arten sowie zu einer wachsenden Instabilität von Lebensräumen und Biotopen gegenüber Stressfaktoren. Der Faktor Wald sei daher hinsichtlich der Biodiversität von großer Bedeutung, so die Antragstellerin.

Die SPÖ fordert daher die Bundesregierung auf, in diesem Bereich ein Maßnahmenbündel vorzulegen (1455/A(E)). Unter anderem soll das Ziel von 10.000 Hektar an Naturwaldreservaten rasch erreicht werden. Weiters soll in der Biodiversitätsstrategie nach 2020 das langfristige Ziel eines "Grünen Netzes" auf zehn Prozent der Waldfläche festgelegt werden. Davon soll ein Viertel von forstwirtschaftlicher Nutzung freigestellt und der Rest unter Vorrang der Biodiversität bewirtschaftet werden. Die Österreichischen Bundesforste sollen außerdem zumindest 48.000 Hektar an geschützten Flächen einrichten. Zur Einrichtung der zusätzlich geschützten Waldflächen ist laut SPÖ-Entschließungsantrag eine Bund-Länder-Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG anzustreben. Damit soll die Finanzierung sowie die bundesweite Gesamtkoordination festgelegt werden.

... fordert Austritt Österreichs aus dem Energiecharta-Vertrag

Um die Klimaneutralität zu erreichen, sind für die SPÖ tiefgreifende Veränderungen insbesondere im Energiesektor notwendig und erneuerbaren Energieträgern seien gegenüber Atomkraft sowie fossilen Energieträgern der Vorrang zu geben. Hier ortet SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr Hemmungen der notwendigen klimarelevanten Handlungen durch den Energiecharta-Vertrag, dem neben Österreich 50 weitere Staaten beigetreten sind. Konkret bezieht sich Herr auf einen Teil des Vertrages, der Konzernen Sonderklagsrechte samt privaten Schiedsgerichten einräumen würde. Häufig würden Konzerne Staaten verklagen, wenn diese Umweltschutzauflagen verstärken. In weiterer Folge würden Staaten davor zurückschrecken, Umwelt- und Klimaschutzstandards zu erhöhen oder diese wieder zurücknehmen, wenn Konzerne Klagen gewinnen. Herr zufolge würden die bislang im Rahmen des Energiecharta-Vertrages gedeckten Investitionen noch 57 Gigatonnen CO2 ausstoßen, was dem Doppelten der gesamten CO2-Emissionen entspreche, die der EU zur Erreichung des 1,5-Grad-Zieles noch zur Verfügung stehen. Da rasches und entschlossenes Handeln in der Klimakrise wichtig sei, fordert sie in einem Entschließungsantrag (1456/A(E)), dass Österreich aus dem Energiecharta-Vertrag aussteigt. Ferner sehe eine Sunset Clause bei einseitigem Ausstieg eine weitere Klagsmöglichkeit für Konzerne bis zu 20 Jahre nach dem Ausstieg vor. Daher soll sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für den Ausstieg möglichst vieler Staaten bemühen und anschließend ein Abkommen mit ihnen abgeschlossen werden, um der Sunset Clause zu entgehen, lautet die SPÖ-Forderung weiter.

SPÖ: Lieferkettengesetz soll Menschen, Klima und Umwelt auf gesamten Produktweg schützen

Mit niedrigen Umwelt- und Sozialstandards auf Kosten lokaler Bevölkerungen in den Herkunftsländern von Ressourcen oder Bestandteilen von Produkten begründet die SPÖ ihre Forderung (1454/A(E)) nach einem Lieferkettengesetz. Zwar sei mit dem Pariser Klimaschutzabkommen und den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen der Anspruch gelegt worden, künftigen Generationen einen lebenswerten Planeten zu überlassen, die bisher gesteckten Ziele und erklärten Absichten würden jedoch nicht ausreichen. Für den Schutz von Menschen, Klima und Umwelt brauche es einen Ansatz, der nicht erst bei fertigen Produkten, sondern entlang der gesamten Lieferkette bis hin zum Vertrieb und der Entsorgung von Waren greift, argumentieren die SPÖ-Mandatarinnen Julia Herr und Petra Bayr. Konkret soll ein Lieferkettengesetz erstellt werden, das eine Sorgfaltspflicht für Unternehmen ab einer bestimmten Größe umfasst, womit Maßnahmen zur Risikoverminderung vor dem Hintergrund von Menschen- und Umweltrechte verbunden sind. Das Erbringen dieser Pflicht soll durch die Unternehmen selbst nachgewiesen werden. Ferner sollen Unternehmen einer Sorgfaltprüfungspflicht nachkommen, die unter anderem regelmäßige Risikoanalysen, Wirksamkeitsüberprüfungen getroffener Maßnahmen und Konsultationen betroffener InteressensträgerInnen beinhaltet. Zur Überprüfung der Einhaltung der Sorgfaltspflicht und der Sorgfaltsprüfungspflicht soll eine interministerielle Behörde mit zivilgesellschaftlichem Beirat geschaffen sowie verhältnismäßige und abschreckende Strafen und Sanktionen bei Verstößen eingeführt werden. Bei Schäden entlang der Lieferkette sollen die Unternehmen nicht von Haftungen entbunden werden. Die SPÖ fordert des Weiteren, Betroffenen das Recht einzuräumen, Unternehmen vor österreichischen Gerichten Unternehmen klagen zu können. Hierzu sei auch der Zugang zu österreichischen Gerichten zu garantieren. Geht es nach den Antragstellerinnen, soll sich die Bundesregierung zudem auf europäischer und internationaler Ebene für entsprechende EU-Rechtsvorschriften einsetzen und Initiativen der Vereinten Nationen unterstützen. Einen gleichlautenden Antrag (1453/A(E)) brachte die SPÖ im Justizausschuss ein.

FPÖ will Maßnahmen gegen geplante Obsoleszenz von Produkten

FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch fordert in einem Entschließungsantrag (1462/A(E)) an Umweltministerin Leonore Gewessler, langlebige, reparierbare und wiederverwertbare Produkte zu forcieren und sich gegen geplante Obsoleszenz einzusetzen. Beispielsweise in Elektrokleingeräten seien oft Schwachstellen eingebaut oder Teile mit absehbarer Haltbarkeit verbaut. Die Geräte seien häufig so konstruiert, dass ihre Hülle nicht ohne Zerstörung geöffnet werden kann. Dies würde Reparaturen teuer oder unmöglich machen. Ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen sei jedoch essentiell für einen langfristigen Schutz der Umwelt. Daher sei die maximale Ausschöpfung des Potenzials eines jeden Produktes und nachhaltiger Konsum zu forcieren, argumentiert Rauch sein Anliegen. Weiters fordert er die Erstellung einer Studie, die die Lebensdauer von Elektrogeräten ab 2015 erhebt, die Ursachen für die Obsoleszenz bei in Österreich gekauften Geräten systematisch darstellt sowie Fallstudien und Strategien zur Erhöhung der Lebensdauer solcher Produkte. (Schluss) see