Parlamentskorrespondenz Nr. 547 vom 10.05.2021

Bundesregierung stellt die Maßnahmen des Aufbau- und Resilienzplans vor

Bis 2026 sollen bis zu 4,5 Mrd. € aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU abgerufen werden

Wien (PK) – Als Antwort auf den massiven Wirtschaftseinbruch, den die Corona-Pandemie ausgelöst hat, hat die Europäische Union das Aufbauinstrument "Next Generation EU" in der Höhe von 750 Mrd. € geschaffen. Damit sollen die Auswirkungen der Pandemie auf Wirtschaft und Gesellschaft in den kommenden Jahren abgefedert werden. Das darin enthaltene Finanzierungsinstrument, die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF), hat ein Volumen von 672,5 Mrd. €, davon 312,5 Mrd. € an Zuschüssen. EU-Mitgliedstaaten, die Mittel aus der Fazilität erhalten wollen, müssen der EU nationale Aufbau- und Resilienzpläne (ARP) mit einer ambitionierten Investitions- und Reformagenda vorlegen. Die Bundesministerin für EU und Verfassung Karoline Edtstadler, der Bundesminister für Finanzen Gernot Blümel und die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler haben nun dem Nationalrat eine umfassende Darstellung des Österreichischen Aufbau- und Resilienzplans 2020-2026 vorgelegt (III-311 d.B.).

Die geplanten Maßnahmen des ARP orientieren sich an den länderspezifischen Empfehlungen an Österreich und den Zielen der Aufbau- und Resilienzfazilität und setzen gleichzeitig Teilbereiche des Regierungsprogramms um, halten die MinisterInnen dazu fest. Den EU-Vorgaben entsprechend wurden alle Maßnahmen nach dem 31. Jänner 2020 in Kraft gesetzt, ihre Umsetzung soll bis spätestens 31. August 2026 erfolgen. Festgehalten wird auch, dass die Maßnahmen im Einklang mit dem nationalen Reformprogramm, dem nationalen Energie- und Klimaplan, den Plänen für einen gerechten Übergang, den Plänen zur Umsetzung der Jugendgarantie und den im Rahmen der Unionsfonds angenommenen Partnerschaftsvereinbarungen und operationellen Programmen stehen.

Fokus auf neuen, bislang nicht budgetierten Investitionen

Die VertreterInnen der österreichischen Bundesregierung verweisen auf das bereits im Juni 2020 geschnürte Konjunkturpaket, das neben Entlastungsmaßnahmen für die BürgerInnen auch zukunftsorientierte Investitionen anstoßen soll. Die Schwerpunkte dieser Maßnahmen, vor allem die Förderung von Ökologisierung und Digitalisierung, sollen mit dem ARP fortgesetzt werden, wobei der Schwerpunkt auf zukunftsorientierten Investitionen und Reformen liegen soll.

Die Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität sollen demnach das Konjunkturpaket verstärken, bestehende wirtschaftliche, ökologische und soziale Schwächen Österreichs adressieren und Zukunftspotenziale heben, heißt es dazu. Österreich investiere deshalb in Bildung, Forschung, Wirtschaft und Nachhaltigkeit und stärke die Regionen und die Gemeinden.

Auf Basis der Herbst-Prognose 2020 der Europäischen Kommission stehen Österreich aus der ARF Zuschüsse von knapp 3,5 Mrd. € zu. Um die mögliche Bandbreite des letztlichen Zuschussvolumens zu berücksichtigen, betrage das Gesamtvolumen der Maßnahmen des ARP aber 4,5 Mrd. €, wird im Bericht festgehalten. Zwei Drittel der Maßnahmen seien neue Investitionen, die noch nicht in der bisherigen österreichischen Budgetplanung berücksichtigt waren. Damit seien gänzlich neue Investitionsschienen oder auch die budgetäre Aufstockung bestehender Programme möglich. Ein Drittel der Maßnahmen des ARP sei bereits im Bundesvoranschlag 2021 bzw. dem aktuellen Bundesfinanzrahmengesetz bis 2024 enthalten, führt der Bericht aus.

Schwerpunkte auf Klimaschutz/Ökologisierung sowie Digitalisierung

Im Sinne der EU-Ziele, bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen und die digitale Transformation voranzutreiben sowie Beschäftigung und Wachstum zu erhöhen, verlangt die Verordnung der EU zur ARF, dass ein Minimum von 37 % der Investitionen der Erreichung der Klimaschutzziele und mindestens 20 % der digitalen Transformation zu widmen sind. Der Österreichische Aufbau- und Resilienzplan gehe allerdings deutlich über diese Mindestanteile hinaus und enthalte einen Anteil von 46 % für Klimaschutzzwecke sowie einen Anteil von 41 % für Digitalisierungsmaßnahmen, führen die MinisterInnen aus. Zudem berücksichtige das Programm konsequent das sogenannte "Do no significant harm"-Prinzip, mit dem sichergestellt werden soll, dass keine der Maßnahmen den EU-Umweltzielen widerspricht. Österreich reicht Maßnahmen in vier Schwerpunkten bzw. "Komponenten" ein, die unter den Titeln "Nachhaltiger Aufbau", "Digitaler Aufbau", "Wissensbasierter Aufbau" und "Gerechter Aufbau" laufen. Die in den einzelnen Komponenten zusammengefassten Maßnahmen werden in den entsprechenden Kapiteln des Berichts im Detail angeführt.

Zahlreiche Reformvorhaben sollen auch die transformative Ausrichtung des österreichischen ARP unterstreichen, heißt es seitens der Bundesregierung. Über die genannten Komponenten hinaus beinhalte der ARP zusätzliche Reformen, die den übergeordneten Zielen Rechnung tragen. Diese umfassen etwa die Weiterentwickelung der Governance beim Klimaschutz, um das Problem der mangelnden "ebenenübergreifenden Governance" zu adressieren, und die Umsetzung einer CO2-Bepreisung im Rahmen der der ökosozialen Steuerreform. Gedacht ist auch an die Etablierung einer neuen Rechtsform (Arbeitstitel "Austrian Limited"), um wachstumsorientierte Jungunternehmen nachhaltig zu unterstützen, und an Erleichterungen in Behördenverfahren. Diese Reformen sollen laut den MinisterInnen, die den ARP vorgelegt haben, dazu beitragen, einen geeigneten Rahmen für den österreichischen Wiederaufbau zu schaffen.

ARP-Komponente 1: Nachhaltiger Aufbau

Die Coronakrise hat sowohl auf EU-Ebene als auch in Österreich zu einem kurzfristigen Rückgang der Treibhausgasemissionen geführt. Um eine im Sinne der Klimaziele der Europäischen Union und Österreichs nachhaltige Reduktion der Treibhausgase zu erzielen, seien strukturelle Veränderungen notwendig. "Grüne" Investitionen würden einen Beitrag dazu leisten und gleichzeitig positive Effekte auf die wirtschaftliche Erholung durch eine Erhöhung des Wachstums und mehr Beschäftigung ermöglichen.

Die österreichische Bundesregierung setzt daher auf eine Sanierungsoffensive, auf Maßnahmen gegen Energiearmut, für die 208,9 Mio. € vorgesehen sind. Für Investitionen und Reformen zur schrittweisen Dekarbonisierung des öffentlichen Verkehrs sind im ARP 848,6 Mio. €, für Dekarbonisierung der Industrie 100 Mio. € vorgesehen, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Mit gesetzlichen Maßnahmen und Investitionen sollen die Kreislaufwirtschaft beschleunigt, Abfälle vermieden und die Biodiversität bewahrt werden. Hier sind 350 Mio. € vorgesehen.

ARP-Komponente 2: Digitaler Aufbau

Die Coronakrise habe die Wichtigkeit einer effektiven digitalen für eine dynamische und flexible Wirtschaft sowie eine gesamthafte Teilhabe auf gesellschaftlicher Ebene aufgezeigt. Das vergangene Jahr habe auch untermauert, dass eine digitale Ausstattung die Basis für einen fairen und gleichen Zugang zur Bildung darstellt.

Im Sinne der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft und einer inklusiveren Gesellschaft wird daher der Breitbandausbau priorisiert, um eine flächendeckende Versorgung mit schneller Internetanbindung sicherzustellen. Eine Plattform soll dabei für die effiziente Koordinierung aller Stakeholder sorgen und ein novelliertes Telekommunikationsgesetz den rechtlichen Rahmen des Breitbandausbaus bilden. Diese Ziele werden mit 891,3 Mio. € unterstützt. Darüber hinaus soll die Digitalisierung im Bildungsbereich durch die Bereitstellung von digitalen Endgeräten gestärkt werden, 171,7 Mio. € sind dafür veranschlagt. Für digitale Investitionen und ökologische Reformen im Unternehmensbereich sieht der ARP 605 Mio. € vor, für die Umsetzung des "Once only"-Prinzips, die eine moderne, bürgernahe und effiziente Verwaltung sicherstellen sollen, 160 Mio. €.

ARP-Komponente 3: Wissensbasierter Aufbau

Ein Schwerpunkt der Maßnahmen der Bundesregierung liegt darüber hinaus auf weiteren Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung und damit auf der Qualifikation der ArbeitnehmerInnen. SchülerInnen sollen von zusätzlichen Förderangeboten profitieren und versäumte Unterrichtsinhalte aufholen oder bereits erlerntes Wissen und Kompetenzen vertiefen und festigen. Für einen verbesserten Zugang zu Bildung sind im ARP daher 129,4 Mio. €, für Umschulung und Weiterbildung 277 Mio. € veranschlagt.

Forschung, Technologie und Innovation sind eine wichtige Säule des wissensbasierten Aufbaus. Der ARP soll daher Maßnahmen der FTI-Strategie, die in Form von übergeordneten Zielen die strategische Richtung bis 2030 vorgibt, mit 212 Mio. € unterstützen. Darunter fällt etwa die strategische Entwicklung von Forschungsinfrastrukturen. Weitere Schwerpunkte, die mit Mitteln aus dem ARF unterstützt werden sollen, sind Quantum Austria, um die Quantenwissenschaft erfolgreich für innovative Produkte und Services zu nutzen und die europäische Technologiesouveränität in diesem Bereich zu forcieren, sowie der Aufbau des Austrian Institute for Precision Medicine.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Beteiligung Österreichs an grenzüberschreitenden, strategischen Innovationen im Rahmen der Important Projects of Common European Interest (IPCEI), einem beihilferechtlichen Instrument der FTI- und Industriepolitik. Ziele der Teilnahme an den IPCEIs, für die 250 Mio. € vorgesehen sind, sind Mikroelektronik und Konnektivität sowie Wasserstoff. Ziel ist die Sicherung der strategischen Autonomie im Bereich der Halbleiterproduktion und die Stärkung des Wirtschaftsstandortes im Bereich der Zukunftstechnologien.

ARP-Komponente 4: Gerechter Aufbau

Einen hohen Entwicklungsbedarf sieht die Bundesregierung im Bereich der sozialen Kohäsion vor dem Hintergrund sich verändernder Bevölkerungsstrukturen. Maßnahmen im Bereich des Gesundheitswesens, der Pflege, resilienter Gemeinden und der Kinderbetreuung sollen diesen Herausforderungen Rechnung tragen. Konkret sind im Bereich der Gesundheit 125 Mio. € für den Ausbau der Primärversorgung vorgesehen. Resiliente Gemeinden sollen mit 104,2 Mio. € gefördert werden. Diese Mittel werden in Investitionen in klimafitte Ortskerne, eine Bodenschutzstrategie, die Umsetzung von "Community Nursing" und eine Weiterentwicklung der Pflegevorsorge fließen.

Kunst und Kultur, die von der Pandemie stark getroffen wurden, sieht die Bundesregierung auch als eine Stärke Österreichs, weshalb 66,5 Mio. € aus dem österreichischen ARP unter anderem Kunst- und Kulturbetriebe bei Schritten der Ökologisierung und Digitalisierung unterstützen sollen. Auch sollen damit Sanierungsprojekte des Volkskundemuseums Wien und der Prater Ateliers umgesetzt werden. (Schluss) sox