Parlamentskorrespondenz Nr. 584 vom 19.05.2021

Neustart statt Comeback: NEOS fordern Reformen von Wirtschaftsministerin Schramböck

Aktuelle Stunde im Nationalrat zur Wirtschaftspolitik nach der Corona-Krise

Wien (PK) – Am heutigen Tag der Öffnungen ging es auch im Nationalrat zu Beginn um den wirtschaftlichen Wiederaufschwung in Österreich. Die NEOS hatten für die Aktuelle Stunde das Thema "Österreich verdient mehr als ein Comeback. Sorgen wir für einen echten Neustart für Wirtschaft und Arbeitsplätze, Frau Bundesministerin" gewählt. Sie fordern weitreichende Reformen in der Wirtschaft statt eines Zurückkehrens zum Ausgangspunkt vor der Corona-Krise. Wirtschaftsministerin Schramböck will mit Investitionen, Exporten und Digitalisierung die Weichen für die Zukunft stellen.

Zuversichtlich zeigte sich die ÖVP, die Grünen setzen auf Klimaschutz als Wirtschaftstreiber. Kritik kam jedoch von der Opposition. Die SPÖ sieht den Staat und die Regierung in der Verantwortung in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit. Aus Sicht der FPÖ habe die Regierung versagt, man sei Weltmeister in den falschen Disziplinen, etwa beim Testen oder beim Wirtschaftseinbruch.

NEOS fordern "Neustart" mit weitreichenden Reformen statt "Comeback"

Beate Meinl-Reisinger (NEOS) bezeichnete den heutigen Tag als freudvollen Tag für die UnternehmerInnen, die nach so vielen Monaten des Lockdowns nun wieder ihre Pforten öffnen können. Es gebe jedoch gerade jetzt sehr viel zu tun. Aus ihrer Sicht ist ein Comeback, wie die Regierung es anstrebe, genau der falsche Weg. Man dürfe nicht zum Alten zurückkehren, sondern müsse einen Neustart anstreben, so Meinl-Reisinger. Sie kritisierte, dass die Wirtschaftshilfen nicht treffsicher vergeben wurden und Österreich nun einen hohen Schuldenberg abzutragen habe. Ihr Vorschlag für einen Neustart beruhe auf vier Leitgedanken: Eigenverantwortung, Wettbewerb, einer notwendigen Liberalisierung und Nachhaltigkeit. Es brauche eine dringende Neuordnung der Hilfsmaßnahmen, eine bessere Eigenkapitalausstattung der UnternehmerInnen, eine Reform des Insolvenzrechts und eine umfassendere Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit. Auch ihr NEOS-Kollege Josef Schellhorn sprach sich für eine Entbürokratisierung aus. Insbesondere die Gewerbeordnung müsse reformiert werden und die Kosten für den Faktor Arbeit gesenkt werden, forderte er. Felix Eypeltauer (NEOS) setzte sich für mehr Innovation ein. Aus seiner Sicht habe die Politik auch vor der Corona-Krise versagt, wenn es um Wirtschafts- und Innovationspolitik gehe.

Schramböck: Investitionen, Exporte und Digitalisierung wichtige Hebel für Zukunft

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck sah keine Versäumnisse der Regierung. Man habe unterschiedliche Maßnahmen zu den jeweils richtigen Zeitpunkten gesetzt und damit eben nicht "mit der Gießkanne" gefördert. Österreich sei Spitzenreiter bei den Hilfsmaßnahmen in Europa, es sei gelungen, die Unternehmen gut über die Phase der Pandemie zu retten. Auch Schramböck sah es nun an der Zeit, die Weichen für die Zukunft zu stellen, wobei sie auf Investitionen, Exporte und Digitalisierung für einen wirtschaftlichen Aufschwung setze. Nun werde eine Gesamtstrategie für den Standort Österreich erarbeitet, die auf sieben Säulen basiere. Schramböck nannte beispielhaft die Bereiche Pharma, Ökologisierung und Dienstleistungen. Der Staat habe in der Krise eine entscheidende Rolle gespielt, nun sei es an der Zeit, den Betrieben zusätzlich zu den Hilfen zu ermöglichen, dass sie selbst anpacken können, so die Wirtschaftsministerin.

ÖVP sieht Wirtschaft nach Krise stärker zurückkehren

Auch ÖVP-Mandatarin Martina Kaufmann sprach die zahlreichen Wirtschaftshilfen an, die auf die Beine gestellt worden seien, um in der Pandemie die Wirtschaft und damit die Arbeitsplätze in Österreich zu halten, zu stärken und zu unterstützen. Mit dem heutigen Tag starte man in eine neue Phase der Zuversicht, sagte sie. Österreich werde stärker aus der Krise herauskommen. Joachim Schnabel (ÖVP) schlug in dieselbe Kerbe. Der von den NEOS geforderte Neustart sei jetzt, wo der Konjunkturmotor wieder zu brummen beginne, nicht möglich, weil man einen laufenden Motor abwürgen müsse, um ihn neu zu starten. Stattdessen brauche es ein Comeback, bei dem das Land stärker als zuvor zurückkehre.

Grüne setzen auf Klimaschutz als Wirtschaftsmotor

Von den Grünen zeigte sich Elisabeth Götze überzeugt, dass es keinen bloßen Neustart brauche, sondern echte Transformation. Insbesondere im Rahmen des europäischen Aufbauinstruments "NextGenerationEU" setze man auf nachhaltige, digitale, wissensbasierte und gerechte Transformation. Auch Lukas Hammer (Grüne) betonte die Veränderungen, die durch ökologisches Wirtschaften vorangetrieben werden. Der angestrebte Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas werde den größten Umbau der Wirtschaft seit der Industriellen Revolution darstellen. Er werde Österreich lebenswerter machen und zigtausende Jobs schaffen, so Hammer. Aus der Krise müsse man sich mit Klimaschutz hinaus investieren, zeigte er sich überzeugt.

SPÖ: Staat hat Verantwortung für Wirtschaft

Für Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) ist es Aufgabe des Staates, in dieser schwierigen wirtschaftlichen Zeit Verantwortung zu übernehmen. Es brauche nachhaltige, gezielte Investitionen, um einen wirtschaftlichen Aufschwung zu erreichen. Transformationen in der Wirtschaft müssten aktiv mitbegleitet werden, sagte sie etwa mit Blick auf das MAN-Werk in Steyr. "Bringen Sie sich aktiv ein. Die Regierung hat eine Mitverantwortung für die Zukunft von MAN", lautete ihr Appell an die Wirtschaftsministerin. Christoph Matznetter (SPÖ) sah ebenfalls die Regierung in der Verantwortung. Die Europäische Kommission habe der Regierung mit dem Ranking der Wirtschaftserwartung, bei dem Österreich auf den hintersten Plätzen rangiere, ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Für Matznetter sei das ein Fehler im System der österreichischen Wirtschaftspolitik unter der Führung der ÖVP.

FPÖ wirft Regierung Versagen vor

Axel Kassegger (FPÖ) sprach ebenso zahlreiche Rankings an. Seiner Meinung nach sei Österreich in den falschen Disziplinen Europa- oder Weltmeister. Beim Testen, beim Anstieg der Arbeitslosigkeit, beim Budgetdefizit oder dem Wirtschaftseinbruch wolle er nicht Erster sein. Vielmehr sollte Österreich in Disziplinen wie den niedrigsten Lohnnebenkosten, der niedrigsten Steuerbelastung, dem besten Bildungssystem oder der größten Investitionskraft an der Spitze sehen. Hier sei das Land jedoch nicht einmal für die Europameisterschaft qualifiziert, lautete Kasseggers Analyse. Erwin Angerer (FPÖ) bezeichnete die aktuelle Wirtschaftspolitik als Dilettantismus. Die Regierung habe sowohl bei den Hilfsmaßnahmen als auch wegen der überbordenden Vorschriften im vergangenen Jahr versagt. (Fortsetzung Nationalrat) kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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