Parlamentskorrespondenz Nr. 604 vom 20.05.2021

Nationalrat drängt auf bundesweiten Reparaturbonus für Elektro-und Elektronikgeräte

Sozialminister Mückstein spricht sich für Schutzbestimmungen zum Erhalt des Existenzminimums aus

Wien (PK) – Der Nationalrat hat sich heute einstimmig dafür ausgesprochen, eine Förderung von Reparaturdienstleistungen für Elektro- und Elektronikgeräte in ganz Österreich zu ermöglichen. In Form einer Entschließung wird die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Leonore Gewessler, um entsprechende Schritte ersucht. Die Umsetzung soll laut Regierungsfraktionen mit 1.1.2022 erfolgen.

Keine Mehrheit fand die Initiative der SPÖ, die auf einen Schutzschirm für Menschen abzielt, die unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind bzw. vor existenziellen Herausforderungen stehen. Auch die von den Freiheitlichen geforderte Verlängerung gesetzlicher Kreditstundungen wird nicht kommen. Für die beiden Anträge waren jeweils lediglich SPÖ und FPÖ.

Bundesweiter Reparaturbonus soll ab 1.1.2022 kommen

Die Einführung eines bundesweiten Bonus für Reparaturdienstleistungen für Elektro- und Elektronikgeräte wurde von allen Fraktionen als Maßnahme zur Schonung der Ressourcen und der Umwelt und damit zu mehr Nachhaltigkeit sowie zur Förderung der regionalen kleinen und mittleren Betriebe und von Arbeitsplätzen begrüßt. Wie den Debattenbeiträgen der Abgeordneten der Regierungsparteien zu entnehmen war, geht man davon aus, dass der bundesweite Reparaturbonus mit Anfang 2022 umgesetzt werden kann.

Basis für das von allen Fraktionen mitgetragene Ersuchen an Ministerin Gewessler, die Förderung von Reparaturdienstleistungen für Elektro- und Elektronikgeräte in ganz Österreich zu ermöglichen, war ein Antrag der FPÖ zur Einführung eines Bundesreparaturbonus, der jedoch im Ausschuss für Konsumentenschutz abgelehnt worden war. Darin haben die Freiheitlichen einen Förderbeitrag von 1.000 € pro Person und Jahr vorgeschlagen. Auch wenn die Abgeordneten der FPÖ dem neuen Antrag ihre Zustimmung gaben, halten sie diesen für zu wenig konkret. Peter Wurm (FPÖ) brachte daher einen eigenen Antrag ein, in dem die Freiheitlichen verlangten, die Förderung bis zum 31.12.2021 zu realisieren. Es gehe darum, schnell weiterzukommen, so Wurm, und nicht Amazon, sondern die lokale Wirtschaft zu unterstützen. Sein Vorstoß wurde jedoch von der Mehrheit abgelehnt.

Von einem "guten Heimatschutzprogramm" sprach Peter Weidinger (ÖVP), da der Reparaturbonus dazu beitragen werde, Müllberge zu verringern, Ressourcen zu schonen, Energie effizienter zu nutzen und das Wasser sauber zu halten. Ihm geht es um ein ganzheitliches Konzept, wovon die Wirtschaft stark profitieren soll, wobei es auch um Anreize für Forschung und Entwicklung, insbesondere in Bezug auf Materialforschung, geht. Wie seine Klubkollegin Agnes Totter will Weidinger damit aber auch die Jugend motivieren und ansprechen und Lehrberufe im Elektrobereich attraktiver, weil umweltfreundlicher, gestalten. Der Reparaturbonus wird sich in der Folge auch für die Kundinnen und Kunden sowie für die Wirtschaft auszahlen, zeigte sich zudem Andreas Kühberger (ÖVP) überzeugt. Der beste Abfall sei derjenige, der nicht produziert wird, sagte er. Werde mehr repariert, dann bleibe auch die Wertschöpfung im Land.

Seitens der Grünen wurde ebenfalls die Bedeutung eines umfassenden Konzepts betont. In diesem Sinne bedeute der Reparaturbonus nur einen ersten Schritt, hielt Astrid Rössler (Grüne) fest. Notwendig sei insbesondere auch ein intelligenteres und effizienteres Produktdesign. Als dritten Schritt nannte sie eine entsprechende Förderung von Forschung und Entwicklung im Interesse einer längeren Produktnutzung und der Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Das liege im Interesse des Klimaschutzes und eines geringeren Energieverbrauchs. Sowohl Rössler als auch die Grün-Abgeordnete Ulrike Fischer wiesen auf die riesige Menge von jährlichem Elektroschrott hin – 83 Tonnen mit steigender Tendenz –, wobei die Geräte bis zu 80 unterschiedliche Materialien enthalten. Der Schrott gehe nach Ghana, wo er Böden und Wasser bedrohe. Es gelte daher, Anreize für nachhaltiges Handeln zu schaffen, meinten Rössler und Fischer und erinnerten daran, dass die Mehrwertsteuer für Reparaturen bereits von 20% auf 10% gesenkt worden ist.

Auch die SozialdemokratInnen begrüßten den geplanten Reparaturbonus als einen wichtigen Schritt. Klaus Köchl (SPÖ) hätte in den Reparaturbonus jedoch gerne die Fahrräder miteinbezogen. Ebenfalls positiv zu diesem Vorhaben äußerte sich Felix Eypeltauer von den NEOS, meinte aber, dass eine größere Hilfe für die Klein- und Mittelbetriebe die Reduzierung der Bürokratie und die Senkung der Lohnnebenkosten wären. Eypeltauer wies zudem darauf hin, dass die Aufrechterhaltung der Kreislaufwirtschaft und die Ressourcenschonung auch ein zentrales Anliegen der EU darstelle und es dazu bereits zehn Verordnungen gebe.

Keine Mehrheit für SPÖ-Initiative zu Schutzschirm für SchuldnerInnen

Abgelehnt wurde die Initiative der SozialdemokratInnen, einen Schutzschirm für SchuldnerInnen einzuführen, sollten Betreffende unverschuldet vor finanziellen Schwierigkeiten stehen. Gefordert wird unter anderem ein Zinsen- und Spesenstopp bei Stundungsvereinbarungen und eine Begrenzung von Inkassogebühren mit transparenten Pauschalen. Zudem muss nach Meinung der SPÖ ein abruptes Fälligstellen von Krediten und Kontoüberziehungen verhindert werden. Weitere Anliegen sind ihr ein Verbot des Verkaufs von notleidenden Krediten, die Unterbindung von Negativeinträgen in Wirtschaftsauskunfteien bei coronabedingten Kreditstundungen, eine Verkürzung der Verfahrensdauer bei Privatkonkursen, die Verkürzung des Zahlungsplans von sieben auf sechs Jahre, ein Ausbau der Finanzbildung an Schulen und die Einrichtung einer Ombudsstelle beim Sozialministerium.

Es gehe um Menschen, die nicht mehr wissen, wie sie ihren Kredit zurückzahlen sollen, machte Christian Drobits seitens der SPÖ auf die Dringlichkeit des Problems aufmerksam. Betroffen seien vor allem auch Frauen. Als besonders dramatisch bezeichnete er auch die Tatsache, dass neben den Krediten Banken nun auch die Zinsen und Kosten während der Phase der Stundung fällig stellen wollen. Scharf kritisierte er die Diskrepanz zwischen dem durchschnittlichen Zinssatz von über 10% bei Kontoüberziehung und dem Zinssatz von 0,01% für Kontoguthaben und forderte daher eine gesetzliche Regelung der Kontoüberziehung und einen Corona-Zinssatz von höchstens 5%. Seine Klubkollegin Petra Wimmer bezeichnete den zur Debatte stehenden Antrag als ein umfassendes Mittel, um den Betroffenen zu helfen. Sie stellte abermals die Erhöhung des Arbeitslosengeldes zur Diskussion und kritisierte scharf den Vorstoß der Wirtschaftskammer zur Kürzung des Arbeitslosengeldes.

Minister Wolfgang Mückstein zeigte sich bereit, über Forderungen im Paket faktenbasiert, wie er sagte, zu sprechen, ohne jedoch konkrete Punkte zu nennen. Man müsse aber auf verfassungsrechtliche Bestimmungen wie die Erwerbsfreiheit achten, stellte er klar.

Man werde Menschen, die während der Corona-Krise in Bedrängnis geraten sind, nicht vergessen, beteuerten die Rednerinnen von ÖVP und Grünen. Ihre Ablehnung des Antrags begründeten sie damit, dass vieles schon in die Wege geleitet und einiges auch bereits beschlossen worden sei. So werde das Insolvenzrecht sicherlich eine Hilfe darstellen, zeigte sich Ulrike Fischer (Grüne) überzeugt, da damit auch für Private eine Entschuldung nach drei Jahren möglich sein werde. Der beste Weg, eine Verschuldung zu verhindern, sei es, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und den Menschen wieder Arbeit zu verschaffen, meinten Elisabeth Scheucher-Pichler und Alexandra Tanda(beide ÖVP). Außerdem habe die Regierung spezielle Hilfspakete geschnürt, auch zeichne sich Österreich durch sehr hohe soziale Standards aus.

In gleicher Weise zeigten sich die NEOS hinsichtlich des Forderungspakets der SPÖ skeptisch. Einiges daraus werde von seiner Fraktion durchaus begrüßte, sagte Felix Eypeltauer und äußerte sich kritisch zu den überhöhten Inkassogebühren. Pauschal Überziehungszinsen zu deckeln, hält er aber für betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll. Hier seien individuelle Regelungen gefragt.

Mehrheit gegen Verlängerung gesetzlicher Kreditstundungen – Mückstein für Bestimmungen zum Erhalt des Existenzminimums

Auch die Forderung der FPÖ nach einer rückwirkenden Verlängerung der im vergangenen Jahr aufgrund der Corona-Krise beschlossenen und mittlerweile ausgelaufenen gesetzlichen Kreditstundungen für Wohnkredite und andere private Kredite fand im Plenum keine ausreichende Unterstützung. Die Freiheitlichen plädieren dafür, die Stundungen rückwirkend mit Jänner wieder einzuführen und bis zum Ende der Corona-Wirtschaftskrise in Kraft zu lassen.

Weder ÖVP noch Grüne noch NEOS konnten der Initiative etwas abgewinnen. Die Kreditstundungen seien eine wichtige Maßnahme gewesen, waren sich alle einig, es gebe aber Verträge mit Banken und diese seien bemüht, Probleme mit ihren KundInnen gütlich zu regeln, hielten Ulrike Fischer sowie Elisabeth Scheucher-Pichler und Alexandra Tanda (beide ÖVP) fest. Bei weiteren Stundungen würde der Schuldenberg immer größer, so Tanda. Sie wies auch darauf hin, dass die Zahlungen mit November beginnen werden. Die drei Rednerinnen erinnerten auch an die Anlaufstelle im Sozialministerium, wohin man sich bei Problemen wenden könne und wo geholfen werde, eine gute Lösung des Problems zu finden.

Auch Felix Eypeltauer von den NEOS hält weitere Stundungen für unverhältnismäßig und brachte das betriebswirtschaftliche Interesse der Banken in die Diskussion ein. Man müsste sich aber eng mit den Schuldnerberatungsstellen austauschen, merkte er an.

Auch Minister Wolfgang Mückstein konnte sich der Forderung nach Verlängerung der Kreditstundungen nicht anschließen. Er bezeichnete dies auch insofern als unverantwortlich, weil derzeit von den Gerichten geklärt werde, ob für die Zeit der Stundungen auch Zinsen anfallen dürfen. Außerdem machte auch er auf die Möglichkeit aufmerksam, sich in Problemfällen an sein Haus zu wenden. Wichtiger sind für ihn klare und eindeutige Bestimmungen zum Erhalt des Existenzminimums.

Dem konnten sich die FPÖ-Abgeordneten nicht anschließen. Christian Ries befürchtet mit Beginn des nächstens Jahres eine Pleitewelle, er rechnet bei den Insolvenzen mit einem Anstieg von rund 36%. Wenn man jetzt nicht reagiere, dann handle die Regierung wie ein Liquidator für jene, die die Krise gerade noch überstanden haben, warnte er. Sein Klubkollege Peter Wurm befürchtet viele persönliche Tragödien, wenn man nicht mit der Verlängerung der Kreditstundungen helfe. Zehntausende BürgerInnen und Kleinunternehmen seien betroffen, rechnete er vor. (Fortsetzung Nationalrat) jan

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