Parlamentskorrespondenz Nr. 625 vom 26.05.2021

EU-Ausschuss des Bundesrats: Mitteilung an Brüssel zum Europäischen Klimapakt

Debatte über aktualisierte Industriestrategie für Europa

Wien (PK) – Der EU-Ausschuss des Bundesrats hat heute mehrheitlich beschlossen, zum Europäischen Klimapakt eine Mitteilung an die EU zu schicken. Die BundesrätInnen von ÖVP, SPÖ und Grünen halten darin auf der einen Seite fest, dass der Klimapakt als Initiative der EU-Kommission unterstützt werde und erachten das Einbinden von Jugendlichen und jungen Menschen als KlimabotschafterInnen für sehr innovativ und sinnvoll. Auch die Integration von Klimawissenschaft und Klimaschutzlösungen in Bildungsprogramme von Schulen ist aus Sicht des EU-Ausschusses des Bundesrates zu begrüßen.

Andererseits stellen die BundesrätInnen fest, dass die vier im Rahmen des Klimapakts von der Europäischen Kommission ernannten Klimabotschafter aus Österreich ausschließlich Männer sind. Der EU-Ausschuss des Bundesrates ersucht daher die Kommission um eine Erläuterung, nach welchen Kriterien die Bestellungen erfolgten.

Darüber hinaus wird in der Mitteilung gefordert, dass die Regionen, Städte und Gemeinden prinzipiell in die Ausarbeitung der Maßnahmen und Initiativen zur Bekämpfung des Klimawandels auf nationaler und EU-Ebene besser einbezogen werden sollen. Außerdem brauche es für sie entsprechende finanzielle Unterstützung und leicht vollziehbare organisatorische und rechtliche Vorgaben, etwa bei zusätzlichen Regelungen im Bereich des Beihilferechts und des Vergaberechts. Der EU-Ausschuss des Bundesrates weist mit der Mitteilung außerdem darauf hin, dass die Erfüllung der politischen Ziele aus der Bekämpfung des Klimawandels nicht vordergründig über das Vergaberecht und Beihilfenrecht erreichbar seien.

Zur Debatte stand außerdem die aktualisierte Industriestrategie für Europa mit einem Fokus auf die Beschleunigung des grünen und digitalen Übergangs und auf Wiederaufbaumaßnahmen nach der Krise.

Europäischer Klimapakt: Inklusionsfördernde Initiative für den Klimaschutz

Mit dem Europäischen Klimapakt hat die Europäische Kommission eine EU-weite Initiative gestartet, in deren Rahmen sich Menschen, Gemeinschaften und Organisationen an Klimaschutzaktivitäten und am Aufbau eines grüneren Europas beteiligen können. Es wird demnach Raum geboten, sich zu vernetzen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln und umzusetzen, Informationen auszutauschen und zu diskutieren.

Es gehe darum, Bewusstsein in der Zivilgesellschaft zu bilden und damit auch die bestehenden Maßnahmen hin zur Klimaneutralität 2050 zu verstärken, so der Experte des Umweltministeriums. Ebenso wie Stefan Schennach (SPÖ/W) und Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) warf er auf, dass bei den Klimabotschaftern mit vier Männern die Genderbalance nicht gewährleistet sei. Die Klimabewegung in Österreich sei jung und weiblich, ergänzte Schennach. Außerdem gelte es bei der Initiative, die Kommunen mehr miteinzubeziehen, war er sich mit Eder-Gitschthaler einig.

Aktualisierung der neuen Industriestrategie von 2020

Die EU-Kommission hat kürzlich auch eine aktualisierte Industriestrategie für Europa vorgelegt. Basierend auf der Fassung von März 2020 liege dabei ein besonderer Fokus auf der Beschleunigung des grünen und digitalen Übergangs im Sinne einer zukunftsorientierten Wirtschafts- und Industriepolitik sowie auf notwendigen Resilienz- und Wiederaufbaumaßnahmen, resultierend aus den Erfahrungen der vergangenen Krisenmonate.

Von österreichischer Seite wird die Vorlage der überarbeiteten Industriestrategie für Europa begrüßt, insbesondere im Sinne starker Maßnahmen zur Förderung des grünen und digitalen Übergangs. Wichtig im Rahmen des Überarbeitungsprozesses und auch im gegenwärtigen Diskussionsprozess auf EU-Expertenebene seien insbesondere die Diversifizierung und der Ausbau strategischer Lieferketten, aber auch die Resilienz und Effizienz des Binnenmarktes mit Fokus auf Durchsetzung und Vereinfachung (Better Regulation/"one-in-one-out" in geeigneten Bereichen). Darüber hinaus gelte es, den Begriff der offenen, strategischen Autonomie bei gleichzeitigem Ausbau bewährter und neuer globaler Partnerschaften zu schärfen.

Ein weiterer wichtiger Punkt aus österreichischer Sicht sei, IPCEIs stärker zu nutzen und im Rahmen der Überarbeitung der IPCEI-Mitteilung auf vereinfachte Partizipation für KMU hinzuwirken. Die Standardisierung bzw. Harmonisierung sollte strategisch genutzt werden, zudem gehe es um ein Update im Wettbewerbsrecht für ein globales "level playing field" und um einen stärkeren Schutz von sensiblen Sektoren und Produktionsstätten (Investitionskontrolle). Der technologische Wandel sei durch eine adäquate Ausbildung der benötigten Fachkräfte zu begleiten. Im Besonderen gelte dies für die Herausforderungen der Digitalisierung und Automatisierung.

Die Aktualisierung enthalte drei wesentliche Bereiche, erläuterte ein Experte des Wirtschaftsministeriums. Neben dem digitalen und grünen Übergang soll die Resilienz des Binnenmarkts gestärkt werden, etwa im Hinblick auf Restriktionen, die es teils in der Pandemie unter anderem bei Schutzausrüstung gab. Es soll ein jährlicher Binnenmarktbericht mit dem Stand der Binnenmarktintegration vorgelegt werden. Darüber hinaus seien in einer ersten Analyse massive Abhängigkeiten erkannt worden. So seien etwa im Halbleitersektor Lieferketten unterbrochen gewesen, wie er gegenüber Ausschussvorsitzendem Christian Buchmann (ÖVP/St) erörterte. Auch damit werde sich die Strategie auseinandersetzen.

Als komplexes Thema erachtete der Experte ein von Sonja Zwazl (ÖVP/N) thematisiertes Zurückholen der Industrie nach Europa. Es gebe gewisse sensible Sektoren wie beispielsweise den Gesundheitsbereich, für die es eine offene strategische Autonomie brauche. Was den Bürokratieabbau betrifft, habe die EU etwa mit dem Modell "one-in-one-out" bereits gute Weichen gestellt. Bei der Entsenderichtlinie seien Vereinfachungen wie die Digitalisierung des entsprechenden Formulars geplant, so der Experte.

Gegenüber Stefan Schennach (SPÖ/W) räumte er ein, der "Just Transition Fund" werde tatsächlich gut ausgeschöpft sein. Es brauche hier nachhaltigere Instrumente, daher habe man eine Überarbeitung des staatlichen Beihilferahmens speziell für sensible Sektoren angestoßen. Auch das Thema Arbeitsplätze und Ausbildung finde sich in der Strategie gut wieder, so seien etwa KMU stark angesprochen.

Hinsichtlich der in der Pandemie entstandenen verkehrsbedingten Einschränkungen soll das "Single Market Emergency Instrument" zur Verbesserung der Koordination ansetzen, antwortete der Experte auf Fragen von Johannes Hübner (FPÖ/W). Was die Kommission verfolge, sei alles andere als Planwirtschaft, meinte er zu diesem Thema. Bei Freihandelsabkommen gelte es, diese genau anzuschauen und darüber hinaus Abhängigkeiten zu analysieren.

Angesichts der Herausforderungen bezeichnete es ein Experte der Arbeiterkammer zwar als erfreulich, dass vertikale Ansätze wie etwa die IPCEIs in die Industriepolitik Einzug halten. Damit niemand zurückgelassen wird, sei es aber auch notwendig, dass die vorliegende Strategie von beschäftigungspolitischen Maßnahmen bzw. Beihilfeninstrumente von länderübergreifenden Projekten begleitet werden.

Was den "Just Transition Fund" betrifft, schätzt der Experte der Arbeiterkammer, dass das Geld nicht ausreichen werde. Man werde über neue Finanzierungsinstrumente und mehr Geld sprechen müssen. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) mbu


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