Parlamentskorrespondenz Nr. 768 vom 23.06.2021

EU-Ausschuss des Bundesrats berät über EU-Zukunftskonferenz

Antrag von ÖVP und Grünen findet keine Mehrheit

Wien (PK) – Die im Mai gestartete "Konferenz zur Zukunft Europas" stand im Mittelpunkt der Debatte des heutigen EU-Ausschusses des Bundesrats. ÖVP und Grüne brachten einen Antrag betreffend der Aufrechterhaltung der Mitwirkungsmöglichkeiten und bestmögliche Einbindung der nationalen und regionalen Parlamente in den europäischen Gesetzgebungsprozess ein, dieser fand jedoch keine Mehrheit.

Am Europatag, dem 9. Mai, startete mit der "Konferenz zur Zukunft Europas" einer der größten Bürgerbeteiligungsprozesse der europäischen Geschichte. Für den Zeitraum eines Jahres soll die Konferenz dazu genutzt werden, um Lösungen für die internen und externen Herausforderungen, mit welchen die Europäische Union gegenwärtig konfrontiert ist, zu liefern. Darunter fallen unter anderem die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie, der Klimawandel, die Digitalisierung oder Herausforderungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Im Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern sollen Überlegungen hinsichtlich der künftigen Ausgestaltung der Europäischen Union erfolgen. Alle BürgerInnen sind dazu eingeladen, ihre Ideen und Anliegen einzubringen und selbst aktiv zu werden. Die Endergebnisse der Zukunftskonferenz sollen im Frühjahr 2022 vorliegen.

Bundesratspräsident Christian Buchmann (ÖVP/St), der auch einer der Delegierten Österreichs in der Zukunftskonferenz ist, erklärte, dass die Abschlussphase der Zukunftskonferenz spannend sein werde. Es werde dabei eine Meinungsbildung zwischen BürgerInnenbeteiligungsprozess und repräsentativer Demokratie stattfinden mit dem Ziel der Erstellung eines Schlussdokuments. Als Maßnahme des Österreichischen Parlaments kündigte Buchmann an, dass jede Parlamentsfraktion im Rahmen der Demokratiewerkstatt des Parlaments Schwerpunktthemen mit Jugendlichen diskutieren werde. Seine Salzburger Fraktionskollegin Andrea Eder-Gitschthaler unterstrich, dass es besonders wichtig sei, junge Menschen in die Zukunftskonferenz einzubinden. Sie stellte namens der ÖVP und der Grünen einen Antrag, der jedoch keine Mehrheit fand. Darin sprechen sich die Regierungsparteien für eine Aufrechterhaltung der Mitwirkungsmöglichkeiten und bestmögliche Einbindung der nationalen und regionalen Parlamente in den europäischen Gesetzgebungsprozess aus. Die Häufigkeit der Anwendung sogenannter "delegierter Rechtsakte" ist ihrer Meinung nach kritisch zu sehen, da der Einfluss nationaler und regionaler Parlamenten dabei eingeschränkt sei. Die Bundesregierung sollte außerdem ersucht werden, sich im Plenum der "Zukunftskonferenz" für eine Bestärkung der Rolle der regionalen und nationalen Parlamente in der täglichen Arbeit der EU einzusetzen.

Derzeit gebe es sehr viel Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der Europäischen Union, erklärte Günther Novak (SPÖ/K). Die Zustimmung zur EU sei in Österreich zuletzt gesunken, weil die Corona-Impfstoffbeschaffung nicht funktioniert habe. Es sei wichtig, BürgerInnen im Rahmen der Zukunftskonferenz einzubinden. Es müssten die Ergebnisse aber auch umgesetzt werden, da die Unzufriedenheit sonst weiter steigen würde, forderte er. Ebenfalls eine Verbindlichkeit der Ergebnisse mahnte Karl Arthur Arlamovsky (NEOS/W) ein. Zur Steigerung dieser schlug er eine Europäische Volksabstimmung über die Ergebnisse vor.

Bundesrat Johannes Hübner (FPÖ/W) äußerte die Befürchtung, dass die Zukunftskonferenz kein Ergebnis und keine Auswirkungen haben werde. Es werde lediglich viel Geld ausgegeben. Zum Antrag der ÖVP und der Grünen stellte er fest, dass die nationalen Parlamente und Positionen über die nationalen VertreterInnen genügend eingebunden seien.

Nicht zuletzt die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass ein gewisser Reformbedarf in der Europäischen Union vorhanden sei, erklärte Marco Schreuder (Grüne/W). Er begrüßte die Zukunftskonferenz, weil die Bevölkerung die Möglichkeit habe, gemeinsam mit PolitikerInnen die Fragen der Zukunft zu diskutieren.

Die Zukunftskonferenz sei ein wichtiger, ergebnisoffener und transparenter Diskussionsprozess, um die EU fit für künftige Generationen zu machen, betonte eine Experte des Bundeskanzleramts. Österreich habe sich seit dem Start intensiv beteiligt. So hätten im Schnitt täglich zwei Veranstaltungen in Österreich seit dem Start der Zukunftskonferenz stattgefunden. Er bedauerte die coronabedingt zuletzt schlechte Beteiligung der BürgerInnen und RatsvertreterInnen und hoffte, dass sich dies im Herbst verbessern würde.

Österreich setzt sich dem Vertreter des Bundeskanzleramts zufolge auch für eine Einbindung der Länder des Westbalkans in die Zukunftskonferenz ein. Hier konnte aber noch keine Einigkeit mit den anderen Mitgliedsstaaten erreicht werden. BürgerInnen dieser Länder können sich aber durchaus in die Diskussionen einbringen.

Die Welt werde nach Corona eine andere sein, zeigte sich ein Experte der Arbeiterkammer überzeugt, es fände derzeit ein politischer Epochenwechsel statt. Es würden enorme Herausforderungen der Zukunft wie die der Klimakrise anstehen. Die Arbeiterkammer wünsche sich deswegen eine Debatte ohne Tabus. Die Konferenz solle Schwächen im europäischen Recht aufzeigen.

Die Zukunftskonferenz solle den Wirtschaftsstandort Europa stärken, wünschte sich eine Expertin der Wirtschaftskammer Österreich. So sei es unter anderem wichtig, die technologische Souveränität Europas sicherzustellen, den Handel für neue Technologien zu erleichtern und den technologischen Fortschritt zur Bewältigung des Klimawandels zu fördern. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) pst


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