Parlamentskorrespondenz Nr. 884 vom 13.07.2021

Corona-Pandemie hatte zahlreiche Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen

Bericht des Behindertenanwalts für 2020 liegt vor

Wien (PK) – Die COVID-19-Pandemie hatte auch für die Arbeit der Behindertenanwaltschaft gravierende Auswirkungen. So standen etwa Beratungen zu den Themen Maskenpflicht, Risikogruppen, Impfprogramme und Ausgangsbeschränkungen im Mittelpunkt der Tätigkeiten. Das geht aus dem Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen über die Tätigkeit im Jahr 2020 (III-352 d.B.) hervor, der dem Nationalrat vorgelegt wurde.

Aufgabe des Behindertenanwalts ist es primär, Personen zu beraten und unterstützen, die sich im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes oder des Behinderteneinstellungsgesetzes diskriminiert fühlen. Darüber hinaus kann er Untersuchungen initiieren und Empfehlungen abgeben sowie Verbandsklagen einbringen. Der Behindertenanwalt versteht sich als Anlauf- und Servicestelle für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige. Im Jahr 2020 wurden 696 Akten verzeichnet. Im Durchschnitt nahmen 58 Betroffene pro Monat das Angebot des Behindertenanwalts in Anspruch. Dazu kamen 669 telefonische Beratungen sowie die Unterstützung in 57 Schlichtungsverfahren. Die Anliegen betrafen Probleme am Arbeitsplatz, bauliche und kommunikationstechnische Barrieren, Probleme bei schulischer Inklusion sowie mangelnden Zugang zu Leistungen der Versicherungswirtschaft. Ein Großteil der Fälle konnte im Berichtszeitraum erledigt werden, wenn auch nicht immer mit einem zufriedenstellenden Ergebnis für die KlientInnen, so der Bericht.

Diskriminierungen im Zuge der Corona-Pandemie

Viele Anliegen im Jahr 2020 betrafen schwierige Lebenssituationen im Zusammenhang mit der Pandemie. Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Tragen des Mund-Nasen-Schutzes, insbesondere für Menschen mit Hörbehinderungen, und die Diskriminierung von Personen mit Risikoattest in der Arbeitswelt standen im Vordergrund. Auch mit Anliegen zur finanziellen Unterstützung im Zuge der Pandemie wandten sich Personen an die Behindertenanwaltschaft.

In der Arbeitswelt waren Diskriminierungen bei der Begründung oder Beendigung von Dienstverhältnissen, Schwierigkeiten mit dem AMS und Belästigungen am Arbeitsplatz häufige Themen. Auch aus dem Bildungsbereich wurden zahlreiche Probleme berichtet, etwa bei der Teilnahme an Schulveranstaltungen oder bei Lehrabschlussprüfungen. Diskriminierungen in täglichen Lebensbereichen betrafen oftmals bauliche Barrieren. Viele Fälle bezogen sich auf Diskriminierungen im öffentlichen Verkehr, beim Zugang zu Kultur- und Sportstätten, bei Weiterbildungseinrichtungen, beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen sowie beim Wohnen.

Anregungen des Behindertenanwalts

Der Behindertenanwalt richtet im Bericht auch zahlreiche Anregungen an die Politik. So fordert er im Bereich des Behindertengleichstellungsrechts etwa die Partizipation von Menschen mit Behinderungen, Sensibilisierungskampagnen und Studien ein. Bei Arbeit und Beschäftigung spricht er sich dafür aus, dass das AMS Arbeitssuchende mit Behinderungen individuell fördert, dass die Kriterien für Arbeitsunfähigkeit neu gefasst werden und dass ein Anreizsystem für ArbeitgeberInnen für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen geschaffen wird, etwa durch die Übernahme eines Teils der Lohnnebenkosten. Auch eine Vollversicherung und einen Entgeltanspruch bei der Tätigkeit in Einrichtungen der Tagesstruktur regt die Behindertenanwaltschaft an.

Im Bereich der Bildung wird unter anderem der Ausbau inklusiver Kinderbetreuungseinrichtungen und die Einführung von Gebärdensprache als Unterrichtssprache angeführt. Im Sinne der Barrierefreiheit fordert der Behindertenanwalt, Wohnbauförderungen nur bei einer barrierefreien Planung zu vergeben. Im Gesundheitssystem spricht er sich für die Verwendung von "Leichter Sprache" aus. Auch im Sozialrecht wendet er sich mit Anregungen an die Politik. So setzt er sich etwa für einen vereinheitlichten Zugang zu persönlicher Assistenz und für eine bessere Unterstützung von pflegenden Angehörigen ein. Im Strafrecht fordert er eine Neuregelung des Schwangerschaftsspätabbruchs, im Straßenverkehr ist ihm die Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen bei E- bzw. autonomen Fahrzeugen ein Anliegen.

Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit

Als wichtigen Teil ihrer Tätigkeit versteht die Behindertenanwaltschaft laut Bericht auch die Vernetzung mit politischen EntscheidungsträgerInnen, Behindertenorganisationen und anderen relevanten Institutionen. Im Jahr 2020 gab der Behindertenanwalt zudem Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen ab, brachte sich bei der Barrierefreiheit beim Umbau des Parlamentsgebäudes und in Schulgebäuden ein und bot Veranstaltungen über das Behindertengleichstellungsrecht für RichterInnen-AnwärterInnen an. Im Rahmen von Vorträgen, Interviews und der Teilnahme an Veranstaltungen verfolgte man zudem das Ziel, über Rechte von Menschen mit Behinderungen aufzuklären und weiter zu sensibilisieren. (Schluss) kar


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