Parlamentskorrespondenz Nr. 905 vom 15.07.2021

Platter im Bundesrat: Die Pandemie zeigt, dass ein föderales System unverzichtbar ist

Erklärung des Tiroler Landeshauptmanns in der Länderkammer

Wien (PK) – Anlässlich der Tiroler Vorsitzübernahme im Bundesrat sowie in der Landeshauptleutekonferenz gab Landeshauptmann Günther Platter heute eine Erklärung zum Thema "Österreichs Zukunft sichern" im Plenum der Länderkammer ab. Dabei zeigte sich Platter überzeugt, dass die Pandemiebekämpfung nur in einem "guten Zusammenspiel zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern" funktioniere. Dafür seien die föderalen Strukturen von großer Bedeutung. Zudem müsse man die Landflucht "mit allen Mitteln bekämpfen", denn nur starke Regionen würden zu einer starken Republik beitragen.

Die ÖVP betonte die Wichtigkeit, die Unabhängigkeit in systemrelevanten Bereichen, etwa im Energie- oder im medizinischen Bereich, zu stärken, während sich die Grünen für eine Evaluierung des Corona-Managements aussprachen. SPÖ und FPÖ kritisierten, unter anderem in Bezug auf die Causa Ischgl, das Corona-Missmanagement der Landesregierung. Die NEOS forderten einen Zukunftskonvent für einen "Neustart Österreichs".

Platter: "Die Pandemie wird uns noch weiter beschäftigen, das Virus ist nicht weg"

"Das föderale System ist unverzichtbar", das habe man gerade in den Zeiten der Pandemie gesehen, betonte Landeshauptmann Günther Platter in seiner heutigen Erklärung vor dem Bundesrat. Menschenleben zu schützen und zu retten gehe nur in "gutem Zusammenspiel zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern", denn die beschlossenen Maßnahmen seien auf Landes- und Gemeindeebene umzusetzen. Platter geht davon aus, dass "uns die Pandemie weiter beschäftigen wird, da das Virus nicht weg ist". Man dürfe aber nicht überreagieren, entscheidend sei die Hospitalisierungsrate. Der Schlüssel gegen die Pandemie sei immer noch die Impfung, hier müsse man die Bevölkerung weiter sensibilisieren und auf die Eigenverantwortung appellieren, so der Tiroler Landeshauptmann.

Die Bereiche Arbeitsmarkt und Wirtschaft, in Tirol insbesondere der Tourismus, seien pandemiebedingt besonders betroffen. "Hier müssen wir alles daran setzen, dass die Menschen wieder Arbeit haben und die Wirtschaft anläuft", unterstrich Platter. Eine "große Lehre" sei zudem, dass "nicht alles auf andere Kontinente ausgelagert werden kann". Platter erwähnte hier etwa die Produktion von Masken oder Medikamenten. Zudem müsse man die Landflucht "mit allen Mitteln bekämpfen", denn nur starke Regionen würden zu einer starken Republik beitragen, betonte der Landeshauptmann vor der Länderkammer. Hier sei vor allem der Breitbandausbau zur weiteren Digitalisierung hervorzuheben. Laut Platter besteht zudem "ein riesiges Problem mit dem Wolf". Dabei gehe es auch darum, den Schutzstatus zu überdenken. Er ersuchte die Bundesregierung, sich damit auseinanderzusetzen.

Platter appellierte abschließend auf die Wortwahl in der Politik aufzupassen. Kritische Debatten würden zwar zu gelebtem Parlamentarismus dazugehören, PolitikerInnen müssten dabei jedoch konstruktiv agieren, ansonsten würden sich die Menschen von der Politik abwenden.

ÖVP: Versorgungssicherheit in systemrelevanten Bereichen stärken

Elisabeth Mattersberger (ÖVP/T) dankte dem Landeshauptmann für seine "umfangreiche, zukunftsorientierte und Mut machende Erklärung" im Bundesrat. Die ÖVP-Mandatarin betonte ebenso den aus ihrer Sicht hohen Stellenwert des Föderalismus in Österreich. Es gebe etwa einen großen Unterschied der Lebensrealitäten zwischen Stadt, Land und den Regionen in den verschiedensten Bereichen. Um die unterschiedlichen Lebenswelten zusammenzuführen, sei deshalb der Bundesrat und die Landeshauptleutekonferenz von großer Bedeutung. Die COVID-19-Krise habe Schwächen in der Versorgungssicherheit aufgezeigt, hielt Sebastian Kolland (ÖVP/T) fest. Es gehe nun darum, die Unabhängigkeit in systemrelevanten Bereichen, etwa im Energie- oder im medizinischen Bereich, zu stärken.

SPÖ: Bevölkerung braucht "Normalität, aber mit Hausverstand"

COVID-19 bringe immer noch viele Herausforderungen für Tirol, unterstrich Stefan Zaggl (SPÖ/T). Zu Beginn der Pandemie sei in Tirol "fast alles schief gelaufen", er vermisse jedoch weiterhin ein Eingestehen seitens der Landesregierung, dass man vor allem mit der Situation in Ischgl anfangs überfordert gewesen sei, so der SPÖ-Bundesrat. Zudem habe man keine Lösungen gegen die "explodierenden Arbeitslosenzahlen" gefunden. Die Bevölkerung brauche nun "Normalität, aber mit Hausverstand". Zanggl forderte etwa das Aufrechterhalten der Testkapazitäten für die heimische Bevölkerung. Stefan Schennach (SPÖ/W) kritisierte, dass es seitens des Bundeslands aktuell keine "aktive Europapolitik für die Europaregion Tirol in Brüssel" geben würde. Hier hoffe er auf eine neue Form des europapolitischen Auftretens. Was den Schutzstatus des Wolfes betrifft, stehe die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU über dem nationalen Recht, so Schennach.

FPÖ ortet Corona-Missmanagement seitens der Tiroler Landesregierung

Der Landeshauptmann habe mit seiner Landesregierung beim Corona-Management versagt, weshalb Tirol "weltweit als Seuchengebiet Nummer Eins" gegolten habe, betonte Christoph Steiner (FPÖ/T). So sei etwa Schutzausrüstung zu spät beschafft worden und die Gemeindequarantäne verfassungswidrig gewesen. Zudem habe es beim "Tirol-Bashing" des Bayrischen Ministerpräsidenten keine Verteidigung durch den Landeshauptmann gegeben. "Machen Sie den Platz frei für Neues, Tirol gehört den Tirolern und nicht der ÖVP", appellierte Steiner an Platter. Michael Schilchegger (FPÖ/O) sah das ähnlich. Der FPÖ-Mandatar verwies auf die seiner Meinung nach schlechte Bilanz Platters als Verteidigungs- und Innenminister, die "beispielhaft für die Politik der ÖVP in den letzten Jahren" gewesen sei.

Grüne: Evaluierung des Corona-Managements für künftige Krisen wichtig

In Sachen Corona-Management sei viel gelungen, man sei gut aber nicht unbeschadet durch die Krise gekommen, hielt Marco Schreuder (Grüne/W) in Richtung des Landeshauptmannes fest. Dabei sei der Zusammenhalt der unterschiedlichen Gebietskörperschaften entscheidend gewesen. Nun brauche es aber eine sachliche Evaluierung der Zusammenarbeit, um die Lehren für zukünftige Gesundheitskrisen zu ziehen. Um die Pandemie zu überwinden, sei es weiterhin nötig, die Menschen für die Impfung zu überzeugen, so der Grünen-Mandatar.

NEOS für "Zukunftskonvent zum Neustart Österreichs"

NEOS-Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) forderte einen "Zukunftskonvent für einen Neustart Österreichs mit mutigen Reformen". Dabei sei es wichtig, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Zentrale Themen dafür seien etwa Reformen für ein "unternehmerisches Österreich" sowie für die Bildung. Um "echte Chancengerechtigkeit" durchzusetzen, müsse dabei der Anspruch "die beste Bildung für alle" gelten, so Arlamovsky. (Fortsetzung Bundesrat) med

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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