Parlamentskorrespondenz Nr. 976 vom 08.09.2021

Weltkonferenz der ParlamentspräsidentInnen endet mit gemeinsamer Deklaration zur Bewältigung der Corona-Pandemie

Sobotka: Parlamente zu offenen und transparenten Orten der Begegnung machen

Wien (PK) – Mit einer gemeinsamen Deklaration für einen inklusiven, demokratischen und grünen Regenerationsprozess zur Bewältigung der globalen Pandemie-Folgen endete heute die Weltkonferenz der ParlamentspräsidentInnen in Wien. In ihrer gemeinsamen Erklärung unterstreichen die über 100 teilnehmenden ParlamentspräsidentInnen dabei die Bedeutung der internationalen Solidarität und Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten bei den Wiederaufbaubemühungen nach der COVID-19-Pandemie. Diese Bemühungen müssten allerdings in jedem Fall Rechtsstaatlichkeit, demokratische Grundsätze und universelle Menschenrechte bewahren.

Sobotka: Parlamente zu offenen und transparenten Orten der Begegnung machen

In seinen Schlussworten bedankte sich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka für "das Vertrauen und die Ehre", das dem österreichischen Parlament als Co-Gastgeber dieser Konferenz entgegen gebracht wurde. Um als Parlament Erfolge bei der Pandemiebekämpfung, bei der Transformation zu nachhaltiger Entwicklung und Wirtschaft, bei der Gleichberechtigung der Geschlechter oder dem Kampf gegen den Klimawandel zu verzeichnen, brauche es mehr denn je das Vertrauen der Menschen in Politik, Parlamentarismus und Demokratie. Dieses Vertrauen könne man am besten erlangen, wenn Parlamente zu offenen und transparenten Orten der Begegnung gemacht werden, zeigte sich der Nationalratspräsident überzeugt. Man habe – trotz verschiedenster Anschauungen – mit der gemeinsamen Deklaration ein Verständnis zu vielen zentralen Fragen erzielt. Dies sei ein starkes Zeichen für eine globale parlamentarische Demokratie.

Raggl: Das Lokale und das Globale zum Wohle der Regionen gemeinsam denken

Man müsse das Lokale und das Globale gemeinsam denken, erklärte Bundesratspräsident Peter Raggl. Dies sei in den beiden vergangenen Tagen geschafft worden. Die gemeinsame Deklaration sei ein Ergebnis intensiver Beratungen im Interesse von Frieden und nachhaltiger Entwicklung zum Wohle der Regionen, der Länder und der Menschen. Es sei dem österreichischen Parlament eine Ehre, dass Wien als historischer Ort des Brückenschlags und der Begegnung Gastgeber sein durfte.

Kurz: Globale Herausforderungen brauchen globale Reaktion

Die digitale Diplomatie sei in den vergangenen Pandemie-Monaten nützlich gewesen, der persönliche Kontakt sei aber durch nichts zu ersetzen, begrüßte Bundeskanzler Sebastian Kurz die Abhaltung dieser physischen Konferenz. Die COVID-19-Pandemie habe den Stellenwert der internationalen Kooperation und Solidarität gezeigt. Globale Herausforderungen würden eine globale Reaktion benötigen.

Pacheco: Parlamente müssen Sorge tragen, dass sich Länder rasch wieder erholen

Die COVID-19-Pandemie habe die Parlamente gefordert, erklärte der Präsident der Interparlamentarischen Union (IPU) Duarte Pacheco. Es sei aber geschafft worden, sich auf die neuen Rahmenbedingungen einzustellen und Gesetze zur Bewältigung der schwerwiegenden Problemstellungen zu erlassen. Die beschlossene Deklaration sei nun ein Aufruf für alle ParlamentarierInnen, zu handeln und dafür Sorge zu tragen, dass sich die Länder wieder rasch erholen.

IPU-Deklaration für einen inklusiven, demokratischen und nachhaltigen Regenerationsprozess

In ihrer gemeinsamen Deklaration betonen die UnterzeichnerInnen, dass allein die Möglichkeit eines physischen Treffens in Wien zeige, dass im Rahmen der Pandemiebewältigung bereits ein signifikanter Fortschritt zu verzeichnen sei. In der nun erfolgenden Regenerationsphase müsse jedoch besonders auf die speziellen Auswirkungen der COVID-19-Krise auf Frauen und Mädchen sowie auf vulnerable und marginalisierte Gruppen geachtet werden. Es brauche hier einen inklusiven, nachhaltigen und grünen Zugang, der auch innovative Lösungen für die Klimakrise beinhalte.

Weiters wurde der enorme Beitrag von Frauen und Mädchen im Pandemiemanagement gewürdigt, was den Aspekt der globalen Geschlechtergerechtigkeit in den Vordergrund rücke. Frauen müsse nun dementsprechend ein wesentlicher Anteil an Führungsrollen im Wiederaufbauprozess zugestanden werden. Auch der verheerende Effekt speziell der Lockdown-Maßnahmen auf die Jugend, ihre Ausbildung, Berufsaussichten und mentale Gesundheit wurde festgehalten. Hier bedürfe es verstärkter Unterstützung im Bildungssystem und eine größere Repräsentanz der Jugend in den Parlamenten.

Gemeinsames Verständnis für globale Fragen

Die Pandemie löste laut Deklaration multiple Krisenerscheinungen aus, welche die Umwelt, die Stabilität von Staaten und die globale Kooperation betrafen, was zu einer Zunahme von Armut, Ungleichheit und Gewalt geführt habe. Um diesen Effekten entgegenzuwirken, sehen die ParlamentspräsidentInnen vornehmlich die Parlamente in der Verantwortung, die Chancen des interparlamentarischen Dialoges besser zu nutzen. Denn auch der wirtschaftliche Wiederaufbau müsse inklusiver gestaltet sein, um Armut zu bekämpfen und Ungleichheit zu reduzieren. Nicht zuletzt wird die Notwendigkeit internationaler Kooperation in den Bereichen Gesundheit und Forschung angeführt, welche die Pandemie eindrücklich vor Augen geführt habe. "Niemand ist vor COVID-19 sicher, bevor alle davor sicher sind" heißt es dazu in der Deklaration. Auch zur Prävention zukünftiger Pandemien sei es notwendig, auf eine globale Gesundheitscharta hinzuarbeiten.

Die ParlamentspräsidentInnen äußern zudem ihre Sorgen über die Auswirkungen auf demokratische Prinzipien und Institutionen. Vor allem die empfindlichen Einschränkungen der persönlichen Freiheiten im Rahmen der Pandemiebekämpfung habe das Vertrauen der Menschen erodieren lassen, was in Kombination mit Falschinformationen und extremistischen Ideologien zu massiven Sicherheitsbedrohungen für diese Institutionen und ihre VertreterInnen führen könnte. Durch parlamentarische Transparenz und erweiterte Partizipationsmöglichkeiten für BürgerInnen könne jedoch das Vertrauen wiederhergestellt werden.

IPU-Weltkonferenz in Wien

Unter dem Generalthema "Parlamente als Motor für einen schlagkräftigeren Multilateralismus, der Frieden und nachhaltige Entwicklung für die Menschen und den Planeten bringt" trafen in den vergangenen zwei Tagen über 800 KonferenzteilnehmerInnen aus der ganzen Welt zusammen, um gemeinsam über globale Herausforderungen wie die Gleichstellung der Geschlechter, die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und den Klimawandel zu beraten.

Die Weltkonferenz wurde von der Interparlamentarischen Union und dem österreichischen Parlament in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen organisiert. Im Anschluss an die IPU-Weltkonferenz findet morgen das erste globale ParlamentarierInnentreffen zum Thema Terrorismusbekämpfung statt. (Schluss) pst/wit

HINWEIS: Fotos vom heutigen Konferenztag der IPU-Weltkonferenz finden Sie auf der Website des Parlaments .

Die Deklaration sowie weitere Informationen zur IPU-Konferenz stehen auf der Website der Interparlamentarischen Union www.ipu.org zur Verfügung.