Parlamentskorrespondenz Nr. 1021 vom 27.09.2021

Neu im Unterrichtsausschuss

Anträge zu Schulabmeldungen, häuslichem Unterricht, Elementarpädagogik, Kinderpsychiatrie, Chancenindex, Genderstereotypen

Wien (PK) – Die Ursachen der heuer in Österreich drastisch gestiegenen Schulabmeldungen wollen sämtliche Nationalratsfraktionen wissenschaftlich analysiert wissen, wie sie in einen gemeinsamen Antrag Bildungsminister Heinz Faßmann ausrichten. SPÖ und NEOS treten in ihren jeweiligen Anträgen unter anderem für eine finanzielle Besserstellung von Kindergärten ein. Die SozialdemokratInnen fordern außerdem mehr Geld für Brennpunktschulen und die psychologische Versorgung von Kindern und Jugendlichen ein. Ein Antrag von ÖVP, Grünen und NEOS zielt auf Geschlechtergleichstellung in Lehrmaterialien ab, die FPÖ wiederum fordert die Gleichbehandlung von Kindern in häuslichem Unterricht.

Allparteienantrag auf Ursachenforschung bei Schulabmeldungen

Im Schuljahr 2021/22 habe sich mit 7.515 Kindern bis zur neunten Schulstufe im häuslichen Unterricht die Zahl an Schulabmeldungen im Vergleich zu den Vorjahren verdreifacht. Das halten die Abgeordneten Martina Künsberg Sarre (NEOS), Rudolf Taschner (ÖVP), Sibylle Hamann (Grüne), Petra Vorderwinkler (SPÖ) und Hermann Brückl (FPÖ) in ihrem Antrag (1899/A(E)) fest, der darauf abzielt, die Hintergründe dafür herauszufinden. Der größte Anteil an Schulabmeldungen sei mit 4.933 Kindern an Volksschulen verzeichnet worden, unter den Bundesländern liege Niederösterreich mit 2.049 daheim unterrichteten Kindern an der Spitze. Da keine näheren Gründe für häuslichen Unterricht angegeben werden müssten, so die AntragstellerInnen, sei es nun am Bildungsministerium, unter Wahrung der Anonymität der Betroffenen die Motivation für die Abmeldung von den Schulen zu analysieren.

FPÖ: Häuslichen Unterricht entstigmatisieren

Für Hermann Brückl (FPÖ) liegt der Grund für Schulabmeldungen auf der Hand: die Regierung habe in der Corona-Pandemie die Bevölkerung verunsichert, weswegen viele Eltern ihre Kinder nun nicht einer möglichen Infektion an Schulen aussetzen wollten. Vor diesem Hintergrund dürften Schülerinnen und Schüler im häuslichen Unterricht nicht diskriminiert werden (1920/A(E)), verwehrt sich Brückl gegen Maßnahmen der Schulbehörden, die Regeln für den Heimunterricht zu verschärfen.

Weiters will der freiheitliche Abgeordnete sichergestellt wissen, dass bei häuslichem beziehungsweise ortsungebundenem Unterricht den SchülerInnen die nötigen Unterrichtsmaterialien und Schulbücher im selben Ausmaß wie im Präsenzunterricht zur Verfügung gestellt werden. Lerninhalte und Hausübungen wären zudem über eine Online-Plattform abrufbar zu machen (1921/A(E)).

SPÖ und NEOS für Ausbau der Elementarpädagogik

Aus Sicht von SPÖ und NEOS ist Österreich säumig im Ausbau elementarpädagogischer Bildung, besonders für unter dreijährige Kinder. Frühkindliche Bildung sei maßgeblich für gesellschaftliche Chancengerechtigkeit, betonen Eva Maria Holzwinkler und Petra Vorderwinkler (SPÖ) in ihrem Antrag (1889/A(E)) auf Erhöhung des Budgets für Elementarpädagogik auf 1% des Bruttoinlandsprodukts beziehungsweise um zumindest eine Milliarde Euro zusätzlich. Eingesetzt werden sollten diese Mittel unter anderem für Lohnerhöhungen des Kindergartenpersonals und Verbesserungen seiner Arbeitsbedingungen, um dem massiven Personalmangel im Elementarbereich beizukommen. Generell müsse es flächendeckend ein angemessenes, kostenloses Angebot an Kindergärten mit optimiertem Betreuungsschlüssel geben, so die SPÖ-Forderung.

Laut einer jüngsten Studie würden 77% der Kinder bis zum dritten Geburtstag hierzulande daheim betreut, zeigen Martina Künsberg Sarre und Michael Bernhard (beide NEOS) auf. Übernommen werde die Betreuung meist von den Müttern, denen aufgrund von langen Karenzzeiten beziehungsweise Teilzeitbeschäftigung die Altersarmut drohe. Die pinken Abgeordneten appellieren daher an den Bildungsminister, die Frauenministerin und den Arbeitsminister, gemeinsam mit den zuständigen Gebietskörperschaften – Bund, Länder und Gemeinden – sowie mit BetroffenenvertreterInnen einen "Zukunftsgipfel" zur Elementarpädagogik zu starten und dabei die Rahmenbedingungen für einen Ausbau ganztägiger Elementarbildung ab dem 1. Lebensjahr zu schaffen (1873/A(E)).

SPÖ sieht akuten Mangel bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie …

Die SPÖ ortet akuten Handlungsbedarf in der psychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen: Obwohl entsprechende Studien zeigten, dass seit Ausbruch der Corona-Pandemie bereits jedes dritte Kind unter psychischen Belastungen leidet, fehle es in Österreich nicht nur an Therapie- und Betreuungsplätzen, sondern auch an SchulpsychologInnen, BeratungslehrerInnen und SchulpsychologInnen. Der Bildungsminister wird daher von den SolzialdemokratInnen Petra Vorderwinkler, Eva Maria Holzleitner und Philip Kucher  aufgefordert, gerade in finanzieller Hinsicht für eine angemessene Ausstattung schulischer und außerschulischer psychologischer Unterstützungsangebote für Kinder und Jugendliche zu sorgen (1895/A(E)). Inhaltlich seien in diesem Zusammenhang in einem inklusiven Jugendgipfel langfristige Strategien zu erarbeiten.

… und tritt erneut für neues Schulfinanzierungs-Modell sowie Ganztagsschulen ein

Das Modell des Chancenindex, bei dem sozioökonomische Faktoren eines Schulstandorts über die Höhe der ihm zugeteilten Budgetmittel entscheiden, ist nach Meinung von Petra Vorderwinkler (SPÖ) der einzige Weg, allen SchülerInnen die gleichen Möglichkeiten in ihrer schulischen Laufbahn zu bieten. Das heuer dazu mit 100 Schulen gestartete Pilotprojekt sei unzureichend, vielmehr müsse die finanzielle Bedeckung des Mehrbedarfs von zumindest 5.000 zusätzlichen LehrerInnen vor allem an Volksschulen im Bundesbudget bis 2025 sichergestellt werden (1896/A(E)).

Ausreichend Bundesmittel brauche es auch für den Ausbau ganztägiger Schulformen mit kostenlosem Mittagessen, erklärt Vorderwinkler in einem weiteren Antrag (1897/A(E)). Ein Rechtsanspruch auf einen derartigen Schulplatz im Umkreis von 20km wäre ihr zufolge notwendig, weiters fordert sie rechtlichen Anspruch auf Kinderbetreuungsplätze ab dem ersten Lebensjahr und auf Sommerschulen ein. Ziel müsse sein, allen Kindern unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund die gleichen Rahmenbedingungen zum Wissenserwerb zu bieten.

ÖVP, Grüne und NEOS gegen Genderstereoptypen im Schulunterricht

Im Zuge der Überarbeitung von Schulbüchern und anderen Lehrmaterialien sowie in den Curricula angehender LehrerInnen solle darauf geachtet werden, dass geschlechtsspezifische Rollenbilder überwunden werden. Darauf drängen Maria Theresia Niss (ÖVP), Sibylle Hamann (Grüne), Martina Künsberg Sarre (NEOS) und Gertraud Salzmann (ÖVP) im Vorfeld der nächsten Lehrplanrevision (1929/A(E)). Durch die Abkehr von Genderstereotypen sowohl in Schulbüchern als auch in der PädagogInnenausbildung erwarten die Antragstellerinnen ein gesteigertes Interesse bei Burschen und Mädchen für geschlechtsatypische Berufsfelder. Dementsprechend sei auf Gendersensibilisierung in den Ressourcen-, Ziel- und Leistungsplänen der Pädagogischen Hochschulen und der Universitäten zu achten. (Schluss) rei


Themen