Parlamentskorrespondenz Nr. 1064 vom 05.10.2021

Gesundheitsausschuss diskutiert Oppositionsanträge zur Corona-Pandemie

Fristenverlängerung im Krankenanstalten-, Kuranstalten- und Medizinproduktegesetz mehrheitlich beschlossen

Wien (PK) – Im zweiten Teil des heutigen Gesundheitsausschusses standen diverse Anträge der Oppositionsparteien auf der Tagesordnung. So setzt sich etwa die SPÖ für eine Informationsoffensive zur Corona-Schutzimpfung von Kindern unter 12 Jahren ein, während sich die NEOS für das Impfen in Apotheken sowie für eine rechtsverbindliche Grundlage für Antikörper-Tests einsetzen. Die FPÖ spricht sich gegen pandemiebedingte Diskriminierungen sowie für die Aufklärung der "Causa Hygiene Austria" aus. Zudem wurden die Anträge zum Ausbau psychologischer Versorgung als Kassenleistung, zur Pflege, zum Ausbau der intensivmedizinischen Versorgung sowie zum Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) debattiert. Sämtliche Anträge wurden von ÖVP und Grünen vertagt.

Ein Initiativantrag der Regierungsparteien, mit dem es zu einer coronabedingten Fristenänderung im Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz sowie im Medizinproduktegesetz kommt, hat hingegen den Gesundheitsausschuss passiert.

Verlängerung von Fristen im Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz sowie im Medizinproduktegesetz

Aufgrund des Fortbestehens der Pandemie müssen Änderungen im Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) sowie im Medizinproduktegesetz vorgenommen werden, heißt es in einem Antrag von ÖVP und Grünen (1924/A), der heute mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen wurde. Die für den Fall einer Krisensituation vorgesehene grundsätzliche Ermächtigung, wonach die Landesregierungen per Verordnungen Ausnahmen von bestimmten Anforderungen wie z.B. in Zusammenhang mit Errichtungs- und Betriebsbewilligungen von Krankenanstalten festlegen können, soll nun bis zum 30. Juni 2022 ausgedehnt werden. Auch bei der Novellierung des Medizinproduktegesetzes kommt es zu einer Fristenänderung. Durch die Verlängerung der Geltungsdauer einer Sonderbestimmung bis zum 31. März 2022 soll die Verfügbarkeit von COVID-19-Schnelltests, die auch zur Eigenanwendung verwendet werden können, sichergestellt werden.

Gerhard Kaniak (FPÖ) und Alois Stöger (SPÖ) sprachen sich seitens ihrer Fraktionen gegen die Fristenverlängerungen aus. Kaniak kritisierte, dass durch die Veränderung des Medizinproduktegesetzes für die AGES als zuständige Aufsichtsbehörde keine amtliche Überprüfung der "Wohnzimmertests" möglich sei. Dies sah Stöger ähnlich. Die Verlängerung der Notzulassung für Selbsttests passiere aus "reiner Faulheit" und sei nicht verständlich.

SPÖ: Regierung soll rasch Informationsoffensive zur Corona-Schutzimpfung von Kindern unter zwölf Jahren starten

Obwohl mit einer baldigen Zulassung des Biontech/Pfizer-Impfstoffs gegen Sars-CoV-2 für Kinder unter zwölf Jahren zu rechnen sei, habe die Regierung bislang keinerlei Aktivitäten gesetzt, um ausreichend über die Corona-Impfung, ihre Wirkung, ihre Vorteile, aber auch über ihre Risiken aufzuklären, kritisiert die SPÖ. Es bedürfe daher umgehend einer breit angelegten, niederschwellig zugänglichen und verständlichen Informationsoffensive, schlägt SPÖ-Abgeordnete Eva-Maria Holzleitner in dem durch ÖVP und Grüne vertagten Entschließungsantrag vor (1894/A(E)).

Es sei "hoch an der Zeit", die Informationskampagne noch vor der Zulassung der Impfung zu starten, um die Fehler des letzten Jahres nicht zu wiederholen, mahnte Verena Nussbaum (SPÖ).

Impfungen für Kinder unter 12 Jahren empfinde er "fast als Kindesmisshandlung", unterstrich hingegen Peter Wurm (FPÖ). Hier werde es "massiven Widerstand" seitens der FPÖ geben. Auch für Gerald Hauser (FPÖ) ist es unverständlich, "Kinder in die Impfung hineinzutreiben", obwohl eine Corona-Infektion für Kinder "nicht gefährlich" sei.

Ralph Schallmeiner (Grüne) wies die Wortmeldung von Peter Wurm "auf das Schärfste zurück". Ähnlich sah dies Werner Saxinger (ÖVP), der die Beiträge der FPÖ als "absurd" und frei von wissenschaftlicher Fundierung bezeichnete. Was den Start der Impfkampagne betrifft, betonten beide, dass zuerst die Rahmenbedingungen der Zulassung wichtig seien. Erst dann werde man mit der Kampagne starten, da dies sonst zur Verunsicherung der Eltern und Kinder beitragen würde. Im Hintergrund würden aber bereits die Vorbereitungen dafür laufen.

NEOS-Vorschläge für Impfen in der Apotheke sowie für rechtsverbindliche Grundlage für Antikörper-Tests

Auch zwei NEOS-Initiativen wurden von den Regierungsparteien mehrheitlich vertagt. Einerseits spricht sich die pinke Oppositionspartei für die Durchführung von Standardimpfungen wie z.B. gegen FSME oder Influenza in Apotheken aus. Für Gesundheitssprecher Gerald Loacker ist dies ein wichtiger Beitrag, um die laut Schätzungen äußerst niedrige Grippe-Durchimpfungsrate (ca. 10%) in Österreich deutlich zu erhöhen (669/A(E)). Andererseits brauche es eine rechtsverbindliche Grundlage dafür, welche Antikörpertests im Rahmen des "Grünen Passes" anerkannt werden, so die NEOS. Sie bemängeln, dass die mit den aktuellen Tests in den Apotheken nachweisbaren IgG- oder IgA-Antikörper keine Antwort auf eine langfristige Immunität geben würden. Dafür müssten die Proben nach T-Zellen untersucht werden. So werbe etwa das Rote Kreuz dafür, dass beim Blutspenden gleich der Antikörperstatus ermittelt werden könne, obwohl dieser Nachweis dann vielleicht nicht anerkannt werde (1564/A(E)).

Das Impfen in den Apotheken bedeute einen niederschwelligen Zugang und sei bereits Usus in 14 anderen europäischen Ländern, so NEOS-Mandatar Gerald Loacker. Auch verschiedene ExpertInnen hätten keine Sicherheitsbedenken. Für Werner Saxinger (ÖVP) gibt es hingegen genügend ÄrtzInnen in Österreich, die eine Impfung durchführen können. Zudem spreche auch die Gefahr einer allergischen Reaktion gegen das Impfen in Apotheken.

Was die Antikörpertests betrifft, gehe es darum, "wie wir in Österreich mit der Gruppe der Genesenen umgehen, betonte Loacker. Hier brauche es "mehr Schwung", um diese in den Grünen Pass aufzunehmen. Das sah ÖVP-Mandatar Saxinger anders. Es gebe bei den Antikörpertests keinen wissenschaftlichen Konsens, die Menschen würden aber valide Aussagen bei der Durchführung von Tests erwarten.

FPÖ gegen Diskriminierungen in Corona-Pandemie

Die Freiheitlichen üben in Sachen Bekämpfung der Corona-Pandemie erneut massiv Kritik am Vorgehen der Bundesregierung. Zum einen fordern sie ein ausdrückliches und bindendes Diskriminierungsverbot für nicht gegen Covid-19 Geimpfte in Gesellschaft, Wirtschaft, am Arbeitsplatz, an den Schulen und Universitäten. Auch eine mögliche Kürzung oder sogar Streichung von Versicherungs- und Sozialleistungen durch das AMS oder die Sozialämter sowie die Kündigung oder Nichtanstellung von ArbeitnehmerInnen, die sich nicht gegen Corona impfen lassen, sollen ausdrücklich untersagt werden(1905/A(E)).

Trotz rechtlich verankerter Erleichterungen für gehörlose bzw. schwer hörbehinderte Menschen in Bezug auf das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, sei das alltägliche Leben für die Betroffenen oft ein Spießrutenlauf, heißt es in einer weiteren FPÖ-Initiative (1908/A(E)). Es sei vielen Menschen nicht bekannt, dass diese Personengruppe "während der Kommunikation" von der Maskenpflicht ausgenommen sei. Daher sei es dringend geboten, diese Ausnahmebestimmung nicht nur flächendeckend umzusetzen, sondern auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen, argumentieren die AntragstellerInnen.

Zudem beklagen die Freiheitlichen die ihrer Meinung nach durch den Grünen Pass entstandenen massiven Einschränkungen des öffentlichen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens. Die Folge sei eine "Aussetzung der Grund- und Freiheitsrechte" jener Menschen, die sich dem System nicht "unterwerfen". Die AntragstellerInnen fordern deshalb ein verfassungsrechtlich garantiertes Diskriminierungsverbot für alle Menschen, die den "Grünen Pass" nicht verwenden (1742/A(E)). Die drei Entschließungsanträge wurden im Ausschuss ebenfalls mehrheitlich vertagt.

"Wir wollen, dass gesunde Menschen nicht diskriminiert werden", unterstrich Gerald Hauser (FPÖ). Ein Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben sowie aus der Arbeitswelt sei deshalb "zutiefst abzulehnen". Dem widersprach Grünen-Abgeordneter Markus Koza. Die Anträge der FPÖ seien an Faktenverdrehung nicht zu übertreffen. Aus gesundheitspolitischen Gründen sei eine "sachliche Ungleichstellung" von Geimpften und Ungeimpften durchaus zu vertreten. Zudem sei es etwa in Gesundheitsberufen bereits langjährige Praxis, Impfungen als eine "zumutbare Voraussetzung" zu akzeptieren, so Koza.

SPÖ und FPÖ für psychologische Versorgung als Kassenleistung

Die steigende Zahl an psychisch kranken Menschen und gleichzeitig bestehende Versorgungslücken nimmt die SPÖ zum Anlass, um die Bereitstellung ausreichender ambulanter Behandlungsangebote, sowie den Auf- und Ausbau von Kassenplätzen für klinische PsychologInnen, PsychiaterInnen und PsychotherapeutInnen zu fordern. Langfristig brauche es einen Masterplan "Psychisch gesundes Österreich", wobei alle relevanten Professionen bei der Erstellung einbezogen werden müssten (326/A(E)). Auch die Freiheitlichen drängen auf die Einführung einer umfassenden psychologischen Versorgung samt klinisch-psychologischer Behandlungen als Kassenleistung sowie auf deren sofortige Aufnahme in das Sozialversicherungsrecht. Laut dem Entschließungsantrag (1840/A(E)) leiden 26% der Bevölkerung an depressiven Symptomen, wobei die Zahlen wegen der Pandemie zuletzt stark angestiegen seien. Beide Anträge wurden von den Regierungsfraktionen vertagt.

Im Gesundheitsministerium seien gerade umfassende Maßnahmen zur psychischen Gesundheit in Österreich in Vorbereitung, die auch eine Aufstockung der Kassenplätze beinhalte, argumentierte Gabriela Schwarz (ÖVP) die Vertagung.

Das Ziel sei, eine psychotherapeutische Vollversorgung bis zum Ende der Legislaturperiode sicherzustellen, betonte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein. Dazu sollen auch die noch in diesem Jahr von der ÖGK zur Verfügung gestellten 300.000 zusätzlichen Therapieeinheiten beitragen, so der Minister.

Ein Ausbau der Zahl an Therapieplätzen ist laut Philip Kucher (SPÖ) lange überfällig, weshalb hier das Parlament akuten Handlungsbedarf habe. Dies sah Gerhard Kaniak (FPÖ) ähnlich. Jeder Tag weniger an Verzögerung könne Menschenleben retten. Gerade für junge Menschen sei dies besonders wichtig, da diese häufiger von coronabedingten psychischen Belastungen betroffen seien.

SPÖ und FPÖ: Fairere Behandlung von Nachtgutstunden und bessere Bezahlung des Pflegepersonals

Sowohl die SozialdemokratInnen als auch die Freiheitlichen haben Initiativen zum Thema Pflege eingebracht, die beide jedoch vertagt wurden. Die SPÖ weist in ihrem Entschließungsantrag (1579/A(E) )darauf hin, dass im Zuge einer Novelle zum Nachtschwerarbeitsgesetz 1992 zwei zusätzliche Stunden Zeitguthaben als Schutzmaßnahme für ArbeitnehmerInnen in Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen eingeführt wurden, wenn diese Nachtdienste unter erschwerten Bedingungen verrichten. Das definierte Abgrenzungskriterium "Pflegestationen in Pflegeeinrichtungen" würde aber zu Problemen in der Praxis führen. Die SPÖ fordert eine gesetzliche Klarstellung ein, wonach die im Gesetz vorgesehenen Schutzmaßnahmen für das gesamte Pflegepersonal in Pflegeeinrichtungen anzuwenden sind.

Die Freiheitlichen wiederum erneuern die Forderung nach einer finanziellen Besserstellung von Beschäftigten in Pflegeberufen (1753/A(E) ). Pflegepersonal leiste gerade in der COVID-19-Pandemie wertvolle Arbeit unter psychisch und physisch belastenden Bedingungen, denen aber die Entlohnung nicht gerecht werde, so die AntragstellerInnen. Neben einer generellen besseren Bezahlung von Menschen in Pflegeberufen, sollen alle in der Pandemie eingesetzten MitarbeiterInnen in Gesundheits- und Pflegeberufen einen Einmalbonus in der Höhe von 1.000 € erhalten.

Sie sei zwar grundsätzlich für eine Besserstellung der Pflegeberufe, diese könne aber nicht mit einer bundesgesetzlichen Lösung erreicht werden, argumentierte Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP). Die Anliegen der Opposition würden im Rahmen der geplanten Pflegereform miteinbezogen werden. Bedrana Ribo (Grüne) betonte, dass in Österreich Löhne und Gehälter von den Sozialpartnern verhandelt würden und in diesem Fall Ländersache seien.

Der Argumentation konnte Christian Drobits (SPÖ) nichts abgewinnen. Der Antrag der SPÖ habe nichts mit der Pflegereform zu tun, vielmehr gehe es um die Absicherung des Gesundheitsschutzes des Pflegepersonals. Peter Wurm (FPÖ) sah die Corona-Schutzimpfung mit als einen Grund, weshalb viele MitarbeiterInnen aus den Pflegeberufen aussteigen würden. Der Pflegenotstand werde dadurch noch "künstlich" erhöht.

Weitere Oppositionsanträge vertagt

Auch die weiteren Entschließungsanträge der Opposition wurden im Ausschuss mehrheitlich vertagt. So fordert die FPÖ zusätzliche 210 Mio. € für den Ausbau der intensivmedizinischen Versorgung (1439/A(E)) anstatt diese Summe in einen "Mega-Etat" an PR-Maßnahmen der Bundesregierung zu investieren. Ein Stopp der "Regierungs-PR" ist für die FPÖ daher ein "gesundheitspolitisches Gebot der Stunde". Ebenfalls aufs Tapet bringen die Freiheitlichen den aus ihrer Sicht "türkisen Skandal" in der Causa rund um das Unternehmen "Hygiene Austria". Nur eine Aufklärung aller Kommunikations- und Informationsstränge, aller Aktenläufe und aller politischen Interventionen und Absprachen könne zu einer Klärung führen, so die Forderung. (1831/A(E)).

Zwei Anträge von SPÖ und NEOS zum Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) wurden ebenfalls auf die Wartebank geschoben. Die Mittelerhöhung von 130 auf 145 Mio. € ist aus Sicht der SozialdemokratInnen völlig unverhältnismäßig, zumal der PRIKRAF lediglich um die Privatklinik Währing in Wien erweitert wurde. Geht es nach der SPÖ, soll zu dem Verrechnungssystem zurückgekehrt werden, das vor 2002 bestanden hat (648/A). Die NEOS drängen hingegen auf eine Neuaufstellung der PRIKRAF-Fondskommission, da es derzeit keine ausgewogene Zusammensetzung zwischen den mittelaufbringenden und den mittelbeziehenden Einrichtungen geben würde (749/A(E)). (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) med