Parlamentskorrespondenz Nr. 1067 vom 05.10.2021

Gesundheitsausschuss spricht sich einstimmig für Verbot von schädlichem Farbstoff aus

Abgeordnete diskutieren Lebensmittelsicherheit, ärztliche Versorgung am Land und klinische Ausbildung für Kieferorthopädie

Wien (PK) – Fragen rund um die Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln dominierten den dritten Teil des heutigen Gesundheitsausschusses. Neben einem diesbezüglichen Bericht des Ressorts standen noch fünf Initiativen der SPÖ auf der Tagesordnung, in denen sich die AntragstellerInnen für einen klaren und transparenten Regelungsrahmen für die Kennzeichnung von Lebensmitteln einsetzen, für die jährliche Vorlage eines Trinkwasserberichts, für eine umfassende Beurteilung der in Lebensmitteln gefundenen Pestizidrückstände, einer Beschränkung des Einsatzes des Farbstoffs Titandioxid E 171 sowie für ein Verbot schädlicher Chemikalien in Kinderspielzeug. Außerdem forderte die FPÖ von der Bundesregierung eine Strategie zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum sowie die rasche Einführung einer Facharztausbildung für Kieferorthopädie in Österreich.

Der Lebensmittelsicherheitsbericht 2020 wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Die Anträge der SozialdemokratInnen und Freiheitlichen wurden großteils vertagt. Ein Entschließungsantrag der SPÖ zum Verbot des Farbstoffs Titandioxid E 171 wurde unter Einbeziehung eines Abänderungsantrags einstimmig angenommen.

Lebensmittelsicherheitsbericht 2020: Anstieg der Zahl beanstandeter Betriebe; Anteil der gesundheitsschädlichen Proben weiter gesunken

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde ein vom Gesundheitsressort vorgelegter Bericht zur Lebensmittelsicherheit, der einen umfassenden Überblick über die zu diesem Bereich erhobenen Daten liefert (III-351 d.B.). Bedingt durch die Corona-Pandemie war die Zahl der kontrollierten Betriebe im Jahr 2020 deutlich niedriger als im Jahr davor, die Durchführung der Kontrollen erfolgte schwerpunktmäßig bei Betrieben mit vermuteten bzw. gemeldeten Problemen. Das spiegelt sich in einem deutlichen Anstieg des Anteils an Betrieben mit Verstößen wider. Der Anteil an gesundheitsschädlichen Proben sank jedoch von 0,5% auf 0,3%. Der fallende Trend der letzten Jahre setze sich also fort, so der Bericht. Die häufigsten Beanstandungsgründe – bei 1.994 Proben (9,2%) – waren erneut Kennzeichnungsmängel und zur Irreführung geeignete Informationen. Insgesamt lag die Beanstandungsquote bei 15,2%.

Thematisch deckten die amtlichen Kontrollen ein breites Feld ab und reichten von der Untersuchung der Kontamination diverser Produkte, der Ermittlung von bedenklichen Inhaltsstoffen in Gebrauchsgegenständen oder Kosmetika, der Untersuchung von Rohmilch auf Radioaktivität, der Einhaltung der Sicherheitsstandards bei Spielzeug, der Kontrolle der Trinkwasserqualität in Einkaufszentren und Gewerbeparks bis hin zur Analyse von Zoonosen.

Bundesminister Mückstein spricht sich in dem Bericht dafür aus, die Kennzeichnung von Lebensmitteln weiterhin zu verbessern, um den Konsumentinnen und Konsumenten eigenverantwortliche Entscheidungen, betreffend die Inhaltsstoffe ihrer Nahrungsmittel, zu ermöglichen. Im Ausschuss betonte er, dass sich die Menschen darauf verlassen könnten, dass die Lebensmittel in Österreich sicher sind. Auf Nachfragen von Christian Drobits (SPÖ) und Fiona Fiedler (NEOS) bezüglich der relativ hohen Beanstandungsquoten bei Kinderspielzeug bzw. Kosmetika, kündigte Mückstein eine schriftliche Nachreichung der Beantwortung an.

Vorlage eines jährlichen Trinkwasser-Berichts

Weiters schlug SPÖ-Mandatar Christian Drobits in Form eines Antrags vor, eine Berichtspflicht bezüglich der Trinkwasserqualität in Österreich im Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz zu verankern (1448/A). Zur Information der VerbraucherInnen sollte demnach dem Nationalrat und dem Bundesrat jährlich ein öffentlicher Bericht über die Qualität des für den menschlichen Gebrauch bestimmten Wassers vom Gesundheitsministerium vorgelegt werden. Auszuweise wären darin die Versorgungsanlagen der Länder, aus denen mehr als 100 m³ pro Tag im Durchschnitt entnommen oder mit denen mehr als 500 Personen versorgt werden. Analog zu den Berichtspflichten an die EU sollten Pestizid-Grenzwerte angegeben werden, so der SPÖ-Sprecher für Lebensmittelsicherheit. In einzelnen Regionen seien diese gesetzlich vorgegebenen Werte kürzlich überschritten worden. Josef Hechenberger (ÖVP) wandte ein, dass ein derartiger Bericht bereits allgemein online zugänglich und eine dahingehende parlamentarische Behandlung überschießend wäre. Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt.

SPÖ fordert klaren Regelungsrahmen für die Kennzeichnung von Lebensmitteln und die Festlegung eines Summengrenzwerts in Bezug auf Pestizidrückstände

Ein weiterer Antrag in Richtung besserer und transparenterer Lebensmittelkennzeichnung wurde von der SPÖ eingebracht (1655/A(E)).Der derzeit bestehende Wildwuchs an freiwilligen Gütesiegeln sei unübersichtlich und trage zur Verwirrung der KonsumentInnen bei, heißt es darin. Auch der Rechnungshof habe Kritik daran geäußert und vor allem bemängelt, dass es kein durchgängiges Kontrollsystem gebe. Laut EU-Recht wäre es möglich, eine verpflichtende nationale Herkunftskennzeichnung einzuführen, wenn sie auf klar "besseren" Kriterien als die EU-weit harmonisierten Produktionsstandards (z.B. in Bezug auf Fütterung, Tierhaltung, Pestizideinsatz etc.) basiert. Der Gesundheitsminister sollte daher prüfen, wie eine solche verpflichtende Information über die "Herkunft Österreich" umgesetzt werden könne.

Auch hier meldete sich der ÖVP-Abgeordnete Hechenberger zu Wort und warf ein, der kurz vorher vorgestellte Bericht habe gezeigt, dass man hier Bereits einen Schritt weiter sei, als der Antrag vorsehe. Dieser wurde ebenfalls vertagt, genauso wie ein Antrag der SPÖ zur Festlegung eines Summengrenzwerts in Bezug auf Pestizidrückstände in Lebensmitteln (1813/A(E)),wobei hier Fragen der technischen Umsetzbarkeit eingewandt wurden.

SPÖ-Antrag zu Verbot von Farbstoff Titandioxid E 171 mit Abänderungsantrag einstimmig angenommen

Auf die gesundheitlichen Gefahren des als Weißmacher eingesetzten Farbstoffs Titandioxid E 171 machte ebenfalls SPÖ-Abgeordneter Christian Drobits in einem Entschließungsantrag aufmerksam (1586/A(E)). Titandioxid zählt zu den am meisten produzierten Nanopartikeln und wird unter anderem bei der Produktion von Sonnencremes, Zahnpasta, Tabletten, Farben, Lacken, Kunststoffen, Kaugummi, Mozzarella, Fruchtgummi, Fondant, buntem Streusel oder Backwaren verwendet. Da durch den Verzehr des Farbstoffes negative Effekte auf das Erbgut festgestellt wurden, warnt die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA vor dem Einsatz von E 171. Der Europäischen Kommission wurde daher empfohlen, den Stoff EU-weit zu verbieten. Die SPÖ ersuchte daher den Gesundheitsminister, sich nicht nur auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, sondern die Verwendung von Titandioxid E 171 in Lebensmitteln in Österreich unverzüglich zu verbieten. Außerdem sollte der Einsatz von E 171 in Arzneimitteln, bei Kosmetika oder in Tätowiermitteln einer Risikobewertung durch die EFSA unterzogen werden. Unter Einbeziehung eines Abänderungsantrags von SPÖ, Grüne und ÖVP, nach dem das Wort "unverzüglich" aus dem Antrag gestrichen werden solle, wurde dieser Entschließungsantrag einstimmig angenommen.

SPÖ: Spielzeug muss frei von schädlichen Chemikalien sein

Laut Lebensmittelsicherheitsbericht 2019 hätten knapp 12% aller begutachteten Spielzeuge wegen physikalischer oder chemischer Sicherheitsmängel nicht den Bestimmungen dieser Warengruppe entsprochen, zeigt SPÖ-Mandatar Christian Drobits in einer weiteren Initiative zu diesem Themenbereich auf (1821/A(E)). Chemikalien würden zu unserem Alltag gehören und müssten daher für Mensch sowie Umwelt sicher sein. Vor allem sollten schädliche Chemikalien nicht in Spielzeug, Babyartikeln sowie in Materialen verwendet werden, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Drobits fordert im Antrag sowohl Konsumentenschutzminister Wolfgang Mückstein als auch Umweltministerin Leonore Gewessler auf, sich im Rahmen des Green Deals der EU für ein Verbot schädlicher Chemikalien in Kinderprodukten einzusetzen. Gleichlautende Anträge brachte der SPÖ-Mandatar im Konsumentenschutzausschuss (1819/A(E)) und im Umweltausschuss (1820/A(E)) ein. Mit der Begründung von ÖVP-Abgeordneten, dass in diesem Zusammenhang noch Ergebnisse von der EU-Ebene abgewartet werden müssten, wurde auch dieser Antrag mehrheitlich vertagt.

FPÖ fordert Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum und rasche Einführung einer Facharztausbildung für Kieferorthopädie in Österreich

Die FPÖ setzte sich in einem Antrag für eine Strategie zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum ein, da österreichweit 59 Kassenplanstellen für FachärztInnen sowie 94 im Bereich Allgemeinmedizin unbesetzt seien (Stand 2019). Um diesem Missstand entgegenzuwirken, müsse die Bundesregierung umgehend Maßnahmen ergreifen, so die FPÖ-Forderung (1916/A(E)). Antragsteller Gerhard Kaniak (FPÖ) betonte im Ausschuss die massiven Versorgungsdefizite. Josef Smolle (ÖVP) stimmte dem grundsätzlich zu und warf ein, dass zur Verbesserung dieser Lage das Kassensystem attraktiver gemacht werden müsse, wobei vor allem die Ärztekammer gefragt sei. Die Vertagung dieses Antrags wurde mit den ohnehin schon erfolgten Bemühungen begründet.

Mit einer ähnlichen Begründung wurde ein wiedereingebrachter freiheitlicher Einschließungsantrag bezüglich der Einführung einer staatlich geregelten universitären und klinischen Ausbildung für eine Spezialisierung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie vertagt (1837/A(E)). Darin kritisierte ebenfalls Kaniak (FPÖ), dass es trotz dementsprechender Entschließung des Nationalrats im November 2020 keinerlei Berichte oder Mitteilungen von Seiten des Ressorts gebe. Dem widersprach der Grüne Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner, da noch im vierten Quartal eine Novelle dazu in Begutachtung gehen werde. Die Verzögerungen bei der Umsetzung sei der Pandemie geschuldet, jedoch sei man insgesamt auf "einem guten Weg". Josef Smolle (ÖVP) unterstrich, dass der Antrag "offene Türen einlaufe". (Schluss Gesundheitsausschuss) sue/wit