Parlamentskorrespondenz Nr. 1072 vom 06.10.2021

COVID-19-Freistellung für Schwangere wird bis Ende Dezember 2021 verlängert

Sozialausschuss bringt Änderung im Mutterschutzgesetz mit breiter Mehrheit auf den Weg

Wien (PK) – Schwangere Frauen können weiterhin von ihrer Arbeit freigestellt werden, wenn sie dabei physischen Kontakt zu anderen Personen haben und keine alternative Beschäftigung möglich ist. Die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie beschlossene Regelung wird bis Jahresende verlängert. Der Sozialausschuss hat die entsprechende Änderung im Mutterschutzgesetzes heute mit einer breiten Mehrheit auf den Weg gebracht. Darin ist geregelt, dass betroffene Schwangere ab der 14. Schwangerschaftswoche bei vollem Lohnausgleich freizustellen sind. Die DienstgeberInnen erhalten dafür einen Kostenersatz vom Bund. Ausgenommen sind, wie bereits bei der zuletzt gültigen Freistellungsregelung, vollständig geimpfte Schwangere.

Zahlreiche Oppositionsforderungen zu Maßnahmen am Arbeitsmarkt, zu Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sowie zum Arbeitsschutz in der Landwirtschaft wurden vertagt bzw. abgelehnt.

Freistellung für ungeimpfte Schwangere bis 31. Dezember 2021 verlängert

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen hat der Sozialausschuss Änderungen im Mutterschutzgesetz auf den Weg gebracht. Werdende Mütter sind COVID-19-bedingt ab der 14. Schwangerschaftswoche freizustellen, wenn sie in ihrer Arbeit physischen Kontakt zu anderen Personen haben und nicht alternativ eingesetzt werden können. Ihnen steht dabei der volle Lohn zu, wobei der Bund den ArbeitgeberInnen das Entgelt ersetzt. Vollständig gegen SARS-CoV-2 geimpfte Schwangere sind vom Freistellungsanspruch ausgenommen.

Die Regierungsfraktionen erachten einen besonderen Schutz der Schwangeren weiterhin für erforderlich, da die Impfempfehlung für Schwangere erst im Mai 2021 ausgegeben wurde und die weitere Entwicklung der Infektionen noch nicht abgeschätzt werden kann. Weil die alte Regelung mit Ende September 2021 ausgelaufen ist, ist aus Sicht von ÖVP und Grünen eine Neuregelung erforderlich, die nun erfolge. Es werde sichergestellt, dass DienstgeberInnen, die nach dem 30. September 2021 eine Freistellung bei vollem Lohnausgleich gewährt haben, ebenfalls einen Kostenersatz erhalten. Weil alle Freistellungen einer Schwangeren als eine zusammenhängende Freistellung gelten, muss nur ein Antrag auf Kostenerstattung beim Krankenversicherungsträger gestellt werden.

Barbara Neßler (Grüne) betonte, man wolle mit der Verlängerung Familien unterstützen. Wichtig seien dennoch Aufklärung und ein Aufruf zum Impfen für schwangere Frauen entsprechend der Empfehlung des Nationalen Impfgremiums. Bettina Zopf (ÖVP) entgegnete der Kritik von Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) über die Befristung der Maßnahme, dass man Schritt für Schritt auf Entwicklungen in der Pandemie reagiere. Verena Nussbaum (SPÖ) plädierte für eine umgehende Information der ArbeitgeberInnen über den Entgeltersatz, damit diese ihre schwangeren Beschäftigten "heimschicken" könnten. Fiona Fiedler (NEOS) wiederum sprach sich gegen die Verlängerung aus. Die Freistellung stelle einen Sonderurlaub für Impfunwillige dar und sollte nicht von den SteuerzahlerInnen finanziert werden, so Fiedler.

Berichte über Sonderbetreuungszeit

ÖVP und Grüne brachten den Antrag im Zuge der Debatte über den aktuellen Bericht zur Sonderbetreuungszeit (III-401 d.B.) ein. Damit die Regelung im Nationalrat diskutiert werden kann, wird auch der Bericht ins Plenum mitgenommen. Demnach wurden im Juli 2021 603 weitere Anträge auf Sonderbetreuungszeit genehmigt, die Fördersumme lag bei insgesamt 12,55 Mio. €.

Der Bericht zeige, dass die Anträge auf Sonderbetreuungszeit weiterhin steigen, so Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Sie äußerte daher auch hier Unverständnis darüber, dass der Anspruch nur bis Jahresende verlängert wurde. Das "scheibchenweise Nachbessern" der Regierung verunsichere Familien, sagte sie. Auch Fiona Fiedler (NEOS) ortete Verunsicherung bei den Eltern. Die Kinder müssten die ihrer Meinung nach unzureichende Impfquote von derzeit 61% ausbaden, kritisierte sie. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) wiederum vermutete hinter der Befristung bis Jahresende, dass ab Jänner 2022 Kinder geimpft werden sollen, damit keine Sonderbetreuungszeiten mehr nötig seien. Die Eltern würden damit unter Druck gesetzt, ihre Kinder impfen zu lassen, so Belakowitsch.

Arbeitsminister Martin Kocher verwies darauf, dass man noch nicht wisse, wie sich die Impfempfehlung für Kinder entwickle. Er wolle in seinem Ressort Maßnahmen setzen, damit Betriebe und Beschäftigte so gut wie möglich durch die Pandemie kommen. Er stellte zudem klar, dass nach Auffassung der JuristInnen in seinem Haus ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin auch ohne Sonderbetreuungszeit bei Quarantäne eines Kindes freigestellt werden kann. Es bestünde in diesem Fall nämlich ein Dienstfreistellungsgrund nach dem Angestelltengesetz bzw. nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch.

Ebenfalls auf der Tagesordnung stand der Bericht mit den Zahlen zur Sonderbetreuungszeit bis Juni 2021 (III-382 d.B.), der im Ausschuss enderledigt wurde.

Initiativen von SPÖ und FPÖ für Maßnahmen am Arbeitsmarkt

Ein SPÖ-Entschließungsantrag zur Ausweitung des Fachkräftestipendiums wurde im Ausschuss vertagt. Die SozialdemokratInnen fordern vom Arbeitsminister darin eine Gesetzesänderung im Arbeitsmarktservicegesetz, sodass die Ausbildung im Pflege- und Gesundheitsbereich an Fachhochschulen mittels Fachkräftestipendium gefördert werden kann (1808/A(E)).

Ebenfalls vertagt wurde ein Entschließungsantrag der Freiheitlichen, mit dem sie von der Bundesregierung die Einführung einer aus öffentlichen Mitteln finanzierten Lehrabschlussprämie von 10.000 € für jede abgeschlossene Lehre fordern (1927/A(E)).

In einem weiteren, ebenso vertagten Entschließungsantrag (1844/A(E)) fordert die FPÖ die Wiederherstellung der Rechtslage zur Beschäftigung von AsylwerberInnen nach einem VfGH-Erkenntnis vom Juni 2021. Der VfGH hat Erlässe des Arbeitsministeriums aufgehoben, die geregelt hatten, dass Beschäftigungsbewilligungen für AsylwerberInnen nur bei befristeten Beschäftigungen in der Saisonarbeit oder der Erntehilfe erteilt werden dürfen. Aus Sicht der FPÖ kann die Rechtslage durch neuerliche Veröffentlichung der Bestimmungen als Verordnung saniert werden, zu der sie den Arbeitsminister auffordern wollen.

Forderungen gegen Langzeitarbeitslosigkeit  

Erneut aufs Tapet brachte die SPÖ ihre Forderung nach einem  staatlichen Jobprogramm im Rahmen eines Arbeitsmarktpakets für Langzeitarbeitslose (44/A(E)). Ziel dabei sei die Schaffung von öffentlich garantierten und finanzierten dauerhaften Arbeitsverhältnissen auf Gemeindeebene für die rund 40.000 Langzeitarbeitslosen, die älter als 45 Jahre sind. Als weitere Maßnahmen forderten die SozialdemokratInnen eine ausreichende finanzielle Absicherung des Fachkräftestipendiums und eine Aufstockung der Ausbildungsplätze in überbetrieblichen Lehrwerkstätten sowie ein Qualifizierungsgeld für berufliche Weiterbildung bzw. Umqualifizierung (628/A(E)). Beide Anträge blieben aber in der Minderheit.

Es gebe viel zu viele langzeitbeschäftigungslose Menschen, prangerten Christian Drobits und Josef Muchitsch (beide SPÖ) an, weshalb es entsprechende Beschäftigungsinitiativen nach dem Vorbild der "Aktion 20.000" brauche. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) führte an, dass sie zwar gegen die "Aktion 20.000" war, die vorliegenden Anträge aber aufgrund der geänderten Situation am Arbeitsmarkt unterstütze. Gerald Loacker (NEOS) hingegen sah keinen Bedarf für derartige "Großaktionen". Wegen der erfreulichen aktuellen Situation am Arbeitsmarkt seien die Anträge überholt.

Auch Markus Koza (Grüne) zeigte sich erfreut, dass sich die düsteren Prognosen für den Arbeitsmarkt nicht erfüllt haben. Der dennoch hohen Zahl an Langzeitarbeitslosen wolle man mit Beschäftigungsprogrammen im Rahmen der "Aktion Sprungbrett" begegnen. Michael Hammer (ÖVP) lehnte die von der SPÖ geforderten Maßnahmen als "künstlich geschaffene Jobs" ab. Arbeitsminister Martin Kocher zeigte sich zuversichtlich, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen bei guter Konjunktur auch nächstes Jahr weiter verringert werden könne.

In eine ähnliche Kerbe wie die SPÖ schlägt die FPÖ mit ihrer im Ausschuss vertagten Initiative zur besonderen Förderung von schützenswerten bzw. unterstützenswerten Gruppen, etwa Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen, Behinderungen, über 50 Jahren oder mit maximal Pflichtschulabschluss. Sie fordern von Arbeitsminister und Bundesregierung einen Umsetzungsplan, mit dem 100.000 Arbeitslose aus diesen Gruppen wieder in Beschäftigung gebracht werden können (1826/A(E)).

SPÖ, FPÖ und NEOS bringen unterschiedliche Vorschläge zum Arbeitslosengeld

Die SPÖ setzt sich für eine Erhöhung der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ein (1539/A(E)). 55% des Letzteinkommens würden bei vielen Menschen nicht mehr ausreichen, um die Kosten des täglichen Lebens zu decken. Arbeitsminister Kocher soll daher aufgefordert werden, eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der das Arbeitslosengeld auf 70% des zugrundeliegenden Einkommens erhöht wird. Der Antrag wurde vertagt.

Ebenfalls vertagt wurde ein Entschließungsantrag (1672/A(E)), in dem die Freiheitlichen interne Pläne des ÖVP-Wirtschaftsbundes kritisieren, die unter anderem ein degressives Arbeitslosengeld vorsehen, das auf unter 40% des Letztbezugs sinken kann. Die FPÖ sieht sich an das Jahr 1933 erinnert und will den Sozialminister auffordern, dieses "Aussteuerungssystem" explizit nicht zu unterstützen.

Auch eine NEOS-Initiative für eine Reform der Arbeitslosenversicherung wurde vom Sozialausschuss vertagt (1885/A(E)). Demnach sollen Arbeitslosengeld und Notstandshilfe in ein System zusammengeführt werden. Die Ersatzrate soll am Beginn einer Arbeitslosigkeit höher sein und im zeitlichen Verlauf kontinuierlich reduziert werden. Zudem fordern die NEOS eine zeitliche Begrenzung der Leistungen.

Keine Mehrheit gab es für Anträge der SozialdemokratInnen zur Erhöhung der Notstandshilfe und einer Ausweitung des Bildungsbonus. Die SPÖ plädierte darin dafür, den Bildungsbonus auch für arbeitslose Menschen zu gewähren, die schon vor dem Oktober 2020 mit einer längeren Ausbildungsmaßnahme begonnen haben (905/A). Mit dieser sowie zwei weiteren Gesetzesinitiativen (1201/A und 1436/A) forderte sie zudem eine Verlängerung der vorübergehenden Aufstockung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes.

Arbeitsschutz in der Landwirtschaft

Erneut vertagt wurde eine SPÖ-Forderung (773/A(E)) zur Ratifizierung eines internationalen Abkommens betreffend den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft und einer zugehörigen Empfehlung der Internationalen Arbeitsorganisation. Darin geht es unter anderem um geeignete Schutzbestimmungen für Beschäftigte in der Landwirtschaft, angemessene Budgetmittel für Kontrollen, den sachgerechten Umgang mit chemischen Stoffen und die Vermeidung von Risiken im Umgang mit Tieren. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar