Parlamentskorrespondenz Nr. 1077 vom 06.10.2021

Landwirtschaftsausschuss: Abgeordnete diskutieren Umsetzung der neuen GAP

Anträge der Opposition erneut vertagt

Wien (PK) – Im Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft diskutierten die Abgeordneten im Rahmen eines öffentlichen Hearings zur Umsetzung der neuen Regelung zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU mit Bundesministerin Elisabeth Köstinger und den ExpertInnen Karl Bauer (Landwirtschaftskammer), Brigitte Reisenberger (Global 2000), Leopold Steinbichler (ehemaliger Nationalratsabgeordneter und Landwirt), Thomas Lindenthal (Universität für Bodenkultur Wien) sowie Gertraud Grabmann (Bundesobfrau Bio Austria). Zu den Eingangsstatements der ExpertInnen siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1073.

Weiters standen Oppositionsanträge für ein ausreichend langes Begutachtungsverfahren bei der Umsetzung der EU-Verordnung der nächsten GAP-Periode, zur Wiedereinführung der Mutterkuhprämie, zur Herkunftsbezeichnung von Lebensmitteln und zur Schaffung eines "Landschaftsschützer-Bonus" auf der Tagesordnung, die allesamt vertagt wurden.

Bauer für mehr regionale Lebensmittel

Mehr regionale Lebensmittel zu den VerbraucherInnen zu bringen, nannte Bauer als vorrangiges Ziel und "Kernbotschaft" des Green Deal der EU. Dieser sei an viele Sektoren adressiert. Unter anderem die Landwirtschaft müsse ihren Beitrag zu den Zielen leisten. Im Gegenzug brauche die Landwirtschaft eine entsprechende Abgeltung, argumentierte er. Für die neue GAP-Periode forderte er Planungssicherheit für die Bauern und Bäuerinnen ebenso, wie eine zielgerichtete Strategie.

Es gebe viel Gutes aus der Landwirtschaft zu berichten, stellte Abgeordneter Nikolaus Berlakovich (ÖVP) fest. So betrage der Bioanteil Österreichs bereits 25% und erfülle die Ziele der EU. In Österreich gelte ein hoher Standard. BäuerInnen, die sich für die Umwelt einsetzen, würden mehr Mittel erhalten. Klaus Lindinger (ÖVP)attestierte der österreichischen Landwirtschaft große Vielfalt. Die ÖVP befürworte sowohl die traditionelle Landwirtschaft als auch die Bio-Landwirtschaft, unterstrich er. Fraktionskollegin Carina Reiter (ÖVP) interessierte sich für die Weiterentwicklung von ÖPUL (Österreichisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft).

Reisenberger fordert substantielle Nachbesserungen im GAP-Strategieplan

Demgegenüber forderte Reisenberger substantielle Nachbesserungen im GAP-Strategieplan mit ambitionierten Zielen. Sie setzte sich für eine gerechtere Verteilung innerhalb der Direktzahlungen der EU ein und sprach sich dafür aus, kleine Betriebe zu stärken. Außerdem trat sie für den weiteren Ausbau der Bio-Landwirtschaft sowie die Artenvielfalt ein, um Österreichs Landwirtschaft zukunftsfit zu machen.

Mit dem Einkommen auszukommen sei in der Landwirtschaft nicht mehr möglich, hielt Klaus Köchl (SPÖ) der ÖVP entgegen. Laut Cornelia Ecker (ebenso SPÖ) führt die Förderpolitik der GAP zu einer ungerechten Einkommensverteilung in der Landwirtschaft. Das unterste Viertel erhalte kaum Förderungen, das oberste hingegen Beträge in Millionenhöhe, kritisierte sie und forderte Verbesserungen. Überdies verlangte sie frühzeitige Informationen zur im Rahmen der GAP-Reform geplanten Mittelverteilung. Die SPÖ-Abgeordnete Ruth Becher machte sich in der Diskussion dafür stark, den Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden und Antibiotika zu reduzieren.

Steinbichler für Beitrag aller Sektoren

Steinbichler sieht alle Sektoren in der Pflicht. Statt nur auf die Landwirtschaft zu blicken, trat er für eine Gesamtbetrachtung ein. Lebensmittel dürften nicht als Ware gesehen werden, betonte Steinbichler, der sich dagegen aussprach, dass billiges Fleisch und Gemüse aus anderen Ländern und Kontinenten importiert wird. Steinbichler will die KonsumentInnen in den Vordergrund der Diskussion rücken und warb für Unterschriften zum Volksbegehren zur Umsetzung einer korrekten Lebensmittel-Herkunftskennzeichnung.

Seitens der FPÖ ging Peter Schmidlechner (FPÖ) auf die Schwierigkeiten der Bäuerinnen und Bauern durch zahlreiche Auflagen und Richtlinien ein. Das Bio-System sah er kritisch und ortete komplexe Fördersysteme mit viel Bürokratie. Hinsichtlich des Green Deal müsse man aufpassen, dass man nicht das Gegenteil erreiche und die Ernährungssouveränität gefährde, indem man die Produktion in Österreich einschränke und billigem Import Vorschub leiste. Die GAP-Reform werde die Strukturprobleme weiter verschärfen, warnte Gerald Hauser (FPÖ). Der "Verteilung von Geldern von unten nach oben" müsse ein Ende gesetzt werden. Insbesondere dem Mercosur-Abkommen erteilte er eine Absage, um das Höfesterben zu stoppen.

Lindenthal pocht auf Reduktion des Fleischkonsums

Die Ernährung müsse krisensicher werden, unterstrich Lindenthal und pochte auf eine Reduktion des Fleischkonsums. "Weniger Fleisch, dafür hochqualitativ", so das Motto des Experten. Als Schlüssel zum Green Deal stellte er die Bio-Landwirtschaft, eine artgerechte Tierhaltung und den Verzicht auf Pestizide dar.

Für die Grünen liegen die zentralen Herausforderungen bei Biodiversität sowie den Treibhausgasen, sagte Lukas Hammer (Grüne). Die Klimakrise würde die Landwirtschaft doppelt treffen. Sein Fraktionskollege Clemens Stammler sprach sich für eine transparente Diskussion zur Verteilung der GAP-Gelder aus. Der Abgeordnete interessierte sich auch für Ökologisierungsmaßnahmen.

Grabmann: Bio-Landwirtschaft leistet wichtigen Beitrag zu Klimazielen

Laut Grabmann leistet die Bio-Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele. Der Bio-Markt verzeichne massives Wachstum im Lebensmittelhandel, sagte sie und forderte ein Bekenntnis der Politik zur biologischen Landwirtschaft. Auch auf den deutschen Märkten werden Bioprodukte stark nachgefragt, so Grabmann. Österreichische Ware werde nach Deutschland "abgesaugt". In diesem Zusammenhang warnte sie vor einem Wertschöpfungsverlust. Bio müsse sich weiterentwickeln können, um eine Reduktion der Bio-Betriebe vorzubeugen, betonte die Expertin.

Aus Sicht der NEOS stellt die GAP-Reform die Weichen für die Zukunft. Karin Doppelbauer hielt kritisch fest, dass Unterlagen zur GAP-Reform erst zu Mittag des heutigen Tages übermittelt worden seien und damit nicht ausreichend Zeit blieb, um diese vor dem ExpertInnenhearing zu lesen. Doppelbauer sah Bio als zentrales Element und interessierte sich für die Marktgegebenheiten der Biolandwirtschaft. Kritisch seien die durch die Veränderungen in Umwelt und Klima hervorgerufenen Probleme wie das Artensterben oder Wetterextreme, sagte sie. Henrike Brandstötter (ebenso NEOS) setzte sich dafür ein, die Antragstellungen im landwirtschaftlichen Bereich zu entbürokratisieren.

Gegenstand des Hearings waren zudem Berichte über Auszahlungen aus dem Härtefallfonds für die Land- und Forstwirtschaft sowie Privatzimmervermietungen im Mai, Juni und Juli 2021 (III-360 d.B., III-385 d.B., III-407 d.B.), die allesamt einstimmig zur Kenntnis genommen wurden.

Die wieder aufgenommen Anträge der FPÖ betreffend die Einhaltung von ArbeitnehmerInnenrechten als Bedingung für rechtliche Rahmenbedingungen der nächsten GAP-Periode (1517/A(E)), die Wiedereinführung der 2015 abgeschafften Mutterkuhprämie (189/A(E)), die lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln (202/A(E)) und betreffend den "Landschaftsschützer-Bonus" (888/A(E)) wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien erneut vertagt. (Schluss Landwirtschaftsausschuss) gla