Parlamentskorrespondenz Nr. 1079 vom 07.10.2021

Zweite Nationalratspräsidentin Bures beim 80 Jahre Gedenken an das Massaker von Babyn Yar

Treffen mit Präsidenten Selenskyi, Steinmeier und Israels Herzog

Wien (PK) - Anlässlich der 80 Jahre Gedenkfeier an das Massaker von Babyn Yar erklärte die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures in Vertretung des österreichischen Bundespräsidenten: "Die historische Mitverantwortung von Österreichern an Nazi-Verbrechen wie dem Massenmord von Babyn Yar wurde lange genug geleugnet und verdrängt, heute stellt sich die Republik Österreich auch dieser schmerzlichen Verantwortung und schwört ein 'Niemals wieder!' zu Faschismus, Krieg und Völkermord!"

1941 waren es SS-Einheiten und Polizeiverbände, denen auch Österreicher angehörten, die den bestialischen Massenmord an 33.771 Jüdinnen und Juden - an Männern, Frauen und Kindern verübten. Es handelte sich dabei um das größte Einzelmassaker des Holocausts. Im Polizeibataillon 314, das in den Massenmord in Babyn Yar direkt involviert war, waren auch Österreicher aktiv. Als in den 1960er Jahren diese Verstrickungen über deutsche Stellen bei den österreichischen Strafverfolgungsbehörden angezeigt wurden, wurde ein Verfahren gegen 168 Angehörige des Polizeibataillons eröffnet. Keine 10 Jahre später waren alle Verfahren beendet. Gegen keinen einzigen Beschuldigten wurde Anklage erhoben. "Dieses unselige Verdrängungswerk eigener historischer Mitverantwortung wurde erst spät, viel zu spät, im Zuge der Waldheim-Debatten und der dann glasklaren Bekenntnisse von Bundeskanzler Franz Vranitzky in den 1990er Jahren aufgegeben", so die Zweite Nationalratspräsidentin.

Pikanterweise hat die 6. Armee der deutschen Wehrmacht den Mordkommandos von SS und Polizei den Weg freigemacht. Jene 6. Armee, die in den Eiswüsten Stalingrads eine bittere und vernichtende Niederlage erlitten hat, die zurecht als Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs und damit als Vorbote der Niederlage der Nazi-Tyrannei gesehen wird. "Der Mythos von der sauberen Wehrmacht ist mittlerweile zurecht dekonstruiert. Sie war letztlich Speerspitze eines Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion und logistische Wegbereiterin des Holocaust. Die Wegmarken von Babyn Yar nach Stalingrad zeigen dabei deren ganze historische Ambivalenz", so Bures beim Gedenken in der Ukraine, "Als Vertreterin eines Landes, das ebenfalls viele historische Widersprüche in sich vereint, kann ich sagen: Wir müssen uns von Tabus und Mythen der Geschichte befreien, um die Hände frei zu haben für eine gemeinsame und solidarische Zukunft. Die Untaten der Vergangenheit können nicht mehr gesühnt werden – sie verpflichten uns allerdings dazu, alles zu tun, um Unmenschlichkeit, Antisemitismus, Rassismus und Gewaltherrschaft mit allen Mitteln zu bekämpfen", erklärte Doris Bures. "Vor 30 Jahren fand ebenfalls eine kleine Gendenkfeier statt, von der ein Foto erhalten ist, auf dem ein alter Mann abgebildet ist, der ein Schild in jener Sprache hochhielt, die für viele osteuropäische Jüdinnen und Juden ihre Muttersprache war – Jiddisch. Das Versprechen, das da formuliert war, möchte ich heute erneuern: Keyner fun undz velt keynmol nit fargesn fun der tragedie in Babi Iar!". (Schluss) red

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments