Parlamentskorrespondenz Nr. 1087 vom 07.10.2021

Verkehrsministerin Gewessler: Öffentlicher Verkehr ist Rückgrat des Klimaschutzes

Verkehrsausschuss diskutiert Klimaschutz, die Evaluierung von Straßenbauprojekten, die ökosoziale Steuerreform sowie mehrere Bahnthemen

Wien (PK) – Im zweiten Teil des Verkehrsausschusses stand Verkehrsministerin Leonore Gewessler den Abgeordneten heute für eine Aussprache zur Verfügung. Zur Debatte standen Klimaschutz im Verkehrsbereich, die Evaluierung von Straßenbauprojekten, die ökosoziale Steuerreform sowie mehrere Bahnthemen. Mehrere Anträge der Opposition wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

In ihrem Eingangsstatement betonte Verkehrsministerin Leonore Gewessler, dass der öffentliche Verkehr das Rückgrat des Klimaschutzes sei. Die Bundesregierung habe deswegen einen "Investmentboost" in die Verkehrsinfrastruktur vorgesehen. Dies reiche von Verbesserungen bei Regionalbahnen über Modernisierungen wie Strecken-Elektrifizierungen bis hin zu Angebotsverdichtungen in Großstädten.

Johannes Margreiter (NEOS) erklärte, dass der Verkehrsbereich der größte Energieverbraucher in Österreich sei und interessierte sich, wie dieser enorme Energiebedarf ohne fossile Treibstoffe aufgebracht werden solle. Der Mobilitätsmasterplan 2030 zeige Wege und Möglichkeiten, wie die Mobilitätswende in 20 Jahren zur Klimaneutralität 2040 erreicht werden kann, erklärte Gewessler hierzu. Dies sei durchaus eine Herausforderung, Scheitern sei beim Klimaschutz aber keine Option. Zu den Maßnahmen zähle ein Vermeiden von Verkehr, etwa durch weniger Pendelverkehr und mehr Homeoffice, eine Verlagerung in Richtung öffentlichen Verkehr sowie eine Verbesserung des Angebots und das Nutzen der bestmöglichen Verkehrstechnologie. Dazu müsste auch der Anteil an erneuerbaren Energien ausgebaut werden.

Evaluierung von Straßenbauprojekten

Die Abgeordneten Andreas Ottenschläger (ÖVP), Julia Herr (SPÖ), Melanie Erasim (SPÖ) und Walter Rauch (FPÖ) thematisierten die aktuell durchgeführte Evaluierung von Straßenbauprojekten, wie die der S8 im Marchfeld oder die des Lobautunnels. Bundesministerin Gewessler erklärte, dass die Klimakrise eine große Verantwortung sei. Es sei daher wichtig, dass bei Entscheidungen, die oft vor Jahrzehnten getroffen worden sind, überprüft wird, ob diese noch vernünftig seien. Es werden dabei Gesichtspunkte wie der Boden- und Naturschutz überprüft. Mit Ergebnissen der Evaluierungen rechnet die Ministerin diesen Herbst. Beim Klimaticket hätte es einen Schulterschluss von Bund, Ländern und Gemeinden gegeben, erklärte Andreas Ottenschläger (ÖVP) und wünschte sich einen ähnlich pragmatischen Zugang bei Straßenbauprojekten.

Debatte über Ökosoziale Steuerreform

Auf die Kritik von FPÖ-Abgeordneten Walter Rauch (FPÖ), dass die Steuerreform nicht sozial und zielgerichtet sei, entgegnete Gewessler, dass die Besteuerung von Verkehrsmitteln ein Hebel für Klimaschutz werden solle. So brauche es eine Entwicklung in Richtung verbrauchsärmeren Autos und E-Mobilität. Der hohe Anteil an SUV-Autos in Österreich könne in Zeiten der Klimakrise nicht hingenommen werden. Ziel sei, dass die nächste Investitionsentscheidung für ein Auto, eine für ein E-Auto sei. Insgesamt seien diese insgesamt auch die kostengünstigere Alternative im Gesamtbetrieb.

Europäisches Jahr der Schiene

Das derzeit laufende Europäische Jahr der Schiene solle die Anstrengungen des Anteils des Schienenverkehrs sichtbar machen, erklärte Verkehrsministerin Gewessler. Österreich sei "Bahnland Nummer 1" und damit Vorreiter in Europa. SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger (SPÖ) erklärte, dass das Jahr eine Enttäuschung sei und es sich lediglich um eine Marketingaktion handle. Die Europäische Kommission solle vielmehr etwa Überlegungen anstellen, wie der Schienenverkehr die momentanen Probleme im internationalen Warenverkehr mit lösen könne.

Güterverkehr auf Schiene

Andreas Ottenschläger (ÖVP) erkundigte sich bei der Verkehrsministerin, ob es Fortschritte bei der Harmonisierung technischer Vorschriften auf europäischer Ebene gebe. Dies sei notwendig, um den Schienengüterverkehr noch weiter zu attraktivieren. Zudem sollte die Art der Förderung des Schienenverkehrs überdacht werden und KMUs der Transport ihrer Güter über die Schiene erleichtert werden. Hermann Weratschnig (Grüne) betonte die Notwendigkeit das derzeitige "Schienendrittel" am gesamten Güterverkehr auf 40% zu erhöhen. Gewessler führte an, dass das Fördersystem für den Güterverkehr auf der Schiene laufend angepasst werde, wie etwa zuletzt in der COVID-19-Pandemie. Sie wies auch auf den vergleichsweise hohen Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene in Österreich hin.

Fragen zur Zukunft der Regionalbahnen

Es sei fatal, wenn bestehende intakte Schienenverkehrsinfrastruktur geschlossen werde, bedauerte SPÖ-Abgeordnete Melanie Erasim und erkundigte sich bei der Verkehrsministerin, ob es Pläne gebe, solche Strecken wie das Schweinbarther Kreuz in Niederösterreich zu reaktivieren. Gewessler betonte, dass es in ihrer Zeit als Ministerin keine Einstellungen von Regionalbahnen gegeben habe. Um die Regionalbahninfrastruktur neu zu denken, brauche es die Bundesländer an Bord.

Gewessler: Einstellung Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb stehen nicht zur Diskussion

Alois Stöger (SPÖ) und Joachim Schnabel (ÖVP) thematisierten die aktuellen Diskussionen rund um die Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb (GKB). Es gebe aktuell Verunsicherung in der Belegschaft über die Zukunft des steirischen Verkehrsanbieters. Die Verkehrsministerin betonte, dass es in den aktuell laufenden Gesprächen rein um Synergien in der Schieneninfrastruktur zwischen ÖBB und der GKB ginge, um den bestmöglichen Einsatz von Steuergeld sicher zu stellen. Es sollen alle Arbeitsplätze erhalten bleiben und zu keinen finanziellen Einbußen für die MitarbeiterInnen kommen. Die Auflösung der GKB stehe nicht zur Diskussion, sie sei ein starker Player und das solle so bleiben, betonte die Ministerin.

Jetski-Trainingsstrecke in Oberösterreich

Auf die Frage von SPÖ-Abgeordneter Sabine Schatz, ob es noch Möglichkeiten gebe, eine Jetski-Trainingsstrecke an der Donau in Oberösterreich zu verhindern, antwortete die Verkehrsministerin, dass die Ausübung eines solchen Gewerbes nach EU-Recht nicht verhindert werden dürfe. Derzeit gebe es eine Genehmigung für die Anlage mit Auflagen und befristet auf ein Jahr.

SPÖ: Besserer Lärmschutz entlang von ÖBB-Strecken in St. Pölten

SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger kritisiert in einem Antrag, dass es im Bereich der Stadt St. Pölten einige Schienenabschnitte mit unzureichenden Lärmschutzmaßnahmen gebe (1769/A(E)). Es brauche daher ein Sonderbudget zur Sanierung der durch das ÖBB-Netz verursachten Lärmsituation in St. Pölten, forderte Stöger. Sabine Schatz (SPÖ) appellierte, dass die Lebensqualität der AnwohnerInnen rasch sicher gestellt werden müsse. Johann Singer (ÖVP) führte an, dass es bereits Gespräche zwischen ÖBB und Stadt gebe und dass bereits erste Maßnahmen getroffen wurden. Aus diesem Grund stellte der Abgeordnete einen Vertagungsantrag, der mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen wurde.

SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz kritisiert in einem Antrag schwere Sicherheitsmängel beim Bahnhof Baumgartenberg an der Donauuferbahn und fordert daher, die längst notwendige Modernisierung des Bahnhofs einzuleiten (1483/A(E)). Mit dem Hinweis auf konkrete Umbaupläne des Bahnhofs wurde der wieder aufgenommene Antrag mit den Stimmen von ÖVP und Grünen erneut vertagt.

FPÖ: Ausbau der S34 fortsetzen

Wenig Verständnis hat FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker für die von Verkehrsministerin Leonore Gewessler an die ASFINAG gerichtete Weisung, derzeit keine Ausschreibungen zum Ausbau der Schnellstraße S34 Traisental vorzunehmen. In einem Entschließungsantrag fordert der Abgeordnete die Ministerin auf, die Maßnahme zu widerrufen und dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren Verzögerungen des Bauprojekts kommt (1922/A(E)). Gerhard Deimek (FPÖ) appellierte an die Verkehrsministerin, dass die BürgerInnen auf die Errichtung der Straße warten würden. Im Rahmen der Evaluation dieses Projekts müsse die Verkehrssicherheit und die Flüssigkeit des Verkehrs in den Mittelpunkt gestellt werden, forderte Lukas Brandweiner (ÖVP). Lukas Hammer (Grüne) gab zu bedenken, dass durch die für dieses Projekt benötigten derzeitigen Agrarflächen zahlreiche Bauernfamilien in ihrer Existenz gefährdet seien. Man solle die "Heimat" nicht zerstören, die S34 würde sehr viel davon zerstören. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

FPÖ: Reinvestition von Mauteinnahmen in den jeweiligen Bundesländern

Abgeordneter Gerald Hauser (FPÖ) fordert in einem Antrag Verkehrsministerin Gewessler auf, sicherzustellen, dass seitens der ASFINAG Mauteinnahmen in jenem Bundesland wieder investiert werden, in dem sie angefallen sind (1926/A(E)). Technisch sei es ohne weiteres möglich, Einnahmen sowohl aus mautpflichtigen Strecken als auch aus der fahrleistungsabhängigen Maut dem jeweiligen Bundesland zuzuordnen, argumentierte der freiheitliche Abgeordnete heute im Verkehrsausschuss. Der Transit in Tirol erreiche erschreckende Ausmaße und die Tendenz sei weiter steigend, führte Hauser an. Mit den Mitteln solle die Bevölkerung entlastet werden.

Verkehrsministerin Gewessler erklärte, dass die Belastung der Bevölkerung an Transitstrecken am und teils über dem Limit sei. Der Lärmschutz sei daher ein besonders wichtiges Anliegen und es gelte gute Lösungen zu finden. Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) forderte eine breite Sicht auf das Thema, eine Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene müsse voran getrieben werden. Der Antrag sei ein falscher Zugang, betonte Hermann Weratschnig (Grüne). Vielmehr brauche es Möglichkeiten für die rasche und unbürokratische Realisierung von Lärmschutzmaßnahmen. Johannes Margreiter (NEOS) kritisierte den Antrag. Dies sei in einem Gesamtstaat Österreich ein falscher Zugang, der nicht zum Ziel führe. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Ein weiterer wieder aufgenommener Antrag der FPÖ wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen erneut vertagt. Darin kritisierte FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser die Entscheidung der ASFINAG, die Luegbrücke anstelle einer Tunnellösung auf der Brennerautobahn (A13) zu bauen. Er forderte, die Möglichkeit einer Tunnelvariante nochmals zu prüfen (1530/A(E)).

Außerdem wurden zwei wieder aufgenommene gemeinsame Anträge der drei Oppositionsparteien mit den Stimmen der Regierungsfraktionen erneut vertagt. So forderten SPÖ, FPÖ und NEOS einerseits, dass bei der Verlängerung einer aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung befristeten Lenkberechtigung keine Stempelgebühren und Verwaltungsabgaben anfallen (979/A). Andererseits setzten sich die Oppositionsabgeordneten für einen zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke zwischen Bregenz und Lindau ein (810/A(E)). (Schluss Verkehrsausschuss) pst