Parlamentskorrespondenz Nr. 1090 vom 11.10.2021

Bekämpfung des Menschenhandels: Besondere Herausforderungen durch COVID-19-Pandemie

Außenministerium legt 6. Nationalen Aktionsplan der Task Force Menschenhandel vor

Wien (PK) - Außenminister Alexander Schallenberg hat den 6. Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels (NAP) für die Jahre 2021 bis 2023 vorgelegt (III-415 d.B.). Im Zentrum des von der 2004 eingerichteten Task-Force Menschenhandel (TF-MH) entwickelten Aktionsplanes steht ein umfassender Ansatz, bestehend aus 109 Maßnahmen, welche nach verschiedenen Themenkreisen und Zielen gruppiert sind. Sie reichen von der Prävention und Sensibilisierung für die Thematik bis zur Verbesserung der Maßnahmen im Bereich der Strafverfolgung.

Österreich ist laut Bericht nach wie vor sowohl als Transit- als auch als Zielland von dieser schwerwiegenden Verletzung der Menschenrechte und -würde betroffen, wobei Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung die häufigste Form darstellt. Generell verberge sich diese Straftat oft hinter legalen Aktivitäten, wodurch sie schwer erkennbar und ihre Opfer in der Gesellschaft kaum sichtbar seien. Nach Informationen des Außenressorts hat die COVID-19-Pandemie die Lage der Betroffenen, von denen die meisten aus Afrika (v.a. Nigeria) und Asien (v.a. China) stammen, zusätzlich verschärft, da Kriminelle ihre Methoden anpassen, um potentielle Opfer über das Internet anzuwerben und ihre illegalen Aktivitäten damit auszuweiten. Deshalb wird auf die Folgen der Pandemie und deren systematische Erfassung im NAP ein besonderes Augenmerk gelegt.

Bisher wurden seit 2007 von der Österreichischen Bundesregierung fünf NAPs angenommen. Neben dem aktuellen NAP wurden vom Außenminister Berichte zu den Tätigkeiten der TF-MH der letzten drei Jahre vorgelegt. Darin werden die bisherigen Fortschritte und Erfahrungen der drei Arbeitsgruppen (Kinderhandel Prostitution, Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung) festgehalten und weitere Handlungsempfehlungen formuliert. Der nun vorliegende 6. NAP stellt eine Weiterentwicklung dieser Pläne dar, wobei sich die darin beschriebenen Aktionen aus praktischen Erfahrungen, Empfehlungen der Arbeitsgruppen und aus Evaluierungen durch internationale Organisationen ergeben. Dazu werden sowohl die Verantwortlichen, die Zeiträume zur Umsetzung als auch die zur Evaluierung notwendigen Indikatoren festgelegt.

Stärkung der nationalen und internationalen Zusammenarbeit

Die Stärkung der nationalen und internationalen Kooperation zur Bekämpfung des Menschenhandels ist ein zentrales Thema des Nationalen Aktionsplans. Zu diesem Zweck soll neben einer Forcierung der Sitzungstätigkeit der verschiedenen Arbeitsgruppen, in denen auch der Zusammenhang zwischen COVID-19 und Menschenhandel analysiert werden soll, auf nationaler Ebene ein Focal Point für Menschenhandel bei der Direktion des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl eingerichtet und eine jährliche Bundesländertagung zu der Thematik durchgeführt werden. Auch Sozialpartner und NGOs sind laut NAP verstärkt einzubeziehen. Zur Intensivierung der internationalen Kooperation sieht der NAP eine Beteiligung Österreichs an der Erstellung einer EU-Strategie gegen den Menschenhandel sowie bilaterale Konsultationen auch mit ErmittlerInnen aus den Herkunftsländern zum Austausch von Best Practices vor.

Prävention

Im präventiven Bereich wird vor allem auf Aufklärung und Bewusstseinsbildung für die Thematik gesetzt. Als spezifische Zielgruppen für Sensibilisierungsmaßnahmen werden SchülerInnen, MedienvertreterInnen und das Personal von diplomatischen Vertretungen bzw. internationalen Organisationen ausgewiesen. Außerdem sollen Kampagnen auf Plakaten und in den sozialen Medien eine breite Öffentlichkeit auf das Problemfeld aufmerksam machen. Zusätzlich soll die Bekanntheit der Hotline des Bundeskriminalamtes gesteigert und ein vierteljährlicher Newsletter versandt werden. Bei ausgewählten, für die Thematik relevanten Berufsgruppen wie ExekutivbeamtInnen, FlüchtlingsbetreuerInnen und RichterInnen sind spezielle Schulungen zur Bewusstseinsbildung angedacht. Auch eine Stärkung des rechtlichen Rahmens und die Verbesserung der Transparenz bei Lieferketten ist eine Zielsetzung des aktuellen NAPs, wobei hier die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, welche im Bereich der Arbeitsausbeutung besonders ins Gewicht fallen, speziell zu berücksichtigen seien.

Opferschutz und Strafverfolgung der TäterInnen

Die von der Task-Force Menschenhandel konzipierten Maßnahmen bezüglich des Opferschutzes reichen von der Früherkennung von Menschenhandel, über die psychosoziale Betreuung der Opfer bis zur Verbesserung ihrer Entschädigungsmöglichkeiten. Hierzu sollen die Indikatoren zur Identifizierung der verschiedenen Formen des Menschenhandels überarbeitet und muttersprachliches bzw. kindergerechtes Informationsmaterial an potentielle Betroffene gerichtet werden. Bestehende Opferschutzangebote sind laut NAP fortzuführen, die Non-Punishment-Bestimmungen der Europaratskonvention abzusichern und Schutzeinrichtungen speziell für Kinder aufzubauen. Der gesetzlich verankerte Zugang von Opfern zu Entschädigungen unter Berücksichtigung der Beschlagnahme von Vermögenswerten soll gewährleistet und eine Best Practice-Sammlung dazu angelegt werden, wobei auch die Strafbarkeit der wissentlichen Inanspruchnahme von Leistungen von Opfern des Menschenhandels sicherzustellen ist. Außerdem wurde zur Optimierung der Strafverfolgung eine laufende Überprüfung und Anpassung der rechtlichen Regelungen unter Einbeziehung von NGOs festgelegt.

Monitoring, Forschung und Weiterentwicklung

Nicht zuletzt wird im NAP die Schaffung und Erhaltung eines umfassenden statistischen Datenbildes als wissenschaftliche Grundlage der Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels festgehalten. Die Forschung zur Thematik soll unter anderem durch den Aufbau einer Fachbibliothek und die Durchführung von Medienanalysen sowie Prävalenzstudien über die Dimension des Kinderhandels in Österreich gefördert werden. Ebenfalls ist vorgesehen, dass die bereits vorhandenen Strukturen und durchgeführten Maßnahmen einer weitgehenden Evaluierung, etwa durch die Einrichtung einer Perspektivengruppe und die Einbindung internationaler Monitoring-Prozesse unterzogen werden. Hierzu ist im NAP auch die Prüfung der Einrichtung einer zentralen Datensammel- und Analysestelle für den Bereich Menschenhandel sowie die Ernennung eines National Rapporteurs (unabhängiger, externer Berichterstatter) angedacht. (Schluss) wit